JAHRBUCH
DER
KAISERLICH - KÖNIGLICHEN
GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT.
XII. BAND.
1861 UND 1862.
MIT X TAFELN.
BEI WILHELM BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES.
Vorwort zum zwölften Bande
Zum neuen Jahre 1862 war es uns gelungen, nach dem Wiederbeginne
unserer Druckarbeiten ein Heft, das erste des gegenwärtigen zwölften Bandes
zum Abschlüsse zu bringen, zum neuen Jahre 1863 ist der Band selbst
geschlossen und wir dürfen nun die Lücke der Störungen des Jahres 1860 als
ausgefüllt und unsern Gang als von nun an vollständig regelmässig betrachten.
Der Band schliesst in den laufenden Aufgaben mit dem 16. December ab, doch
verlangte die Sitzung am 16., dass zur Vervollständigung auch diese noch ein-
bezogen werde.
Was ich am 10. Juli 1861, im Vorworte des eilften Bandes als Hoffnung
aussprach, das nennen wir nun mit frohem Muthe Erfüllung. Der zwölfte Band
hat nun wieder seine vier Hefte gewonnen, während der eilfte mit dem zweiten
abgeschlossen werden musste, aber es war unvermeidlich, ihn über die beiden
Jahre 1861 und 1862 auszudehnen. Indessen, einmal in die wünschenswerthe
Zeit gebracht, soll es unser lebhaftestes Bestreben sein, sie auch für spätere
Abschnitte einzuhalten.
Der Band enthält zwei Jahresansprachen, am 19. November 1861 und am
4. November 1862. Sie geben ein Bild unserer Fortschritte während dieser
zwei Jahre in grossen Umrissen, als feste Punkte in der Reihe unserer fort-
laufenden Berichte über Sitzungen und über die Arbeiten des Sommers. In den
einzelnen, im Inhalte verzeichneten, wissenschaftlichen Beiträgen begegnen wir
jenen von hochgeehrten Forschern, welche bereits aus unserem näheren Ver-
bände ausgeschieden sind, des Freiherrn v. Richthofen und des verewigten
Jokely; von auswärtigen Freunden, des Herrn Professors Krejci und des
nun ebenfalls verewigten Th. v. Zollikofer, den umfassenderen Arbeiten
unseres hochgeehrten Mitgliedes Herrn k. k. Bergrathes L ip o 1 d, zum Theil aus
jener früheren -Zeit herrührend, und kürzeren Beiträgen der Herren Stur, Sto-
liczka, Pichler, über das chemische Laboratorium von Herrn Karl Ritter
v. Hauer, endlich einem mehr Erörterungen von Ansichten gewidmeten des hoch-
geehrten Erforschers der silurischen Gebirge in Böhmen, Herrn Joachim B ar r a n d e,
dem auch ich einige Bemerkungen beizufügen mich veranlasst gesehen hatte.
A*
IV
Die Bibliotheks-Berichte besorgte fortwährend Herr Ritter A. Senoner.
Das Register fertigte wie bisher Herr Graf v. Marschall. Ihm sind wir
auch für das, gleichzeitig dem Schlüsse nahe „Generalregister für die 10 ersten
Bände des Jahrbuches“ zu wahrem Danke verpflichtet.
Der Umschlag gibt, wie bisher die Übersicht der bis jetzt von uns durch-
gefuhrten Kartenaufnahmen, und zwar 108 Sectionen Specialkarten des
k. k. General-Quartiermeisterstabes in dem Maasse von 2.000 Klafter = 1 Zoll
(1 : 144.000 der Natur); 36 Sectionen Generalkarten von 4.000 Klafter
= 1 Zoll (1 : 288.000) und 9 Sectionen Strassenkarten von 6.000 Klafter
= 1 Zoll (1 : 432.000), wie die nachstehende Übersicht ausführlicher zeigt.
Kronland Sectionen Preis
Kroniand Sectionen Preis
Oe. W.
Oe. W.
1' = 2000° Oesterreich ob
Lombardieund
und unter der
Venedig . .
4
fl.
34
Enns ....
28
fl. 143
Tirol und Vor-
Böhmen . . .
38
„ 167.50
arlberg . . .
2
30
Salzburg . .
13
„ 46.75
Banat ....
4
»
8
Steiermark u.
Steiermark . .
4
»
36
Illyrien . .
29
„ 121.50
36
fl.
263.50
108
fl. 478.75
1' ==j 6000° Siebenbürgen .
2
fl.
9
1 ' = 40000 Ungarn . . .
17
fl. 65.50
Galizien u.s.w.
3
»
9
Salzburg . .
1
„ 30
Croatien . . .
1
»
3.50
Kärnthen,Krain
Slavonien . .
i
»
2.50
und Istrien .
4
„ 60
Dalmatien . .
2
»
4
9
fl.
28
Ich glaube es erheischt es meine Pflicht gerade an dem gegenwärtigen Orte
des Berichtes zu gedenken, noch in unserer letzten Sitzung am 16. December
(S. 306) auch von meinem hochverehrten Freunde, Herrn k. k. Bergrath Franz
Ritter von Hauer vorgelegt, welchen in wohlwollendster Weise der ausgezeich-
nete Naturforscher, Herr ßuintino Sella in Turin, früher daselbst k. Finanz-
minister, über unsere k. k. geologische Reichsanstalt, am 8. October 1861
erstattet hat, in seiner Darstellung: Sul modo di fare la carta geologica del
regno d'Italia. Relazione del Commendatore Quintino Sella al Sig. Commen -
datore Cordova , ministro di agricoltura, industria e commercio. (Aus den
Atti della Societä Italiana di Scienze naturali in Milano. Vol. IV. Seduta del
29 giugtio 1862.) Er hatte eine Rundreise nach Frankreich, England, Belgien,
Deutschland unternommen, und gibt hier viele Nachrichten aufgesammelt, die
auch für uns von grösster Wichtigkeit sind. Billig spricht Herr Sella die höchste
Anerkennung den Karten der in England unter Sir Henry De la ßeche gegrün-
deten geologischen Landesaufnahme, nun unter Sir Roderick I. Murchison
unbedingt aus. Auch wir dürfen darin vollkommen mit ihm übereinstimmen. Sie
waren und sind noch stets das Ziel, dem wir uns zu nähern bestreben, so weit
dieses auf den Grundlagen, über welche wir gebieten, möglich ist. Mit grosser
Sachkenntnis beurtheilt er auch die Ursachen, welche bei uns eine vollständig
V
gleiche Nachbildung bisher verhindert haben, und es wird uns auch von ihm ein
entsprechender Grad von Anerkennung keineswegs vorenthalten. Ich darf dies
hier um so weniger übersehen, als Herr Sella es war, der bereits auf der Pariser
Ausstellung im Jahre 1 855 in der damaligen internationalen Beurtheilungscom-
mission sich warm der Verdienste der von uns eingesandten geologischen Kar-
ten annahm, während sie von anderen Beurtheilern gleichgiltiger aufgenommen
worden waren, worauf ich damals aufmerksam machen zu müssen glaubte. (Jahr-
buch 1856, S. 198, 364, 376.)
Was die Sache selbst anbelangt, den Hauptpunkt in den Bemerkungen,
welche Herr Sella als Ergebniss seiner Forschungen gibt, so wird allerdings
in vielen Gegenden eine Karte in dem Maasse von 1 : 144.000, oder 2000 Klafter
= 1 Zoll nicht genügen, um dasjenige darzustellen, was eine Karte von dem
Maasse von 1 : 63.360 gibt, oder von 880 Klaftern auf den Zoll, also 2*27 Mal
grösser linear, mehr als fünfmal grösser in der Fläche. Allein die erstgenannte
Grösse ist einmal diejenige, welche uns vorliegt, und wir bescheiden uns daher,
in dieser so viel darzulegen, als es uns überhaupt möglich ist.
Ein zweites Bedenken wird erhoben, ob denn die Karten auch überall hin-
länglich genau sein mögen, da doch die Aufnahmen mit so grosser Raschheit
vor sich gehen, dass ein so eingehendes Studium wie in England sich in so
kurzer Zeit gar nicht durchführen lässt. Ich glaube hier von einer Seite wohl
auf die Anerkennung eines langjährigen hochgeehrten Gönners und Freundes,
des gegenwärtigen Directors der geologischen Landesaufnahme in England, Sir
Roderick Murchison selbst, in meiner Ansprache vom 4. November (V. S. 270)
einen grossen Werth legen zu dürfen. Es kann sich ein solches Urtheil freilich
nur auf einzelne Gegenden beziehen, aber das doch nur auf zufällig aus der
ganzen Oberfläche gewählte. Aber was man von dieser Grösse der Karten vor-
aussetzen kann, das glaube ich versichern zu dürfen, wird man auch in ander-
weitigen Sectionen in gleicher Genauigkeit dargestellt vorfinden.
Aber über die Lage der k. k. geologischen Reichsanstalt selbst, und den
Zustand der geologischen Wissenschaft überhaupt, glaube ich ein Wort beifügen
zu müssen, so wie über die Natur unserer geologischen Grundlage, den Boden
selbst. Dass uns England in der Zeit der Entwickelung der Geologie weit voran
steht, bedarf wohl kaum einer neuerlichen Angabe, wo selbst die Londoner geo-
logische Gesellschaft bis in das Jahr 1808 zurückreicht, der vielfachen gesell-
schaftlich- wissenschaftlichen Verbindungen nicht zu gedenken, welche auch vor
jener Zeit die Naturwissenschaften förderten. Als die geologische Landesdurch-
forschung im Jahre 1835 unter Sir Henry de la Be che begann und sich alhnälig
erweiterte, war schon sehr viele wissenschaftliche Grundlage gewonnen.
Ganz anders bei uns. Erst in neuester Zeit wurde dem Rufe nach Pflege
der Wissenschaft um ihrer selbst Willen, der Erweiterung derselben, in der
Gründung unserer Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1846
ein Ausdruck gegeben. Zur Zeit der Gründung der k. k. geologischen Reichs-
anstalt am 15. November 1849 fanden wir nur sehr vereinzelte Bruchstücke,
VI
wenn auch manche von grossem Werthe für die geologische Landeskenntniss
vor. Wir mussten einen raschen Plan der Forschung uns auferlegen, um doch
innerhalb eines Menschenalters ein Ganzes in dem Wege der Darstellung durch
geologische Karten vorlegen zu können. Daher die Bestimmung der dreissig
Jahre für die erste genauere Detailforschung im Ganzen festgehalten wurde. Als
wir vor einigen Jahren in dieser Weise fortgeschritten waren, zeigte sich aber
selbst ein unabweisbares Bedürfniss, durch vorhergehende Uebersichtsaufnahmen
in noch vermehrter Schnelligkeit zu einer vorläufigen Kenntniss des Zusammen-
hanges im Ganzen zu gelangen, während die Aufgabe genauerer Forschungen
zum Theil gleichzeitig durchgeführt wurde, zum Theile noch vorliegt. So
war es immer unser Bestreben der Natur der unserer Sorge zur geologischen
Durchforschung anvertrauten Gegenden entsprechend, das gerade vorliegende
Bedürfniss zu befriedigen. Die Uebersichtsaufnahmen nun wurden im Verlaufe
des letzten Sommers mit der Aufnahme des südlichen Theiles, der Karlstädter
k. k. Militärgrenze und Dalmatiens geschlossen. Eine bereits weit über die
früheren Kenntnisse vorgeschrittene Uebersichtskarte wird nun zur Veröffent-
lichung vorbereitet. Von jetzt an theilen sich unsere Obliegenheiten in drei
Richtungen. Alle unsere Kraft wurde bis zum Schlüsse dieser Aufgabe, den Ueber-
sichtsaufnahmen, möglichst zugewendet. Es gelingt uns jetzt einen Theil mehr
für Arbeiten im Mittelpunkte der k. k. geologischen Reichsanstalt zu verwenden,
während ein zweiter, in dem bisherigen Gange den Detailaufnahmen gewidmet
bleibt, ein dritter Theil unserer Kräfte aber für Aufgaben im Felde Vorbehalten
wird, welche sich auf einzelne wissenschaftliche Fragen beziehen, namentlich
in Gegenden , wo auch die bisherigen Detailaufnahmen für die harten von dem
Maassstabe von 1:144.000 zu viel zu wünschen übrig liessen, und mehr noch als
das in den Gegenden von höherer volkswirtschaftlicher Bedeutung, wie es die
Mittelpunkte montanistischer Thätigkeit sind. Wir schliessen uns in dieser Weise
auf das Genaueste dem wahren Landesbedürfnisse an, welches nicht nur die
Pflicht der wissenschaftlichen Kenntniss des Bodens umfasst, sondern auch die
Anwendung derselben auf die materielle Volkswohlfahrt vorbereitet.
Meinem hochgeehrten Gönner und Freunde, Herrn Quintino Sella, bin ich
nicht nur für die mich persönlich so hoch ehrenden Stellen in seinem Berichte
zu dem grössten Danke verpflichtet , sondern auch für die durch denselben
mir so günstig gebotene Veranlassung, ein Wort über die Grundsätze zu sagen,
welche unsere Aufnahmen beleben, in deren Ausführung meine hochverehrten
Freunde, die Mitglieder der k. k. geologischen Reichsanstalt, für unser schönes
Vaterland unverw’elkliche Verdienste erworben haben. Dank und Anerkennung
sei hier den hochverehrten gegenwärtigen Theilnehmern an unseren Arbeiten im
Felde ausgesprochen, den Herren Franz Ritter v. Hauer, Lipoid, Foetterle,
Stur, Stäche, Wolf, Freih.v. And rian, Paul, während wir aber auch gewiss
treues, dankbares Gedächtniss den Freunden bewahren, die aus unserem Verbände,
zum Theile selbst aus diesem irdischen Leben geschieden sind, den verewigten
Forschern Czjzek, Kuder natsch, Jokely, unseren noch rüstigen Freunden
VII
und erfolgreichen Forschern Pri nzinger, Ritter v. Zepharovich, Peters,
v. Lidl, v. Hochstetter, Freiherrn v. Richthofen, Stoliczka und so
vielen andern Freunden, welche in kürzeren Zeitabschnitten sich unseren Auf-
nahmsarbeiten freundlichst angeschlossen haben.
Einen Augenblick erheischt die Pflicht der Anerkennung und des innigsten
tief gefühlten Dankes auf dem reichen Verzeichnisse der wohlwollenden Gönner
und Correspondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt zu verweilen, welches
dem gegenwärtigen Rande zur höchsten Zierde gereicht. Es stellt dies für den
zweijährigen Zeitraum von 1861 und 1862 eine Reihe thatsächlicher Verbin-
dungen aus unserer Geschichte vor. Einer Gesellschaft, einem wissenschaft-
lichen Vereine, je nach ihren Statuten, können Ehrenmitglieder, correspon-
dirende Mitglieder durch wirkliche Wahl angehören. Diese Form wäre bei einem
Institute von der Natur der k. k. geologischen Reichsanstalt nicht durchzuführen.
„Aber“ wie ich dies bereits bei der ersten Veranlassung (V. Bd. 1864) bemerkte,
„es gibt ein schönes Bild ihrer ausgedehnten und erfolgreichen Beziehungen, wenn
diese wie hier an die Namen der Personen geknüpft werden. Die Aufzählung
derselben in einem Verzeichnisse, die Anzeige, dass die Eintragung in dasselbe
stattgefunden hat, stellen einen Theil, ein Merkmal des Dankes und der Aner-
kennung vor, welche diejenigen Männer in vollem Masse verdienen, welche uns
in der bezeichneten Weise ihre Theilnahme für unsere Arbeiten und ihre Bei-
hilfe zur Förderung derselben bewiesen haben“. Und ich darf nun nach acht
Jahren der Uebung gewiss in wahrer Begründung sagen, was wir freundlich und
dankerfüllt ausgesprochen und dargebracht, das ist auch in allen Schichten
menschlicher Gesellschaft huldreich und wohlwollend aufgenommen worden.
Den höchsten Glanz, unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner
k. k. Apostolischen Majestät desKaisers brachte uns die A 1 1er h öchste
Besichtigung der k. k. geologischen Reichsanstalt selbst, am 15. Februar, aus
Veranlassung der Vor- Ausstellung für das grosse International-Unternehmen des
Sommers 1862 in London. Man erkennt dies auf den ersten Blick in dem Ver-
zeichnisse. Es wird uns für immer die anregendste Erinnerung bewahren.
Allen hochgeehrten Theilnehmern an unseren Arbeiten bringe ich hier
meinen innigsten Dank dar für ihr freundliches Wirken in den eben so verschie-
denartigen Aufgaben, welche uns im Verlaufe dieser beiden Jahre Vorlagen. Ins-
besondere muss ich noch meinen hochverehrten Freund, Herrn k. k. Bergrath
Franz Ritter v. Hauer benennen, in der Gewinnung und Durchführung der
Druckarbeiten für das gegenwärtige Jahrbuch selbst. Vortheilhaft wie in vielen
Beziehungen die uns gewährte Benützung eines so grossen technischen Unter-
nehmens ist, wie die k. k. Hof- und Staatsdruckerei unter ihrem hochverdienten
Director Herrn k. k. Hofrath Auer Ritter v. Welsbach, so erheischen doch
gerade die eigentümlichen Obliegenheiten eines solchen, dass auch in den ein-
zelnen Abtheilungen die grösste Sorgfalt verwendet werde, und auch hier darf
ich der erfolgreichen Bestrebungen nicht vergessen, welche uns Herr Factor
A. Kn ob lieh in der Ausführung stets bereit gehalten hat.
VIII
Wohl darf man auch an Grösseres denken, wenn das weniger Umfassende
selbst für uns Grosses ist, und uns so ganz erfüllt, wie die uns obliegenden
Arbeiten, hier wieder zu einem Abschlüsse gelangt, zu dem Abschlüsse des zwölf-
ten Bandes unseres Jahrbuches, der so nahe in der Zeit zusammen trifft mit dem
Schlüsse dieses erhebendsten Abschnittes unserer Geschichte, der gemein-
samen Arbeit der ersten Reihe der Sitzungen in unserem hohen Reichsrathe
für das grosse Kaiserreich, unter der Waltung unseres Aller gnädigsten
Kaisers und Herrn, Franz Joseph I« Uns, die wir unter dem Schutze
Seiner Excellenz des Herrn k. k. Staatsministers Ritters v. Schmerling wieder
aufgelebt und neu bekräftigt uns fühlen, müssen die erreichten Bewilligungen
unseres Bestehens die höchste Anregung bringen, um auch unsererseits die
Pflicht zu erfüllen, welche Oesterreich von uns erwartet.
K. k. geologische Reichsanstalt, Wien, am 24. December 1862.
W. Haidinger.
Au s dem Jahrbuche
12. Band.
der k. k. geologischen
Jahrgang
Reichsanstalt.
1861 und 1862.
Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt.
1. Oberste Leitung.
K. K. Staatsministerium.
Minister: Seine Excellenz, Herr Anton Ritter von Schmerling, Grosskreuz
des österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens, Grosskreuz desgrossherzog-
lich-baden’schen Ordens der Treue, sämmtlicher Rechte Doctor, k. k. wirk-
licher Geheimer Rath , Curators-Stellvertreter der Kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften u. s. w.
2. Mitglieder.
Director: Wilhelm Karl Haidinger, Med. und Phil. Dr. , Ritter des kaiserlich-
österreichischen Franz Joseph-Ordens, der k. preussischen Friedensclasse
Pour le Merite, des k bayerischen Maximilians-Ordens für Wissenschaft und
Kunst, Commandeur des k. portugiesischen Christus-Ordens, Ritter des k.
sächsischen Albrechts-Ordens und des k. schwedischen Nordstern-Ordens,
k. k. wirklicher Hofrath, M. K. A.
Erster Geologe: Franz Ritter v. Hauer, k. k. wirklicher Bergrath, M. K. A.
Zweiter Geologe: Marcus Vincenz Lipoid, k. k. wirklicher Bergrath.
Archivar: August Friedrich Graf Marschall auf Burgholzhausen, Erb-
marschall in Thüringen, k. k. wirklicher Kämmerer.
Assistent: Franz Foetterle, k. k. wirklicher Bergrath.
Geologen: Dionys Stur.
Guido Stäche, Phil. Dr.
Heinrich Wolf.
Ferdinand Freiherr v. And rian -Werburg.
Karl M. Paul.
Verstand des chemischen Laboratoriums: Karl Ritter v. Hauer, k. k. Haupt mann
in Pension.
Bibliotheks-Cnstos : Adolph Senoner, Ritter des k. russischen St. Stanislaus-
Ordens III. CI. und des k. griechischen Erlöser-Ordens, Mag. Chir.
Zeichner: Eduard Jahn.
Auswärtig: Moriz Hörn es, Phil. Dr., Commandeur des k. portugiesischen Christus-
Ordens , Custos und Vorstand des k. k. Hof-Mineraliencabinets. C. M. K. A.
3. Diener.
Cabinetsdiener: Joseph Richter, Besitzer des k. k. silbernen Verdienstkreuzes
mit der Krone.
Laborant: Franz Frei dlin g.
Amtdieners-Gehilfen: Erster: Johann Suttner.
Zweiter: Johann Ostermayer.
R. k. Militär-Invalide als Portier: Unterofficier Anton Gärtner.
Heizer: Clemens Kreil.
Nachtwächter: Andreas Z eil ler.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. IV. Heft.
B
X
Gönner und Correspondenten.
Fortsetzung des Verzeichnisses im XI. Bande des Jahrbuches.
(Die aämmtlichen hochverehrten Namen sind hier, wie in den verflossenen Jahren, in eine einzige alphabetisch fort-
laufende Reihe geordnet und durch Buchstaben die Veranlassung zur Einschreibung derselben ausgedrückt. A die
Mittheilung von wissenschaftlichen Arbeiten; B die Schriftführung für Behörden, Gesellschaften und Institute; C die
Geschenke von selbstverfassten oder D fremden Druckgegenständen oder E von Mineralien; endlich E als Ausdruck
des Dankes überhaupt und für Förderung specieller Arbeiten der k. k. geologischen Reichsanstalt, wodurch diese
zu dem grössten Danke verpflichtet ist.)
Seine Majestät
Kaiser Ferdinand, f.
Ihre kaiserliche Hoheit die durchlauchtigste Prinzessin und Frau
Erzherzogin Sophie, f.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Karl Ludwig, f.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Ferdinand IV.,
Grossherzog von Toscana. F.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Karl Ferdinand, f.
Seine kaiserliche Hoheit der hoch würdigst- durchlauc h tigste
Prinz und Herr
Erzherzog Wilhelm. f.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Leopold, f.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Sigismund, f.
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Rainer, f.
XI
Seine Majestät der König von Bayern
Maximilian Joseph II. D.
•J* Seine Majestät der König von Portugal
Dom Pedro V. f.
Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen, der
Gothen und Wenden
Karl XV. F.
Seine königliche Hoheit der Kurfürst von Hessen-Kassel
Wilhelm I. F.
Seine Durchlaucht
Georg Adolph, Regierender Fürst zu Schadmburg-Lippe. f.
Die Frauen:
Gräfin v. Egger, Nothburga, Klagenfurt. F.
Ö ster lein, Anna, Lilienfeld, Oesterreich. F.
Gräfin v. W a Idstein, Antonia, Dux, Böhmen. F.
Die H erren :
Abert, H. L., Lieut. U. S. Topograph. Engineers, Washington. B.
Adler, Procop, Oberstlieutenant im Ottocaner k. k. Mil.-Grenz-Infanterie-
Regiment, Ottocac. F.
Alb recht, Johann, Werksbesitzer, Mies, Böhmen. F.
Ritter v. Amon, Karl, k. k. Eisenwerksverweser zu Diosgyör, Ungarn. F.
Andre e, Albert, Werksdirector, Witkowitz. F.
Antoine, Franz, k. k. Hofgärtner. F.
Auer, Anton, k. k. Bergmeister, St. Benigna, Mauth, Böhmen. F.
Bagge, Harald, Med. Dr., Bibliothekar der Sen kenb er g’schen Gesellschaft,
Frankfurt. B.
Baidinger, Mathias, Werksbesitzer, Griftnergut, Zell, Vöklabruck, Oester-
reich. F.
Balea, F., Deputato di Lesina, Dalmatien. F.
Balfour, Dr. John Hutton, General-Secretär der Royal Society. Edinburg. B.
Balling, Joseph, fürstl. v. Metternich’scher Director, Plass. F.
Ball us, Sigismund, Bergverwalter, Annathal, Ungarn. F.
Bamberger, Mathias, k. k. Berg- und Hammerverwalter, Kastengstatt, Tirol. F.
Barbieri, Stephan, k. k. Statthalterei-Secretär, Zara. F.
Baumayer, Eduard, k. k. Berghauptmann, Leoben. F.
Bayer, Ant., Bergverwalterder westböhmischen ßergwerksgesellschaft, Bilin. F.
Becker, Heinr., kurfürstl. Hessen’scher Bergverwalter, Komorau, Horowic. F.
Bello, Dr. Andreas, Rector der Universität von Chili, Santiago. B.
Bermann, Adolph, k. k. Oberst und Commandant des k. k. Liccaner Ersten
Karlstädter Militär-Grenz-Infanterie-Regiments, Gospich. F.
Graf v. Blacas d’Aulps, Stanislaus, Gutsbesitzer, Kirchberg am Wald,
Schrems, Oesterreich. F.
Borcich, Se. Hochwürden Pietro, Pfarrer in Comisa, Lissa, Dalmatien. F.
B*
XII
B o rc k enstein, Georg, k. k. priv. Grosshändler. F.
Graf v. Bray, Otto, Grosskreuz, kön. bayer. ausserordentlicher Gesandter und
bevollmächtigter Minister. B.
Broch, Dr. 0. J., Professorder Mathematik an der Universität zu Christiania. D.
Brorsen, Dr. Theodor, Astronom, Senftenberg, Böhmen.
Brosch, J., Med. Dr., Rokitzan. F.
Brunner, Anton, Wegmeister, Baltavar. Vasvär, Formend. F.
Bucich, Gutsbesitzer, Lesina, Dalmatien. F.
Graf v. Buquoi, Georg, k. k. wirklicher Kämmerer, Gratzen, Böhmen. F.
Busch, Karl, Bergverwalter, Wirtatobel, Vorarlberg. F.
Busse,, August, Bergmeister, Klein-Schwadowitz. F.
Busse, Hermann, Ober-Berggeschworner, Klein-Schwadowitz. F.
v. Calo, Franz, Bergverwalter, Voitsberg, Steiermark. F.
Ca ndeze, M. E., Med. Dr., Gen.-Secr.-Adjunct der kön. Gesellschaft der Wissen-
schaften, Lüttich. B.
Cannissie, Correspondirender Secretär der Soc. Imp. des Sciences, Lille. B.
Cassels, Dr. J. L., Choctaws, Ohio. E.
Castel, Emil, Central-Director der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft. F.
Castelli, Albin, Bevollmächtiger der Gewerkschaften Salesl , Gross-Priesen,
Böhmen. F.
Catergy, Se. Hochw. P. Jos., MechParisten-Ordens-Priester, Constantinopel. E.
Celotta, Julian, k. k. Bezirksactuar, Verlicea, Sebenico, Dalmatien. F.
Cervello, Nicolö, Med. Dr., Professor, Palermo. B.
Chalaupka, Moriz, k. k. Lieutenant in der Verwaltung des österr. k. k. 5. Mili-
tär-Grenzregiments in Vukovic. F.
Christen, Dr. Adolph, Rokitnitz, Böhmen. F.
Edler v. Comelli, Vincenz, k. k. priv. südl. Staats-Eisenbahn-Beamter. F.
Cramer, Professor, Actuar der naturforschenden Gesellchaft in Zürich. B.
Croy, Engelbert, Bergverwalter, Chotieschau, Böhmen, F.
Czegka, Eduard, Werksbevollmächtigter, Petrovagora, Topusko, 1. k. k. Banal-
Militärgrenze. F.
Czerny, Friedrich, k. k. Bergmeister, Wossek, Hollaubkau, Böhmen. F.
D4aky, Emanuel, Kästner, Csäkvär, Stuhlweissenburg. F.
Delaharpe, J., Med. Dr., Archivar der Societö Vaudoise des Sciences naturelles,
Lausanne. B.
D eile Grazie, Cäsar, Werksbevollmächtigter, Berzaszka, k. k. Militärgrenze. F.
Doimi, P. D., Podestä in Lissa, Dalmatien. F.
Dollfus, August, Geologe, Paris. C.
Domas, Se. Hochw. P. Stephan, k. k. Professor, Mährisch-Triibau. E.
Dragancic Edler v. Drachenfels, Stanislaus, k. k. Hauptmann, Podlapac,
Gospic, croatische Militärgrenze. F.
Dräsche, Heinrich, Werkshesitzer. F.
Draugentz, C. Friedrich, k. k. Lieutenant, Postencommandant in Obrovazzo,
Zara, Dalmatien. F.
Eckl, Adalbert, k. k. Berghauptmann, Pilsen. F.
Ehlig, Wenzel, Werksbesitzer, Hostomitz, Teplitz, Böhmen. F.
Ehrenberg, Emil, Berg-Director, Trautenau. F.
v. Elter lein, Gustav Alexander, Werksbesitzer, Aussig, Böhmen. F.
Ezer, Karl, Bergverwalter, Miröschau, Böhmen. F.
FearnI ey, Dr. C., Prof, der Astronomie an der Universität zu Christiania. D.
Fehr, Alexander, k. k. Schiffsfähnrich, Lissa, Dalmatien. F.
XIII
F eistmantel, F., fürstl. v. Fürs tenberg’scher Hüttenmeister, Bras, Radnitz. F.
Fichtner, Johann, k. k. priv. Fabriksbesitzer, Atzgersdorf, Wien, Wildpret-
markt Nr. 850. F.
Fiedler, Leopold, k. k. Bergrath, Berginspector, Mährisch-Ostrau. A.
Fischer, Anton, Werksbesitzer, Tradigist, Kirchberg an der Bielach, Oester-
reich. F.
Fitz, Johann, Werksverwalter, Padochau, Mähren. F.
Forcher, Vincenz, Ainbach bei Kniltelfeld, Steiermark. F.
Graf Forg ach v. Ghymes und Gäcs, Seine Exc. Anton, Ritter, k. k. wirklicher
Geh. Rath, Kämmerer, kön. Ungar. Hofkanzler. F.
Fortis, Dr., k. k. Prätor in Benkoväc, Zara, Dalmatien. F.
Frank, Rudolph, k. k. Einfahrer in Magura, Csertest, Siebenbürgen. E.
Frenz, Johann, Hausbesitzer, Baltavar, Körmend, Vasvär. F.
Frey, G. N., Werksbesitzer zu Kleinzell, Oesterreich, Wien. F.
Frey, Karl August, Eisenwerks-Director, Store, Cilli. E.
Ritter v. Fridau, Franz, Guts- und Werksbesitzer. F.
Friedrich, Joseph, Oberförster, Gratzen, Böhmen. F.
Fries, Elias, Med. Dr., Secretär der königl. Gesellschaft der Wissenschaften
zu Upsala. B.
Fritsch, Anton, Med. Dr., Custos am böhm. National-Museum, Prag. F.
Fritsch, Kronstadt. F.
Fuchs, Michael, Werksbesitzer, Berzaszka, k. k. Militärgrenze. F.
Fülepp, Alexander, Werksbesitzer, Neu-Moldowa. Banat. F.
Landgraf v. Fürstenberg, Seine fürstliche Gnaden, Friedrich, Fürsterzbischof
zu Olmütz. F.
Galvani, Vincenz, Werksbesitzer, Siverich, Dalmatien. F.
Gatscher, Seine Hochw. Albert, Director des k. k. Ober-Gymnasiums zu den
Schotten. B.
Gerzabek, Ferdinand, k k. Oberlieutenant in Comisa, Lissa, Dalmatien. F.
Giraudier, Balthasar, Manila, Lu^on, Philippinen. F.
Girl, Armin, Bergverwalter, Sagor, Krain. F.
Gistel, Dr. Johannes, Professor, Regensburg. D.
Gö dicke, Jakob, Berg-Ingenieur, Reschitza, Banat. F.
Gollitsch, Gustav, Werksbevollmächtigter, Cilli. F.
Grass, Moriz, Eigenthümer des Wanderer. D.
Gregory, Karl, Inspector der Herrschaft Besko, Galizien. A.
v. Grenze n st ei n, Gustav, Werksbesitzer, Kronstadt, Siebenbürgen. F.
Grosse, Wilhelm, fürstlich Fürstenberg’schen Berg- und Hütten-Inspector,
Althütten bei Beraun, Böhmen. F.
Güdl, Franz, Werksbesitzer, Pitten. F.
Guldberg, C. M., Candidat, Universität zu Christiania. D.
Gunning, J. W., Secretär der Provincial-Utrecht’schen Gesellschaft für Kunst
und Wissenschaft. B.
Gwinner, Ernest, k. k. Marine-Lieutenant, Sebenico, Dalmatien. F.
Haecker, Ludwig, erzherzogl. Verwalter der technischen Gewerbe, Wieselburg,
Ungarn. F.
Hager, Albert, Dr., A. M. Proctorsville, Vorment. V. S. N. A. B.
Haidinger, Rudolph, junior, k. k. pr. Fabriksbesitzer, Elbogen. A.
Halla, Joseph, Ritter, k. k. Major und Referent, Beiovar. F.
Haluska, Johann, k. k. ßerghauptmann zu Lemberg. F.
Ritter v. Hampe, Joseph, k. k. Bergrath, Eibiswald, Steiermark. F.
XIV
Han, Alexius, Oekonomie - Beamter, Puszta Bänhäza, Ersemjen, Szabolcs,
Ungarn. F.
Hanl, Anton, Werksleiter, Zbeschau, Mähren. F.
Graf v. Ha rtig, Seine Exc. Franz, Grosskreuz, k. k. w. Geh. Rath und Kämmerer,
Erblicher k. k. Reichsrath im Herrenhause u. s. w. F.
Hartisch, Karl, Werksdirector, Bustehrad, Böhmen. F.
Haupt, Theodor, toscanischer Bergrath. D.
Haurand, C. W. Th., Oekonomierath. C.
Hawelka, Joseph Ernst, Bergverwalter, Gaya, Mähren. F.
Hecker, Julian, Werksbesitzer, Myszyn, Galizien. F.
Heine, Joseph, Med. Dr., k. Regierungs- und Medicinalrath, Speyer. B.
Held, Theodor, Buchhalter der Gewerkschaft Saxonia, Karbitz, Böhmen. F.
Freiherr v. H eifert, Jos. Alexander, Ritter II. CI. des österr. kais. Ordens der
eisernen Krone, k. k. w. Geh. Rath, Unter-Staatssecretär. F.
Ritter v. Helms, Julius, k. k. Sectionsrath, Berg- und Forstdirector. F.
Graf Henckel v. Donnersmark, Werksbesitzer, Wolfsberg, Kärnthen. F.
Henzi, R., Med. Dr., Secretär der naturforschenden Gesellschaft, Bern. B.
Herda, Franz, Berg- und Hiittendirector zu Engenthal bei Eisenbrod, Böhmen. F.
Hets, Paul, Herrschafts-Inspector, Nagy-Vaszony, Veszprim. F.
Hirche, Seine Ehrw. Gottlob Traugott Leberecht, Pastor emerit., Secretär der
Oberlausitzisch. Gesellschaft der Wissenschaften.
Heyrowsky, Emil, Berg-Inspector, Wiesenau, Kärnthen. F.
Hitchcock, Eduard, J. Med. Dr., Professor, Amherst College, Massachusetts. B.
Hitchcock, Karl A., A. M.. Geologe des Staates Maide, Amherst College,
Massachusetts. B.
Ritter v. Hoch berge r, Gallus, Med. Dr. , Ritter des österr. kais. Ordens der
eisernen Krone, Hofrath, Karlsbad. F.
Hodoly, Seine Hochw. Bela, Pfarrer zu Lokut. F.
H offmann, Alexander, Bergdirector, Prödlitz, Böhmen. F.
Hoffman ns, Ch., k. k. General-Consulatskanzler, Paris. B.
Hofmann, E., Director der kais. Gesellschaft für Mineralogie. St. Petersburg. B.
Edler v. Hohendorf, Theodor Tobias, k. k. Bergcommissär, Teplitz. E.
Holler, Karl, Werksdirector, Johannesthal, Laibach, Krain. F.
Homatsch, Anton, Guts- und Eisenwerksverweser, Gradatz, Krain. F.
Ritter v. Horstig, Moriz, Werksbesitzer, Graden, Lankowitz, Steiermark. F.
Humphreys, A. A., Capt. U. S. Topograph. Eugineers, Washington. B.
Inkey v. Pallin, Ferd., k. k. w. Kämmerer, Gutsbesitzer, Raszina, Croatien. F.
Ivacskovits, Mathias, k. k. Bergbauleiter, Dios-Györ, Ungarn. F.
Ivanics, Joseph, k. k. Bergcommissär, Zara. F.
Jackson, Charles T., Med. Dr., Ritter u. s. w. F.
Jahn, A., Berggeschworner zu Rochlitz. F.
Jahnl, Franz, Werksbesitzer, Miröschau, Böhmen. F.
Graf Jankovic v. Daruvar, Julius, Ritter des österr. kais. Ordens der eisernen
Krone, Obergespan des Pozegaer Coinitates. F.
Jereb, Johann, Werksbesitzer, Schönegg, Cilli, Steiermark. F.
Jessler, Karl, Bergbeamter zu Tergove, Kostajnica, k. k. Militärgrenze des
2. Banal-Regiments. F.
Jezek, Martin, Bergverwalter, Boskowitz, Mähren. F.
Jochmann, Dr. E., Herausgeber der „Fortschritte der Physik“ im J. 1859. B.
Kaczwinsky, Karl, k. k. Controlor, Radoboj, Krapina. F.
Kaehler, Karl, Werksdirector, Karwin, Schlesien. F.
XV
Kahler, Karl, Werksleiter, Jamnik, Böhmen. F.
Kanitz, August, Mitgl. d. Ungar. Naturforscher-Gesellschaft. D.
Kawka, Egyd, Professor am k. k. Ober-Gymnasium zu Jicin. F.
Keller, Adalbert, Med. Dr., k. k. Regimentsarzt, Ottocae. F.
Keller, Dr. F., Professor, Speyer. B.
v. Kiepach, Albin, Werksbesitzer, Bregana, Croatien. F.
Killias, Dr., Präsident der naturforschenden Gesellschaft, Chur. B.
Kippist, Richard, Bibliothekar der Linnean-Society, London, ß.
Kjerulf, Theodor, Professor an der Universität zu Christiania. D.
Klaus, Aug., Bevollmächtigter der Gewerkschaft Saxonia, Karbitz, Böhmen. F.
Edler v. Klein, Albert, Werksbesitzer.
Klein, Karl, k. k. priv. Grosshändler. F.
K 1 ein di e ns t, Franz, Werksbesitzer, Eibiswald. F.
K lein d ienst, Joseph, Werksbesitzer, Eibiswald. F.
K lein peter, Franz, Werksdirector, F. E. Bergrath, Friedland, Mähren. F.
K I ema n n, Alois, Werksbevollmächtigter, Ivanec, Croatien. F.
Ritter v. Knesevic, Emanuel, Ritter E. K. , k. k. Oberst und Commandant des
Oguliner Milit.-Grenz-Regiments, Ogulin. F.
KnÖtgen, Bergverwalter, Kulm, Böhmen. F.
Knoll, Karl, Werksbesitzer, Ottowitz, Karlsbad, Böhmen. F.
Köhler, Stud. Phil., Ausschuss des akademischen Lesevereins. B.
Ko lisch, Rudolph, Bergwerksbesitzer, Göding, Mähren. F.
Kopetzky, Adolph, k. k. Bergcommissär, Pilsen. F.
Kopp, Emil, Centraldirector des Communications-Betriebes der k. k. priv. öster-
reichischen Siaatseisenbahn-Gesellschaft. F.
Korizmits, Seine bischöfl. Gnaden, Anton, Bischof von Bäcs, Hofrath und
Referent in der k. ungar. Hofkanzlei. F.
Kraetschmer, Wilhelm, Bergverwalter, Brennberg, Ungarn. F.
Krammer, Ernst, k. k. Berghauptmann, Oravitza. F.
Kronig, Lucas, k. k. Berghauptmann, Klagenfurt. F.
Kröschel, Ludwig, Werksdirector, Klein-Schwadowitz. F.
Kube, Ludwig, Besitzer des k. k. goldenen Verdienstkreuzes rnit der Krone,
Kreisvorsteher, Zaleszczyk, Galizien. A.
K ul isch, Gustav, Berggeschworner zu Rochlitz. F.
Ku s che 1, Ludwig, Werksbesitzer von Johannesthal, Krain, in Wien. F.
Kutschker, Joh. Florian, k. k. Hauptzollamts-Oflicial, Vils bei Reute, Wien.
Lacoeilhe, Emil, Secretär der Gesellschaft für Kunst, Wissenschaft u. s. w.,
St. Quentin. B.
Lancia, Duca di Castel Brolo, Dr. Federico, Generalsecretär der Akademie
der Wissenschaften und Literatur in Palermo. B.
Graf v. Lanckoronski-Brzezie, Seine Exc. Karl, Ritter des goldenen
Vliesses, k. k. wirkl. geh. Rath, Kämmerer, Oberstkämmerer. B.
Lang, Adolph, Director des k. k. Gymnasiums, Marburg. B.
Langweil, Maximilian, Schichtenmeister, Rokitzan. F.
Graf v. Larisch-Monnich, Eugen, Werksbesitzer, Karwin, Schlesien. F.
Graf v. Lariseh-Mönnich, Johann, Werksbesitzer, Karwin, Schlesien. F.
L atino-Co el h o, J. M., Secretär der königl. Akademie der Wissenschaften,
Lissabon. B.
Laukotzky, Vincenz, k. k. Landes-Schulrath, Triest. F.
Lenaz, Anton, See-Capo, Klada, Ottocaner Regiment. F.
Lepk owski, Michael, Curland. A.
XVI
Lindner, Johann, k. k. Berghauptmann, Elbogen. F.
Litke, Laurenz, Werksbesitzer, Fünfkirchen. F.
Lioy, Paul, Venedig. D.
Lösebner, Joseph, Med. Dr. und Professor, k. k. Statthallerei- und Landes-
Medicinalrath, Prag. F.
Loos, Franz, ßergverwalter, Mährisch-Ostrau. F.
Lorenz, Wenzel, Schichtmeister, Wolfsegg. Oesterreich. F.
Ludwig, Seine Hochw. Johann, Ehrendomherr, Erzdechant, k. k. Waisenhaus-
Director u. s. w. Hermannstadt. B.
Macale, Anton, Werksbesitzer, Sebenico, Dalmatien. F.
y. Machiedo, Hieronymus, Gutsbesitzer, Gjelsa, Lesina, Dalmatien,
v. Makaj, August, pens. Eisenwerks-Director und Bergbau-Unternehmer, Gross-
wardein. A. E.
Maloch, Anton Zephyrin, Professor am k. k. Obergymnasium zu Jicin. F.
Freiherr v. Mamula, Seine Exc. Lazarus, Ritter des Mil. Maria Ther.-O., Gross-
kreuz u. s. w., k. k wirkl. geh. Rath, FML., Gouverneur von Dalmatien. F.
Maravic, Ernanuel, Ritter d. 0. K. 0. der eisernen Krone, M. V. K., k. k.
Oberstlieutenant und Regimentscomrnandanf, Petrinia. F.
Marin co vich, J. R., Agente di Porto e Sanitä in Comisa, Lissa, Dalmatien. F.
Maryska, Seine Hochwürden P. Joseph, Pfarrer zu Liebstadtl. F.
Matiegka, Karl, k. k. Berghauptmann, Kuttenberg. F.
Mayer, Erasmus, Werksbesilzer, Griftnergut, Zell, Vöklabruck, Oesterreich. F.
May erb ofer, Georg, Werkshesitzer, Tregist, Steiermark. F.
Mayr Edler von Weinhof, Franz, Eisenwerks- und Bergbaubesitzer, k. k.
Reichsrath 1860. F.
Freiherr v. Medl, Theodor, Ritter des 0. K. Leopold-Ordens u. s. w., k. k.
Generalmajor und Brigadier, Ottocac. F.
Meiling, Franz, k. k. Controlor, Eibiswald, Steiermark. F.
Mendelein, Rudolph, k. k. Hauptmann in Lesina, Dalmatien. F.
Graf y. Mensdorff-Po uilly, Alphons, Werksbesitzer, Boskowitz.
Menzel, Se. Hochw. P. Georg, jub. Dechant, Schönwald, Friedland, Böhmen. E.
Graf v. Meran, Franz, k. k. erblicher Reichsrath.
Mer kl, Anton, Bergbaubesitzer, Swojanow, Policzka, Böhmen. F.
Ritter v. Mertens, Ludwig, Bürgermeister, Salzburg. F.
Michel, Johann, Generaldirector der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft. F.
Mi eg, Ludwig, Vorsteher des Bergrevieres Karlsbad, Pirkenhammer, Böhmen. F.
Miko v. Bölön, Samuel, k. k. Oberbergrath und Referent, Klausenburg, Sieben-
bürgen. E.
Mirko vic, Serdar und Colonneneommandant, in Benkovac, Zara, Dalmatien. F.
Mischler, Peter, J. U. u. Ph. Dr., k. k. o. o. Universitäts-Professor, Prag. D.
Mitchell, J., Lieutn. R. C. S., Museumsdirector, Madras. A.
Mitsch, Ernanuel, Jur. Dr., Kuttenberg, Böhmen. F.
Mitterer, Andreas, k. k. Schichtmeister, Häring, Kastengstatt, Tirol. F.
Mitte sei* v. Dervent, Joseph, Ritter, k. k. Oberstlieutenant, Beiovar. F.
Möbius, Dr. K., Prof. Secretär des naturwissenschaftlichen Vereines zu Ham-
burg. B.
Mohn, H. Candidat an der Universität in Christiania. D.
Monrad, M. J., Dr., Professor an der Universität zu Christiania. D.
Mraovic. Joseph, M. V. K. k. k. w. Oberst und Commandant des k. k. Ersten
Banal-Militär-Grenz-Infanterie-Regiments zu Glina. F.
Mr o ule, Franz, k. k. Berghauptmann, Cilli, Steiermark. F.
XVII
Müller, Karl, Oberverwalter, Reschitza, Banat. F.
Mül ln er, Alphons, Studirender. C.
Müllner, Fortunat, M. D. k. k. Bezirksarzt, Radmansdorf. E.
Muntzel, Hermann, Bürgermeister, Pecka, Jicin, Böhmen. F.
Ritter v. Murmann, Peter, Ritter des 0. K. 0. der eis. Kr. k. k. Rath u. priv.
Grosshändler. F.
Nakich, J., k. k. Gubernialsecretär Zara. D.
Neu mann, C. Phil. Dr. Schriftführer der naturforschenden Gesellschaft, Halle. B.
Newberry, John S. Med. Dr. Professor am Columbia College, Washington. D.
Norton, Karl B., Buchhändler New-York. D.
Ob erst ein er, F., Bergverwalter in Sivericb, Spalato, Dalmatien. F.
Odersky, Ernst, Fabriksdirector, Burgau, Ilz, Steiermark. F.
Ritter v. Oroscheny-Bohdanowicz, Gutsbesitzer u. s. w. Mojdan Lukawetz,
Wysnica, Bukowina. E.
0 z e g o v i c Freiherr v. Barlabasevec undBela Ludwig, Gutsbesitzer. F.
Edier v. Paitoni, Friedrich, k. k. Kreisrath, Zara.
Edler v. Paitoni, Seine Hochw. Joseph, k. k. Gubernialrath, Triest. F.
Palmieri, Luigi, Neapel. D.
Pa n kratz, Franz, Jur. Dr. Pilsen, Böhmen. F.
Pauler, Dr., Theodor, Rector der könig. Ungarischen Universität, Pest. B.
Pauli, Eduard, k. k. Revierförster, Hryniawa, Kuty, Galizien. F.
Paulus, Georg, Bergmeister der Stadt Pilsen. F.
Pen dl, Johann, k. k. Bezirksrichter, Graz. F.
Petric, Daniel, Besitzer des k. k. Mil. V. K. (Kr. Dec.) k. k. Oberstlieutenant
und Platz-Commandant zu Castelnuovo, Oesterreichisch-Albanien. F.
Petz, Eduard, Major im k. k. Kriegsarchiv.
Pfeiffer, Franz, Phil. Dr. k. k. Universitäts-Professor, Wien. D.
Pichler, Vincenz, Bergverweser, Turrach, Steiermark. F.
Pi nt er. Seine Hochw. Anton, Pfarrer zu Oszlop. F.
Plotzek, Franz, Berg- und Hüttenverwalter, Wrzischt bei Nemetzky (Neustadt!)
in Mähren. F.
Popovic, Demeter, Pozeg, Slavonien. F.
Posepny, Franz, k. k. Expectant, Nagybänya. A.
Graf Potocki, Adam k. k. w. Kämmerer, Werksbesitzer, Krzezowice, Krakau. F.
Prodanow, Arsenius, k. k. Oberst -Lieutenant und Regiments - Commandant,
Ottocac. F.
Quaglio, Julius, Ingenieur. F.
Quincke, Dr. G., Schriftführer der physikalischen Gesellschaft, Berlin. B.
Rahn, Anton, Werksbesilzer. F.
Rainer, Magnus, k. k. Controlor, Kastengstatt, Tirol. F.
Ran da, Franz, k. k. Bezirksamts-Vorsteher, in Neupaka, Jicin, Böhmen. F.
Ranzinger, Anton, Werksbesitzer, Gotschee, Krain. F.
Ranzinger, Franz, Werksbesitzer, Gotschee, Krain. F.
Ranzinger, Nikolaus, Werksbesitzer, Gotschee, Krain. F.
Rath, Franz, k. k. Bergverwalter, Jaworzno, Krakau.
Ratz, Thomas, k. k. Berghauptmann, Agram. F.
Reich, Johann, Oberingenieur und Bergverwalter, Brandeisei, Böhmen. F.
Reichenbach, Ludwig, Werksbevollmächtigter, Sziersza, Krakau. F.
Remschmidt, Joseph, Bergwerks- und Hotelbesitzer, Karlstadt, Croatien. F.
Resucsek, Seine Hochw. und Gnaden Anton Emerich, infulirter Abt der ver-
einigten Abteien Zirez, Pilis und Päsztö. F.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862, IV. Heft.
c
XVIII
Rhees, Wilhelm, Kanzlei-Director, Washington. B.
Richter, Raimund, k. k. Oberförster, Gospic, Militärgrenze. F.
Rick, Karl, Vorstand der Künstlergesellschaft Aurora. F.
Riegel, Anton, Werksbesitzer, Fünfkirchen. E.
Rieger, Johann, Schichtmeister, Höllenstein, Oesterreich. F.
Ri g aut, Secretär der Societe academique des Sciences, St. Quentin. B.
Roh rau er, Georg, k. k. Telegraphenamtsleiter, Ottocac. F.
Römer, Seine Hochw. Florian, Phil. Dr. Professor, Pesth. F.
Rost, Gustav, Schichtmeister, Nirschau, Böhmen. F.
Edler v. Rosthorn, Adolph, Werksbesitzer, Prävali, Kärnthen. F.
Freiherr v. Rothschild, Anselm, Werksbesitzer u. s. w. F.
Freiherr v. Rothschild, Jakob, k. k. Generalconsul, Paris. B.
Rotte r. Seine Hochw. und Gnaden, Johann Nep. Ignaz, Dr., Commandeur,
Prälat von Brewnow und Braunau, Böhmen.
Ru st ler, Rudolph, Med. Dr. Chefarzt des 22. k. k. Feldjäger-Bataillons, Karl-
stadt, Croatien. F.
Sabljar, Michael, k. k. Major in Pension, Goljak bei Sused, Agram. F.
Saemann, Ludwig, Geologe, Paris.
Freiherr v. Sallaba, Seine Exc. Johann, Grosskreuz, k. k. w. Geh. Rath,
F. M. L., Obersthofmeister Seiner kaiserlichen Hoheit des hochw. -durchl.
Herrn Erzherzogs Wilhelm. B.
Graf Sändor v. Slavnicza, Moriz, k. k. w. Kämmerer, Gutsbesitzer. F.
Sapetza, Joseph, Lehramtscandidat. A.
Sarkäny, Seine Hochw. u. Gnaden, Nikolaus, Th. Dr., Ritter, Abt zu Bakonybel. F.
Sars, Dr. Michael, Professor an der Universität zu Christiania. D.
v. Sartori, Franz, Werksbesitzer, Steinbrück bei Cilly. E.
Satter, Franz Xaver, Werksbesitzer, Schaflos, Cilly, Steiermark. F.
Sauerländer, Johann, Werksbevollmächtigter. F.
Saun d er s, Reginald F., kön. Grossbrit. Deputy-Commissioner , Dhurmsala,
Kangra, Punjab. B.
Scacchi, Arcangelo, Neapel. D.
Schaarschmidt, Georg, k. k. Hüttenverwalter in Csertest, Siebenbürgen. E.
Scheliessnigg, Jakob, Werksinspector, Klagenfurt.
Scheller,. Wilhelm, Secretär des Naturhistorischen Vereines, Augsburg. B.
Scherl, Theodor, Fabriksdirector, Wolfsberg, Kärnthen. F.
Schiff, Theodor, Vorstand des k. k. Telegraphen- Amtes in Sign, Spalato,
Dalmatien. F.
Schmid, Paul, Bergverwalter, Ivanec, Croatien. F.
Schrnidl, Ignaz, Bergverwalter, Locke, Krain. F.
Schmidt, Hermann, k. k. Ingenieur-Assistent, Liezen, Steiermark. A.
Freiherr v. Schneeburg, Oswald, k. k. w. Kämmerer und Hauptmann, Dienst-
kämmerer Seiner kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs
Karl Ludwig. B.
Schneider, Hermann, Werksleiter, Kleinzell, Oesterreich. F.
Schnitzel, Joseph, k. k. Werksverwalter, Radoboj, Krapina. F.
Schönbuche r, Alexander, Berg- und Hiittendirector in Tergove, Kostajnica,
k. k. Militärgrenze des 2. Banal- Regimentes. F.
Schott, Ferdinand, k. k. Bergmeister, Jaworzno, Krakau. F.
Schretter v. Wo hlgemuthsheim, k. k. pens. Rechnungs-Official. D.
Schroll, Joseph, Bergverwalter, Fünfkirchen. F.
Schuscha, Franz, Buchberg, Cilli. F.
XIX
Schwanberg, Wenzel, Comitats- Ingenieur, Steinamanger. F.
Schwarzer, Ignaz, Bergmeister, Domanin, Mähren. F.
Schwenger, Karl, Werksbesitzer, Wirtatobel, Vorarlberg. F.
Seifert, Alexander, Werksbesitzer, Mies, Böhmen. F.
Seifert, Alois, Bergbauunternehmer, Hohenelbe. E.
Seifert, Cornel, Werksbesitzer, Mies, Böhmen. F.
Seykotta, Mathias Alois, jub. k. k. Salz- Speditions- Verwalter, Wieliczka. A.
Sharswood, Judge, V. P. American Phil. Soc. Philadelphia. B.
Sichrovsky, Heinrich, General-Secretär der k. k. a. pr. Kaiser-Ferdinands-
Nordbahn. F.
Sieber, Wilhelm, Bergverwalter, Dux, Böhmen. F.
Sieb er er. Seine Hochw. P. Maurus, Stifts-Prior, k. k. Gymnasial^ Director,
Kremsmünster. B.
Freiherr v. Sil herstein, Adolph, Werksbesitzer, Schatzlar, Böhmen. F.
Simettinger, Michael, fürstl. Lie chtenstein’scher Bergingenieur, Mährisch-
Trübau. E.
Spiske, Karl, Bergverwalter, Fohnsdorf, Steiermark. F.
Sprung, Budolpb, Werksbesitzer, Voitsberg, Steiermark. F.
v. Sta nisavljevic, Daniel, k. k. Oberfinanz-Bath, Agram. F.
Steinbrecher, Franz Sales, Bürgermeister, Mährisch-Trübau. F.
Stein vorth, Mitglied des Vorstandes des naturwissenschaftlichen Vereines für
das Fürstenthum Lüneburg. B.
Stewardson, Thomas, Med. Dr., correspondirender Secretär der Academy
of Natural Sciences of Philadelphia. B.
Stoliczka, Ferdinand, Phil. Dr., Assistent der k. geologischen Aufnahme von
Indien, Calcutta. A.
Storch, Alois, B. Apotheker, Bokitzan. F.
Graf v. Strachwitz, Moriz, k. k. Kämmerer, Werksbesitzer. F.
Strauss, C. F., Werksbesitzer zu Kleinzell, Oesterreich, Wien. F.
Strippelmann, Leo, Berg- und Eisenwerksdirector, Komorau. Böhmen. F.
Strossmayer, Seine Exc. Joseph Georg, Th. und Phil. Dr., apost. Vicar,
k. k. w. geh. Rath, Bischof von Diakovär. F.
Stüdl, Andreas, Werksbesitzer, Prag. F.
Stüdl, Joseph, Werksbesitzer, Prag. F.
Sturm, Johann, Bürger, Pecka, Jicin, Böhmen. F.
Sturm, Vincenz, Stadt-Steuereinnehmer, Pecka, Jicin, Böhmen. F.
Graf Szesen v. Temerin, Anton, k. k. w. geh. Rath und Kämmerer, u.s. w. F.
Szentkiralyi v. Komjätszegh, k. k. Berghauptmann. Zalathna. F.
Tempsky, Friedrich, Buchhändler, Prag. F.
Thies, Heinrich, könig. preuss. Bergamts-Assessor A. D., Vassas, Fünfkirchen. F.
Thomas, Justus, k. k. w. Bergrath, Salzburg. F.
Ticknor, Georg, Directionsmitglied der städtischen Bibliothek, Boston. B»
Topp er, Andreas, Werksbesitzer, Scheibbs, Oesterreich. F.
Tom sich, Peter, k. k. Hafencapitän, Zara. F.
Ritter v. Toppo, Alexander, Generalsecretär der Dampfschifffahrts-Gesellschaft
des österreichischen Lloyd, Triest. F.
Trajer, Seine Hochw. P. Johann, Bischöfl. Consistorial-Archivar, Budweis. D.
Triger, Geologe, Paris.
Tyson, Philipp T., Staatschemiker, Annapolis, Maryland. D.
Uranitseh, Dr. Anton, Secretär der Handels- und Gewerbekammer. Lemberg. B.
v. Urbanitzky, Karl, k, k. Berghauptmann, St. Pölten. F.
C*
XX
Urfuss, Franz, Werksbesifzer, Dallwitz, Böhmen. F.
Vogel, Joseph, Phil., Med. u. Chir. Dr., k. k. Badearzt in Vöslau. u. s. w. A.
Vogt, Karl, Bergverwalter, Petrovagora, zu Topuszko F.
Waagner, Ignaz, Berg- und Hüttenverwalter, Rüde bei Samobor, Croatien. F.
Waberer, Anton, k. k. Oberlieutenant, Ingenieur, Virje, Beiovar. F.
Ritter v. Wachtier, Joseph, Hohen wang, Steiermark. F.
Graf v. Walderdorff, Rudolph, k. k. w. Kämmeier, Hauptmarin und Platz-
Commandant in Castel Lastua bei Cattaro. F.
Graf v. W ald stein- Warte nberg, Georg, Dux, Böhmen. F.
v. Walther zu Herbstenburg, Alois, k. k. Berghauptmann, Hall in Tirol. F.
Wanke, Friedrich, Bergdirector, Wilkiscben, Böhmen. F.
Weber, Seine Hochw. Dr. Dionys, Prior der Abtei Bakonybel. F.
Weissmann, Johann, Jur. Dr. k. k. w. Ministerialrath im Staatsministerium. E.
Wessely, Ignaz, Bergverwalter, Schwarzbach, Böhmen. F.
Reichsgraf v. Westphalen-Fürstenberg, Ritter des Oe. K. 0. d. eisernen
Krone, Kulm, Böhmen. F.
Graf v. Wickenburg, Seine Exc. Mathias Cons'antin, Grosskreuz, k. k. w.
geh. Rath und Kämmerer. Handelsminister. B.
Wiebel, Med. Dr. Prof, Präsident des naturwissenschaftlichen Vereines zu
Hamburg. B.
Graf v. Wimpffen, Felix, Ritler, k. k. w. Kämmerer und Legationsrath in
London. B.
Wi nda kiewic z, Eduard, Grubendirector, Vassas, Fünfkircher. F.
Wittmann, Alois, Director der DampfschitFfahrts-Gesellschaft des österreichi-
schen Lloyd, Triest. F.
Wodiczka, Franz, k. k. Bergverwalter, Cilli. F.
Wo r mustin y, Eduard, Assistent am Landesmuseum, Agram. F.
Wüllner, Adolph, Phil. Dr., Privatdocent der Physik, Univ. Marburg. D.
Young, Charles A., Professor, Western Reserve College, Hudson, Ohio. B. E.
v. Zanchi, Franz, k. k. Stadthaltereirath, Kreisvorstand, Berghauptmann, Zara. F.
Ritter v. Zastavnikovic, Gideon, Ritter des Oe. K. Orden der E. K. k. k.
Oberst und Commandant des Szluiner k. k. Mil.-Grenz-Regiments, Karl-
stadt. F.
Zech, Johann, Bergingenieur, Reschitza, Banat. F.
Zecic, Mathias, k. k. Lieutenant, Carlopago, croatische Militäj grenze. F.
Zemlinsky, Rudolph, Bergdirector, Schatzlar, Böhmen. F.
Zerzer, Karl, Verweser, Steyeregg, Cilli, Steiermark. F.
Zeynek, Gustav, Lehrer an dem k. k. Theresianischen katholischen Waisen-
hause, Hermannstadt. E.
Ritter v. Ziernfeld, Hermann, Berg-und Hüttenverwalter, Kogel, Steiermark. F.
Zittel, Karl, Phil. Dr., Heidelberg. A.
XXI
Inhalt.
■ -"V '■
Seite
Vorwort III
Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt IX
Correspondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt aus den Jahren 1861 und 1862 . X
1. Heft. Jänner bis December 1861.
I. Ueber Herrn J. ßarrande’s Colonien in der Silurformation Böhmens. Von
M. V. Lipoid i
II. Arbeiten in dem chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt. Von
Karl Ritter von Hau er ß7
III. Verzeichnis der an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangten Einsendungen an
Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. w 72
IV. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt eingelangten Bücher,
Karten u. s. w 75
2. Heft. Jänner, Februar, März, April 1862.
I. Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol. Zweite Abtheilung. Von Ferdinand
Freiherrn von Richthof en 87
II. Aus Herrn Joach. B ar ran d e’s Schrift: „Defense des Colonies, 1. Groupe pro-
batoire“ Uebersetzt von A. Fr. Grafen Marschall 207
III. Bericht über die im Jahre 1859 ausgeführlen geologischen Aufnahmen bei Prag
und Beraun. Von Johann Krej cl 223
IV. Die neogen-tertiären Ablagerungen von West-Slavonien. Von Dionys Stur . . . 285
V. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangten Einsendungen
von Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. w. Vom 10. December 1861 bis
* tJ • fl JJl 11 AUv« « • • • • • ♦ • * • * • * • * * 4 * • • • • • • • • • • O Uv/
VI. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt eingelangten Bücher,
Karten u. s. w. Vom 1. Jänner bis 15. April 1862 306
3. Heft. Mai, Juni, Juli, August 1862.
I. Die geologischen Verhältnisse des südöstlichen Theiles von Unter-Steiermark.
Von Theobald von Z o 1 li k o f e r . 31 i
II. Die Quader- und Pläner-Ablagerungen des Bunzlauer Kreises in Böhmen. Von
Johann Jokely 367
III. Pflanzenreste aus dem Basalttuffe von Alt-Warnsdorf in Nord-Böhmen. Von Johann
Jokely 379
IV. Allgemeine Uebersicht über die Gliederung und die Lagerungsverhältnisse desßoth-
liegenden im westlichen Theile des Jiciner Kreises in Böhmen. Von Joh. Jokely 381
V. Das Riesengebirge in Böhmen. Von Johann Jokely 396
VI. Arbeiten im chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt. Von
Karl Ritter v. Hauer 421
VII. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangten Einsendungen
von Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. w. Vom 15. April bis 15. August 1862 425
VIII. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt eingelangten Bücher,
Karten u. s. w. Vom 16. April bis 15. August 1862 426
XXII
Seite
4. Heft. September, October, November, December 1862.
I. Das Steinkohlengebiet im nordwestlichen Theile des Prager Kreises in Böhmen.
Von M. V. Lipoid 431
II. Die geologischen Verhältnisse der Bezirke des Oguliner und der südlichen Com-
pagnien des Szluiner Regimentes in der Karlstädter k. k. Militärgrenze. Von
Dr. Ferdinand S toi iczka 526
III. Zur Geognosie Tirols. Von Adolph Pichl er 531
IV. Arbeiten im chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt. Von
Karl Ritter v. Hauer 533
V. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangten Einsendungen
von Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. w. Vom 16. August bis 15. Decem-
ber 1862 537
VI. Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt eingelangten Bücher,
Karten u. s. w. Vom 16. August bis 15. December 1862 539
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Sitzungsberichte.
1. Sitzung am 15. Jänner 1861.
W. Haidinger, F. X. M. Zippe’s siebenzigster Geburtstag 1. — Franz
v. Hauer, Fogarascher Gebirge 1. — Bausteine für den St. Stephansthurm 2. —
Gümbel, Scaphites multinodosus 3. — M. V. Lipoid, J. Biefel, Petrefacten
aus Mähren 3. — K. v. Hauer, R. Maly, Ambrit 4. — Freih. v. Andrian,
geologische Karte des Kaurzimer und Taborer Kreises 5. — G. Stäche, Eocen
im nordwestlichen Siebenbürgen 5. — Fr. Foette r I e, „Das Wasser in und um
Wien“ 7. — P. Turczmanovich, Steinsalz von Wieliczka 8
2. Sitzung am 29. Jänner 1861.
Fr. Foetterle, Geschenke vom naturwissenschaftlichen Verein in Augs-
burg 9. — K. v. Hauer, H. C. Sorby, mikroskopische Structur der Krystalle 9.
— Sammlung künstlicher Krystalle 10. — W. Haidinger, C. W. Zenger,
Mineralien und Hüttenprodacte von Neusohl 10. — Th. v. Z ol 1 i ko f e r, Gratzer
Tertiärbecken 11. — W. Haidinger, Dank an Zollikofer 12. — D. Stur,
Retjezat-Gebirg 12. — H. Wolf, Körösthal 14. — F. Stoliczka, Petrefacte
aus den Südalpen 16. — W. Hai dinge r, V. v. Zepharovich, terminologische
Sammlung der Universität Krakau 18
3. Sitzung am 26. Februar 1861.
M. V. Lipoid, Aufnahmen in der Umgegend von Olmütz 19. — Ed. Klesz-
czynski, Eruptivgestein und Cokes von Prziwos 19. — F. v. Hochstetter,
dessgleichen von Hruschau 19. — Fr. v. Hauer, Burzenländer Gebirge 20. —
H. Wolf, geologische Aufnahmen in Mähren 20. — Gebirgsarten, gesendet von
Herrn Ambros 22. — Mastodonknochen von Atzgersdorf 22. — Fr. Foetterle,
J. B. Kraus, Montanhandbuch 22. — F. v. Ho chst etter, Schreiben des Herrn
H. Ulrich aus Australien 23
4. Sitzung am 12. März 1861.
M. V. Lipoid, J. Jokely, Rothliegendes im Jiciner Kreise 29. — Roth-
liegendes bei Schwarzkosteletz und Böhmischbrod 30. — G. Stäche, Quell-
gebiet des kleinen Szamos 31. — K. v. Hauer, Analyse von Donauwasser 34. —
W. Haidinger, fliessendes Wasser nimmt nicht Kohlensäure aus der Luft auf 36.
— Herrn. Dauber todt 36. — Wollaston-Medaille 38. — Wahlen der geologi-
schen Gesellschaft in London 38. — O. Freih. v. Hingenau, allgemeine Ver-
sammlung des Werner-Vereines 38
5. Sitzung am 16. April 1861.
W. Haidinger, Berichte über unsere Sitzungen im „Berggeiste“ 39. —
Fr. v. Hauer, W. Gümbel, die bayerischen Alpen 39. — Bronn’s von der
Pariser Akademie gekrönte Preisschrift 45. — N. Woldrich, Becken von
Eperies 46. — Ammoniten von Mariathal bei Stampfen 46. — Curioni, „ sulla
Industria del ferro“ 47. — M. V. Lipoid, Kreideformation im Prager und Bunz-
lauer Kreise 48. — K. v. Hauer, krystaliogenetische Studien 49. — H. Wolf,
XXIII
Seite
Tertiär und Diluvium zwischen OJmütz und Brünn 51. — Fr. Foetterle,
J. Leinmüller, Petrefacten von Gurkfeld 53
6. Sitzung am 30. April 1861.
W. Kaidinger, Karten und Jahrbuch an Seine k. k. Apostol. Majestät 54.
— Sommerplan für 1861 54. — Localitäten der Anstalt 55. — Verein zur Ver-
breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse 55. — K. v. Hauer, Quellen von
Mauer 56. — Dr. K. Peters, geologische Verhältnisse des Baranyer Comita-
tes 58. — M. V. Lipoid, J. Jokely, das Riesengebirge in Böhmen 59. —
D. Stur, Tertiäres in Südwest-Siebenbürgen 59. — F. Freih. v. Andrian,
Granitgebiet von Beneschau 61. — Fr. Fo etterle, geologische Uebersichts-
karte des Banates 62. — W. Haidinger, Danksagung 62
7. Sitzung am 28. Mai 1861.
Fr. Foetterle, A. Letocha schenkt Tertiär-Petrefacten 63. — W. Hai-
dinger, Miethe des Local es für die Anstalt erneuert 63. — Unabhängige Stellung
der Anstalt angeordnet 63. — Hauynfels von Ditro 64. — Forcherit 64. —
Grund- und Profilrisse über die Gangzüge des Oberharzes 66. — Fr. v. Hauer,
Petrefacten aus dem Bakonyerwald 67. — M. V. Lipoid, geologische Karte
von Böhmen 68. — H. Wolf, Correspondenzen der Herren F. Römer und
Göppert 69. — W. Haidinger, Schlusswort 70
Monatsberichte.
Bericht vom 30. Juni 1861.
Audienz des Directors bei Seiner k. k. Apostolischen Majestät 71. —
Berichterstattung Schrotte r’s in der feierlichen Sitzung der Kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften 71. — Fr. v. Hauer’s Festrede in dieser Sitzung 71.
— J. Richter erhält das silberne Verdienslkreuz mit der Krone 71. — Geogra-
phische Gesellschaft 72. — Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 72. —
Berichte von M. V. Li po 1 d aus Hollaubkau 72. — von J. J o k e 1 y aus Jicin 73.
— von Fr. v. Hauer aus Raab 73. — H. Wolf, Aufsammlung von Tertiär-
Petrefacten in Mähren 73. — Einsendungen von Mineralien und Druckwerken . 74
Bericht vom 31. Juli 1861.
Seine kais. Hoheit Erzherzog Rainer besucht die Anstalt 75. — Berichte von
M. V. Lipoid aus Kolin 75. — von J. Jokely aus Schatzlar 72. — von Fr.
v. Hauer aus dem Vertesgebirge und dem Bakonyerwalde 76. — von F. Sto-
liczka aus Güns 78. — von Fr. Foetterle aus Warasdin und über den Avanza-
Graben im Venetianischen 78. — von H. Wolf aus Belovär 79. — Analyse von
Mineralwässern aus Kärnthen 79. — Einsendungen und Geschenke der Herren
Schmidt in Lietzen, M aryska in Liebstadt], Sapetza, Müller in Melbourne,
Th. Oldham in Calcutta 79. — Einladungen zu Versammlungen 80
Bericht vom 31. August 1861.
Berichte von M. V. Li p o ld aus Neu-ßidschow 81. — von Freih. v. Andrian
aus Chotebor 81. — von J. Jo k e ly aus Schwadowitz 81. — von F. Foetterl e
aus Agram 82. — von D. Stur aus Posega 83. — von H. Wolf aus Warasdin 83.
— von Fr. v. Hauer aus dem Bakonyerwalde 83. — K. v. Hauer, Untersuchung
des Suliguli-Säuerlings 85. — Untersuchung der Quelle von Mauer85. — F. Schott,
Galmei von Dlugoszyn 85. — A. Breithaupt, Paradoxit 86. — Einsendungen
von Mineralien und Druckwerken durch die Herren Freih. v. Merck, Sapetza,
Delesse 86. — M. A. Seykotta, Salzerzeugung in Wieliczka 87
Sitzungsberichte.
Sitzung am 19. November 1861.
W. Haidiger, Jahres-Anspraehe 89
M. V. Lipoid, geologische Karte der Umgebungen von Pardubitz und Elbe-
teinitz 105. — K. v. Hauer, Quellen von Gars t07. — Fr. Foetterle, Fahlerz-
vorkommen im Avanzagraben 107. — Einsendungen 108
Sitzung am 3. December 1861.
Fr. F o ette r 1 e , Collectiv-Ausstellung von fossilen Brennstoffen für Lon-
don 109. — Fr. v. Hauer, geolog. Uebersichtskarte von Südwest-Ungarn 110. —
XXIV
Seite
B. v. Cotta, Erzlagerstätten 112. — Dr. F. Stoliczka, krystallinisehe Schiefer-
gebilde in Südwest-Ungarn 114. — K. v, Hauer, Verhalten von Metallen in der
Flamme von Schwefelkohlenstoff 115. — D. Stur, geologische Karte von West-
Slavonien 115. — M. V. Lipoid, Einsendungen der Herren Dr. Müllner,
Freih. v. Merck, J. Sapetza und Frau Jos. Ka bl i k 118
Sitzung am 17. December 1861.
Dr. M. Hörnes, Lieferung 14 — 15 der „fossilen Mollusken des Tertiär-
beckens von Wien“ 119. — Dr. F. Zirkel, Gesteine des Melegyhegy 121 —
Fr. Foetterle, geologische Karte von Croatien 123. — Dr. G. Stäche,
jüngere Tertiärschichten des Bakonyer Waldes 124. — Freih. v. Andrian,
geologische Karte des Czaslauer und Chrudimer Kreises 127. — M. V. Lipoid,
Petrefacte, gesendet von K rejci 128. — Fr. v. Hauer, Binkhorst über die
Gasteropoden der oberen Kreide von Limburg 129. — A. Pichler, Fossilien der
Hierlatz-Schichten in Tirol 130. — C. W. Gümbel, die Dachsteinbivalve 130. —
W. Haidinger, Druckwerke von L. Hohenegg er (Karte der Nord-Karpa-
then) 131 — und Baronin L. v. Kotz (Was ich erlebte!) 133. — Schlusswort . 133
Sitzung am 7. Jänner 1862.
M. V. Lipoid, Galmei und Braunkohlenbergbau in Ivanec 135. — Karl
v. Hauer, Kohle der Beatensglückgrube 139. — D. Stur, fossile Pflanzen von
Miröschau, Bras und Swina 140. — Dr. Braun, fossile Pflanzen von Bayreuth 143.
— Dr. G. S ta c h e, Basaltterrain am Plattensee 145. — W. Haidinger, Jahr-
buch, Bd. XII, Heft 1 148. — Barrand e’s Defense des Colonies 148. —
C. v. E t ti n gsh aus e n , Reelnmation 151. — Geognostische Karte der Banater
Domäne 152. — Bücher 152
Sitzung am 21. Jänner 1862.
E. S u ess, Brief über die Barr and e’schen Colonien 153. — F. F o e tte rl e,
Braunkohlenvorkommen von Valdagno 154. — M. V. Lipoid, Basalte von Pardu-
bitz 155. — H. Wolf, das Vrdnik-Gebirge 158. — Dr. F. Stoliczka, Reste der
Diluvialzeit, gesendet von Herrn Boucher de Perthes 160. — Fr. v. Hauer,
Triaskalke im Bakonyer Wald 164. — Ammoniten aus dem Medolo 166
Sitzung am 4 Februar 1862.
W. H a i d i n g e r , K. C. v. Leonhard todt 167. — J. Jokely, Professor
am Josephs-Polytechnicum in Ofen 168. — J. Jokely, Geologisches aus dem
Königgrätzer Kreise 169. — M. V. Lipoid, Eisensteinlager in der Silurforma-
tion in Böhmen 175. — F. Freih. v. Andrian, Gneisse aus dem Czaslauer und
Chrudimer Kreise 177. — P. v. Tchihatchef, der Vesuv im December 1861 . 179
Sitzung am 18. März 1862.
W. Hai d i n ge r, Vor-Ausstellung für London 183. — Besuch S ei n e r k. k.
Apostolischen Majestät 184. — J. J o k e ly’s erste Vorlesung in Ofen 188. —
Besucher der Anstalt für Dinstag eingeladen 189. — Granit von Bregenz, gesendet
von Freih. v. Seyffertitz 189. — K. v. H auer, Untersuchung von Cokes 189.
— Freih. v. Hingenau, General-Versammlung des Werner-Vereines 189. —
Fr. v. Hauer, Vorkommen von Phosphorverbindungen im Mineralreich 190. —
Fr. Posepny’s geognostische Karte des Mittellaufes der Lapos 192. —
Al. v. Pävai, Petrefaeten aus Nordost-Siebenbürgen 194. — Ad. Pichler, zur
Geognosie des Haller Salzberges 194. — M. V. Li p old, Gänge am Giftherge 195.
— Fr. Foetterle, K. Gregory, Naphthaquellen in Galizien 196. — D. Stur,
Prof. Braun, Pflanzenlager von Veitlahm 199. — Uebersichtsaufnahme von
West-Slavonien 200. — K. M. Paul, Verrucano und Werfener Schiefer im
Bakonyer Walde 205
Sitzung am 1. April 1862.
W. Haidinger, J. Barrande’s Defense de Colonies 207. — Jahres-
versammlung der geologischen Gesellschaft in London 209. — Photographien von
- C. v.Renard und Al. P e r r e y 210. — Dr. G. Stäche, Eocenablagerungen im
Bakonyer Wald 210. — K. v. Hauer, Untersuchung der Kohlen von Reschitza
und Steierdorf 212. — Fr. Foetterle, Lagerungsverhältnisse dieser Kohlen 214.
— H. Wolf, geologische Aufnahme der Warasdiner Grenzregimenter 215. —
Dr. F. Stoliczka, jüngere Tertiärschichten in Süd west-Ungarn
217
XXV
Seite
Sitzung am 29. April 1862.
W. Haidinger, Karten und Druckwerke an Seine k. k. Apostolische
Majestät 219. — Sommerplan für 1862 221. — Schwefelwasser von Hryniawa
222. — Freih. v. Härdtl’s „Heilquellen des österreichischen Kaiserstaates“ 223.
— H. Wolf, Profil der Kaiserin Elisabeth-Westbahn 223. — M. V. Lipoid,
Eisensteinlager der Silurformation in Böhmen 224. — Petrefacten, gesendet von
Fr. Jos. K ablik, J. F. Kutschker und Fr. Posepny 225. — K. M. Paul,
Rhätische, Lias- und Jura-Bildungen im Bakonyer Gebirge 226. — H. Wolf, das
Kalnikgebirge 229. — W. Hai dinge r, Schlusswort . 230
Die allgemeine Farbentafel für die 10 geologisch-colorirten Karten der inter-
nationalen Ausstellung in London 231
Monatsberichte.
Bericht vom 31. Mai 1862.
Audienz des Directors bei Seiner k. k. Apostolischen Majestät 233.
— Begünstigung der Geologen der Anstalt durch Freikarten 233. — Berichte der
Herren M. V. Lipoid, H. Wolf, Freih. v. Andrian und K. Paul aus Ost-
Böhmen 234. — von D. Stur aus Karlstadt 234. — von Dr. F. Stoliczka aus
Ogulin235. — von Dr. G. Stac h e aus Zara235. — Geschenke von Büchern 236.
— Das Skelet von Cervus Euryceros in den Thiergarten übertragen 237. —
Zweites Heft des Jahrbuches vollendet 237
Ber eht vom 30. Juni 1862.
W. Haidinger zum wirklichen Hofrath ernannt 238. — Berichte von M. V.
Lipoid aus Policzka 238. — von Freih. v. Andrian aus Deutschbrod 239. — von
C. M. Paul aus Brandeis 239. — von Dr. F. Stoliczka aus Ogulin 239. — von
D. Stur aus Samobor 240. ■ — von Fr. v. Hauer und Dr. G. Stäche aus Spa-
lato 241. — von Fr. Foetterle aus Zen gg 241. — Ausstellung in London 243.
— C. W. Gümbel’s Werk über die bayerischen Alpen 243. — N. St. Maske-
lyne, Meteoriten des Britischen Museums 244. — Brief von Freih. v. Richt-
hofen aus Calcutta 244. — Geschenke an Mineralien, Büchern u. s. w 245
Wilhelm Haidinger: „Der Boden der Stadt Wien , von Ed. Suess . . . 247
Bericht vom 31. Juli 1862.
Fünf Medaillen in London uns zuerkannt 251. — Berichte von M. V. Lipoid
aus Policzka 252. — von Freih. v. Andrian aus Neu-Reichenau 253. — von
C. M. Paul aus Chotzen 253. — von H. Wolf über das Rothliegende 253. —
von Fr. Foetterle aus Ottocac 254. — von D. Stur aus Petrinia 256. — von
Fr. v. Hauer und Dr. G. Stäche aus Spalato 257. — Ed. Suess, alpine Trias-
Petrefacten vomHimalaya 258. — Frau Jos. Kablik sendet Fische aus dem Roth-
liegenden von Hohenelbe 259. — DesCloizeaux, Manuel de Mineralogie 259.
— K. Naumann, Lehrbuch der Geognosie 259. — Auszeichnungen den Herren
D. G. Kieser, Rokitansky und Hyrtl verliehen ........... 259
Sitzungsberichte.
Sitzung am 4. November 1862.
W. Haidinger, Jahres-Ansprache 261
F. v. Hochstetter, Publicationen der Novara-Expedition 280. — Dank für
eine Kohlensammlung 280. — Fr. v. Hauer, Gümbel’s Werk über die bayeri-
schen Alpen 280. — M. V. Lipoid, Karte des Silurterrains in Böhmen 284. —
Dr. F. Stoliczka, Abschiedsworte 285. — Fr. v. Hauer, Antwort 285
Sitzung am 18. November 1862.
E. Suess, Säugethier-Reste vom k. k. Hof-Mineraliencabinete acquirirt 286.
— Fr. v. Hauer, Paralleltafeln für die Farbenschemata der Karten der k. k.
geologischen Reichsanstalt 287. — M. Y. Lipoid, Aufnahmen in Böhmen 288.
— K. v. Hauer, Kohlen-Untersuchungen 288. — Fr. Foetterle, Kohlen-
vorkommen im Neograder Comitat 290. — Mammuthreste von Kasperowce . . . 290
Sitzung am 2. December 1862.
E. v. Mojsisovics, Lagerung der Hierlatz - Schichten 291. — M. V.
Lipoid, Erzvorkommen von Raibl 292. — D. Stur, Fisch- und Pflanzenreste
von Hohenelbe 293. — F. Römer silurische Schichten von Zaleszczyki 294. —
K. Paul, Aufnahmen im östlichen Böhmen 295. — H. Wolf, Tertiärpetrefacten
von Jaromieric 297. — Fr. Fo etterle, geologische Karte der Licca . .... 298
K, k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. IV. Heft.
D
Sitzung am 16. December 1862.
M. Y. Lipoid, Eisensteinvorkommen von Prasberg 299. — Mineralien aus
Klein-Asien, geschenkt von M. L i 1 1 v. L i 1 i e n b a c h 299. — Freih. v. A n d r i a n,
Eisensteinvorkommen vom Kohlberg und Kogelanger 300. — K. v. Hauer, Anti-
monerze von Pinkafeld 302. — Eisensteine vom Kohlberg und Kogelanger 302.
— H. Wolf, Geologie des Chrudimer und Czaslauer Kreises 303. — W. Haidin-
ger, Glimmer-Pseudornorphosen nach Cordierit von Greinburg 304. — Franz
v. Hauer, zur Gedgnosie Tirols, von A. Pichler 304. — Fossilien aus dem
Tegel von Olmütz, gesendet von J. N. W o 1 d ric h 304. — Naturwissenschaft-
licher Verein für Steiermark 305. — Bericht über die geologische Landesauf-
nahme von Italien, von Q. Sella
JAHRBUCH
DER
KAISERLICH - KÖNIGLICHEN
GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT.
JAHRGANG 1861 UND 1862. XII. BAND.
NB0 1. JÄNNER BIS DECEMBER 1861.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
BEI WILHELM BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES.
■
-
<5^oc^>
I. lieft.
12. Band. 1861 ».1861 JAHRBUCH
DER
KAIS. KÖN. GEOLOGISCHEN REICHS-ANSTALT.
I. Ueber Herrn J. Barrande’s „Colonien“ in der Silur-
Formation Böhmens.
Von M. V. Lipoid,
kaiserlich-königlichem wirklichen Bergrathe.
(Mit 2 Tafeln und 3 Holzschnitten.)
Vorgelegt in der Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt am 11. December 1860.
V o r w o r t.
In dem Terrain der sibirischen Grauvvackenformation Böhmens, welches durch
die langjährigen unermüdlichen Arbeiten des gelehrten und hochverdienten Natur-
forschers Herrn Joachim Barrande für die Paläontologie ein „classischer Boden44
geworden ist, hat wohl keine Erscheinung eine so grosse Sensation unter den
Geologen hervorgerufen, als jene der „Colonien44. Es ist bekannt, dass Herr
Barrande gewisse isolirte Partien von Schichten aus seiner obersilurischen Etage
E, welche zwischen Schichten seiner untersilurischen Etage D auftreten, mit dem
Namen „Colonien44 belegt hat und annimmt, dass die ersteren in normaler
Beihenfolge zwischen den letzteren abgelagert wurden. Die Fauna der Colonien,
welche jener der Etage E entspricht, wäre in das böhmische Silurbecken zur
Zeit, als daselbst die Ablagerungen der Etage D erfolgten, aus” einem ausserhalb
dieses Beckens gelegenen Meere, wo sie bereits existirte, auf einige Zeit „ein-
gewandert“.
Als im Sommer des Jahres 1859 Herr Johann Krejci , damals Lehrer an der
k. böhmischen Oberrealschule zu Prag, derzeit Direetor der Oberrealschule zu
Pisek, an den Arbeiten der I. Section der k. k. geologischen Reichsanstalt,
welche ich als Chefgeologe zu leiten hatte, Antheil zu nehmen freundlichst sich
erbot, und die geologische Aufnahme des ihm aus früheren Forschungen viel-
fach bekannten Terrains um und westlich von Prag übernahm, hatte derselbe
in dem über seine Arbeiten im Monate August an die Direction der k. k. geolo-
gischen Reichsanstalt erstatteten Berichte *) die Mittheilung gemacht, „dass er mit
grösster Aufmerksamkeit den Verlauf der Schichten in ihrem Streichen verfolgte,
und in Bezug auf den so wichtigen Begriff der B arr a n d e’schen „Colonien“ in
den Localitäten von Motol und dem Beranka-Wirthshause, wo Schichten mit
Petrefacten der Etage E in Schichten der Etage D eingelagert sind, sowie in der
von Gross-Kuhel zu der Annahme gelangt ist, dass diese Anomalien
durch wirkliche Dislocationen erklärt werden können“.
Es ist erklärlich, dass diese Behauptung des Herrn Directors Krej ei, welche
der bereits von hochgeachteten Geologen angenommenen Erklärungsart des Herrn
D Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. X. Jahrg., 1859. Verhandlungen, S. 112.
K. k. geologische Reichsanstalt. 13. Band, 1861 uud 1863. I. Heit, 1
2
M. V. Lipoid.
[2]
Barrande über die „Colonien“ geradezu entgegengesetzt war, unter den Wiener
Geologen Aufsehen erregte, und dass mein hochverehrter Freund Herr Professor
Eduard Suess, sobald er hievon Kenntniss erhielt, nach Prag eilte, um über
diese für seine eigenen paläontologischen Forschungen so hochwichtige Frage
Aufklärung zu erlangen. Durch Herrn Suess, und später aus dem Berichte der
k. k. geologischen Reichsanstalt für den Monat August 1859 gelangte auch Herr
J. Barrande in die Kenntniss von der Ansicht des Herrn Krejci über die „Colo-
nien“. Beiden Herren gab die Behauptung des Herrn Krejci Veranlassung, diesen
Gegenstand betreffende Zuschriften an meinen hochgeschätzten Lehrer und
Director, Herrn Hofrath W. Haidinger, zu richten. Herr J. Barrande erklärte
in seinem diesfälligen Schreiben1) von Prag den 17. October 1859, dass „er
gegen diese angebliche Entdeckung“ des Herrn Krejci „protestire “, — „dass
die Colonien wirklich eine anomale Erscheinung sind, und nichts mit den in dein
silurischen Becken von Böhmen so gewöhnlichen Dislocationen gemein haben“,
— und dass er „ohne zu wanken, an seiner Lehre von den Colonien festhalte“.
Er theilte mit, dass er demnächst seine Lehre von den Colonien in einer Arbeit
darstellen2) und dieselbe auf Thatsachen stützen werde, welche man in den zu-
nächst bei Prag gelegenen Colonien, die er „Colonie Zippe“, „Colonie Haidinger“
und „Colonie Krejci“ benannte, beobachtet. Auch Herr Professor E. Suess
erklärte sich in seinem Schreiben von „Wien, November 1859“ 3) für die Ansicht
des Herrn Barrande, stützte sich jedoch hauptsächlich auf Thatsachen, welche
der „Colonie Zippe“, die in der „Bruska“ in Prag seihst liegt, entnommen wurden,
uud meint, „dass in der Bruska von einer Erklärung der Vorkommnisse durch
Schichtenstörung keine Rede sein könne“, und dass man es an dieser Stelle
„sicher mit einer ursprünglichen Einlagerung, einer Colonie, und nicht mit einer
Schichtenstörung zu thun habe“.
Diese Erklärungen der beiden gelehrten Herren bestimmten Herrn Hofrath
Haidinger in seinem Schreiben vom 18. Februar 1860 an Herrn Barrande die
Meinung auszusprechen, „dass die Behauptung des Herrn Krejci auf einer Täu-
schung und nicht auf Thatsachen beruhe, und dass die Colonien neuerdings an
Terrain gewonnen hätten“. Als jedoch Herr Director Krejci im Monate April
1860 den Bericht über seine im Sommer 1859 für die Reichsanstalt ausgeführten
geologischen Aufnahmen dem Herrn Hofrathe Haidinger zur Vorlage brachte,
und in diesem Berichte4) nicht nur seine Ansicht über die Colonien theilweise voll-
ständig aufrecht erhält, sondern auch Thatsachen anführt, welche, deren Rich-
tigkeit vorausgesetzt, die Lehre des Herrn Barrande über die Colonien in der
That zu erschüttern vermöchten, — so veranlasste dieser Zwiespalt der Meinungen
den Herrn Hofrath, mich mit folgendem Aufträge zu beehren:
„Seiner u. s. w. Herrn M. V. Lipol d, k. k. w. Bergrathe und Chefgeologen
der I. Section in Böhmen.
Hochgeehrter Herr k. k. Bergrath! In der Frage der Barrande’schen Colo-
nien ist im Verlaufe der Detail- Aufnahme des diesjährigen Sommers eine einge-
hende Untersuchung durch den vielerfahrnen Chefgeologen der k. k. geologischen
Reichsanstalt in dem betreffenden Bezirke höchst wichtig und unerlässlich.
Ich ersuche Euer Hochwohlgeboren daher an Einer der „Colonien“, wo Herr
Professor Krejci eine von der des Herrn Barrande verschiedene Ansicht sich
!) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. X. Jahrgang, 1859. Seite 479.
2) Ist seitdem erschienen.
3) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. X. Jahrgang, 1859. Seite 491.
4) Derselbe wird im nächsten Hefte des Jahrbuches erscheinen.
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
3
[3]
gebildet hat, alle Verhältnisse so genau zu untersuchen und hinlängliche Auf-
sammlungen von Fossilresten einzuleiten, um zu einem sicheren Schlüsse zu
gelangen, so dass kein Zweifel übrig bleibt. Es ist gleichgiltig, welche dieser
Colonien dazu ausgewählt wird; je klarer die Verhältnisse, desto wünschens-
werther für die eigene Untersuchung sowohl, als um andere Geologen darauf
hinweisen zu können.
Ich ersuche E. H. für die Erfolge der Untersuchung an diesem Orte sodann
seiner Zeit bei den Ausarbeitungen im Herbste und Winter eine monographische
Darstellung vorzubereiten.
Mit ausgezeichneter Hochachtung u. s. w.
Wien, den 28. Mai 1860. W. Hai ding er m/p.“
Dies ist die Veranlassung, aus welcher ich mich an der Frage über die
„Colonien" im böhmischen Silurbecken betheilige. Gewiss wird es Niemand
wundern, dass der Auftrag meines hochverehrten Chefs, so ehrenvoll und schmei-
chelhaft er mir einerseits erscheinen musste, mich andererseits in eine peinliche
Lage versetzte. Galt es doch eine Frage wo möglich zur Entscheidung zu
bringen, welche bereits von so hochgestellten Autoritäten der Wissenschaft, wie
Barrande, Murchison, Lyell, Bronn, Suess u. a. besprochen und als
entschieden betrachtet wurde! — mit der Aussicht, entweder diesen Autoritäten,
deren vielfache Erfahrungen die meinigen bei Weitem übertreffen, — oder meinem
verehrten Freunde, Herrn Director Krejci, der die Frage wieder in Anregung
brachte, und in dessen genaue kenntnissreiche Beobachtungen ich volles Vertrauen
zu setzen Grund hatte, entgegentreten zu müssen! Doch, hier galt kein Zögern;
— dem Aufträge meines Herrn Chefs musste Folge geleistet werden, und so
machte ich mich denn an die Lösung der mir gewordenen Aufgabe mit dem
ernsten Vorsatze, die Thatsachen, wie sie sind, gewissenhaft zu
erheben und mitzutheilen. Ohne die am nördlichen Rande der obersiluri-
schen Ablagerungen nächst Prag befindlichen Colonien „Zippe“ und „Motol“
gänzlich ausser Acht zu lassen, hatte ich doch vorzugsweise die am südlichen Rande
jener Ablagerungen nächst Gross-Kuhel befindlichen Colonien „Haidinger" und
„Krejci" in das Bereich meiner Untersuchungen gezogen. Jedoch durch Herrn
Krejci’s Erhebungen darauf aufmerksam gemacht, und um überhaupt ein klares
Bild über die betreffenden Etagen des Herrn Barrande und deren Lagerungsver-
hältnisse zu erlangen, fand ich es nothwendig, den Kreis meiner Untersuchungen
über die Colonien hinaus zu ziehen, und dieselben an dem südlichen Rande der
obersilurischen Ablagerungen von Gross-Kuhel aus in südwestlicher Richtung in
einer Längenerstreckung von ungefähr 3 Meilen, bis in die Gegend von Litten,
Mnienan und Winaric auszudehnen. Das Resultat dieser im Sommer 1860 gepflo-
genen Untersuchungen lege ich in den zwei angehefteten geologischen Karten,
Taf. I und Taf. II, und in mehreren Profilen vor, zu deren Erläuterung die
nachfolgenden Mittheilungen dienen sollen. In so weit die geologische Karte,
Taf. I, in Nordwesten das obersilurische Kalkgebiet umfasst, ist dieselbe nach den
geologischen Aufnahmen des Herrn J. Krejci vom Jahre 1859 zusammengestellt.
1*
M. V. Lipoid.
m
Einleitung.
Es wird nicht überflüssig erscheinen, der Mittheilung über meine thatsäeh-
lichen Erhebungen bei den „Colonien“ einige Angaben über die silurischen Ab-
lagerungen Böhmens im Allgemeinen, und über die Geschichte der „Colonien“
insbesondere vorangehen zu lassen.
Was nun die Ablagerungen der Silurformation Böhmens im
Allgemeinen betrifft, so brauche ich nicht erst daraufhinzuweisen, dass es
Herr J. Barrande ist, dessen höchst werthvollen und gediegenen Arbeiten die
gelehrte Welt die erste genaue Kenntniss über jene Ablagerungen verdankt.
Seine in dem berühmten Werke: „ Systeme Sibirien du centre de la Boheme —
Par Joachim Barrande, IiSre Partie, 1852“, und zwar im „Esquisse geologique"
bekannt gemachte Einteilung der böhmischen Silur-Ablagerungen ist auf viel-
jährige Erfahrungen und zahlreiche Thatsachen gestützt, und gründet sich
auf die Ueberlagerung, auf den paläontologischen, und auf den petrographischen
Charakter der einzelnen Glieder. — Herr J. Barrande unterscheidet im böhmi-
schen Silurbecken eine „untersiluris che“ und eine „o be rsiluris che“
Abtheilung, und sondert jede derselben in mehrere „Etagen“.
Die u n t er silur is che Abtheilung umfasst von unten nach oben die
Etage A — krystallinische Schiefer-Etage;
* B — Schiefer- und Conglomerat-Etage — beide „azoisch“, — petre-
„ factenleer;
„ C — protozoische Schiefer -Etage — mit der „Primordial -Fauna“;
„ endlich
„ D — Quarzit-Etage, welche die zweite Silur -Fauna Böhmens beher-
bergt, und fünf mit dx, d2 , d3 , d 4 und db bezeichnte Unterabthei-
lungen erhielt.
Die obersilu rische Abtheilung mit der dritten Fauna zerfällt von
unten nach oben in die
Etage E — untere Kalk-Etage;
„ F — mittlere „
„ G — obere „
„ H — oberste Schiefer-Etage.
Diese Eintheilung des Silursystems in Böhmen diente den geologischen Auf-
nahmen der k. k. geologischen Reichsanstalt in diesem Königreiche zur Grundlage,
und ist von den betreffenden Geologen, wie es nicht anders zu erwarten war, als
vollkommen begründet befunden worden. Indessen fanden wir es nothwendig,
zu unserem Gebrauche von der Barrande’schen Bezeichnung der einzelnen
Glieder der böhmischen Silurformation mittelst Buchstaben abzuweichen, und statt
derselben die Benennung der Glieder nach Localitäten, an denen jedes derselben
besonders charakteristisch oder verbreitet auftritt, vorzunehmen. Es geschah
dies auf Veranlassung des Herrn Directors, nicht etwa aus blosser Neuerungs-
sucht, sondern ans einem zweifachen Grunde. Einerseits erschien es nämlich
angemessen, die bei der k. k. geologischen Reichsanstalt übliche, und vielfach,
insbesondere in den Alpen, angewendete Bezeichnung einzelner Formationsglieder
nach Localitäten, als diejenige, welche von den meisten Geologen benützt
wurde und am leichtesten dem Gedächtnisse angeeignet wird, auch bei der
Gliederung der böhmischen Silurformation in Anwendung zu bringen. Anderer-
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
[S]
s
seits fanden wir es nothwendig, bei den geologischen Aufnahmen in der böhmi-
schen Silurformation und in den betreffenden geologischen Karten, welche zu-
gleich praktischen Zwecken zur Grundlage dienen sollen, nicht nur eine
Trennung der Glieder auf Grundlage der paläontologischen Merkmale, wie es
Herr Barrande gethan, sondern auch eine Ausscheidung derselbennachpe-
trographis chen Unterschieden vorzunehmen, wodurch die von den Geologen
der k. k. geol. Reichsanstalt durchgeführte Gliederung der böhmischen Silurfor-
mation rücksichtlich der Anzahl der Glieder von jener des Herrn Barrande
abweichend wurde, und desshalb auch eine abweichende Bezeichnung erheischte.
Ich habe die in den Karten der k. k. geologischen Reichsanstalt durchge-
führte Gliederung der böhmischen Silurformation und deren Bezeichnung bereits
in der Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt vom 21. April 1860 *) be-
kannt gegeben, will jedoch hier dieselbe mit der Bemerkung wiederholen, dass
in der bekannt gegebenen Gliederung die „Kossower Schichten“, deren Aus-
scheidung erst später erfolgte, fehlen.
Die B arr an de 'sehe Etage A wurde von uns als „Urthonschiefer“ ausge-
schieden. Die übrigen Etagen des Herrn Barrande erhielten von unten nach
oben folgende Gliederung und Benennung:
1. Pfibramer Schiefer
2. „ Grauwacke
3. Jinecer . Schichten
4. Krusnahora . .
5. Komorauer . .
6. Brda
7. Vinicer ....
8. Zahoraner . . .
9. Königshofer . .
10. Kossower . . .
11. Littener . . .
12. Kuhelbader . .
13. Konepruser . .
14. Braniker . . .
13. Hluboceper . .
(Hostomnicer)
> B a r r a n d e's
. . Etage
B.
/
99
. • „
C.
! -
di )
99
d* /
99
99
d* \
dk ( ”
D.
l 99
d 5 j
! •
• • V)
E.
v>
• • »
F.
• . „
G.
n
• • J»
H.
Von diesen verschiedenen „Schichten“ werden uns in der Folge fast aus-
schliesslich die „Königshofer“, die „Kossower“ und die „Littener“ Schichten
beschäftigen , wesshalb ich nur von diesen Schichten eine kurze Beschreibung
beizufügen für nöthig erachte.
Die Königshofer Schichten bestehen aus Schiefern von gelblich-
oder braungrauer Farbe. Diese Schiefer sind sehr dünnblätterig, kurzklüftig
und leicht brüchig, an den Schieferungsflächen glänzend, im Bruche matt und
erdig, und enthalten nur sehr wenig Glimmer, und auch diesen nur sparsam in
mit freiem Auge kaum sichtbaren zarten Blättchen beigemengt. Es sind Herrn
Barrande’s „schistes gris-jaundtres“ . Die Kossower Schichten dagegen
bestehen aus Quarz-Sandsteinen von verschwindend kleinem Korn und von
licht- und dunkel- auch braungrauer Farbe. Nur Quarz, mit feinen Glimmer-
blättchen sparsam gemengt, bildet die Bestandtheile dieses Sandsteins, an
dessen Schichtungsflächen man meist pflanzenähnliche wulstige Erhabenheiten
vorfindet. Er tritt in Schichten von i/a Zoll bis zu 1 Fuss Mächtigkeit auf.
D Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. XI. Jahrgang, 1860. Verhandlungen, S. 88.
6
M. V. Lipoid.
[•]
Herr Barrande hat die Königshofer und Kossower Schichten in seiner
Unterabtheilung db der Etage D vereinigt, zweifelsohne auf Grundlage des
gleichen paläontologischen Charakters. Wir hatten die Schiefer und Sandsteine
dieser Unterabtheilung Herrn Barr an de ’s so weit als möglich als „Königshofer“
und „Kossower“ Schichten besonders ausgeschieden, da sie einen verschiedenen
Einfluss auf die Bodenbeschaffenheit und die Configuration des Landes nehmen.
Allerdings treten die Königshofer Schiefer und die Kossower Sandsteine auch in
Wechsellagerung, und so wie in den Königshofer Schichten Lagen von sandigen
Schiefern und Sandsteinen, eben so trifft man zwischen den Sandsteinen der
Kossower Schichten schiefrige Mittel untergeordnet eingelagert. Die Königs-
hofer Schichten bestehen demnach entweder ausschliesslich oder doch bei
weitem vorwiegend aus Schiefern, während die Kossower Schichten vorherr-
schend von Sandsteinen gebildet werden. Bezüglich ihrer Stellung zu einander
haben ich und Herr Kr ejci aus vielfachen Beobachtungen die bereits von Herrn
Barrande angeführte Thatsache constatirt, dass überall, wo eine normale nicht
gestörte Lagerung zu finden ist, die Königs hofer Schichten die tiefere
Lage einnehmen, nach oben mit Sandsteinen in Wechsellagerung treten,
und endlich von den Kossower Schichten überlagert werden.
Rücksichtlich der Fauna der Königshofer und Kossower Schichten muss ich
auf Herrn Barrande V oben angeführtes Werk „ Systeme silurien dti centre de
la Boheme “ hinweisen, in welchem, Seite 69, die Fauna der Etage D mitge-
theilt wird. Abgesehen nämlieh davon, dass ich in der verhältnissmässig kurzen
Zeit, welche ich meinen Erhebungen über die Colonien widmen konnte, unmög-
lich auf eine erschöpfende Ausbeutung der Petrefacten obiger Schichten denken
konnte, um so weniger, als ich auf das bei den Colonien höchst wichtige Moment
der Feststellung der Lagerungsverhältnisse mein besonderes Augen-
merk richten musste; müsste ich in der That selbst auch nur den Versuch, die
Resultate der erschöpfenden paläontologischen Forschungen des Herrn
Barrande im böhmischen Silurbecken verbessern zu wollen, als eine Anmas-
sung erklären. Ich begnüge mich desshalb aus Herrn Barrande's obigem
Werke anzuführen, dass ihm bis zum Jahre 1852 seine Etage D 23 Genera mit
61 Species von Thieren geliefert hat, unter welchen die Trilobiten vorherrschen,
und von welchen 5 — 6 Genera erst in den Königshofer und Kossower Schichten
erschienen sind. Von den bezeichneten 61 Species sind fast alle der Etage D
eigentümlich, und nur ein paar in die obersilurische Etage E übergegangen.
Die „Littener“ Schichten bestehen aus Grünsteinen, aus Schiefern
und aus Kalksph äroiden. Die Grünsteine (Trappe) sind durchaus kalk-
hältig, und gehören in die Classe der Diabase. Sie bilden die Basis der Littener
Schichten, indem sie unmittelbar den Kossower Schichten auflagern, finden sich
aber auch in höheren Horizonten innerhalb der Schiefer, in Wechsellagerung
mit diesen, vor, so dass man mehrere successive Ablagerungen der Grünsteine
annehmen darf. Man trifft sie bald, anderen Eruptivgesteinen ähnlich, in massi-
gem Zustande, bald schön geschichtet in förmlichen Bänken an. Diese Grün-
steine sind d en Littener Schichten eigenthümlich , und wir haben
sie in normaler Lagerung in den tieferen Kossower und Königs-
hofer Schichten nicht vo rgefu nden *). — Die Schiefer der Littener
J) Allerdings treten Trappgesteine auch in den tieferen Schichten der Etage D des Herrn
Barrande, nämlich in den „Komorauer Schichten“, wohl auch in den Zahoraner
Schichten auf. Die Trappgesteine der Komorauer Schichten unterscheiden sich jedoch
theils durch ihre Schalstein- und Mandelsteinbildung, theils durch die Begleitung von
Ueber Herrn ßarrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
7
F]
Schichten sind dünnblätterig, im Bruche erdig oder sandig, einzelne sehr dünn-
plattige Lagen derselben kalkhaltig, und schwarz oder dunkel-blaugrau, nur im
verwitterten Zustande auch braun- selbst licht- und weissgrau von Farbe. Glimmer
findet sich in ihnen nicht vor. Dagegen sind sie besonders charakterisirt durch
die grosse Menge von Graptolithen, welche man an den Schieferungsflächen
antrifft, und welche selten einem Handstücke gänzlich fehlen. Zwischen diesen
Schiefern liegen, indenhöherenLagender selben, zerstreute sphäroidale,
abgeplattete Concretionen von Kalk (Anthrakonit) — Kalksphäroide — in der
Grösse von 1 Zoll bis über 2 Fuss, welche in der Regel sehr reich an Petre-
facten sind, und nach oben an Zahl so zunehmen, dass sie förmliche Bänke
bilden. — Ueberhaupt treten auch die Schiefer der Littener Schichten nach oben
mit dunklen bituminösen Kalksteinen in Wechsellagerung , bis diese letzteren
allein das Hangende der Littener Schichten bilden. Die letztgenannten Kalksteine,
welche Herr Barr aride noch in seine Etage E einbezieht, konnte ihrer petro-
graphischen Verschiedenheit wegen Herr K r ej ci in seiner geologischen Karte
über die Umgebungen von Prag besonders ausscheiden, und hat dieselben mit
dem Namen „Kuhelbader Schichten^ belegt.
Auch rücksichtlich der Fauna der Littener Schichten darf ich mich auf
Herrn ßarrande’s oben angeführtes Werk berufen, in welchem er, Seite 72 f.,
eine Uebersicht der Fauna seiner die Littener und Kuhelbader Schichten um-
fassenden Etage E gibt, welche nach Herrn Barrande die petrefactenreichste
aller Abtheilungen der böhmischen Silurformation ist.
Was nun das Geschichtliche der Colonien des böhmischen Silur-
beckens anbelangt, so hat Herr Barrande das Thatsächliche und die Theorie
derselben zuerst in seinem grossen Werke „ Systeme Sibirien du centre de la
Boheme. 1852“ der gelehrten Welt umständlicher zur Kenntniss gebracht. Er
theilt — Seite 69 — mit, dass, ungeachtet die untersi lur ischen Ablage-
rungen in Böhmen durch den Mangel von Kalkstein-Formationen ausgezeichnet
sind, sich dennoch innerhalb der sehr glimmen* eichen S chiefer der
Etage D zwei sehr merkwürdige Einlagerungen von Kalksphäroiden mit Grap-
tolithenschiefern, welche jenen der Etage E ganz ähnlich sind, vorfinden, je
eine an jeder Seite der Axe des böhmischen Silurbeckens, u. z. die eine mit
Grünsteinen nächst Motol und des Beranka-Wirthshauses (an der nördlichen
Seite des Beckens) , die andere oberhalb Gross-Kuhel (an der südlichen Seite
des Beckens), und beide mit Fossilien, welche den charakteristischen Fossilien
der Etage ^vollkommen ähnlich sind, und dass auch Herr Professor Zippe
in der „Bruska“ innerhalb Prag’s mitten in der Etage D eine Kalksteinschichte
beobachtet habe, deren Fossilien jenen der Etage E ähnlich sind. Er bezeichnet
— Seite 71 — diese in der Formation der glimmerreichen Schiefer d 4 der Etage
D Vorgefundenen Einlagerungen von Graptolithenschiefern und Kalksphäroiden,
deren Fossilen vollständig verschieden von jenen der (untersilurischen)
zweiten Fauna, und identisch mit jenen der (obersilurischen) dritten Fauna sind,
mit dem Namen „Colonien“. Er gibt ferner — Seite 72 a — ein Verzeichniss
der Fauna der „Colonien“, nach welchem die bis dahin in denselben gesammelten
Thierreste 63 Species, u. z. hievon 4 Sp ecies ausschliesslich den Colo-
Roogeneisensteinen leicht von den Grünsteinen der Littener Schichten. Herr Director
Krejci bereitet übrigens eine umfassendere Arbeit über die Grünsteine der böhmischen
Silurformation vor. Herr Krejci beobachtete Grünsteine in beschränkten Verhältnissen
noch an der Basis der Hluboceper Schichten im Thale zwischen Tachlovic, Chejnie und
Chotec, ohne dass deren Durchbruch durch die Konepruser und Braniker Schichten
sichtbar wäre.
8
M. V. Lipoid.
[8]
nien, 2 (der Colonie in der „Bruska“ entnommene) Species den Colonien und
der zweiten Fauna, und 57 Species den Colonien und der dritten Fauna gemein-
schaftlich angehören, — und fügt am Schlüsse bei, dass zu Folge dieses Sach-
verhaltes dieFauna der Colonien alsidentischmitderdritten Fauna,
in Böhmen, u. z. mit jener der Etage E, betrachtet werden müsse,
und dass diese coloniale Fauna, welche nach einer kurzen Existenz erloschen
ist, erst nach der gänzlichen durch die Ausbrüche der Grünsteine plötzlich erfolg-
ten Vernichtung der zweiten Fauna wieder erschienen sei und sich weiter ent-
wickelt habe. Nachdem endlich Herr B a r r a n d e — Seite 72 e — noch bemerkt,
dass die mineralogisch e Identität der Graptolithenschiefer, der Grünsteine
und Kalksphäroide in den Colonien und in der Etage E auf einen gleichen
Ursprung und eine gleichartige Bildungsart derselben in verschiedenen
Epochen hindeute, sucht er, Seite 73 — 75, die Erscheinung der Colonien
zu erklären. Er setzt hiebei als feststehende Thatsache voraus: „t., dass eine
aus Grünsteinen, Graptolithenschiefern und Kalksphäroiden bestehende Einlagerung
sehr regelmässig und in concordanter Lagerung den Schichten der
sehr glimmerreichen Schiefer d11 (der Etage D) zwischengelagert sei; 2., dass
diese Einlagerung fast einzig und allein Fossilien der dritten Fauna, d. i. 57
unter 63 Species, einschliesse, während sowohl die darunter, als die darüber
liegenden Schichten der glimmerreichen Schiefer nur charakteristische Formen
der zweiten Fauna darbieten“; — und nimmt nun an, dass 1. die bezüglich der
Einlagerung tiefer liegenden Schichten der glimmerreichen Schiefer d *, welche
ausschliesslich Fossilien der zweiten Fauna enthalten, am Grunde eines mehr
oder weniger tiefen Meeres abgesetzt wurden; dass 2. dieser Meeresgrund sich
auf ein höheres Niveau der Meeresfluthen erhoben habe, um die Schichten der
Einlagerung, d. i. die Grünsteine, Graptolithenschiefer und Kalksphäroide, in
welchen die ersten Repräsentanten der dritten Fauna erscheinen, aufzunehmen;
dass 3. derselbe Meeresgrund sich hierauf unter das Wasser senkte, und wieder
von einer neuen mächtigen Schichtenfolge der glimmerreichen Schiefer d 4 be-
deckt wurde, welche, der Einlagerung aufliegend, dieselben Fossilien der
zweiten Fauna, welche die unter der Einlagerung befindlichen Schiefer dk
charakterisiren, enthält, und dass 4. der Meeresgrund sich ein zweites Mal auf
ein höheres Niveau der Meeresfluthen hob, um neuerdings Ablagerungen von
Grünsteinen, Graptolithenschiefern und Kalksphäroiden, ähnlich jenen der Ein-
lagerung, aufzunehmen, welche aber bereits die Basis der Kalk-Etage E bilden,
und die dritte Fauna, d. i. jene der obersilurischen Abtheilung, in ihrer ganzen
Entwickelung enthalten. Die dritte Fauna der zwischen den Schiefern d 4befind-
lichen Einlagerung wäre — nach Herrn Barrande — aus einem ausserhalb des
böhmischen Silurbeckens gelegenen Verbreitungsbezirke, wo sie, u. z. gleich-
zeitig mit der zweiten Fauna der Quarzit-Etage D des böhmischen Silur-
Meeres, bereits existirte, wegen günstiger Lebenshedingungen , als welche die
Bildung der Graptolithenschiefer und Kalksteine anzusehen sind, u. z. von Nord-
osten in das Becken Böhmens eingewandert, und sei nach Aufhören dieser
Lebensbedingungen verschwunden, um später wieder zu erscheinen, — während
die die Etage D charakterisirende zweite Fauna, welche weder unter noch
ober der colonialen Einlagerung mit Fossilien dieser letzteren gemengt erscheint,
zur Zeit und dort, als und wo die Graptolithenschiefer der Einlagerung abgesetzt
wurden, die Meeresufer verlassen haben müsse.
Herr J. Bar ran d e hat in Folge der von Herrn Director J.Krejcf neuerlich
gegen den Bestand der „Colonien“ erhobenen Bedenken eine neue umfassende
Abhandlung über die Colonien, wie er sie in seinem Schreiben an Herrn Hofrath
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
9
[9]
Haidinger ddo. 17. October 1859 ankündigte, bereits in der Sitzung vom 4. Juni
1860 der geologischen Gesellschaft von Frankreich in Paris vorgelegt, aus
welcher ein Auszug in dem „ Bulletin de la societe geologique de France ,
2. serie , t. XVII, p. 602“ unter dem Titel: „Colonies dans le bassin silurien
de la Boheme ; par M. J. Barrande“ erschienen ist. Herr Barrande hatte die
Güte, mich durch Uebersendung eines Abdruckes jenes Auszuges zu erfreuen,
was ich mit um so grösserem Danke erwähne, als ich aus demselben so manche
Belehrung rücksichtlich der Fauna der Colonien schöpfte, und durch denselben
in die Kenntniss der neuesten Ansichten Herrn Barrande’s über die Colonien
gelangt bin. In diesem Auszuge aus der Abhandlung gibt Herr Barrande bekannt:
1. die Beschreibung und Parallele der drei Colonien: Zippe, Haidinger und Krejci;
2. die Uebereinstimmungen und die Gegensätze zwischen den Colonien und den
Etagen D und E ; 3. die Beziehungen der zweiten und dritten Fauna Böhmens
und Englands hinsichtlich der Colonien: 4. die Beziehungen zwischen den sibi-
rischen Faunen der verschiedenen Begionen Nord-Amerika’s; 5. die Unterbre-
chungen in der jurassischen Fauna Englands und in der zweiten silurischen Fauna
Böhmens; endlich 6. die Erklärung der Colonien Böhmens.
Ich werde später Gelegenheit haben, mich mehrfach auf Herrn Barrande’s
neueste Mittheilungen über die „Colonien“ zu berufen, indessen muss ich hier
schon auf einige wichtige Umstände aufmerksam machen.
Vor Allem hat HerrBarrande die Ueberzeugung gewonnen, dass nicht alle
Colonien in den Zahoraner Schichten ( d 4), wie er es anfänglich bekannt gab,
auftreten, sondern dass nur die Colonie „Zippe“ in den Zahoraner Schichten,
die Colonien „Haidinger“ und „Krejci“ dagegen in den Königshofer und Kossower
Schichten ( d 5) sich vorfinden, und zwar die beiden letzteren in verschie-
denen Horizonten. ( Bulletin . Seite 616.)
Daraus folgt von selbst, dass nach Herrn Bar ran de eine dreimalige Ein-
und Auswanderung der obersilurischen Colonial-Fauna in das böhmische Silur-
becken zu verschiedenen weit aus einander liegenden Zeiten der untersilurischen
Epoche angenommen werden müsse. ( Bulletin . Seite 626.)
Weiters berichtiget Herr Barrande selbst {Bull. Seite 625 und 628) seine
im „ Systeme silurien “ gemachte Angabe, dass von der Fauna der Colonien
4 Species den Colonien eigenthümlich seien, dahin, dass er nach Ver-
lauf von mehr als 15 Jahren diese 4 Species auch in den Littener Schichten {E)
vorgefunden habe, und dass daher unter der Fauna der drei in Rede stehenden
Colonien sich bisher keine denselben ausschliesslich eigene Species
vorgefunden habe. Uebrigens geht Herr Barrande auch in seiner neuesten Arbeit
über die Colonien von der Ueberzeugung aus, dass die Colonien den Königshofer
und Kossower, respective den Zahoraner Schichten r e gel rn ässig u n d con-
cordant zwischengelagert seien {Bull. Seite 610, 616 u. m. a.) , und es
ergibt sich aus seiner Beschreibung der Colonien „Haidinger“ und „Krejci“,
dass dieselben aus Grünsteinen und Graptolithenschiefern, letztere auch aus Kalk-
sphäroiden, somit aus Gesteinen zusammengesetzt sind, welche auch die Littener
Schichten charakterisiren. (Siehe auch Bull. Seite 660.)
Die Erklärung, welche Herr Barrande in seiner letzten Notiz {Bull. Seite
658 u. f.) über die Colonien gibt, entspricht im Allgemeinen jener, die ich aus
seinem „ Systeme silurien“ anführte. Ich werde später dieselbe näher erörtern.
Haben auch einzelne bekannte Geologen und Naturforscher, wie Herr Vicomte
d'Archiac (Histoire des progres de la geologie 1863) , Herr Eduard Forbes
(Quart. Journ, of the London geolog. Society. Anniv. address 1864) und neuer-
lich, wie uns Herr Barrande {Bull. Seite 602) mittheilt, Herr Bayl e gegen den
%
k. geologische Reichsanstalt. 12, Band, 1861 und 1S62. I. Heft.
10
M. V. Lipoid.
m
Bestand der Colonien im Sinne des Herrn Barrande Zweifel erhoben und die Er-
scheinung derColonien auf eine andere Art zu erklären versucht; so haben dagegen
andere berühmte Naturforscher, welche man bezüglich der Geologie und Paläon-
tologie mit Hecht als „Autoritäten“ zu bezeichnen gewohnt ist, sich den Ansichten
des Herrn Barrande über die Colonien angeschlossen, und die B a r r a n d e’sche
Theorie und Lehre über die Colonien in ihre Schriften aufgenommen. So spricht
sich Herr Charles Lyell in seinem „ Supplement of tlie fifth edition of a
Manual of elementary geology“ . London 1857. Seite 29 u. f. für die Colonial-
Theorie des Herrn Barrande aus, nachdem er im Sommer 1856 Prag besuchte,
und Herrn Barrande’s grosse^Sammlungen zu besichtigen und in dessen Gesell-
schaft „die Ordnung und Aufeinanderfolge der durch ihn erklärten Gesteine zu
beobachten“ Gelegenheit hatte. Ebenso gibt Herr Professor Dr. H. G. Bronn
in seiner von der französischen Akademie im Jahre 1857 gekrönten Preisschrift:
„Unters uchungenüberdieEntwickelungsgesetzederorganischen
Welt während der Bildungszeit unserer Erdoberfläche“. Stuttgart
1858, Seite 294, in dem Abschnitte 44. Ana chronische Colonien“ die
Erscheinung und die Theorie der Colonien des böhmischen Silurbeckens nach
Herrn Barrande bekannt, und bekräftiget dieselbe durch Anführung anderer
„analoger Fälle“. Nicht minder bespricht Herr B. I. Murchison in seinem
Prachtwerke „ Siluria “. III. Edition. London 1859 , Seite 400 die „Colonien“
des Herrn Barrande, und zieht deren Bestand nicht in Zweifel. Endlich
widmet Herr Professor Eduard Suess in seiner Abhandlung: „Ueber die Wohn-
sitze der Brachiopoden“ *) den „Colonien“ des böhmischen Silurbeckens mehrere
Seiten, indem er den durch das obangeführte Schreiben an Herrn Hofrath
Haid*inger eingenommenen Standpunkt festhält. Ich werde später auf die oben
citirten Stellen aus den Werken der Herren Lyell, Bronn, Murchison und
Suess zurückkommen, und hiebei die von denselben gegebenen Erklärungen der
böhmischen „Colonien“ im Silursysteme, welche theilweise von der Erklärungsart
des Herrn Barrande abweichen, näher ausführen.
Nach diesen einleitenden Vorbemerkungen werde ich zuerst
A. Eine Beschreibung der „Colonien“ an der Südseite des böhmischen
Silurbeckens liefern, — sodann
B. Die Erklärung der Erscheinung dieser „Colonien“ folgen lassen, und endlich
C. Ueber die Colonien an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens einige
Bemerkungen anschliessen.
A. Beschreibung der Colonien an der Südseite des böhmischen
Silurbeckens.
An der Südseite des böhmischen Silurbeckens befinden sich die von Herrn
Barrande bezeichneten und beschriebenen Colonien „Haidinger“ und
„Krejcf“ nächst Gross-Kuhel. Wie aus der unter Tafel I beigefügten „Geolo-
gischen Karte“ ersichtlich ist, finden sich den Colonien „Haidinger“ und „Krejcf“
*) Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe der Kais. Akademie der Wissenschaften.
Jahrgang 1859. 38. Band, Seite 185; 39. Band, Seite 151. — Auch im Separat-
abdrucke „Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei“ Wien 1860. In Commission bei
Karl Gerold’s Sohn.“ Seite 107 u. f.
Ueber Herrn ßarrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
11
tu]
ähnliche Erscheinungen von Littener Schichten zwischen Kossower und Königs-
hofer Schichten in südwestlicher Richtung von Gross-Kuhel bei Radotin, südlich
von Kosor, nördlich von Cernositz, bei Wonoklas, Karlik, Treban, Belec, und
zwischen Litten und Korno vor. Die Colonien „Krejci“ und „Haidinger“ sind die
nordöstlichsten von Allen, ungefähr eine Meile südlich von Prag bei Gross-
Kuhel, am linken Ufer des Moldau-Flusses, und an dem Gehirgsgehänge
gelegen, welches hier ziemlich steil in das Moldauthal abfällt. Bei Lahowitz
ergiesst sich der Beraun-Fluss in die Moldau, welche von hier an in nördlicher
Richtung gegen Prag zu die sibirischen Gebirgsschiehten, deren Streichungs-
richtung im Allgemeinen eine nordöstliche ist, durchbrochen, zum Theile weg-
geschwemmt und blossgelegt hat. Die ziemlich steilen Gehänge des linken Moldau-
Ufers zwischen Lahowitz und Prag entblössen gleichsam die Ausgehenden der
obersilurischen und eines Theiles der untersilurischen Gebirgsschiehten gegen
das Moldauthal. Der besonderen Wichtigkeit wegen, welche die beiden Colonien
„Krejci“ und „Haidinger“ besitzen, habe ich dieselben in einem zehnfach
grösseren Maassstabe, als auf der Karte Tafel I, in Tafel II ersichtlich gemacht,
und hiebei nebst der geologischen Bezeichnung der besseren Orientirung wegen
auch die Terrainzeichnung ausgeführt *). Die übrigen der obgenannten Colonien
befinden sich im Beraun-Thale, bis Treban am linken, dann am rechten Ufer des
Beraun-Flusses. Da die Karte Tafel I eine Copie der Original-Aufnahmskarten
des k. k. General-Quartiermeisterstabes ist, und somit bezüglich des Terrains auf
vollkommene Genauigkeit Anspruch hat, so wird sie mich in der Folge von einer
detaillirten Localisirung einzelner Punkte , da sie ohnedem in der Karte genau
ersichtlich ist, entbinden.
Ich lasse nun die Beschreibung der „Colonien“ folgen, indem ich hiebei von
Nordosten gegen Südwesten fortschreite.
Colonie „Krejci“.
Herr Barrande gibt in dem oben angeführten Auszuge seiner neuesten
Abhandlung über die Colonien ( Bullet . 1860. Seite 621 u. f.) eine detaillirte
Beschreibung von dieser Colonie, auf welche ich hier verweise. In Tafel II ist
deren Lage ersichtlich, und eine „vordere Ansicht“ nebst zwei „Profilen“ von
derselben gegeben. Die zwischen den zwei Profilen verzeichnete „Vordere
Ansicht“ erhält man, wenn man sich gegenüber der Colonie (ungefähr bei Punkto?)
aufstellt. Sie gibt ein Totalbild von der Colonie, welche die Mitte derselben
einnimmt, und sich in einem kleinen Graben befindet, der in etwas schiefer Rich-
tung das Gehirgsgehänge durchschneidet. Bei näherer Betrachtung der Gesteins-
arten, welche die Colonie zusammensetzen, wird Jedermann, der die einzelnen
Gebirgsglieder der böhmischen Silurformation einigermassen kennen gelernt hat,
in denselben allsogleich die „Littener Schichten“ erkennen, sowohl was die
Graptolithenschiefer, als auch die Grünsteine und insbesondere die Kalksphäroide,
welche diese Colonie führt, anbelangt. Wenigstens konnte ich meinerseits keinen
wesentlichen Unterschied zwischen den Gesteinsarten der Colonie, und jenen,
welche die Littener Schichten im Allgemeinen charakterisiren, wahrnehmen.
Das viel wichtigere Moment, welches bei der Colonie „Krejci“ zu beobachten
kommt, sind die Verhältnisse der Lagerung. Die bis in den Thalgrund herab-
reichende Colonie zeigt in der Mitte eine steil aufgerichtete Stellung der
i) Die genaue trigonometrische Aufnahme des in Tafel II verzeiehneten Terrains und der
Höhendistanzen hatte Herr Director J. Krejci die Güte zu besorgen und zu veranlassen.
2 *
12
M. V. Lipoid.
[12]
Schichten der Graptolitenschiefer in einer Breite von 10 bis 12 Klaftern. Die
Schichten stehen theils saiger, theils sind sie unter 70 bis 80 Grad nach Nord-
nordost oder nach Südsüdwest geneigt, und gerade in dem mittleren Wasser-
risse des Grabens beobachtet man eine steil convergirend^ Stellung der
Schichten. Das Streichen dieser Graptolithenschiefer geht nach Stunde 5 (0. 15*
N.). — Sehr verschieden ist nun die südliche (linkseitige) und die nördliche
(rechtseitige) Begrenzung der Colonie. — Gegen Süden wird die Colonie von
„Kossower Schichten“ begrenzt, welche an dem Gebirgsgehänge an einigen
Stellen entblösst sind, und zu unterst ein Streichen nach Stunde 4 (0. 30° N.),
höher ein solches nach Stunde 3 (N. 0.), und zu oberst, über dem hier bestan-
denen Steinbruche, ein Streichen nach Stunde 1 (N. 15° 0.), aber durchaus nur
ein widersinnisches Einfallen der Schichten in das Gebirge von nur 30 bis 40, ja
seihst nur von 15 Graden abnehmen lassen. Nur unmittelbar neben der Colonie zu
unterst derselben ist eine Partie von Kossower Schichten entblösst, deren Strei-
chen nach Stunde 4 (0. 30° N.) läuft, deren Einfallen jedoch bei 80 Grad nach
Nordwest beträgt. Zu oberst lagern auf den Kossower Schichten Grünsteine und
Schiefer der Littener Schichten, — leider nur wenig entblösst, da sie alsbald von
Gebirgsschutt und Diluvialschotter überdeckt werden. Schutt und Schotter ver-
hindern auch den unmittelbaren Zusammenhang zu sehen, in welchem diese eben-
genannte oberste Partie der Littener Schichten mit der erstbezeichneten mächti-
gen Partie derselben im Thalgrunde steht. Gegen Norden dagegen wird die Co-
lonie zunächst von „Königshofer Schichten“ begrenzt, die wie die Schiefer der
Colonie, steil aufgerichtet sind und nach Stunde 5 (0. 15° N.) streichen. Die
Schiefer der Königshofer Schichten, die in einem völlig zermalmten Zu-
stande sich vorfinden, werden weiter nördlich von Kossower Schichten
überlagert, die an einigen Entblösungen zu Tag treten, und daselbst ein verschie-
denes Streichen theils nach Stunde 4 (0. 30° N.), theils nach Stunde 7 (0. 15° S.)
und ebenfalls nur ein geringes widersinnischen Einfallen von 30 bis 35 Grad
nach Norden zeigen.
Vergleicht man die Streichungsrichtung und die Stellung der Schichten der
Littener Schichten in der Hauptmasse der Colonie mit der Streichungsrichtung
und Schichtenstellung der südlich und nördlich von ihr auftretenden Kossower
Schichten, so wird man sich kaum berechtiget finden, eine „concor d ante“
Lagerung beider, und überhaupt eine „regelmässige Zwischenlagerung“
der Littener Schichten der Colonie zwischen den Königshofer und Kossower
Schichten anzunehmen. Vielmehr deuten die zwischen die Kossower und Königs-
hofer Schichten förmlich eingekeilten Littener Schichten der Hauptmasse der
Colonie auf eine Unregelmässigkeit in der Lagerung hin, welche nur in Folge
einer Dislocation Statt haben konnte. Herr Barrande selbst supponirt eine
solche, indem er bei der Beschreibung der Colonie „Krejci“ (Seite 621) bemerkt :
„Eine merkliche aber graduelle Abweichung in der Neigung der Schichten am
ganzen Gehänge bezeuget eine Bewegung des Bodens während ihrer Ablagerung,
oder eine Unr egelmässigkeit bei ihrer Hebung“.
Die oben angedeutete Art der Lagerung versinnlichen die beiden Profile A B
und CD in Tafel II, deren letzterer nahe am Fusse der Colonie quer durch
dieselbe, ersterer hingegen nach dem südlichen Gehänge aufwärts gezogen ist,
und den oberen Theil der Colonie, so wie (ideal) die Fortsetzung des unteren
grösseren Theiles derselben durchschneidet.
Herr Barrande bezeichnet (Seite 623) die Hauptmasse der Schiefer,
welche die Colonie „Krejci“ zusammensetzen, als „unreine Schiefer
(schistes impurs)“, und hält sie für eine Mengung der Materie der eigent-
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
13
[13]
liehen Littener Schiefer und der Königshofer Schiefer. Ich meinestheils bin
geneigt, die Entstehung dieser „unreinen Schiefer“ der Hebung zuzuschreiben
welche, wie erwähnt, aus den Lagerungsverhältnissen der Colonie gefolgert
werden muss, indem man als eine natürliche Folge der durch die Hebung veran-
lassten Schiehtenstörung annehmen kann, dass dabei in der That eine Mengung
der Littener Schichten mit Königshofer Schichten und nebstdem eine mehr
minder bedeutende Veränderung ihres sonstigen petrographischen Charakters
Statt gefunden habe, wie dies auch die zermalmten Königshofer Schichten
rechts nächst der Colonie andeuten. Ich habe mich desshalb auch im Vorher-
gehenden in keine subtile Beschreibung der Colonie „Krejci'“ eingelassen * weil
sich einzelne kleine Unregelmässigkeiten einfach durch die, wie
ich glaube, constatirte Thatsache, dass bei der Colonie „Krejci“
eine Schichtenstörung in Folge einer Dislocation vor liege,
erklären lassen.
Die Fossilien, welche Herr Barrande bisher aus der Colonie „Krejci“
gesammelt hat, führt derselbe in seinem Auszuge {Bull. Seite 624) namentlich an.
Es sind 40 Species, von welchen Herr Barrande erklärt, dass sie Alle
auch in seiner unteren Kalk-Etage ^erscheinen. Die Colonie „Krejci“
besteht demnach nicht nur aus Gesteinen, die die „Littener Schichten“ charak-
terisiren, sondern sie führt auch nur solche Fossilreste, die den „Littener
Schichten“ eigenthümlich sind. Ich begnüge mich mit diesen Angaben und werde
auch in der Folge bezüglich der Petrefactenführung nur Herrn B arr a n d e‘s
gewiss vollkommen verlässliche Daten citiren, indem überhaupt, wie es sich
später zeigen wird, bei der Erklärung der Erscheinung der Colonien der Schwer-
punkt nicht blos in den Vorgefundenen Fossilresten, als vielmehr vor Allem in
den Lagerungsverhältnissen gesucht werden muss.
Ich habe schon oben erwähnt, dass die oberste Partie der Littener Schichten,
welche die Colonie Krejci zusammensetzen , von Gebirgsschutt und Diluvial-
schotter bedeckt wird. Letztere verhindern es auch, dass man die südwestliche
Fortsetzung der Colonie unmittelbar verfolgen könnte. Geht man jedoch in süd-
westlicher Dichtung von der Colonie Krejci aus nach dem Gebirgsgehänge in
ziemlicher Höhe von der Thalsohle an der Begrenzung der Diluvialablagerungen
und der Kossower Schichten vorwärts, so trifft man an ein paar Stellen Littener
Schichten, u. z. Grünsteine und Graptolithenschiefer, unter dem Schotter aus-
beissen und auf Kossower Schichten aufliegen , die im Allgemeinen ein geringes
widersinnisches Einfallen nach Nordwesten besitzen. Der Zuhammenhang dieser
Kossower Schichten mit jenen, welche die südliche Begrenzung der Colonie
Krejci bilden, und auf welchen die bezeichnete oberste Partie der Colonie ruhet,
ist ein ununterbrochener, und es kann somit keinem Zweifel unterliegen,
dass die obenerwähnten und in der Karte Tafel II angedeuteten Ausbi sse
der Littener Schichten die weitere südwestliche Fortsetzung
der Colonie „Krejci“ sind, deren Erscheinen am Tage nur durch die
Diluvial- und Schuttablagerungen mehrmals unterbrochen wird. Unter den
Kossower Schichten lagern bei diesen Ausbissen, wie es die Karte zeigt, die
Königshofer Schiefer.
Colonie ,,flaidinger“.
Auch diese Colonie beschreibt Herr Barrande in seinem angeführten Aus-
zuge {Bull. Seite 616, 618 u. f.) im Detail, und ich habe dieser Beschreibung
der Colonie „Haidinger“, welche sich an dem Gebirgsgehänge südwestlich von
M. V. Lipoid.
14
[14]
der am Wege zwischen Kuhei und Radotin befindlichen Schäferei (siehe Karte
Tafel II) befindet, nur Folgendes beizufügen.
Wenn man in dem ersten, in der Karte mit „I“ bezeichneten Graben,
welcher südwestlich von der Schäferei das ziemlich steile Gebirgsgehänge durch-
schneidet, von unten nach aufwärts steigt, so findet man zu unterst Kossower
Schichten, sodann Königshofer Schichten, endlich gegen die Höhe zu wieder
Kossower Schichten, die aber bald von Diluvialschottern bedeckt werden, welche
das Hochplateau einnehmen. Die Kossower Schichten zeigen durchgehends
ein widersinnisches nordwestliches Einfallen ihrer Schichten unter einem meist
sehr geringem Einfallwinkel. Die zwischen denselben befindlichen
Königshofer Schichten dagegen, welche den grössten Theil des
Grabens einnehmen, besitzen eine sehr verworrene Lagerung,
indem ihre Schichten nicht nur verschiedene Streichungsrichtungen abnehmen
lassen, sondern auch grösstentheils ein steiles Einfallen, und zwar bald ein wider-
sinnisches, bald ein rechtsinnisches, besitzen, und stellenweise saiger aufgerichtet
erscheinen. In diesem Graben sind keine Spuren von Littener Schichten
anzutreffen. Hingegen stehen an dem Grate des Gebirgsvorsprunges , welchen
das Gehänge links (südwestlich) von diesem Graben besitzt, Littener Schichten,
und zwar Grünsteine und Graptolithenschiefer an, welche man nach dem Gebirgs-
gehänge in südwestlicher Richtung ungefähr 200 Klafter weit durch zwei Gräben
verfolgen kann, bis deren Fortsetzung gleichfalls durch Schult und Diluvial-
schotter verdeckt wird. (Siehe Karte, Tafel II.) Diese Grünsteine und Grapto-
lithenschiefer, welche die Colonie „Haidinger“ bilden, stimmen petrographisch
vollkommen mit den Grünsteinen und Graptolithenschiefern der Littener Schichten
im Allgemeinen überein. Die Mächtigkeit der Littener Schichten ist 5 bis 6
Klafter, und sind bald die Grünsteine, bald die Schiefer vorwaltend.
Um über die Lagerungsverhältnisse der Colonie „Haidinger“ ein genaues
und getreues Bild zu erlangen, habe ich in dem zweiten südwestlich von der
Schäferei befindlichen, in der Karte mit „II“ bezeichneten Graben , in welchem
die Colonie erscheint, und in welchem die Gesteinschichten sehr schön entblösst
sind, die Reihenfolge der Schichten mit ihrem Streichen und Fallen erhoben, und
in dem Profile EF (Tafel II) ersichtlich gemacht. Der Graben selbst ist zwar,
hauptsächlich in seinem tieferen Theile unter der Colonie, sehr schroff, und
dessen Passirung beschwerlich ; allein die Ueberwindung dieser Schwierigkeit
ist um so nothwendiger und lohnender, als man nur dadurch zu einem klaren
Bilde von den Lagerungsverhältnissen der Colonie, welche für die Erklärung der
Erscheinung von besonderer Wichtigkeit sind, gelangen kann. Zu unterst nun
in diesem Graben stehen Königshofer Schichten an, auf welche nach oben bis
zu der Colonie in steilen Abfällen Kossower Schichten folgen. Beide zeigen ein
gleichmässiges Streichen nach Stunde 3 (N. 0.), und ein widersinnisches Einfallen
nach Nordwest. Das Einfallen der Kossower Schichten ist jedoch ein sehr geringes
und beträgt durchschnittlich kaum 10 Grade; ja einzelne Bänke derselben
liegen ganz horizontal. Auf diesen Kossower Schichten liegt die Colonie, und
zwar die Grünsteine denselben gleichmässig aufruhend, während die Graptolithen-
schiefer ein Streichen nach Stunde 3 (0. 15° N.) bis 6 (0.), und an ihrer
nördlichen Begrenzung ein nördliches Einfällen von 40 Graden abnehmen
lassen. Auf die Graptolithenschiefer folgen nach aufwärts, die Colonie im Nord-
westen begrenzend, abermals Königshofer Schichten, und zwar nehmen sie den
grössten Theil der oberen Hälfte des Grabens ein, und gehen erst gegen das
Plateau in die Kossower Schichten über, welche als höchstes anstehendes Ge-
birgsglied in dem Graben beobachtet werden können, worauf auch hier das Pia-
Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
[18]
18
teau von Diluvialablagerungen bedeckt wird. — Die Königshofer Schichten nun,
welche auf die Colonie folgen, zeigen in ihrer ganzen Mächtigkeit verschiedene
Streichungsrichtungen zwischen Stunde 1 (N. lö° 0.) bis h (0. 16° N.), aber
schon unmittelbar an der Colonie ist ihr widersinnisches Einfallen ein
s t eiles unter 70 u nd m e hr Gr ad , und bleibt es bis hoch hinauf im Graben,
indem einzelne Partien derselben selbst vollkommen saiger aufgerichtet
erscheinen. Erst gegen den Ausgang des Grabens nach oben erhalten die Schich-
ten einen geringeren Einfallswinkel, der jedoch immer noch so gross ist, dass
selbst die obersten sichtbaren Kossower Schichten noch mit 40 Grad nach
Nordwesten verflachen.
Fasst man nun das naturgetreue Profil EF in Tafel II in’s Auge, so sieht
man, dass zwischen den zum Theile horizontal liegenden und höchstens mit
10 Grad verflachenden unteren Kossower Schichten, welchen die Colonie auf-
ruhet, und den mit 40 bis fiO Grad einfallenden oberen Kossower Schichten
die Königshofer Schichten in steiler, selbst saigerer oder verticaler Schichten-
stellung auftreten. Man wird mir daher kaum Unrecht geben, wenn ich die bei
der Colonie Haidinger erhobene Schichtenfolge als keine concordante, und
die Lagerung der Colonie selbst als keine regelmässige Zwisch enlage-
rung bezeichne. Es lässt sich vielmehr, wie bei der Colonie Krejci, so auch bei
der Colonie Haidinger aus der Unregelmässigkeit der Schichtenstellung folgern,
dass auch hier eine Störung der Lagerung in Folge irgend welcher Dis-
location Statt gehabt habe. Die Littener Schichten der Colonie erscheinen
nach dem Profile durch die Königshofer Schichten abgeschnitten, und
erstrecken sich demnach nach dem Verflächen nicht weit in das Gebirge hinein.
Der Beweis hiefür liegt auch vor, indem die Littener Schichten der Colonie an
dem vorspringenden Grate zwischen den beiden Gräben II und I der Karte sich
verlieren, und in den Graben I nicht herabreichen, wo sie doch min-
destens in Spuren erscheinen müssten, wenn sie den Kossower und Königshofer
Schichten regelmässig und concordant zwischengelagert wären.
Die Fossilreste, welche Herr Barrande aus der Colonie Haidinger
(a. a. 0. Seite 621) anführt, beschränken sich auf 8 Species, was wohl dem
Umstande zuzuschreiben ist, dass in dieser Colonie keine Kalksphäroide, die in
der Colonie Krejci die meisten Fossilien lieferten, Vorkommen. Alle 8 Species
der Colonie Haidinger fand Herr Barrande jedoch auch „an verschie-
denen Orten in der tiefsten Zone seiner unteren Kal k- E ta ge E.“
Die wichtigsten Thatsachen nun, welche aus dem Yorgesagten folgen und
besonders beachtet werden müssen, sind, dass auch die Grünsteine und Grapto-
lithenschiefer, welche die „Colonie Haidinger44 bilden, petrographisch jenen der
Littener Schichten überhaupt identisch sind, — dass die Lagerung der Colonie
keine regelmässige sondern eine gestörte ist, — und dass die Fossilreste, welche
die Colonie lieferte, alle auch den Littener Schichten, und zwar der tiefsten
Zone derselben, eigenthümlich sind. Das Auftreten von kleinen Partien der
Kossower oder Königshofer Schichten zwischen den Littener Schichten der
Colonie, wie solches Herr Barrande in seiner Beschreibung der Colonie
Haidinger anführt, wird, sobald man eine statt geh abte Schichten-
störung in Folge einer Dislocation zugibt, eben so wenig überraschend
erscheinen, als die oben angedeutete Mengung der gleichen Schichten bei der
Colonie „Krejci44.
Aus der geologischen Karte Tafel II ist ersichtlich, dass die Colonien
„Krejci44 und „Haidinger44 nicht einem und demselben, sondern zwei ver-
schiedenen durch Königshofer Schichten getrennten Zügen der
16
M. V. Lipoid.
rie]
Kossower Schichten aufruhen, dass sie demnach nicht als Fortsetzung einer
von der andern angesehen werden können. Die Colonie „Krejcf“ käme, wenn
deren südwestliche Fortsetzung nach dem Streichen sichtbar wäre, über und
auf die obere Partie der Kossower Schichten zu liegen, welche man im
Graben II durchquert, und auf deren unteren tieferen Partie die Colonie „Hai-
dinger" erscheint. Herr Barrande hat demnach vollkommen Recht, wenn er,
unter der Voraussetzung, dass die Lagerung der Colonie n eine
regelmässige und concordante sei (a. a. 0. Seite 616 und 626),
die Angabe macht, dass die beiden Colonien „Krejcf" und „Haidinger" zwei
verschiedenen Horizonten angehören, und zwar die Colonie „Haidinger“
dem tieferen und die Colonie „Krejcf“ einem höheren Horizonte. Mir gilt diese
Thatsache als Beweis , das in dem Terrain der beiden Colonien eine
Störung der normalen Lagerung nach zwei zu einander paral-
lelen Richtungen von Nordost in Süd west stattgefunden habe,
deren eine Richtung durch die Colonie Haidinger, und die andere durch die
Colonie Krejcf und ihre südwestliche Fortsetzung angedeutet wird.
Dass Herr B arr an d e ausser den von ihm in dem ofterwähnten Auszuge
beschriebenen Colonien „Haidinger“, „Krejcf“ und „Zippe“ noch mehrere den
Colonien gleiche Erscheinungen im böhmischen Silurhecken kennt, folgt aus
seinen Bemerkungen Seite 609 und 625 des Bull. Auch mir sind bei der
geologischen Aufnahme des Terrains zwischen Gross-Kuhel und Litten mehrere
den Colonien „Haidinger“ und „Krejcf" analoge Erscheinungen vorgekommen,
die ich auch mit dem Namen Colonien belegen will, und die ich im Nachfolgenden
in kurzen Umrissen schildern werde. Ich behaupte hiebei durchaus nicht, alle
den Colonien ähnliche Erscheinungen zwischen Kuhei und Litten erschöpft zu
haben , indem hei dem theils mit Diluvien bedeckten , theils stark bewaldeten
Terrain es sehr leicht möglich ist, dass man eine oder die andere dergleichen
Erscheinung verfehlet, und sie in der Folge zufällig entdeckt wird. Nur bin ich
überzeugt, dass, je mehr „Colonien“ in dem bezeichneten Terrain ausser den
von mir zu beschreibenden bekannt würden, man dadurch nur desto mehr Anhalts-
punkte zu jener Erklärung der „Colonien“ gewänne, die sich aus deren Lage-
rungsverhältnissen ergeben wird.
Colonie „Radotin“.
Ich habe schon oben erwähnt, dass die Verfolgung der südwestlichen Fort-
setzung der Colonie „Haidinger“ wegen jüngerer Schutt- und Schotterablage-
rungen nicht thunlich ist. Allein auf den Feldern am Plateau nordöstlich von
Radotin findet man zwischen Geschieben der Kossower Schichten auch einzelne
seltene Geschiebe von Graptolithenschiefern der Littener Schichten, und am Wege,
der nach dem Gehänge von Radotin nach Lochkow führt, nächst den „Lahowska“
benannten Häusern, trifft man in anstehendem Gebirge eine Partie Littener
Schichten, bestehend aus Grünsteinen und Graptolithenschiefern, mitten unter
Kossower und Königshofer Schichten ausbeissend. Dieser Ausbiss von Littener
Schichten, den ich Colonie „Radotin“ bezeichne, liegt, wenn man ihn nebst den
Stellen, wo Findlinge von Graptolithenschiefern zu sehen sind, in der Karte ver-
zeichnet, wie ich es in der „Geologischen Karte“ Tafel I. that, genau in der süd-
westlichen Fortsetzung der Colonie „Haidinger“, und ich nehme keinen Anstand,
die Colonie „Radotin“ als südwestliche Fortsetzung der Colonie „Haidinger“
zu bezeichnen.
[17]
Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
17
Das Profil DE in Tafel I. erläutert die Lagerungsverhältnisse der Colonie
„Radotin.“ Dasselbe ist über das östlich vom Radotiner Bache befindliche Pla-
teau von Südost nach Nordwest gezogen, und vorzugsweise aus den Beobachtun-
gen zusammengestellt, welche ich an den schön entblössten Gebirgsgehängen
am linken Ufer des Radotiner Baches machen konnte. Uutersucht man nun dieses
rechtseitige (östliche) Gebirgsgehänge nach dem Graben aufwärts, so ver-
misst man vor Allem zwischen den daselbst anstehenden Königshofer und Kos-
sower Schichten das Erscheinen von Littener Schichten, welche nach dem Strei-
chen der Littener Schichten in der Colonie „Radotin“ als Fortsetzung dieser
letzteren an irgend einer Stelle dieses Gehänges zu Tag treten sollten. Man
muss hieraus den Schluss ziehen, dass die Littener Schichten der
Colonie „Radotin“ nach dem Verflächen nicht weit in das Ge-
birge hinein reichen, weil sie sonst in dem Radotiner Graben an dem
Berggehänge zu Tage kommen würden, sondern dass dieselben, gleich den Lit-
tener Schichten in der Colonie „Haidinger“, als deren Fortsetzung sich die
Colonie Radotin auch darstellt, durch die Königshofer Schichten in der Art ab-
geschnitten werden, wie ich es im Profile DE verzeichnete.
Weiter gegen Nordwesten trifft das Profil eine mächtige Partie von Litte-
ner Schichten, die auf Kossower Schichten lagern. Diese Littener Schichten
gehören jedoch bereits der normalen Ablagerung derselben an, da sie von
Kuhelbader Schichten normal bedeckt werden, und somit die Reihe der norma-
len obersilurischen Schichtengruppen eröffnen. Indessen findet man bei genauer
Untersuchung dieser Littener Schichten in dem Radotiner Graben, dass nahe an
der südöstlichen oder Liegendgrenze dieser Ablagerung von der Thalsohle an
eine Partie von Kossower Schichten in die Littener Schichten keilförmig hinauf-
ragt, und diese letzteren in ihrer Lagerung gestört hat, ohne jedoch die-
selben ganz durchzusetzen und bis an das obere Plateau zu reichen. Ich habe
diese Störung der normalen Littener Schichten durch Kossower Schichten in
dem Profile DE angedeutet, während die letzteren nach Obigem in der Karte
selbst nicht ersichtlich sind.
Ich bezeichne diese letztangeführte Störung der Lagerung der norma-
len Littener Schichten durch Kossower Schichten als besonders bemerkenswerth,
da es sich hieraus ergibt, dass auch in dem Terrain der Colonie „Radotin“ die
Königshofer und Kossower Schichten in ihrem regelmässigen Einfallen zwei Stö-
rungen erlitten haben, deren eine sich bei der Colonie „Radotin“ selbst, die an-
dere durch das erwähnte keilförmige Hineinragen der Kossower Schichten in die
normalen Littener Schichten kund gibt. Beide Störungen können nur Disloca-
tionen der Schichten ihren Ursprung verdanken, und wenn man die Schich-
tenstörung bei der Colonie „Radotin“ als südwestliche Fortsetzung derjenigen
Schichtenstörung, welche bei der Colonie „Haidinger“ nachgewiesen
wurde, meines Erachtens mit Recht annimmt, so ergibt sich völlig von selbst die
Vermuthung, dass die nördlichere, in den normalen Littener Schichten beobach-
tete Schichtenstörung die südwestliche Fortsetzung jener Schichtenstörung sei,
welche aus den Lagerungsverhältnissen bei der Colonie „Krejci“ gefolgert
werden muss.
Zu beachten ist ferner, dass auch am linkseitigen (westlichen) Gebirgs-
gehänge des Radotiner Grabens ein Anstehen von Littener Schichten zwischen
Königshofer und Kossower Schichten im Thalgrunde nicht aufgefunden werden
konnte, und die Littener Schichten auch an diesem Thalgehänge erst dort auf-
treten, wo sie bereits ihre normale Lage zwischen den Kossower Schichten und
den obersilurischen Kalksteinablagerungen einnehmen. Die höheren Theile dieses
3
K. k. geologische Reichsanstalt, 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft.
18
M. V. Lipoid.
[18]
westlichen Thalgehänges, wie auch die Höhen selbst, die sich daselbst erheben,
sind stark bewaldet, und daher geologischen Beobachlungen ungünstig, und es
bleibt immerhin möglich, dass an irgend einem Punkte dieser Höhen „Colonien“
sich vorfinden, die ich nicht beobachtete, und nicht in die Karte verzeichnen konnte.
Colonie „Kosor“.
Mit diesem Namen bezeichne ich jene „Colonie“ von Littener Schichten
zwischen Kossower Schichten, welche man an dem östlichen Gehänge des Gra-
bens südöstlich vom Dorfe Kosor beobachten kann. (Taf. I.) Die Colonie selbst
ist nur einige Klafter mächtig, und besteht aus Grünsteinen und Graptolithen-
schiefern, welche zwischen den nach Nordwest einfallenden Kossower Schichten
auftreten. Die Lagerungsverhältnisse dieser Colonie, welche ich im Profile FG ,
Taf. I darstellte, sind gleichfalls keine vollkommen regelmässigen. Die Kossower
Schichten nämlich, welche die Colonie in Südosten und Nordwesten begrenzen,
fallen zwar beiderseits nach Nordwesten ein; aber der Einfallswinkel der süd-
östlichen (oder Liegend-) Kossower Schichten ist ein kleiner und viel gerin-
gerer, als der Einfallswinkel der nordwestlichen (oder Hangend-) Kossower
Schichten, der sich nächst der Colonie bis 70 Grad erhebt. Dieser verschiedene
Verflächungswinkel der Kossower Schichten muss mich bestimmen, auch hei der
Colonie „Kosor“ eine Schichtenstörung vorauszusetzen, und auch hier anzu-
nehmen, dass die Littener Schichten der Colonie keine tiefgehende Einlagerung
in den Kossower Schichten bilden, sondern durch die im Hangenden (Nordwest)
der Colonie auftretenden Kossower Schichten abgeschnitten werden. Gewiss ist
es, dass die Littener Schichten der Colonie nach dem Streichen in Nordosten
irgendwo an den bewaldeten Höhen sich auskeilen müssen, weil sie in der Thal-
sohle des Radotiner Grabens, wie ich oben erwähnte, nicht vorgefunden wurden,
und sie doch in diesem Thale zu Tage treten müssten, wenn sie eine reguläre
Einlagerung in den Kossower Schichten bildeten. Zum besseren Verständniss
dieser Lagerungsverhältnisse muss ich noch beifügen, dass der Punkt, wo sich
die Colonie „Kosor“ befindet, ziemlich hoch im Gebirge, und mindestens 200
Fuss höher sich befindet, als die Thalsohle des Radotiner Grabens ob Radotin,
woraus es erklärlich wird, warum die, allem Anscheine nach, nach ihrem Verflä-
chen abgeschnittenen Littener Schichten der Colonie „Kosor“ in der Thalsohle
des Radotiner Grabens nicht mehr vorgefunden werden. Die südwestliche Fort-
setzung der Colonie „Kosor“ ist durch Diluvial-Ablagerungen, welche das grosse
Hochplateau südlich von Kosor bedecken, über Tag unterbrochen, obwohl man
dieselbe unter den Diluvien vermuthen darf.
Auf die Kossower Schichten, welche die Colonie im Nordwesten begrenzen,
folgen nach aufwärts die normalen Littener Schichten, denen gegen Kosor zu
die Kuhelbader, Konepruser und Braniker Schichten regulär auflagern.
Colonien „Cernositz“.
Nordwestlich von dem am Beraunflusse gelegenen Dorfe Cernositz befindet
sich ein Graben, der das nach Südost abfallende Gebirgsgehänge ziemlich tief
durchschneidet. An der rechten (östlichen) Seite dieses Grabens stehen am
Fusse des steilen Gehänges Königshofer Schichten an, welche nach aufwärts
in Kossower Schichten übergehen, auf die gegen die Höhe grosse Steinbrüche
im Betriebe stehen. Sowohl die Königshofer als auch die sie überlagernden Kos-
sower Schichten besitzen ein durchschnittliches Streichen nach Stunde 3, und
Ueber Herrn ßarrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
19
[19]
ein widersinnisches Verflachen nach Nordwesten. In ähnlicher Art folgen auch
an dem Gebirgsgehänge links (westlich) vom Graben von unten nach oben auf
die Königshofer die Kossower Schichten. Geht man nun nach dem Hauptgraben
aufwärts, so findet man in der oberen Hälfte desselben bis zu dem Hochplateau,
das von Diluvien bedeckt ist, nichts als Kossower Schichten anstehend. Hingegen
trifft man an beiden Seiten des Hauptgrabens fast in der Höhe des Plateaus mitten
zwischen Kossower Schichten Partien von Littener Schichten ausbeissend. An
der linken Seite des Hauptgrabens stösst man auf die aus Grünsteinen und Grap-
tolithenschiefern bestehende Partie der Littener Schichten am Wege, welcher
an dieser Seite des Grabens von Cernositz nach Tfebotow führt. An der rechten
(östlichen) Seite des Hauptgrabens hingegen zweigt sich ein kleiner aber schrof-
fer Seitengraben nach Nord osten ab, auf dessen steilen von Kossower Schichten
gebildeten Felswänden sich Partien von Grünsteinen der Littener Schichten
vorfinden. Diese isolirten Partien von Littener Schichten bilden die Colonien
„Cernositz“. Sie besitzen nur eine Mächtigkeit von 4 bis 5 Klaftern.
Was die Lagerungsverhältnisse dieser Colonien betrifft, so ist deren unmit-
telbare Auflagerung auf Kossower Schichten, die mit 40 bis 50 Grad nach
Nordwest einfallen, sichtbar; weniger klar dagegen ist deren Ueb erläge r u ng,
obschon nach den vorhandenen Entblössungen es keinem Zweifel unterliegt, dass
auch im Hangenden der Colonien, d. i. an der nördlichen Begrenzung derselben,
Kossower Schichten mit steilem nordwestlichen Einfallen auftreten. Da jedoch
in dem Umstande, dass die Littener Schichten, ungeachtet sie an beiden Sei-
ten des Hauptgrabens und zwar genau in der dem Streichen der Gebirgsschichten
entsprechenden Richtung in der Höhe zu Tag treten, in dem Hauptgraben selbst,
welchen sie nach dem Streichen durchschneiden sollten, nirgends in der Tiefe
anstehend gefunden werden, der Beweis vorliegt, dass die Littener Schichten
sich nach dem Verflächen in das Gebirge auskeilen oder durch die Kossower
Schichten abgeschnitten werden; so habeich diesem entsprechend das Profil HI
in Taf. I entworfen, welches demnach auch ein begründetes Bild von den Lage-
rungsverhältnissen der Colonien „Cernositz“ gibt.
Das Hochplateau, auf dessen Höhe die Colonien „Cernositz“ nahezu auf-
treten, ist mit Diluvien bedeckt. Man ist daher nicht im Stande, weder die
westliche noch die östliche Colonie nach ihrem Streichen zu verfolgen, und den
allfälligen Zusammenhang der letzeren mit der Colonie „Kosor“ zu constatiren.
Westlich von dem Cernositzer Graben ist überdies das Gebirge bewaldet, und
diese Waldungen, die bis zu dem Solopisker Graben reichen, verhinderten auch
eine Begehung der Gehänge gegen diesen Graben. Am Wege, welcher nach dem
Solopisker Graben von Solopisk nach Cernositz führt, fand ich zwar an einer
Stelle, wo am Gehänge nur Kossower Schichten anstehen, eine kleine Partie
von Graptolithenschiefern der Littener Schichten; da ich jedoch zur Beurtheilung
der Lagerungsverhältnisse derselben keine festen Anhaltspuncte gwinnen konnte,
so begnüge ich mich, hievon einfach Erwähnung zu machen. In diesem Graben
sind jedoch bei Solopisk, d. i. südlich vom Orte, die normalen Littener Schich-
ten sehr mächtig entwickelt, und ich konnte daselbst drei mächtige Partien von
Grünsteinen zwischen Graptolithenschiefern beobachten. Leider gestatteten mir
das Wetter, die Zeit, und das theilweise dicht bewaldete Terrain nicht, diese
Ablagerung der Littener Schichten einer vollkommen detaillirten Aufnahme zu
unterziehen, die vielleicht interessante Daten über die Lagerung dieser Littener
Schichten geliefert, vielleicht selbst eine coloniale Erscheinung von Kossower
Schichten zwischen denselben nachgewiesen hätte, wesshalb ich spätere Forscher
auf diese Stelle besonders aufmerksam zu machen mir erlaube.
3 *
20
M. V. Lipoid.
[20]
Colonie „Wonoklas“.
Das Dorf Wonoklas (siehe Karte Taf. I) steht auf Littener Schichten, wel-
che, da sie nördlich vom Orte normal von Kuhelbader und weiters von Kone-
pruser, Braniker und Hluboceper Schichten überlagert werden, als die normale
Ablagerung der Littener Schichten in der Beihe der obersilurischen Schichten-
gruppen anzusehen sind. Diese Littener Schichten lagern auf Kossower Schichten,
wie man dies in dem Graben südlich vom Dorfe beobachten kann. In dem erwähn-
ten Graben findet man in der Thalsohle an beiden Gehängen abwärts bis zu der
Wendung desselben gegen Osten nur Kossower Schichten anstehend; dort treten
Königshofer Schichten unter denselben auf. An den Gehängen zunächst
der Thalsohlewerden demnach keineLittener Schichten zwischen
den Kossower Schichten bemerkbar. Allein in der halben Höhe des
östlichen Thalgehänges, und zwar an der Stelle, wo ein Steinbruch auf die Kosso-
wer Sandsteine eröffnet ist, zeigt sich ein höchst interessantes Auftreten von
Grünsteinen der Littener Schichten zwischen Kossower Schichten. Letztere
bilden nämlich daselbst eine Faltung und eine Biegung, und die Grünsteine
der Littener Schichten werden, wie man dies bei dem Steinbruche deutlich
sieht, von den Falten der Kossower Schichten eingeschlossen, so dass sie nur
nach oben frei zu Tag treten, nicht aber in das Gebirge sich erstrecken.
Dieses Auftreten von Littener Schichten zwischen Kossower Schichten,
welches ich als Colonie „Wonoklas“ bezeichne, habe ich in dem Profile KK in
Tafel I dargestellt. Der Grünstein tritt nur in geringer Masse auf, aber in einer
Art, die klar zeigt, dass derselbe den Kossower Schichten nicht zwischen-
gelagert, sondern aufgelagert sei, und nur in Folge einer Dis lo cation der
letzteren zwischen dieselben eingezwängt wurde.
Colonien „Karlik“.
Der tiefe Einschnitt, welchen der Rubriner Bach nördlich von Karlik (siehe
Taf. I) in das Gebirge macht, und durch welchen die Gebirgsschichten ihrem
Streichen in’sKreuz durchbrochen werden, gestattet auch eine genauere Ermittlung
der Reihenfolge der Gebirgsschichten in diesem Thale. Das Profil LM in Tafel I,
welches von Karlik aus nach Nordvvesten über die Gehänge am linken Bachufer
gezogen ist, versinnlichet die beobachtete Reihenfolge der Schichten.
Das steile Gehänge, welches sich bei Karlik aus der Dobfichowicer Ebene
erhebt, besteht am Fusse aus Kossower Schichten, welche nach Stunde 3 (N. 0.)
bis 4 (0. 30° N.) streichen, und nach Nordwesten einfallen. Auf den Kossower
Schichten lagern concordant Littener Schichten, und zwar Grünsteine und
Graptolithenschiefer mit Kalksphäroiden ; die Grünsteine, steile Felswände am Ein-
gänge in’s Rubriner Thal, eine Art Felsenthor, bildend, die Graptolithenschiefer
ebenfalls, wie die Kossower Schichten, nach Nordwesten verflächend. Die
Mächtigkeit der Littener Schichten ist bedeutend, und beträgt, wie man dies am
rechten Bachufer bei Karlik entnehmen kann, viele Klafter. Hinter dem ersten
Bergrücken, welcher aus den oben bezeichneten Kossower und Littener Schich-
ten zusammengesetzt ist, breitet sich eine kleine Fläche aus, von welcher nach
Nordosten und Südwesten Gräben auslaufen. In diesen Gräben findet man Königs-
hofer Schichten anstehend, welche, wie die genannten Littener Schichten, auf
welche sie folgen, im Allgemeinen gleichfalls ein nordwestliches Einfallen
zeigen, das aber steiler ist, als jenes des Littener Schichten. Die erwähnte kleine
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
21
[21]
Fläche begrenzt nördlich ein zweiter Bergrücken, an dessen Fusse noch die Königs-
hofer Schichten zu sehen sind, dessen steile Gehänge aber die Kossower Schich-
ten bilden, welche zwar ein Streichen nach Stunde 4 (0. 30°N.) bis 5 (0. 13°N.)
abnehmen lassen, aber auch ein nordwestliches Einfallen besitzen, somit die Königs-
hofer Schichten überlagern. Verfolgt man die Schlucht, welche diesen zweiten
Bergrücken quer durchschneidet, und durch welche der Rubriner Bach fliesst,
weiter aufwärts, so beobachtet man am Gehänge des linken Bachufers eine zweite
kleinere Partie yon Littener Schichten, und zwar Grünsteine, welche deutlich den
Kossower Schichten auflagern. Es folgen sodann gegen Norden neuerdings Kos-
sower und Königshofer Schichten, deren Lagerungsverhältnisse , insbesondere
gegen die letzterwähnten Littener Schichten, aber wegen des coupirten Terrains
nicht bestimmt erhoben werden konnten. Erst entfernter von diesen Littener
Schichten kann man das nordwestliche Einfallen der Kossower Schichten
wieder beobachten, und auf diese Kossower Schichten folgen endlich gegen
Norden in concordanter Lagerung die normalen Littener Schichten, die von
den Kuhelbader und höheren Kalkschichten überlagert werden.
Das eben erörterte Profil LM zeigt demnach, dass sich in dem Graben ob
Karlikzwei Colonien von Littener Schichten zwischen Königshofer und Kosso-
wer Schichten vorfiuden, und dass diese Colonien zu einander nahezu parallel
streichen. Ich habe die südlichere Colonie mit x> die nördlichere mit y ,
und die normalen Littener Schichten mit * bezeichnet. Verfolgt man die Colo-
nien „Karlik“ nach dem Streichen gegen Nordosten, so gewahrt man, dass ihre
Mächtigkeit in dieser Richtung abnimmt, und dass sie am Bergrücken zwischen
dem Karliker und Wonoklaser Graben sich verlieren. Man findet sie auch in der
That im Wonoklaser Graben am westlichen Gehänge des rechten Bachufers
nirgends zu Tag treten, — ein Beweis, dass sie sich in dieser Richtung aus-
gekeilt haben, und daher nach dem Verflächen nicht tief in das Ge-
birge eing reifen. In südwestlicher Richtung dagegen halten die Colonien
„Karlik“ nach dem Streichen an, und sie stehen in dieser Richtung in unmittel-
barem Zusammenhänge mit den zunächst zu beschreibenden Colonien.
Colonien „Treban“.
Das coloniale Auftreten von Littener Schichten zwischen Kossower und
Königshofer Schichten östlich von Treban, welches ich als Colonien „Treban“ in
dem von Rewnitz am Beraunflusse nach Nordwest zum Plesiwec-Berge gezogenen
Profile NO in Tafel I darstellte, verdient eine vorzügliche Beachtung. Einerseits
hat der Beraunfluss, welcher bei Rewnitz aus dem obersilurischen Gebirgsterrain,
das er quer durchbrochen hatte, tritt, die Gebirgsschichten an beiden Ufern in
einer Art blossgelegt, dass man deren Lagerungsverhältnisse leicht erheben kann.
Andererseits erscheinen in den Trebaner Colonien die Littener Schichten bereits
in so grosser Mächtigkeit zwischen den Königshofer und Kossower Schichten,
dass sie diesbezüglich selbst den normalen Ablagerungen derselben nicht
viel nachstehen.
Untersucht man die grösstentbeils schön entblössten Gebirgsschichten, wie
sie von Rewnitz an in nordwestlicher Richtung auf einander folgen, so stehen ob
der Mahlmühle am linken Ufer des Beraunflusses gegenüber von Rewnitz zu-
nächst Königshofer und über diesen Kossower Schichten an, die nach Stunde 3
streichen und mit 33 Grad nach Nordwesten einfallen. Sie werden unmittelbar
von Grünsteinen der Littener Schichten überlagert, deren Auflagerung auf den
Kossower Schichten besonders schön am rechten Ufer der Beraun in der süd-
22
M. V. Lipoid.
[22]
westlichen Fortsetzung des Streichens beobachtet werden kann, wo die Griin-
steine in Bänke geschichtet das gleiche Streichen und Fallen mit den Kossower
Schichten besitzen. Auf den Grünsteinen liegen Graptolithenschiefer der Litte-
ner Schichten.
Es folgt nun ein kleiner Thaleinschnitt in das Gebirge, der sich vom Beraun-
flusse in nordöstlicher Richtung gegen das Dorf Rowina hinaufzieht. An der
Nordseite dieses Thaleinschnittes erhebt sich von Nordost nach Südwest strei-
chend ein zweiter schroffer Hügelzug, welcher am Beraunflusse in steilen Fels-
wänden „cerna Skala“ genannt, endet. Am südlichen Fusse dieses Hügelzuges
kommen noch Graptolithenschiefer mit Kalksphäroiden der Litte ner Schich-
ten zu Tag, und ich konnte an einer Stelle deren Streichen nach Stunde 5
(0. 15o N.) bis 6 (0.) mit nördlichem Einfallen unter 20 bis 30 Grad ab-
nehmen. Auf den Schiefern der Littener Schichten lagern Grünsteine derselben
in einer Mächtigkeit von mehreren Klaftern, an dem südlichen Gehänge des
erwähnten Hügelzuges steile Abstürze bildend. Diese Grünsteine findet man, auf
der Höhe des Gehänges angelangt, sehr schön und deutlich von Kossower Schich-
ten überlagert, welche wieder ein Streichen nach Stunde 3 (N. 0.) bis 4
(0. 30° N.), und ein nordwestliches Einfallen von 35 Grad besitzen. In der
kleinen Einbuchtung, welche der Hügelzug nördlich von der oben erwähnten von
Kossower Schichte gebildeten Höhe besitzt, sieht man auf die Kossower Schichten
die Königshofer Schichten folgen, welche die ganze Einbuchtung einnehmen. Höchst
beachtenswerth ist an dieser Stelle der Umstand, dass man die Königshofer
Schichten, wenn man deren unmittelbare Auflagerung auf Kossower Schichten
in südwestlicher Richtung verfolgt, nach und nach diese letz teren über-
greifend bedecken sieht, so dass das zu Tagetreten der Kossower Schich-
ten in dieser Richtung sich auskeilt, und die Königshofer Schichten zunächst am
Beraunflusse unmittelbar auf die Grünsteine der Littener Schichten zu liegen
kommen. (Siehe Karte Taf. I.) Es zeigt sich hier klar eine Ueberschiebung
der Königshofer Schichten über die Kossower Schichten, und ich
muss auf diese hier deutlich sichtbare Thatsache ein um so grösseres Gewicht
legen, als dieselbe geeignet ist, auf manche nicht so klar vorliegende Erscheinun-
gen bei anderen Colonien ein Licht zu werfen.
Auf die Königshofer Schiefer folgen am nördlichen Rande der kleinen
Einbuchtung wieder Kossower Schichten mit einem Streichen nach Stunde 4
(0. 30° N.) und mit einem Verflächen von 35 Grad nach Nordwesten, somit un-
bestritten die ersteren überlagernd. Diese Kossower Schichten werden weiters
gegen Norden abermals von Littener Schichten bedeckt, welche zunächst der
Kossower Schichten ein Streichen nach Stunde 6 (0.) und auch ein nördliches
Einfallen mit 35 Grad besitzen. Diese Littener Schichten nehmen das ganze nörd-
liche Gehänge des Hügelzuges, dessen geologische Zusammensetzung eben erörtert
wurde, ein, und lassen sich bis in den Grund des Thaies verfolgen, welches, von
der Trebaner Alluvialebene ausgehend, sich gegen Nordosten in das Gebirge
erstreckt, und den erwähnten Hügelzug von dem nördlichen Hauptgebirgszuge
scheidet. Die Littener Schichten an diesem Gehänge zeigen mehrfachen Wech-
sel von Grünsteinen und Graptolithenschiefern mit Kalksphäroiden , aber wenig
Puncte, wo deren Streichen und Fallen mit Sicherheit erhoben werden könnte.
Der bezeichnete Hauptgebirgszug an der nördlichen Seite des erwähnten
Thaies besteht an seiner südlichen Abdachung aus Kossower und Königshofer
Schichten, die am Fusse des Gebirges ebenfalls ein nordwestliches Einfallen
zeigen, auf den Höhen aber grösstentheils von Gebirgsschutt und Diluvialschotter
bedeckt sind. Diese sehr mächtige Zone von Kossower und Königshofer Schichten
Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
23
[23]
besitzt übrigens sehr u nreg elmäss ige Lagerungsverhältnisse, wie man dies
theils an den Gehängen des linken Beraunufers, besonders aber in der Fortsetzung
ihrer Streichungsrichtung am rechten Ufer der Beraun, worauf ich später
zurückkommen werde, beobachten kann. Erst in ziemlicher Höhe stösst man auf
dem Wege, der von Vorder-Treban nach Karlstein führt, auf Littener Schichten,
die den Kossower Schichten normal auflagern, und auch, da auf dieselben bereits
die obersilurischen Kalksteinschichten folgen, die normale Ablagerung der
Littener Schichten sind.
Das so eben beschriebene Profil NO in Tafel I weiset nach, dass auch
nördlich von Bewnitz bei „Treban“ zwei „Colonien“ von Littener Schichten
zwischen Kossower und Königshofer Schichten auftreten. Ich habe auch hier
die südlichere Colonie mit x , die nördlichere mit y , und die normale Ablagerung
der Littener Schichten mit z bezeichnet.
Keine der Colonien, die ich bereits beschrieben, und noch beschreiben
werde, bietet bei oberflächlicher Aufnahme scheinbar eine so grosse Begel-
mässigkeit in der Lagerung dar, als dies bei der Colonie x von Treban der Fall
ist, welche eben desshalb als die interessanteste von Allen bezeichnet werden
muss. Denn sowohl die liegendsten Kossower Schichten (in der Karte mit zz
bezeichnet) , als auch die die beiden Colonien x und y trennenden Kossower
Schichten (?/?/) besitzen das gleiche Streichen nach Stunde 3 (N. 0.) bis 4 (0. 30°
N.) und dasselbe Verflachen mit 35 Grad nach Nordwesten, und die dazwischen
liegende Colonie x selbst fällt scheinbar gleichmässig ein. Gewiss Jedermann, der
die Trebaner Colonie x besichtiget, wird den Eindruck erhalten , dass daselbst
eine regelmässige Zwischenlagerung von Littener Schichten zwischen
Kossower Schichten Platz greife, da man den Unterschied und die Abweichung
im Streichen der Littener Schichten, welches nach Stunde 5 (0. 15° N.) bis
6 (0.) läuft, ohne nähere Untersuchung kaum wahrnehmen kann. Indessen werde
ich in der Folge, weniger gestützt auf die oben erwähnte verschiedene Strei-
chungsrichtung, die für sich allein kaum maassgebend wäre, als vielmehr
durch andere Beweismittel zu begründen suchen, dass auch bei dieser Colonie
eine Störung der Lagerungsverhältnisse erfolgt sei, und die scheinbar regel-
mässige Zwiscbenlagerung eine abnorme Lagerung in sich begreife.
Die Colonien „Treban“ sind, wie ich schon oben andeutete, auch desshalb
von besonderem Interesse, da sie zusammengenommen eine Breite (nicht
Mächtigkeit) von nahezu 400 Klaftern, — die Colonie x nahezu eine Breite
von 120 Klaftern — besitzen *), während die zwischen den beiden Colonien
befindlichen Königshofer und Kossower Schichten (yy) nur in einer Breite von
ungefähr 50 Klaftern zu Tag treten, so dass man es hier mehr mit einer
Colonie vonKönigshoferundKossower Schichten zwischen Litte-
ner Schichten, als mit Colonien von Littener Schichten zu thun zu haben
vermeint.
Betreff der Ausdehnung der Colonien „Treban“ nach dem Streichen habe
ich bereits bei den Colonien „Karlik“ darauf hingedeutet, dass dieselben mit
jenen von Treban in einem ununterbrochenen Zusammenhänge stehen. In der
4) Die Mächtigkeit und Breitenausdehnung der einzelnen Gebirgsglieder ist selbstver-
ständlich in der Karte und in den Profilen Tafel I nicht genau nach dem Maassstabe
angegeben, sondern meisten theils viel vergrössert, um dadurch die Karte selbst, beson-
ders aber die Profile deutlicher zu machen. Bei dem kleinen Maassstabe der Karte wäre
ohnedem die genaue Zeichnung der Mächtigkeit von einigen Klaftern gar nicht ausführbar,
daher der Maassstab nur auf das Terrain im Allgemeinen, nicht auch auf die geologischen
Daten angewendet werden kann.
24
M. V. Lipoid.
[24]
That bilden die Colonien x und y von Karlik und Tfeban, wie dies aus der
geologischen Karte Tafel I ersichtlich ist, zwei zu einander parallel laufende
Züge von Littener Schichten zwischen Königshofer und Kossower Schichten.
Gegen Südwesten werden die Colonien „Tfeban“ durch das Beraunthal abge-
schnitten, und ist durch das letztere ihre u nm ittelhare Fortsetzung unter-
brochen. Nichtsdestoweniger setzen diese beiden Colonien am rechten Ufer
der Beraun nach Südwesten fort, da die an den Gebirgsgehängen am rechten
Beraun-Ufer zwischen Kossower und Königshofer Schichten auftretenden, genau
in der südwestlichen Streichungsrichtung der Colonien von Tfeban liegenden
Littener Schichten, von welchen bei der nächstfolgenden Beschreibung der
Colonien „Belec“ die Bede sein wird, nur als die südwestliche Fortsetzung der
Colonien „Tfeban“ betrachtet werden können.
Colonien „Bflec“.
Das Profil P Q in Tafel I, welches von Lhotka in nordnordwestlicher Dichtung
über das Dorf Belec und über den Woskowberg in das Beraunthal gezogen ist,
gibt ein Bild von dem Auftreten der als Colonien „Belec“ bezeichnten Littener
Schichten zwischen Königshofer und Kossower Schichten in diesem Terrain.
Man erhält dieses Profil, wenn man von dem Bergrücken südlich von dem Belecer
Thale an der Strasse, die von Lhotka nach Belec führt, in das Dorf Belec geht,
sodann nach dem kleinen Graben, der im Dorfe Belec in den Mnienaner Bach
mündet, und von dem Woskower südlichen Gebirgsgehänge herabzieht, von dem
unteren in das obere Dorf Belec steigt, von dort in nördlicher Dichtung an den
Rücken des Woskowberges und endlich nach dem nördlichen Gehänge desselben
zum Beraunflusse sich verfügt. Man verquert auf diesem Wege zweimal
Littener Schichten, abwechselnd mit Königshofer und Kossower Schichten, die
somit zwei auf einander folgende Colonien bilden, wovon ich die südlichere
wieder mit x, die nördlichere mit y bezeichnete. Am nördlichen Gehänge des
Woskowberges stösst man endlich auf eine dritte Ablagerung von LittenerSchichten
(z), welche sich jedoch als die normale Ablagerung dieser Schichten erweiset,
da sie gegen Krupna zu, so wie auch am linken Beraunufer normal von den
Kalksteinen der Kuhelbader Schichten überlagert wird.
Was nun die hiebei beobachteten Lagerungsverhältnisse anbelangt,
so ist vor allem zu bemerken, dass die liegendsten Kossower und Königshofer
Schichten, welche, in der Karte Taf. I mit 22 bezeichnet, gleichsam als die
normale Ablagerung dieser Schichten gelten können und bei den bisher be-
schriebenen Colonien stets eine grosse Regelmässigkeit in ihrem nordwestlichen
Einfallen beobachtet hatten, nächst Belec eine grosse Unregelmässigkeit in der
Fig. A.
Lagerung besitzen, ln einem kleinen, unge-
fähr 100 Klafter unterhalb (östlich) des Dorfes
Belec am rechten Ufer des Mnienaner Baches am
südlichen Gebirgsgehänge befindlichen Graben
zeigen sich die Kossower Schichten in der Art
gebrochen und gefaltet, wie es Fig. A darstellt.
Am linken Ufer des Baches, gegenüber dem
Graben, stehen am Fusse des nördlichen Ge-
hänges ebenfalls Kossower Schichten mit nörd-
lichem Einfallen an, und sie werden daselbst
gegen die Höhe von Grünsteinen (der Colonie x) bedeckt. Auch die Königs-
hofer Schichten, die man am südlichen Gehänge zwischen dem erwähnten Graben
Schichtenstörung der Kossower Schichten,
östlich von Belee.
lieber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
25
[25]
und dem Dorfe Beiec antrifft, zeigen eine sehr gestörte Lagerung, und die
Kossower Schichten, welche in einer Mächtigkeit von kaum ein paar
Klaftern die südliche Begrenzung der im Dorfe Beiec anstehenden Colonie x
bilden, sind steil und beinahe senkrecht aufgerichtet.
An diese Kossower Schichten lagert sich die Colonie x an, und sie beginnt
am südlichen Gehänge des Mnienaner Baches am Wege vom Dorfe Beleß nach
Lhotka mit Grünsteinen, auf welche Graptolithenschiefer der Littener Schichten
folgen. Letztere nehmen dem Dorfe zu ein flacheres nordwestliches
Einfallen an, und stehen bis zur Thalsole an. Am linken Bachufer erheben sich
wieder Grünsteinfelsen, von Graptolithenschiefern beiderseits umlagert, und, wenn
man in dem kleinen aber tief eingeschnittenen Graben , der vom Oberdorfe
herabkommt, und im Unterdorfe in den Mnienaner Bach mündet, die Gebirgs-
schichten untersucht, so findet man, dass mitten z wisch en di e s en ' Schi e-
fern und Grünsteinen eine kaum einige Fuss mächtige Partie von
Kossower Schichten in dieselben hinauf ragt, und die Colonie x
gleichsam in zwei Colonien scheidet. Diese Kossower Schichten, deren steiles
Emporragen ich im Profile PQ ersichtlich machte, sind jedoch nur im Graben
sichtbar, und treten an der Oberfläche nirgends kenntlich zu Tag.
Von da an nach dem Graben aufwärts und durch das Oberdorf beobachtet
man noch einen zweimaligen Wechsel von Grünsteinen und Graptolithenschiefern
der Littener Schichten, u. z. mit widersinnischem, nordwestlichem Verflächen,
bis man oberhalb des Dorfes an die nördliche Begrenzung der Colonie x gelangt,
welche aus Kossower Schichten besteht, die auf Grünsteinen lagern, nach
St. 5 (0. 15° N.) streichen, und mit 50 Grad widersinnisch nach Norden einfallen.
Steigt man nun das südliche Gehänge des Woskow-Berges hinan, so treten
zuerst nebst Kossower auch Königshofer Schichten (yy) , an der halben Höhe
des Gehänges abermals Grünsteine und Graptolithenschiefer der Littener Schich-
ten (Colonie y)> und endlich gegen die Höhe des Woskow Berges und auf der-
selben wieder Königshofer und Kossower Schichten, in der Karte mit xx be-
zeichnet, zu Tag. Die Lagerungsverhältnisse dieser verschiedenen Schichten
lassen sich jedoch an dem südlichen Berggehänge nicht genau ermitteln , und
erst am nördlichen Gehänge des Woskow-Berges sieht man die Kossower
Schichten wieder deutlich nach Nord einfallen, und die sie überlagernden
normalen Littener Schichten unterteufen. Hingegen geben zur Beurtheilung
der Lagerungsverhältnisse der erwähnten Schichten die schönen Gebirgsent-
blössungen, welche die schroffen Abstürze am rechten Ufer der Beraun von
Paucnik abwärts darbieten, genügende Anhaltspunkte an die Hand. — Unter
den (normalen) Littener Schichten, welche von Paucnik an bis zu der südlich
davon am Beraunflusse befindlichen Mahlmühle zu Klucic anstehen, u. z. unter
den Grünsteinen dieser Schichten lagern nächst der Klucicer Mühle Kosso-
wer Schichten, welche deutlich nach Norden einfallen. Von da an abwärts nach
der Beraun aber zeigen die Königshofer und Kossower Schichten (des Zuges xx)
eine ausserordentlich gestörte Lagerung. Ich war bemüht, eine möglichst genaue
Skizze dieser Lagerung zu nehmen, die ich in der rückwärtsstehenden Fig. B.
mittheile, um mit desto grösserer Sicherheit daraufhinweisen zu können, dass
diese Lagerungsverhältnisse einen genügenden Beweis liefern von den grossartigen
Störungen und Dislocationen, welche die bunt durcheinander geworfenen Königs-
hofer und Kossower Schichten dieses Zuges erlitten haben mussten. An der
südlichen Begrenzung dieser Schichten sieht man an die vorherrschenden und
zuletzt unter 70 bis 80 Grad nach Süd verfiächenden Königshofer Schichten
Grünsteine anlagern, die, zur Colonie y gehörig, schroffe Felswände bilden.
4
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft.
2«
M. V. Lipoid.
[2ß]
Noch lassen sich die zwischen den beiden Colonien y und x
befindlichen Königshofer und Kossower Schichten yy am
rechten Ufer der Beraun mit Bestimmtheit beobachten, aber
eine genaue Erhebung ihrer Lagerungsverhältnisse ist wegen
des coupirten Terrains auch hier nicht thunlich gewesen. Die
beiden Colonien selbst erscheinen daselbst theils aus Grapto-
lithenschiefern, theils aus Grünsteinen zusammengesetzt, und
insbesondere sind es die letzteren, welche man unterhalb
Hinter-Treban den Kossower Schichten zz normal und gleich-
massig auflagern sieht.
Bei Betrachtung der geologischen Karte Taf. 1 kann es,
wie ich schon bei Beschreibung der Colonien „Treban“ am
Schlüsse bemerkte, keinem Zweifel unterliegen, dass die
auch am rechten Ufer der Beraun zu Tag tretenden Colonien
„Belec“ als die südwestliche Fortsetzung der Colonien „Treban“
angesehen werden müssen, und dass der aus ihrer Streichungs-
richtung gefolgerte unmittelbare Zusammenhang nur durch den
Durchbruch des Beraun-FMusses eine Unterbrechung erlitten
hatte. So wie aber die Colonien „Belec“ gegen Nordosten
fortsetzen, eben so finden sie auch gegen Südwesten ihre
weitere Fortsetzung, die ich näher erörtern muss.
Verfolgt man zuerst die Belecer Colonie x, die schon in
Belec eine Breite von mindestens 400 Klaftern besitzt, somit
von Nordosten her an Breite bedeutend zugenommen hat, vom
Dorfe Belec gegen Südwesten, so findet man, dass die Littener
Schichten dieser Colonie sich gegen Litten immer mehr aus-
breiten, und selbst nach allen Bichtungen eine grosse Ausdeh-
nung erlangen. Südwestlich von Litten nun erhebt sich das
Winaritzer Kalkgebirge, ein von dem Hauptgebirgszuge der
obersilurischen Kalke durch eine schmale mit Littener Schichten
ausgefüllte Einbuchtung zwischen Mnienan und Koneprus
getrennter Kalkgebirgsstock. Steigt man von Litten aus dem
östlichen Vorsprunge dieses Kalkgebirges, dem Mramor-Berge,
zu, so findet man an dem Gehänge desselben die Kalke der
K u h e 1 b a d e r Schichten anstehend, und man ge-
winnt die Ueber zeugung, dass diese Kalke den
Littener Schichten, welche man von der Belecer
Colonie x aus bis zum Fusse des Mramor - Berges
ununterbrochen verfolgte, unmittelbar und normal
auflagern.
Ganz anders gestaltet sich das Auftreten der zwischen den
Belecer Colonien x und y befindlichen Königshofer und
Kossower Schichten yy , wenn man dieselben nach Südwesten
im Streichen verfolgt. Diese Schichten nehmen in ihrer durch
Diluvien theilweise bedeckten südwestlichen Fortsetzung an
Breitenausdehnung immer mehr ab, so dass man bei dem Dorfe
Wienetz nur mehr Kossower Schichten in einer Mächtigkeit
von kaum ein paar Klaftern zwischen den Littener Schichten
zu Tage treten sieht. Dagegen setzen sowohl die Littener
Schichten der Colonie y, als auch die am breitesten ent-
wickelten Königshofer und Kossower Schichten des Woskow-
Ueber Herrn Barrande ’s “Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
27
[27]
Berges (xx), letztere einen Bergrücken bildend und an der nördlichen Abdachung
von den n o rm al en Littener Schichten überlagert, in wenig veränderter Breite
nach Südwesten fort.
Colonie „Korno“.
Es ist dies die letzte „Colonie“, welche ich noch zu beschreiben habe. Sie
ist in dem nach der gebrochenen Linie RST gezogenen letzten Profile in
Tafel I dargestellt. Das Profil läuft von dem südlich von Litten befindlichen Berg-
rücken in nordwestlicher Richtung zum Mramor-Berge, und von da in nördlicher
Richtung zum Dorfe Korno.
Das Dorf Korno liegt an der Grenze von Littener und Kuhelbader Schichten,
welche letzteren die Littener Schichten regelmässig überlagern, und dadurch die-
selben als die normale Ablagerung der obersilurischen Schichten charakteri-
siren. Südlich von Korno erhebt sich nach einer kleinen Einbuchtung, in welcher
die Littener Schichten anstehen, ein niederer Bergrücken, welcher zunächst von
Grünsteinen der Littener Schichten und dann von Kossower und Königshofer
Schichten gebildet wird, die vom Woskow-Berge hieher streichen und dem Zuge
xx angehören. Geht man von dem Rücken an der Strasse, die von Korno nach
Litten führt, abwärts, so sieht man die erwähnten Kossower und Königshofer
Schichten auch südlich von Grünsteinen begrenzt, die nach abwärts von Grapto-
lithenschiefern der Littener Schichten unterteuft werden. Letztere zeigen zunächst
dem Grünsteine ein flaches nördliches Einfallen, das aber immer steiler
wird, je tiefer man nach dem Gehänge herabsteigt. Verlässt man
die Strasse, und verfügt sich in einen rechts (westlich) von derselben befindli-
chen ziemlich tief eingeschnittenen kleinen Graben, so beobachtet man auf die
steil aufgerichteten Graptolithenschiefer nach abwärts wieder Grünsteine, u. z.
in einer Mächtigkeit von einigen Klaftern folgen. Mitten zwischen diesen
Grünsteinen nun zeigt sich eine kaum 4 bis 6 Fuss mächtige Ent-
blössung von Königs hofer und Kossower Schichten — mit yy be-
zeichnet — welche auch eine fast saigere Schichtenstellung be-
sitzen. Die auf die Grünsteine im Graben abwärts folgenden Graptolithenschiefer
zeigen dieselbe steile und eine sehr gestörte, bald nach Nord, bald nach Süd
geneigte Schichtenstellung, bis man gegen die Thalsohle zu wahrnimmt, dass die
Schiefer, welche hier zahlreiche Kalksphäroide einschliessen, ein flacheres aber
südliches Einfallen annehmen. Vom rechten Ufer des Mnienaner Baches am
südlichen Gehänge des Thalgrundes gelangt man auf den Mramor-Berg über
Littener Schichten, die gegen die Höhe des Berges von Kuhelbader Kalken
bedeckt werden, und von dem Kalksteinrücken des Mramor-Berges in südöst-
licher Richtung durch eine kleine Thaleinbuchtung, in welcher wieder Littener
Schichten anstehen, an den südlichen Bergrücken, der aus Kossower Schichten
(zz) gebildet ist, welche das Profil in Süden abschliessen. Die am rechten Ufer
des Mnienaner Baches auftretenden, den Mramor-Berg umgebenden Littener
Schichten bestehen aus Graptolithenschieferri, häufig mit Kalksphäroiden, und aus
Grünsteinen, welche nach den gemachten Beobachtungen theils unter den Schie-
fern liegen, theils mit denselben wechsellagern. Am Mramor-Berge selbst scheinen
die Grünsteine theil weise unmittelbar unter den Kuhelbader Schichten zu liegen,
und somit die Littener Schichten nach oben abzuschliessen. Die eben erwähnten
Littener Schichten besitzen keine constante regelmässige Lagerung, scheinen
vielmehr mehrere wellenförmige Biegungen zu machen, wie man dies
am Wege von Litten nach Wienetz, an jenem von Litten nach Korno, so wie am
4*
28 M. V. Lipoid. [28]
Wege yon Litten zum Mramor-Berge sehen kann, wo man überall unzweifel-
hafte Schichtenstörungen beobachtet.
Das eben erläuterte Profiil RST in Tafel I zeigt nun gleichfalls zwei Zwi-
schenlagerungen von Littener Schichten zwischen Kossower und Königshofbr
Schichten. Aber die südlichere dieser Zwischenlagerungen, jene nämlich zwi-
schen den Kossower Schichten zz und yy, deren unmittelbaren Zusammenhang
mit der Colonie x von Belec ich schon oben nachwies, und welche bereits eine
Breitenausdehnung von mehr als 1000 Klaftern besitzt, wird am Mramor-Berge
vou Kuhelbader Schichten bedeckt. Ihre Einreihung unter die „Colonien“
erscheint desshalb nicht mehr zulässig, und ich werde bald Gelegenheit haben
dieselbe näher zu charakterisiren. Die zweite Zwischenlagerung von Littener
Schichten ( y ) zwischen den Kossower und Königshofer Schichten (,r.r und yy ),
obschon sie an Breitenausdehnung den letztgenannten Schichten xx fast gleich-
kommt, und jene von yy bei weitem übertrifft, besitzt dagegen noch vollständig
den Charakter einer Colonie, daher ich dieselbe als Colonie „Korno“ bezeichne.
Die Zusammensetzung und die Lagerungsverhältnisse der Colonie „Korno“
ergeben sich zum Theil aus der vorhergehenden Beschreibung des Profils RST.
Die Stellung der Schichten ist keine durchaus gleichartige; sie ist steil an der
südlichen, und flacher an der nördlichen Begrenzung. Ihr Verhältnis zu den
südlichen Kossower Schichten (jjy) liegt klar vor, und das steile Emporragen
der letzteren deutet auf eine durch Hebung erfolgte Störung der
S chic hten hin, an welcher auch die Littener Schi« hten der Colonie Theil
nahmen. Hingegen konnte ich das Verhalten der Littener Schichten der Colonie
zu den Königshofer und Kossower Schichten xx nicht ermitteln, da letztere
nirgends mit Sicherheit ein Streichen und Verflachen abnehmen Hessen.
Untersucht man, wie ich es bisher bei allen Colonien gethan habe, auch
bei der Colonie „Korno“ ihre Fortsetzung nach dem Streichen, so stellt es sich,
ungeachtet einer durch Diluvien herbeigeführten Unterbrechung, aus dem Strei-
chen der Schichten dennoch als unzweifelhaft heraus, dass die Colonie „Korno“
in nordöstlicher Richtung mit der Colonie „Belec“ y in unmittelbarem Zusammen-
hänge steht, und daher als die südwestliche Fortsetzung der letzteren angesehen
werden muss. Andere und höchst interessante Verhältnisse treten zu Tag, wenn
man die Colonie „Korno“ und die sie begrenzenden Kossower Schichten in ihrem
westsüdwestlichen Streichen weiter verfolgt.
Vorerst verlieren sich in dieser Richtung alsbald die Kossower Schichten
„yy“ unter den Littener Schichten, denn man findet keine Spuren mehr davon
zwischen den Littener Schichten westlich von dem kleinen Graben, in welchem
ich sie beobachtete, weder an dem nördlichen noch an dem südlichen Gebirgs-
gehänge. Durch das Auskeilen dieser Kossower Schichten treten demnach die
Littener Schichten der Colonie „Korno" in unmittelbare Verbindung mit den
Littener Schichten am Fusse des Mramor-Berges, d. h. die Littener Schich-
ten der Colonie y vereinigen sich mit den Littener Schichten, welche
nächst Litten die C o I o n i e n x v e rt r e t e n, zwischen Litten und M n i e n a n
zu einer und derselben Ablagerung.
Wie die Kossower Schichten yy, eben so verlieren sich auch die Königs-
hofer und Kossower Schichten xx, welche die Colonie y von der normalen
Ablagerung der Littener Schichten z trennen, in westlicher Richtung zwischen
den LittenerSchichten. Denn, während man an dem Gehänge nördlich vom Dorfe
Mnienan noch die westliche Fortsetzung dieser Schichten in einem schmalen
Streifen beobachten kann, finden sie sich an dem westlicher befindlichen Sattel,
über welchen die Strasse von Litten nach Koneprus führt und auf welchem nur
Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
29
[29]
Littener Schichten anstehen, nicht mehr vor. Die Kossower Schichten xx haben
demnach ebenfalls zwischen Mnienan und dem erwähnten Sattel in den Littener
Schichten sich ausgekeilt, und die normale Ablagerung z der Littener Schich-
ten, welche man von Krnpna über Korno am Rande der Kuhelbader Schichten bis
an den bezeichneten Sattel verfolgen kann, tritt in unmittelbare Verbindung mit
denjenigen Littener Schichten, welche sich am nördlichen Fusse des Mramor-
Berges, ausbreiten, das heisst, die normalen Littener Schichten z ver-
einigen sich am Sattel zwischen Mnienan und Koneprus mit den
obberührten, die Colonien x und y r epr äse ntirenden Littener
Schichten zu einer und derselben Ablagerung.
Ich bin nun an dem Punkte angelangt, von welchem aus ich zu einer Erklä-
rung der Erscheinung der Colonien schreiten kann, was ich auch im nächsten
Abschnitte thun will. Ehe ich jedoch zu dieser Erklärung schreite, muss ich
bezüglich der Petrefactenführung der von mir beschriebenen Colonien
einige Bemerkungen machen, welche sicherlich bei den einzelnen Beschreibungen
bereits vermisst worden sind.
Ich habe schon bei Beschreibung der Colonie „Krejcf“ angedeutet, dass
auf die Erklärung der „Colonien44, wie sie sich aus den Lagerungsverhältnissen
ergibt, die in denselben Vorgefundenen Fossilreste keinen entscheidenden Einfluss
nehmen, sobald es festgestellt ist, dass die in den „Colonien44 vorfindigen Fossil-
reste im Allgemeinen die „Littener Schichten44 und nur diese charakterisiren ;
das „Mehr" oder „Weniger44 von Fossilresten ist, wie es sich später heraus-
steilen wird, zufällig und daher unwesentlich.
Ich habe nun bei sämmtlichen obbeschriebenen Colonien in den vorhandenen
Graptolithenschiefern bald mehr bald weniger, aber immer nur solche Spe-
ciesvon Graptolithen vorgefunden, welche Herr Bar ran de als bezeich-
nend für seine untere Kalk-Etage E, und zwar für die tiefste Zone dieser
Etage, d. i. für die Littener Schichten, anführt. Dasselbe ist der Fall mit
den Kalksphäroiden, die in den Graptolithenschiefern einiger Colonien Vorkommen;
auch diese zeigten nur Fossilreste der Etage E des Herrn B arrande. Eine
specifische Aufzählung dieser Fossilreste darf ich daher um so mehr übergehen,
als die eben erwähnte Wahrnehmung bezüglich der Fossilreste, im Vereine mit
der unverkennbaren U eb er e i n s ti m m u n g in den petro graphischen Merk-
malen, mir als ein hinreichender Bew eis erscheinen, dass diesbezüglich zwischen
den Littener Schichten der Colonien und jenen der normalen Ablagerungen
kein wesentlicher Unterschied Statt finde, dass also die Ablagerungen,
aus welchen die Colonien bestehen, bezüglich ihres petrogra-
phi sehen Charakters und ihrer Petr efactenführung, mit den „Lit-
tener Schichten44 im Allgemeinen vollkommen identisch sind. Ich
habe in der Einleitung angedeutet, wie und wo bereits Herr Barrande selbst
die Identität der eben erwähnten Schichten in seinem „ Systeme silurien 44 und in
seiner neuesten Schrift über die „Colonien44 ausspricht.
Viel seltener sind Fossilreste zu finden in den Königshofer und Kossower
Schichten, welche die Colonien umgeben. Die wenigen Fossilreste, die in
diesen Schichten bei Radotin, Cernositz und nächst Treban beobachtet wurden,
gehören unstreitig Herrn Barrande’s Etage D an. Wenn indessen die Schiefer
und Quarzitsandsteine, welche die Colonien „Krejci44 und „Haidinger44 begren-
zen — wie es Herr Barrande selbst anführt — zu dessen Abtheilung d5
30
M. V. Lipoid.
m
(schistes gris-jaunatr es) der Etage D gehören, d. i. Königshofer und Kossou er
Schichten sind, so liefern nicht nur die sich gleich bleibenden petrographischen
Merkmale, sondern auch die Lagerungsverhältnisse den Beweis, dass auch die
Schiefer und Quarzitsandsteine nächst den übrigen Colonien denselben Schichten
angehören; denn dieselben Schiefer und Sandsteine, die man bei den Colonien
„Krejcf“ und „Haidinger“ findet, setzen von dort, wie es aus der Karte Tafel I
ersichtlich ist, ununterbrochen mit demselben petrographischen Charakter
und mit einem gleichmässigen südwestlichen Streichen bis in die Umgebung von
Litten fort. Indessen will ich hiemit die Möglichkeit nicht ausschliessen, sondern
sogar die Wahrscheinlichkeit zugeben, dass in dem Terrain, welches die Karte
Tafel I umfasst, unter den Königshofer Schichten auch stellenweise Zahoraner
Schichten (^4) zu Tag kommen, weil ich mich überzeugte, dass die Königshofer
und Kossower Schichten in dem fraglichen Terrain Dislocationen erlitten haben,
welche ein zu Tagetreten der tieferen Zahoraner Schichten ganz wohl möglich
erscheinen lassen. Ich meinestheils habe jedoch die Zahoraner Schichten nirgends
beobachtet.
B. Erklärung der Erscheinung der Colonien an der Südseite
des böhmischen Silurbeckens.
a) Aus den Lagerungsverhältnissen.
Um die Erscheinung der „Colonien“ aus den Lagerungs verhäl tnis-
sen zu erklären, was ich zunächst versuchen werde, schlage ich den entgegen-
gesetzten Weg ein von dem, welchen ich bei der Beschreibung der Colonien
verfolgte. Ich werde nämlich im Südwesten von der Umgebung Litten’s ausgehen,
und von da nach Nordosten vorwärts schreiten.
Ich bringe vorerst die Reihenfolge der Schichten, wie sie im böhmischen
Silurbecken zuerst Herr Barrande feststellte und ich sie in der „Einleitung“
mittheilte, in Erinnerung, wonach von unten nach oben in der normalen
Reihenfolge auf die Königshofer und Kossower Schichten (Bar. Dd 5) die
Littener und Kuhelbader (Bar. E ), auf die letzteren die Konepruser Schichten
(Bar. F ), und endlich auf diese die Braniker und Hlubeceper Schichten (Bar. G
und H ) folgen.
Verfugt man sich nun von dem bereits oben erwähnten Sattel, über welchen
die Strasse von Mnienan nach Koneprus führt, und auf welchem die Littener
Schichten anstehen, zuerst in nördlicher Richtung gegen das Dorf Tobolka,
(Siehe Taf. I), so findet man über den Littener Schichten zuerst die Kuhel-
bader Schichten, und über denselben die Konepruser Schichten lagern. Die-
selbe Reihenfolge der Schichten trifft man an, wenn man von dem Sattel
in südlicher Richtung die Strasse gen Winaric verfolgt. Die Littener
Schichten am Sattel zwischen Mnienan und Koneprus befinden
sich demnach in vollkommen normaler Lagerung.
Verfolgt man die Littener Schichten von dem erwähnten Sattel in östlicher
und nordöstlicher Richtung am Fusse der Kalksteingebirge, so findet man sie
daselbst über Korno, Paucnfk, Morin, Wonoklas bis nördlich von Gross-Kuhel in
einem nur stellenweise durch Diluvien unterbrochenen Zuge stets die normale La-
gerung einnehmen, daher ich diesen in der Karte Tafel I mit „zu bezeichnetenZug
von Littener Schichten bereits oben mit dem Namen „normale“ Littener Schieb-
Uebei' Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
31
[31]
ten belegte. Allein verfolgt man von d em selb e n Sattel die Litten er Schich-
ten am Fusse des südlichen (Winaricer) Kalkgebirges gegen Südosten und
Süden, so sieht man sie ununterbrochen am Fusse des Plesivec-Berges und
des Mramor-Berges zu Tage treten, und südöstlich vom Mramor-Berge den
Kossower und Königshofer Schichten aufiagern. Es kann daher auch keinem
Zweifel unterliegen, dass auch die ebenerwähnten Littener Schichten am Fusse
des Mramor-Berges sich in normaler Lagerung befinden. Da nun, wie ich eben
dargethan, sowohl die Littener Schichten des (normalen) Zuges „z*9 als auch
die Littener Schichten am Fusse des Mramor-Berges eine normale Lagerung
besitzen, da sie ferner in einem ununterbrochenen Zusammenhänge stehen
und am ofterwähnten Sattel sich zu einer und derselben Ablagerung
vereinigen, so folgt daraus von selbst, dass dieselben einer und dersel-
ben Bildungsepoche ihren Ursprung verdanken, oder, um mich
geologisch auszudrücken, dass dieselben „gleichen Alters“ sind. Dasselbe
gleiche Alter muss aber auch für jene Littener Schichten in Anspruch genommen
werden, welche in grosser Verbreitung zwischen Mnienan und Litten und in der
Umgebung des letzteren Ortes auftreten, denn sie stehen mit den Littener
Schichten am Fusse des Mramor-Berges in unmittelbarer Verbindung, und bilden
mit denselben eine und dieselbe Ablagerung. Die Littener Schichten in
der Umgebung von Litten sind demnach gleichen Alters mit jenen
Littener Schichten, welche den normalen, in der Karte Tafel 1
mit * be zeichneten Zug derselben am Fusse der Kalksteinzone
bilden.
Die geologische Untersuchung des Terrains, deren Resultat eben in der
geologischen Karte Tafel I niedergelegt ist, hat nun gelehrt, dass in der Umge-
bung von Mnienan und Litten mitten aus den Littener Schichten zwei Züge von
Königshofer und Kossower Schichten auftauchen. Diese zwei von Südwest nach
Nordost streichenden Züge von Königshofer und Kossower Schichten, deren
nördlicherer in der Karte mit „xx“, der südlichere mit „ yy “ bezeichnet ist,
haben die Littener Schichten, welche nächst Litten, am Fusse des Mramor-
Berges, respective am Konepruser Sattel noch vereinigt sind, in drei Partien
geschieden, die sich gleichfalls in drei zu einander nahe parallelen Zügen
kenntlich machen. Diese drei Züge von Littener Schichten, deren nördlichster
in der Karte mit „z“, der miltlere mit „y“, und der südliche mit „x“ bezeichnet
ist, streichen gleichfalls von Südwest nach Nordost. Der nördliche Zug z9 schon
wiederholt als der normale Zug der Littener Schichten besprochen, wird auf
der nordwestlichen Seite von Kalksteinen überlagert, und zieht sich ununterbro-
chen fort bis an das Moldau-Ufer unterhalb Gross-Kuhel. Die beiden anderen
Züge von Littener Schichten sind, da auch südöstlich vom Zuge x Kossower
Schichten anstehen, beiderseits von Königshofer und Kossower Schichten umge-
ben, und nehmen Antheil an der Zusammensetzung der oben beschriebenen
Colonien x und y von Korno, ßelec, Trebaii und Karlik. Bei der Beschreibung
dieser Colonien habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Colonien x einer-
seits, und y andererseits von Karlik, bezüglich vom Wonoklaser Graben an,
in einem ununterbrochenen Zusammenhänge stehen, und sich endlich nächst
Litten und Mnienan mit den dortigen Littener Schichten zu einer und d er-
selben Ablagerung vereinigen. Gehören aber die Littener Schichten der
beiden Züge x und y und die Littener Schichten in der Umgebung von Litten
und Mnienan, wie es nicht bezweifelt werden kann, einer und derselben
Ablagerung an, so müssen sie auch gleichen Alters sein, — und da die
Littener Schichten in der Umgebung von Litten, wie oben nachgewiesen wurde,
M. V. Lipoid.
[32]
gleichen Alters sind mit den Litlener Schichten des Zuges z, so ergibt sich
hieraus der richtige Schluss, d a ss die beiden Züge x und y vonLittener
Schichten, welche sich aus der Umgebung von Litten in nord-
östlicher Richtung zwischen Königshofer und Kossower Schich-
ten ununterbrochen bis nahe zum Wonoklaser Graben fortziehen,
somit auch die in diesen Zügen ver zeichneten „Colonien“ .rund y ,
sowohl unter sich, als auch mit de nLittener Schichten desZuges *
gleichen Alters sind. Das Gegentheil anzunehmen, dass nämlich die Littener
Schichten der Züge x und y unter sich, als auch bezüglich des Zuges * ver-
schied enen Alte rs seien, würde zu einem offenbaren Widerspruche führen,
da man dieselben Littener Schichten, die man z. B. bei den Colonien „Karlik,
Treban“ u. s. f. als „verschieden alt“ bezeichnete , in ihrer weiteren
ununterbrochenen südwestlichen Fortsetzung in der Umgebung von Litten
und am Konepruser Sattel nothgedrungen als einer und derselben Ablagerung
angehörig, und daher als „gleich alt“ anerkennen müsste. Ich möchte hier
noch auf den Umstand hin weisen, dass auch die Königshofer und Kossower
Schichten, welche die Züge x, y und * der Littener Schichten begrenzen,
und welche laut der geologischen Karte gleichfalls in drei Partien xx, yy und
zz, von welchen die letztere gleichsam als das eigentliche Liegende — als
normale Lagerung anzusehen ist, auftreten, — in allen drei Partien oder
Zügen einen vollkommen gleichen petrograp bischen Charakter
besitzen, und die gleichen Fossilreste enthalten, und dass aus
diesem Grunde auch für die Königshofer und Kossower Schichten der Züge xx,
yy und zz a priori die Vermuthung ausgesprochen werden muss, dass diesel-
ben einer und derselben Bildungsepoche angeboren, und daher unter sich
„gleichen Alters“ sind.
Nachdem ich nun auf einem allerdings weiten Um wege, wie ich hoffe, die Ueber-
zeugung herbeigeführt habe, dass die Littener Schichten, welche die Colonien x
und y von „Karlik“, „Treban“, „Beiec“ und „Korno“ bilden, mit den normal
gelagerten Littener Schichten * gleichen Alters sind, und dass es den Lagerungs-
verhältnissen geradezu widersprechend wäre, wenn man für diese drei Ablage-
rungen von Littener Schichten verschiedene Bildungszeiten und verschiedene
Bildungsarten annehmen würde; so entsteht ganz natürlich zunächst die Frage:
Aus welchem Grunde nehmen die so eben als gleich alt bezeichneten Littener
Schichten x , y und * eine verschiedene Lage ein? — welches ist die Ursache
ihrer Trennung?
Auch auf diese Frage gehen uns die beobachteten Lagerungsverhältnisse
eine natürliche Antwort, und ich bin dessen gewiss, dass Jedermann, der mit
Bedacht und ohne eine vorgefasste Meinung meine Beschreibung der „Colonien“
und die bisherigen Erörterungen über dieselben verfolgte, sich schon längst
hierüber ein Urtheil gebildet bat, und mit mir den Ausspruch machen wird, dass
diese Trennung der gleich alten Littener Schichten in drei Züge
durch petrographisch und paläontologisch identische Königs-
hofer und Kossower Schichten nur eine Folge von Dislocationen
sein könne, welche die Gebirgsschichten erlitten haben. Dass
aber die Gebirgsschichten in dem Terrain, das uns eben beschäftiget, wirklich
Dislocationen erlitten haben, darüber liefern uns die beobachteten Thatsachen
unumstössliche Beweise. Ich brauche nur auf das hinzuweisen, was ich bei
Beschreibung der Colonien über die Lagerung der Littener Schichten nächst
Litten, über das saigere Emporragen von Kossower Schichten bei den Colonien
„Korno“ und „Beiec“, über die Störung der Kossower Schichten östlich von
lieber Herrn ßarrande’s „Colonien“ in der Silur-Foimation Böhmens.
33
[33]
Belec (Fi g. A oben), und besonders über die Störung der Königshofer und
Kossovver Schichten am rechten Beraun-Ufer unterhalb Paucnfk (Fig. B) ange-
führt habe.
Die durchaus gegen den Horizont geneigte und nicht selten steile und selbst
saigere Stellung der Schichten deutet nun vorerst dahin, dass die erwähnten
Dislocationen in Folge von Hebungen entstanden sind, wodurch eben die
normalen Ablagerungen gesprengt, die höheren Littener Schichten zerrissen und
in drei Züge getrennt, und die tieferen Kossower und Königshofer Schichten
zwischen diesen Zügen an den Tag gebracht wurden. Allein die beobachteten
Lagerungsverhältnisse bei den Colonien „Korno“ bis „Karlik“ lassen nicht nur
auf einfache Hebungen schliessen, sondern auch auf Faltungen und Ueber-
schiebungen, welche die Gebirgsschichten erlitten haben mussten. Dass
Faltungen und U eher s c hieb u ngen der Gebirgsschichten überhaupt Statt
fanden, darüber belehren uns alle Lehrbücher der Geologie. Wir finden solche
in den Alpen in allen Formationen nicht selten1)* Sir R. I. Murchison führt
uns in seiner neuesten „ Siluria “ solche Faltungen und Ueberschiebungen der
ältesten Sedimentschichten Seite 57, 79, 121, 151, 191, 369, 429, 467 u.m.a.
in schönen Profilen vor. Sie lassen sich auch bei den „Colonien“ am Südrande
des böhmischen Silurbeckens nachweisen. Ich führe hier als Beispiel die Colonie
„Treban“ (Profil NO Taf. I) an. Es folgen dort von Süden gegen Norden auf
die Königshofer die Kossower Schichten, auf diese die Grünsteine der Littener
Schichten, auf die Grünsteine die Graptolithenschiefer derselben Schichten, und
sodann gerade in umgekehrter Ordnung auf die Schiefer wieder Grün-
steine, auf diese wieder Kossower und auf diese die Königshofer Schichten, denen
neuerdings Kossower, sodann Littener Schichten folgen, — sämmtlich mit
geringen Abweichungen im Streichen und im Fallwinke!, mit nordwestlichem
Ein fallen. Sind nun, wie erwiesen, die Littener Schichten x und y gleich alt
und zusammengehörig, so lässt sich das Auflagern der Kossower Schichten auf
den Littener Schichten x nur durch Annahme einer Faltung der Schichten
erklären, welche Annahme eben in der umgekehrten Reihenfolge der
Schichten ihre Rechtfertigung und Bestätigung findet. Dieselbe Colonie „Treban“
x bietet auch, wie ich es bei der Beschreibung derselben angeführt habe, ein
Beispiel von einer offenbaren Ueberschiebung der Königshofer über die Kos-
sower Schichten. Durch die oben nachgewiesenen Dislocationen erhält wohl
auch die oben a priori ausgesprochene Vermut liung, dass die Königshofer und
Kossower Schichten der drei Züge xx, yy und zz unter sich zusammengehörig
und „gleich alt“ sind, eine genügende geologische Begründung.
In der durch Thatsachen begründeten Ueberzeugung, dass die Littener
Schichten der Colonien x und y unter sich und mit jenen des normalen Zuges z
„gleichen Alters“, und auch die Königshofer und Kossower Schichtender
drei getrennt erscheinenden Ablagerungen xx, yy und zz unter sich „gleich alt“
sind, und dass die beobachteten abnormen Lagerungsverhältnisse bei den Colonien
eine Folge von Hebungen, Faltungen und Ueberschiebungen sind, habe ich es
unternommen, bei den in den Profilen BST, PQ , NO und LM in Tafel I dar-
gestellten Colonien „Korno“, „Belec“, „Treban“ und „Karlik“ die betreffenden
Faltungen und Ueberschiebungen, so wie die Verbindung der einzelnen Schichten,
durch punktirte Linien anzudeuten. Es ergibt sich hiebei das für die Erklärung
1) Siehe zum Beispiel die schönen Profile Ferdinand Freih. v. Richthofen’s aus den
Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol im Jahrbuche der k. k. geologischen Reichs-
anstalt, X. Band, 18S9, Seite 72.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft.
o
34
M. V. Lipoid.
[34]
der übrige« Colonien nicht unwichtige Resultat, dass es, wenn man die kleine im
Dorfe Belec und nächst Litten beobachtete Hebung ausser Acht lässt, hauptsäch-
lich zwei grosse Falten und Ueberschiebungen von Königshofer
und Kossower Schichten ( xx und yy) sind, welche die Erscheinung
ebenfalls zweier paralleler Colonien von Littener Schichten
begründen, und sich über Tags, wie es die Karte Tafel I zeigt, in zwei langen
Zügen von Königshofer und Kossower Schichten zwischen Littener Schichten
kenntlich machen. Obschon übrigens meine eigenen Untersuchungen sich über
Winaric hinaus weiter gegen Westen nicht erstreckten, und ich auch die geolo-
gische Karte Tafel I daselbst abschliessen musste, so muss ich doch darauf
aufmerksam machen, dass, wie es sich aus den geologischen Aufnahmen des
Herrn Directors J. Krejcf ergibt, die eben erwähnten Faltungen der Kossower
Schichten sich auch am westlichen Fusse des Winaricer Kalksteingebirges durch
Rücken von Kossower Schichten, welche bei Launin und Borek in den Littener
Schichten zu Tag treten, kenntlich machen, und dass aller Wahrscheinlichkeit
nach auch die obersilurischen Kalksteine des Winaricer Gebirges an diesen
Dislocationen Antheil genommen haben. Gewiss sind die eben erwähnten Rücken
yon Kossower Schichten bei Launin und Borek sehr geeignet, von den Disloca-
tionen der Kossower und Littener Schichten am östlichen Fusse des Winaricer
Gebirges ein noch klareres Bild zu liefern, da die zwischen den beiden Rücken
befindlichen Littener Schichten auch von Kuhelbader Schichten bedeckt werden,
und ich muss desshalb um so mehr zu ferneren Untersuchungen auf das bezeich-
nete Terrain hinweisen, dasich bei der gedrängten Zeit nur desshalb nicht in
das Bereich meiner Aufnahme zog, weil mir meine Aufnahmen an der Ostseite
des Winaricer Gebirges bereits genügende und überweisende Anhaltspunkte zu
einer naturgemässen Erklärung der Erscheinung der „Colonien“ aus den Lage-
rungsverhältnissen an die Hand gegeben haben.
Ehe ich in der Erklärung der Erscheinung der „Colonien“ weiter schreite,
muss ich einige Betrachtungen und Schlussfolgerungen vorausschicken, welche
sich aus dem bisher gewonnenen Resultate meiner Erhebungen ergeben, wonach
die Colonien der Züge x und?/ zwischen Mnienan undKarlikaus
wahren, normalen Littener Schichten bestehen, welche durch
Hebungen, Faltungen und Ueberschiebungen zwischen die tiefer
liegenden Königshofer und Kossower Schichten eingekeilt wur-
den. Es ergibt sich aus diesem Resultate:
1. Dass die Littener Schichten der Colonien keine regelmässige und
concordante Zwischenlagerung in den Königshofer und Kossower Schich-
ten bilden, und
2. nicht tief in das Gebirge eingreifen können, sondern sich nach dem
Verflachen in das Gebirge zwischen den Königshofer oder Kossower
Schichten auskeilen müssen;
3. dass, je niedriger das Gebirge wird, beziehungsweise je mehr von dessen
ursprünglich ausbeissenden Schichten bereits zerstört und weggeschafft wurde,
desto geringer auch die Mächtigkeit und Masse der colonialen Littener Schichten
werden müsse;
4. dass bei einer sehr weit vorgeschrittenen Zerstörung der Oberfläche des
Gebirges es möglich wird, dass die Littener Schichten der Colonien gänzlich
weggeschafft und in ihrem Zusammenhänge unterbrochen werden;
5. dass es zufolge 2. als eine ganz natürliche Erscheinung angesehen wer-
den müsste, wenn bei sehr tiefen Einschnitten in das Gebirge oder bei Gräben,
welche der Streichungsrichtung der colonialen Littener Schichten in’s Kreuz,
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
35
[3S]
das ist von Süd oder Südost nach Nord oder Nordwest, auslaufen, die Littener
Schichten der Colonien wohl an den Höhen der Gehänge, nicht aber auch in der
Tiefe der Einschnitte oder in den Thalsohlen der Gräben erscheinen und vor-
gefunden würden;
6. dass umgekehrt, je höher das Terrain in dem Streichen der Colonien
ansteigt, voraussichtlich auch die Mächtigkeit und Breitensausdehnung der Colo-
nien zunehmen werde;
7. dass, sobald die Littener Schichten der Colonien in die normale Lage-
rung eintreten, das ist von Kuhelbader Schichten bedeckt werden, die die Colonien
trennenden Königshofer und Kossower Schichten nicht mehr über Tags erscheinen
können; endlich
8. dass, in je grösserer Mächtigkeit die Littener Schichten während der
Entstehung der „Colonien“ bei ein oder der anderen derselben zwischen die
Königshofer und Kossower Schichten eingekeilt wurden, und je weniger von
diesen Schichten im Laufe der Zeit zerstört und entfernt wurde, ein desto grös-
serer Reichthum von Fossilresten auch bei der betreffenden Colonie vorausgesetzt
werden müsse, und dass daher das „Mehr“ oder „Weniger“ von Fossilien, die
in einer Colonie vorgefunden werden, nur von Zufälligk ei ten, welche bei
oder nach der durch Dislocationen bewirkten Bildung der „Colonie“ als solcher
eintraten, abhänge.
Einige dieser a priori gezogenen Schlussfolgerungen finden wir bereits in
dem Terrain zwischen dem Mramor- Berge bei Litten und dem Wonoklaser
Graben nordwestlich von Karlik bestätiget. Das Terrain ist in der Umgebung
von Litten am höchsten, und die absolute Höhe der Gebirge wie der Thäler
nimmt gegen Karlik zu immer mehr ab, wie letzteres der Lauf der Flüsse von
selbst andeutet. Dem entsprechend (3.) nehmen auch die zwischen Königshofer
und Kossower Schichten eingekeilten Littener Schichten der Züge x und y von
Mnienan und Litten aus in nordöstlicher Richtung gegen Karlik immer mehr an
Mächtigkeit und Breitenausdehnung ab, bis sie am Plateau nordöstlich von Karlik
gänzlich verschwinden, wobei eben zu bemerken ist, dass die Hügel am linken Ufer
des Wonoklaser Baches viel niedriger sind, als das Hochplateau nordöstlich von
Karlik. Man findet auch (entsprechend 2. und 5.) die Littener Schichten x und y
an den Thalgehängen des rechten Bachufers so wenig, wie in den Gehängen
nächst der Thalsohle am linken Ufer des Wonoklaser Baches zu Tage tretend.
Umgekehrt sehen wir mit dem Ansteigen des Terrains von Nordost nach Süd-
west auch die Littener Schichten der Züge x und y (entsprechend 6. und 7.) an
Verbreitung zunehmen, und in der Umgebung von Litten und Mnienan, wo sie
bereits eine sehr grosse Ausdehnung gewinnen, von Kuhelbader Kalken bedeckt,
zugleich aber auch die die Züge x} y und % trennenden Kossower und Königshofer
Schichten unter den Littener Schichten verschwinden.
So wie ich im Vorhergehenden den directen Beweis geliefert habe, dass die
Colonien „Korno, Belec, Treban und Karlik“ nur aus echten und normalen
Littener Schichten zusammengesetzt sein können, welche durch Dislocationen
des Gebirges aus ihrer ursprünglichen normalen Lagerung gerissen wurden,
eben so werde ich .suchen, im Nachfolgenden auf indireete Weise darzuthun,
dass auch die Colonien „Wonoklas, Cernositz, Kosor, Radotin, Haidinger und
Krejci“ nur von wahren und normalen Littener Schichten gebildet werden. Ich
werde desshalb zu erweisen haben, dass die letztgenannten Colonien mit den
Littener Schichten jener oftberührten-zwei Züge x und 'y, die sich vom Karliker
Plateau in südwestlicher Richtung bis in die Umgegend von Litten erstrecken, in
einem unverkennbaren inneren Zusammenhänge stehen, und dass daher die
36
M. V. Lipoid.
[36]
Colonien „Wonoklas“ u. s. w bis „Krejci“ nur als weitere nord-
östliche Fortsetzungen der beiden Züge x und y von Littener
Schichten angesehen werden können. Dieser Beweis wird sich aus
folgenden Thatsachen und Betrachtungen ergeben:
1. Die Colonien „Wonoklas, Cernositz, Kosor, Treban, Haidinger und
Krejcf“ sind aus Gesteinen zusammengesetzt, welche pe trographisch den
Littener Schichten der Züge x und y identisch sind. Es sind dieselben
Grünsteine und Graptolithenschiefer beiderseits anzutreffen. Das gleichzeitige
Auftreten beider Gesteinsarten ist jedoch, wie ich später zeigen werde, nicht
wesentlich nothwendig, und der Mangel einer oder der anderen Gesteinsart ist aus
localen Verhältnissen leicht erklärbar.
Dasselbe gilt von den die südöstlichen sowohl wie die nordöstlichen Colonien
begrenzenden Königshofer und Kossower Schichten, welche in ihrer ganzen
Erstreckung von der Umgehung von Litten bis zum Moldauflusse hei Kuhei durch-
aus denselben gleichen petrographischen und paläontologischen Charakter hei-
behalten.
2. Sämmtliche obige Colonien folgen genau in derselben nordöst-
lichen Streichungsrichtung auf einander, welche die beiden Züge x und
y der Littener Schichten nächst Karlik besitzen.
Ebenso liegen die die genannten nordöstlichen Colonien umgebenden
Königshofer und Kossower Schichten genau im Streichen jener Königshofer
und Kossower Schichten, welche die erwähnten Züge der Littener Schichten
nächst Karlik begleiten, und stehen beide sogar in einem unmittelbaren ununter-
brochenen Zusammenhänge.
Die gleiche Richtung des Streichens lässt auf einen causalen Zusammen-
hang schliessen. Bei der Beschreibung der Colonien habe ich übrigens bereits
darauf hingewiesen, dass und in wie weit die südwestlichen Colonien
als Fortsetzungen der nordöstlichen betrachtet werden müssen.
3. Das Terrain nimmt von Karlik abwärts gegen das Moldau-
thal an absoluter Höhe ab, und der von Unter-Mokropes an mehr gegen
Norden gerichtete Lauf des Beraun-Flusses und sein Annähern zu dem Gebirgs-
zuge, welcher die Colonien beherbergt, mussten eine grössere und tiefer
gehende Zerstörung der Oberfläche und der Gehänge dieses Gebirgszuges im
Gefolge haben. Ganz entsprechend nun dem, was ich oben sub 3. und 4. als
Folgerung des bei den Zügen x und y gewonnenen Resultates anführte, besitzen
auch die in Rede stehenden Colonien im Allgemeinen nur eine geringe
Mächtigkeit und Breitenausdehnung, und sind aus ihrem unmittelbaren
ununterbrochenen Zusammenhänge gelangt. Dieser grösseren Zerstörung
des Gebirges muss es auch zugeschrieben werden , dass ein paar Colonien , wie
jene von Wonoklas, nur aus Grünsteinen bestehen, welche fast allenthalben als
das tiefste Glied der Littener Schichten vorgefunden werden, und dass man
daselbst die in der Regel auf den Grünsteinen lagernden Graptolithenschiefer
nicht mehr vorfindet. Das Auftreten der Colonien „Wonoklas“ u. s. f. entspricht
demnach auch in dieser Beziehung einem Merkmale, das sich aus den Lage-
rungsverhältnissen der Littener Schichten in den Zügen x und y ergibt.
4. So wie die Littener Schichten der mehrerwähnten Züge x und y gemäss
ihrer Lagerung und nordöstlich von Karlik auch nachweislich nicht tief in das
Gebirge eind ringen, eben so keilen sich die obgenannten nordöst-
lichenColoniennachdem Verflächenin das Gebirgeaus, und werden
o. wohl an den Höhen und an den höheren Theilen der Gehänge, nicht
aber auch in den dieselben querdurch schneidenden Thalgründen
9
Ueber Herrn Rarrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens. t
37
[37]
undtieferenEin schnitten vorgefunden. Beide den Littener Schichten
der Züge x und y eigentümliche Eigenschaften sind oben bei der Beschrei-
bung der fraglichen Colonien auch von diesen letzteren nach ge wiesen worden.
6. So wie sich ferner die Trennung der Littener Schichten in die zwei
Züge x und y derselben als eine Folge von Dislo cationen und Störungen,
welche die Gebirgschichten erlitten, herausgestellt hat, — eben so zeigen sich bei
den Colonien „Wonoklas u. s. f. bis „Krejcf“ offenbare Dislocationen und
Störungen der Gebirgsschichten , wie ich dies gleichfalls bei der Beschreibung
dieser Colonien hervorgehoben habe.
7. Endlich scheint es kein blosser Zufall, sondern ein augenfälliger Beweis
eines causalen Zusammenhanges zu sein, dass so wie in dem südwestlichen
Terrain hauptsächlich zwei Züge von Littener Schichten durch zwei parallele
Hebungs- und Fa Itungslinien entstanden sich darstellen. eben so auch bei
den nordöstlichen Colonien namentlich hei den Colonien „Cernositz, Radotin“
und bei den Gross-Kuhler Colonien „Haidinger und Krejcfff, — wie ich bereits
bei der Beschreibung dieser Colonien darauf hinwies, — in der Richtung des Ein-
fallens der Schichten zwei parallele Ablagerungen von Colonien, und zwei
Störungen der Gebirgsschichten nach dem Einfallen — oder was dasselbe ist, eben-
falls zwei parallele Hebungslinien sich kenntlich machen.
Dass an einzelnen Punkten, wie bei Kosor und Wonoklas nur ein e Colonie
vorgefunden wurde, kann die Kraft des letztangeführten Beweises nicht schwächen.
Denn in Berücksichtigung dessen, was bezüglich des Anhaltens der Colonien nach
dem Verflachen bereits oben erörtert wurde, lässt sich die Abwesenheit einer
zweiten parallelen Colonie in Folge einer gänzlichen Zerstörung der-
selben sehr wohl begreifen, und gerade nächst Wonoklas deutet die verhält-
nissmässig geringe Höhe der Vorberge dahin, dass ein grosser Theil ihrer Ober-
fläche und Gehänge, und mit diesem auch die zweite Colonie zerstört worden
sein möge. Andererseits ist das Terrain, namentlich auf den Hochplateaus, und
speciel südlich von Kosor, theils mit Diluvien überdeckt, theils von
Waldungen* occupirt, und daher ist aus dem Grunde, dass ich local nur eine
Colonie vorfand und meinen Erhebungen gemäss in die Karte Taf. I aufnahm,
die Wahrscheinlichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, dass an den betreffenden
Punkten auch noch eine zweite parallele Colonie existire. Ich, muss hier insbe-
sondere, wie ich es bereits bei Beschreibung der Colonien „Cernositz“ gethan
habe, auf das Terrain südlich von Solopisk, in welchem sich in der Karte Taf. I
eine grössere Unterbrechung der colonialen Ablagerungen zeigt, aufmerksam
machen, indem ich es für höchst wahrscheinlich halte, dass es späteren glück-
licheren Forschern gelingen werde, auch in diesem Terrain „Colonien“ zu
entdecken.
Durch die eben angeführten Thatsachen und Betrachtungen glaube ich die
unzweifelhafte Uebereinstimmung und den innigen Zusammenhang, in welchem
die nordöstlichen Colonien mit den südwestlichen Zügen x und y der Littener
Schichten stehen, genügend dargethan und dadurch auch den überzeugenden
Beweis hergestellt zu haben, dass die Colonien „Wo noklas, Cernositz,
Kosor, Radotin, Haidinger und Krejcf“ die nordöstliche Fort-
setzung jener Littener Schichten sind, welche von Mnienan und
Litten aus bis oberhalb Karlik zwischen Königs hofer und Kos-
sower Schichten zwei Züge (x und y ) bilden.
Ist nun dieses, wie ich hoffe erwiesen zu haben, der Fall, so kann man füg-
lich für die Littener Schichten der nordöstlichen Colonien und für die südwest-
lichen Züge ( x und y) nur eine und dieselbe Bildungsart und Bildungszeit
38
M. V. Lipoid.
[38]
armehmen, und muss daher den Litten er Schichten der nordöst-
lichen Coionien und jenen der Züge x und y ein gleiches Alter
z u s ehr eib e n.
Da nun aber die Littener Schichten der südwestlichen Züge x und y, wie
ich oben nachgewiesen habe, sowohl unter sich als auch mit den Littener Schich-
ten des noch normal gelagerten Zuges z „gl ei che n Alters“ sind, so folgt daraus,
dass auch die Littener Schichten der nordöstlichen Coionien
„Wonoklas“ u. s. f. bis „Krejcf“ sowohl unter sich als auch mit den
Littener Schichten des sobenannten „normalen“ Zuges * gleichen
Alters seien.
Es ist einleuchtend, dass man der abnormen Stellung der Littener
Schichten in den nordöstlichen Coionien — da sie nur die theilweise unter-
brochene nordwestliche Fortsetzung der zusammenhängenden Littener Schichten
in den Zügen x und y sind — dieselbe Erklärungsart, die sich bei den
letzteren als begründet ergeben hat, zu Grunde legen kann und muss. Auch
die Littener Schichten der nordöstlichen Coionien können dem-
nach nur in Folge von Dislocationen, d. i. in Folge von Hebungen,
Faltungen und U eberschieb ungen, welche die Gebirgsschichten erlitten
haben, aus ihrer ursprünglichen normalen Lagerung gebracht, und zwischen
die tieferen Kossower und Königs hofer Schichten eiu gekeilt
worden sein. Dass solche Dislocationen und Schichtenstörungen bei den nord-
östlichen Coionien wirklich Statt gefunden haben, habe ich, wie bereits
wiederholt erwähnt, hei der Beschreibung jeder einzelnen derselben nach-
gewiesen. Ebenso ergibt es sich aus der oben in sieben Punkten ausgeführten
Vergleichung der nordöstlichen colonialen Erscheinungen mit den südwestlichen
Zügen x und y der Littener Schichten, dass sämmtliche Thatsachen, welche
bei der Untersuchung dieser Coionien festgestellt wurden, der obigen Erklär-
ungsart nicht nur nicht widersprechen , sondern dieselbe in allen Punkten
bekräftigen.
Hieristes wieder am Platze, von der Petrefactenführung der „Coio-
nien“, und insbesondere der nordöstlichen Coionien, zu sprechen, obschon
ich im Allgemeinen nur das wiederholen kann, was ich über diesen Gegenstand
bereits oben gesagt habe. Ich glaube es nämlich als etwas ganz Natürliches
erklären zu müssen, dass bei der Art und Weise, wie die Ablagerungen der
Littener Schichten in den „Coionien“ in ihre gegenwärtige Stellung gelangt
sind, man an und für sich eine gleiche Mächtigkeit derselben nicht
erwarten kann, und eben so auch, dass die spätere Zerstörung und En t-
fernu n g der colonialen Schichten nicht durchgehends gl ei c lim ä s sig, sondern
je nach den localen Verhältnissen bald grösser, bald geringer sein konnte. Die
verschiedene Mächtigkeit der Littener Schichten in den Coionien ist dem-
nach in der Erklärungsart der Coionien, wie sie sich aus den Lagerungsver-
hältnissen ergibt, begründet, und bängt nicht ab von der ursprünglichen
Bildung der Littener Schichten, sondern von späteren Zufällen, welchen
diese Schichten unterlagen. Von der zufälligen grösseren oder geringeren
Mächtigkeit der Littener Schichten, welche eine Colonie beherbergt, hängt
aber auch die grössere oder geringere Menge von Fossilresten ab, welche
man in derselben vorfindet. Enthält daher eine Colonie nur das gewöhnlich
tiefste Glied der Littener Schichten, nämlich blos Grün st eine, die in der
Begel petrefactenleer sind, so kann es möglich sein, dass eine solche „Colonie“
gar keine Fossil reste enthüllt, was hei der Colonie „Wonoklas“ wirklich der
Fall zu sein scheint. Treten zu den Grünsteinen der Colonie noch die auf die
Ueber Herrn ßarrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
39
[39]
Grünsteine folgenden Graptont heu schiefer hinzu, so wird man auch die
diese Schiefer charakterisirende Fauna darin antreffen. Wir sehen dies bei der
Colonie „Haidinger“ bestätiget, die bei der ge rin g e n Mächtigkeit von 5 — 6
Klaftern nebst Grünsteinen auch die nächstfolgenden Graptolitlienschiefer besitzt,
und desshalb auch nur, wie uns Herr ßarrande belehrt, acht Species von Fos-
silien führt, die aber eben der „tiefsten Zone“ der Etage E eigentümlich
sind. Ich habe ferner in der „Einleitung“ erwähnt, dass sich den Graptolithen-
schiefern in den höheren Lagen der Littener Schichten auch Kalks phäroide
beigesellen, die gewöhnlich reich an Fossilresten sind. Erlangt daher irgend
eine Colonie eine solche Mächtigkeit, dass sie auch die höheren Lagen der
Littener Schichten mit den Kalksphäroiden in sich fasst, so wird ihr Reichthum an
Fossilresten bedeutend gesteigert, und die Colonie nebst Graptolithen auch solche
Fossilreste enthalten, die man in den Kalksphäroiden der Littener Schichten zu
finden pflegt. Wir sehen dies abermals bei der Colonie „Krejcf“ bestätiget,
die schon eine Mächtigkeit von 10 — 12 Klaftern besitzt, und bereits auch die
höheren Lagen der Littener Schichten, nämlich die Kalksphäroide
einschliessenden Graptolithenschiefer in sich fasst. Diese Colonie führt nach
Herrn ßarrande’s Angabe bereits 40 Species von Fossilresten, welche Herrn
Barrande’s Etage E eigen sind. Dass aber auch die Colonie „Krejcf“ noch nicht
alle und einen verhältnissmässig nur kleinen Theil jener Fossilreste aufzuweisen
hat, welche Herrn ßarrande aus seiner Etage E bekannt wurden, ist wohl ganz
begreiflich, da die Littener Schichten in der Colonie „Krejcf“ noch bei
weitem nicht in jener Mächtigkeit auftreten, die diese Schichten in der nor-
malen Lagerung besitzen, da eben erst in den der Colonie fehlenden höchsten
Lagen der Littener Schichten petrefactenreiche Kalksteinbänke mit Graptolithen-
schiefern in WechseJlagerung treten, und da endlich Herr ßarrande auch die
sehr fossilreichen Kalke der „Kuhelbader“ Schichten in seine Etage E einbezieht.
In dem über die Petrefactenführung der Colonien bisher Gesagten wird
man die Entschuldigung finden, warum ich den Fossilresten der Colonien
nicht jene Zeit und Mühe zuwendete, welche sie Verdientermassen sonst in An-
spruch nehmen, und warum ich mich in meiner gegenwärtigen Abhandlung
nur mit allgemeinen Angaben, und insbesonders mit den durch Herrn Barrande
constatirten Thatsachen begnüge. Was ich übrigens im Vorhergehenden über die
Petrefactenführung der Littener Schichten in den „Colonien“ bemerkte, findet
volle Anwendung auch auf die Petrefactenführung der Königshofer und Kossower
Schichten, welche die Colonien umgeben.
Wie bei den Profilen, welche die südwestlichen Colonien darstellen, habe
ich auch bei den Profilen KK, HJ, FG , DE, BC und A in Tafel I, welche die
Colonien „Wonoklas“, „Cernositz“, „Kosor“, „Radotin“, „Haidinger“ und
„Krejcf“ zur Ansicht bringen, es unternommen, auf Grundlage der Erklärungs-
art der Erscheinung dieser Colonien die Störungen, welche die Gebirgsschichten
erlitten haben mochten, durch punktirte Linien anzudeuten. Dass, wie es sich
aus den Profilen herausstellt, bei manchen Colonien nur die höheren Kossower
Schichten zu Tag treten, bei manchen die Königshofer Schichten unmittelbar
mit den Littener Schichten der Colonie in Berührung kommen, wird wohl Nie-
manden Wunder nehmen, den es mir gelungen ist zu überzeugen, dass die
colonialen Erscheinungen, Hebungen, Faltungen und (Jeberschiebungen der
Gebirgsschichten ihre Entstehung verdanken. Demgemäss lässt sich die Reihen-
folge und Stellung der Schichten bei der Colonie „Haidinger“ durch eine ein-
fache Hebung, bei der Colonie „Wonoklas“ durch eine Faltung, bei der Colonie
„Krejcf“ durch eine Ueberschiebung Her Schichten u. s, f. erklären.
40 M. V. Lipoid. [40]
Insbesondere habe ich aber in den Profilen auch durch punktirte Linien jene
Schichtengruppen der einzelnen Profile mit einander verbunden , welche theils
zufolge der geologischen Karte, theils zufolge der oben erörterten Lagerungs-
verhältnisse als zusammengehörig anzusehen sind. Diese Verbindung aller Profile
unter einander versinnlichet am besten und schnellsten die Art und Weise, wie
die Erscheinung der „Colonien“ aus den Lagerungsverhältnissen erklärt werden
könne und müsse. Sie versinnlichet, wie man von der Colonie „Haidinger“ bei
Grosskuhei endlich an den Mramor-Berg bei Litten, d. i. aus den zweifelhaften
Lagerungsverhältnissen der „Colonie“ zu den unzweifelhaften normalen Lage-
rungsverhältnissen gelangt. Sie versinnlichet endlich auch insbesondere eine der
geologisch interessantesten Thatsachen, dass sich nämlich die zwei
grossen Faltungen und Ueberschiebungen der Gebirgsschichten, welche so deut-
lich in der Umgebung von Treban beobachtet werden, an den Ufern der Mol-
dau in einer Entfernung von mehr als 2 Meilen, u. z. in den zwei Colonie n
„Haidinger“ und „Krejcf“, noch immer klar ausgeprägt finden.
Fassen wir das bis nun Gesagte zusammen, so ergibt sich für die Er-
scheinung der „Colonien“ aus den Lagerungsverhältnissen fol-
gende Erklärung:
„Die„Colonien“ an der Südseite des böhrnischenSilurbeckens,
namentlich auch die Colonien „Haidinger“ und „Krejcf“, — beste-
hen aus und sind Ueberreste von wahren normalen Littener
Schichten, welche in Folge von Hebungen, Faltungen und Ueber-
scbiebungen der Ge birg schichten zwischen die tieferen Kosso-
wer und Königshofer Schichten eingekeilt wurden.
Ehe ich diesen Abschnitt schliesse, will ich nur noch bemerken, dass die so
eben angeführte Erklärung der Colonien dieselbe ist, welche Herr Director Joh.
Krejcf aufstellte, und durch die in seiner im April 1860 an die k. k. geologische
Reichsanstalt eingesendeten Abhandlung !) angeführten Thatsachen unterstützte,
und welche eben die Veranlassung dieser Abhandlung wurde. Ist es mir nun ge-
lungen, wie ich hoffe, die Ueberzeugung von der Richtigkeit der obigen Erklärung
zu begründen, so gebührt dennoch Herrn Krej cf das Verdienst, die Lagerungs-
verhältnisse, und insbesondere den höchst wichtigen Zusammenhang, in welchem
die Littener Schichten der Colonien mit den Littener Schichten in der Umgebung
von Litten stehen, zuerst richtig erkannt zu haben, und es gereicht mir zum be-
sonderen Vergnügen, meinem hochgeschätzten Freunde durch Anerkennung
seines Verdienstes jene Genugtuung zu verschaffen, welche ihm meines Erach-
tens, in Folge der neuesten Mittheilungen des Herrn Barrande über die „Colo-
nien“, die Wissenschaft schuldet.
b) Nach Herrn Barrande’s Theorie.
Während ich im Vorhergehenden bei Erklärung der Erscheinung der „Co-
lonien“ an der Südseite des böhmischen Silurbeckens aus den Lagerungsver-
hältnissen von dem Standpunkte ausging, dass die Ablagerungen der „Colonien“
unter sich und mit den „Littener Schichten“ im Allgemeinen „gleichen Alte rs“
sind, stützt Herr Barrande seine zur Erklärung der colonialen Erscheinungen
aufgestellte Theorie auf die Annahme, dass die Ablagerungen der „Colonien“,
weder im Vergleiche zu einander, noch im Vergleiche zu den regulären „Littener
!) Die Drucklegung dieser Abhandlung wurde durch die zeitweilige Sistirung des Jahr-
buches der k. k. geolog. Reichsanstalt verzögert; sie erscheint jedoch im nächsten Hefte.
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
4 t
[41]
Schichten“, „gleichen Alters“ seien, sondern verschiedenen Bildungs-
epochen ihren Ursprung verdanken. Herr Barrande setzt demgemäss eine
sich mehrmals wiederholende, suceessive, regelmässige Ablagerung der colonialen
Schichten im Wechsel mit Schichten seiner Etage B voraus.
Es ist einleuchtend, dass diese Voraussetzung sich nur auf die Thatsache
stützen könne, dass die Gebirgsschichten, in welchen die Colonien auftreten,
eine regelmässige Aufeinanderfolge zeigen, und dass die colonialen
Schichten eine concordante Lager ung zwischen den Schichten der Etage D
besitzen. In der That nimmt Herr Barrande diese Thatsache als feststehend an.
In dem bereits in der „Einleitung“ citirten Auszuge seiner neuesten Abhandlung
„ Colonies dans le bassin silurien de la Boheme “ *) erklärt nämlich Herr Bar-
rande bei der Mittheilung der allgemeinen Beziehungen zwischen den Colonien
„Haidinger“ und „Krejcf“ (Seite 616), dass „die eine und die andere“
dieser Colonien „in concor danter Lagerung zwischen die Schichten
der mächtigen Formation der graugelblichen Schiefer db, welche
die Quarzit-EtageD abschliessen, eingeschaltet sind.“ Insbesondere
theilt Herr Barrande bei Beschreibung der „Colonie Haidinger“ (a a. 0.
Seite 620) mit, indem er die Reihenfolge der Schichten nach einem Durch-
schnitte der Colonie anführt, dass „dieser Durchschnitt, am Punkte der grössten
Mächtigkeit genommen, um so leichter zu messen sei, als die Colonie an
dieser Stelle von einem sehr tiefen Graben durchschnitten wird,
an dessen Gehänge man sehr deutlich alle Schichten regelmässig,
unter einem Winkel von ungefähr 45 Graden, gegen das Innere
des Hügels, einfallen sieht“. Herr Barrande fährt fort: „Indem wir
diesen und alle übrigen Gräben, welche diese Abdachung durchschneiden,
aufmerksam studirten, ist es uns unmöglich gewesen, daselbst die
mindeste Spur irgend welcher Störung in der Regelmässigkeit
der Lagerung zu entdecken.“
Ich übergehe die Detailbeschreibung, welche Herr Barrande von den
Colonien „Haidinger“ und „Krejcf“ gibt, die Vergleichung derselben unter
einander und mit der Colonie „Zippe“, und die die Fülle paläontologischer
Kenntnisse, welche Herrn Barrande auszeichnet, bekräftigende Vergleichung
der Fauna der „Colonien“ mit der Fauna aller bekannten Silurablagerungen, und
gehe zur Hauptsache über, zur Erklärung nämlich, welche Herr Barrande
(a. a. 0. Seite 658) von den Colonien Böhmens gibt. Er sagt daselbst:
„Wir nehmen an, dass während der Zeitperiode, welche in Böhmen durch
die zweite Fauna gemessen wird, unsere dritte Fauna in mehr oder minder ent-
fernten Gewässern zu existiren begonnen habe; jedoch nicht in der Vollständig-
keit ihrer Entwicklung, nicht einmal in dem ganzen Reichthum ihrer ersten, in
unserer Etage E vertretenen Phase, sondern mit einer gewissen Anzahl von
Formen verschiedener Classen, welche die ersten Elemente ihrer zoologischen
Entwicklung bilden. Zwischen Böhmen und diesen unbekannten Gewässern
sind während der zweiten Hälfte der Dauer der zweiten Fauna zufällige Ver-
bindungen eröffnet worden. In Folge des Zusammentreffens günstiger Umstände
sind eine gewisse Anzahl von Species der driften Fauna zu wiederholten Malen
in unser Becken eingezogen, und haben sich daselbst an beschränkten Orten,
weiche zweifellos ihrer Existenz am zuträglichsten waren, niedergelassen. Sie
haben daselbst während einer gewissen Zeit gelebt, ohne sich im Allgemeinen
0 Bulletin de la societe geologique de France , 2. Serie , t. XVII , p. 602 — seance du
4. Juin 1860.
ii. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft.
6
42
M. V. Lipoid.
[42]
mit den Formen der zweiten Fauna, welche die benachbarten Gewässer be-
wohnte, zu vermengen *). Indessen fand eine Vermengung ausnahmsweise an
einigen Punkten 2) Statt. Durch das Aufhören der günstigen Umstände , welche
wir vorausgesetzt haben, der zu ihrem Leben unerlässlichen Elemente beraubt,
sind die eingewanderten Species, das ist die Colonien, schnell ausgestorben.
Die beschränkten Niederlassungen, welche sie bewohnt hatten, wurden wieder
durch die gewöhnlichen Niederschläge der Etage D bedeckt, und die zweite
Fauna hat über ihnen, wie vor der Einwanderung, wieder ihre ausschliessliche
Herrschaft eingenommen.“
„Diese Erscheinungen würden sich mindestens dreimal wiederholt haben,
weil wir auf drei verschiedenen Horizonten Colonien finden: die tiefste gegen
die halbe Höhe dk, und die beiden andern in der Abtheilung d'\u
„Später ist die zweite Fauna gänzlich ausgestorben, wahrscheinlich in
Folge der grossen Ausbrüche von Grünsteinen, welche die ganze Oberfläche
unseres Beckens bedeckten. Als hierauf ähnliche Umstände, wie jene, welche
die Einwanderung der Colonien begünstiget hatten, in einem grösseren Maassstabe
eintraten, bemächtigte sich die dritte Fauna der verlassenen Gewässer Böhmens,
deren ganze Fläche sie nach und nach wieder bevölkerte. Es ist wichtig zu
bemerken, dass zur Zeit dieser allgemeinen Einwanderung, das ist an der Basis
der Etage E, die dritte Fauna, obschon mit vielen in den Colonien unbekannten
Species bereichert, noch weit entfernt war von dem Maximum ihrer ersten Phase,
welche sich allmählig in der Höhe dieser Etage mit einem Reichthum und mit
einer Mannigfaltigkeit von Formen entwickelte, welche bisher in der sibirischen
Welt ohne Gleichen dasteht.“
Diese Erklärung beruht, nach Herrn Barrande, hauptsächlich auf zwei
Vorstellungen, die da sind:
„1. Die theilweise Gleichzeitigkeit zweier Faunen, welche,
in ihrer Gesammtheit betrachtet, dennoch aufeinanderfolgend
sind.“
„2. Die wiederholten Wanderungen gewisser Species, um die
abwechselnden Erscheinungen derselben in einer und derselben
Gegend zu erklären.“
Die Ursa chen und die Umstände, welche diese Erscheinungen veran-
lasst haben, erörtert Herr Barrande (a. a. 0. Seite 660) folgender Art:
„Vergleicht man die Colonien mit der Basis der Etage E , so bemerkt man
auf diesen verschiedenen Horizonten das ähnliche Auftreten von Graptolithen-
schiefern, von mehr oder minder häufigen Kalksteinen, und von Grünsteinlagern.
Da die Graptolithenschiefer und die Kalksteine keinen Bestandtheil der Nieder-
schläge bilden, welche unsere Etage D zusammensetzen, ausser bei den Colo-
nien, so folgern wir daraus, dass dieselben durch neue Ströme und Zuflüsse,
welche aus anderen Gegenden kamen, als woher bis dahin die andern Nieder-
schläge geliefert wurden, in unser Becken eingeführt worden sind. Dieser
Schluss findet vor Allem auf die Kalksteine Anwendung, welche in der ganzen
Mächtigkeit der Etage D nur in unseren Colonien beobachtet werden können.
Aber welche Umstände konnten in unser Becken jene neuen Ströme und Zuflüsse
eingeführt haben, welche die zarte Masse der Graptolithenschiefer mit sich
!) Wie ich schon oben in der „Einleitung“ erwähnte, fand eine Mengung der zweiten
Fauna mit der dritten bei den Colonien „Haidinger“ und „Krejci“ nach Herrn Bar-
rande’s eigenen Angaben nicht Statt.
3) Bezieht sich auf die Colonie „Zippe“.
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien" in der Silur-Formation Böhmens.
43
[43]
führten, und kohlensauren Kalk aufgelöst enthielten?" — „Offenbar könn-
ten diese Umstände in einem seht* natürlichen Zusammenhänge sein mit den
Ausbrüchen von Grünsteinen, welche in denselben Epochen Statt hatten. In der
That lehren uns die Beobachtungen in vulcanischen Gegenden, dass, sobald der
Boden einer Gegend genöthigt ist sich zu öffnen, um den Strömen der feurigen
Materie einen Ausweg zu gewähren, die Oberfläche dieses Bodens Verschiebungen
und Schwankungen ausgesetzt ist, welche eben so im Grunde des Meeres wie
im Niveau der gehobenen Erdstriche Veränderungen hervorbringen. Aehnliche
Schwankungen, welche die gewöhnliche Neigung der Oberfläche verändern,
können leicht in ein Becken neue Zuflüsse einführen; oder sie können mit
benachbarten Meeren Verbindungswege eröffnen, erweitern oder vertiefen, in
der Art, dass Ströme hineingeleitet werden, welche bis dahin von den fraglichen
Gewässern ausgeschlossen waren. — Kurz, die beständige Gegenwart von
Graptolithenschiefern , Kalken und Grünsteinen in den Colonien, so wie an der
Basis der Etage E führt uns dahin, die Umstände, welche die Einwanderungen
begünstiget haben , in folgenden allgemeinen Ausdrücken zusammen zu fassen:
„Schwankungen des Bodens und Einführung fremd artiger Nieder-
schläge mit Hilfe neuer Zuflüsse und Ströme unter dem allge-
meinen Einflüsse plutonischer Erscheinungen".
Ich habe im Vorhergehenden Herrn Ba rr an de's Theorie über die Colonien
mit dessen eigenen Worten wiedergegeben , um dessen Ansicht hierüber getreu
auszudrücken. Es würde mich jedoch zu weit führen, wollte ich die mehreren
sinn- und geistreichen Beweise anführen , durch welche Herr Barrande seine
Theorie zu bekräftigen und die gegen dieselbe erhobenen Einwendungen zu
beheben sucht. Während ich daher bezüglich der weiteren Erörterungen Herrn
Barrande’s über die Colonien auf dessen Abhandlung hierüber verweise, bin
ich dennoch bemüssigt, seiner Theorie einige au f Th atsac hen gegründete
Bedenken entgegen zu stellen.
Vorerst sind es die bei den Colonien statthabenden L agerungs Verhält-
nisse, welche der Theorie des Herrn Barrande’s entgegentreten. Ich stimme
nämlich vollkommen der Ansicht des Herrn Vicomte d’Archiac *) hei, wenn er
in der „Histoire des pro gr es de la geologie, T. V, p. 7" als einen auf That-
sachen gestützten Grundsatz der Paläontologie hinstellt, „dass die Organismen
ohne Unterlass sich derart veränderten, dass eine und dieselbe Fauna
sich niemals wiederholt habe", und wenn er erklärt, er könne Aus-
nahmen von diesem Gesetze so lange nicht zugeben als dieselben nicht in
vollkommen regulären, horizontalen oder in ihrer ursprüng-
lichen Lagerung nicht gestörten Terrains beobachtet worden
sind. Letztere Anforderung muss man bei den „Colonien" am Südrande des böh-
mischen Silurbeckens um so mehr stellen, als einerseits die Ablagerungen der
Colonien (Grünsteine und Graptolithenschiefer) mit den Gesteinsarten der normal
gelagerten „Littener Schichten", das ist mit den an der Basis der Etage E
des Herrn Barrande vorkommenden Gesteinsarten petrographisch voll-
kommen identisch sind, und als andererseits in den Colonien keine anderen,
sondern ausschliesslich nur solche und speci fisch ganz gleiche Fossilien
vorgefunden werden, welche zugleich in den „Littener Schichten" an der er-
wähnten Basis der Etage E auftreten, und als aus diesem Grunde jeder Geologe
sich gewiss berechtiget halten wird, a priori anzunehmen, dass die Colonien und
die „normalen" Littener Schichten gleichzeitige Bildungen sind. Das Gegen-
O „B a r r a n d e" a. a. 0. Seite 602.
6*
44
M. V. Lipoid.
[44]
theil könnte nur durch klare Lagerungsverhältnisse , und durch evident
normale und ungestörte Z wisch enlagerungen der colonialen Schich-
ten zwischen den älteren untersilurischen Schichten bewiesen werden.
Meine Untersuchungen der Colonien an der Südseite des böhmischen Silur-
beckens haben nun gerade das umgekehrte Resultat gehabt. Bei allen Colonien
nämlich, bei welchen die Lagerungsverhältnisse erhoben werden konnten, zeigten
sich offenbare Störungen und Dislocationen, welche die Gebirgs-
schichten erlitten hatten. Ich verweise diesbezüglich auf meine Beschreibung
der Colonien, insbesondere der beiden Colonien „Krejci“ und „Haidinger“. Bei
der Colonie „Krejci'“ gibt > Herr Barrande (a. a. 0. Seite 62 i ) selbst „eine
Bewegung des Bodens während der Bildung des Terrains, oder eine Unregel-
mässigkeit bei seiner Heb u ng“ zu. Hingegen behauptet Herr Barrande, wie
ich oben erwähnte, bei der Colonie „Haidinger“ die deutlichste Regelmässig-
keit in der Lagerung und nicht die mindeste Spur irgend welcher Stö-
rung in dieser Regelmässigkeit der Lagerung vor gefunden zu
haben, während ich daselbst laut meiner Beschreibung derColonie „Haidinger“
und des Profiles EF in Tafel II eine gewaltige Störung der Lagerung beob-
achtete. Dies ist nun freilich eine sehr wesentliche Streitfrage, die sich zwischen
mir und Herrn Bar ran de erhebt, aber es ist eine Streitfrage, deren Lösung
durch einen einzigen Besuch der Localität möglich ist, und deren Entscheidung
ich meinestheils sehr gerne jedem unbefangenen Geologen anheimstelle. Was
mich betrifft, so kann ich in der That die Lagerung der Schichten, wie
sie sich in dem ersten östlichen Graben (II. Karte), in welchem die Colonie
„Haidinger“ erscheint, darstellt, als eine regelmässige nicht anerkennen,
indem daselbst auf den wenig geneigten fast horizontal liegenden
Kossower Schichten die „Colonie“ lagert, und unmittelbar über derselben die
Königshofer Schichten eine steil aufgerichtete, zum Theil saigere
Schichtenstellung besitzen.
Ich muss daher bei der Beurtheilung der Theorie des Herrn Barrande
über die „Colonien“ von derThatsache ausgehen, dass die Lagerung
der Colonien keine regelmässigeund concordante, sondern eine
gestörteist. Durch diese Thatsache wird aber die wichtigste Voraus-
setzung, auf welcher die Theorie des Herrn Barrande beruhet, als irrig
nachgewiesen, und die Basis, auf welcher Herr Barrande seine Theorie über
die „Colonien“ aufgebaut hat, muss als haltlos und zerstört angesehen werden.
Ist aber die Basis zerstört, so muss auch das ganze darauf ruhende Gebäude
schwanken, das heisst, sind die Voraussetzungen irrig, welche Herr Barrande
seiner Theorie unterlegte, so können auch die daraus gezogenen Folgerungen
auf eine Wahrscheinlichkeit keinen Anspruch machen.
An sich genügt diese einzige so eben erwähnte Nachweisung, dass die
„Colonien“ keine concordante Lagerung besitzen, um die Theorie
des Herrn Barrand e über die „Colonien“ als ihrer Grundlage beraubt, und
somit als wid e r 1 egt zu betrachten, und ich könnte füglich weitere Erörte-
rungen hierüber übergehen. Dennoch will ich noch einige kurze Bemerkungen
beifügen, welche, wenn auch nicht einzeln die Theorie des Herrn Barrande
zu widerlegen, dennoch höchst bedeutsame Bedenken gegen dieselbe rege zu
machen im Stande sind.
Wiekommt es, dass die Colonien nicht tief in das Gebirge
eingreifen, sondern sich sehr bald nach dem Verflachen auskeilen oder
abgeschnitteji werden, wie dies bei den Colonien „Haidinger“, „Radotin“,
„Kosorff, „Cernositz“, „Wonoklas“ und „Karlik“ als erwiesen vorliegt? Da die
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
45
[«]
Einwanderung der colonialen Fauna von Süden her nicht stattfinden konnte,
weil sich die fraglichen Colonien am Südrande der obersilurischen Ablagerungen
befinden, so konnte diese Einwanderung nur von Norden, oder wie Herr
Barrande in seinem „ Systeme silurien “ annimmt, von Nordosten her Platz
greifen, und da sollte man doch meinen, dass die durch Ströme von Nord her-
beigeführten colonialen Ablagerungen sich eben in der nördlichen Richtung
des Einfallens weiter in das Innere des Beckens verbreiten sollten! Dass dieses
Auskeilen und Abschneiden der colonialen Schichten nach dem Verflachen eine
Folge späterer Dislocatio nen sei, wird Herr Barrande wohl nicht
zugeben, weil er dadurch seiner Theorie selbst die Grundstütze wegnähme, und
weil sich sodann die colonialen Erscheinungen viel einfacher und natürlicher
ohne Zuhilfenahme einer neuen Theorie, wie ich es gethan habe, aus den Lage-
rungsverhältnissen, eben als eine Folge von späteren Dislocationen, welche das
Terrain erlitt, erklären lassen.
Herrßarrande bemerkt weiter, dass nach einer mindestens dreimal
wied erhol ten Ein-und Auswanderung der colonialen (dritten) Fauna die zweite
Fauna endlich gänzlich ausgestorben sei, wahrs cheinlich in Fol ge
der grossen Ausbrüche von Grünsteinen, welche die ganze Oberfläche
des Beckens bedeckten. Gewiss, sind auch die Grünsteinausbrüche vielleicht
nicht gerade die unmittelbare Ursache des gänzlichen Aussterbens der zweiten
Fauna gewesen, so lässt sich doch nicht bezweifeln, dass die Ausbrüche der
Grünsteine und die Bildung der Graptolithenschiefer in einer unmittelbaren Wech-
selwirkung und in einem innigen Zusammenhänge mit den Ursachen gestanden
haben mussten, welche das gänzliche Erlöschen der zweiten Fauna zur Folge
hatten. Nun fragt es sich aber, warum ist die zweite Fauna nicht
sogleich das erste Mal, als die coloniale dritte Fauna in Folge von
Grünsteinausbrüchen und Bildung von Graptolithenschiefern
einwanderte, das ist zur Zeit der Entstehung der „Colonien", welche doch
die gleichen Grünsteine, wie sie an der Basis der Etage E auftreten, führen,
gänzlich ausgestorben? Warum haben die Fossilien, welche zur Zeit, als
die Bildung der ersten Colonien am Südrande des böhmischen Silurbeckens
(Colonie „Haidinger“) begann, lebten, nämlich die Fossilien der Königshofer und
Kossower Schichten, un verkümmert fortgelebt, wie es nach Herrn Barrande
die Fossilien der zwischen den Colonien „Haidinger“ und „Krejci“ auftre-
tenden Königshofer und Kossower Schichten darthun, — warum haben sie, ohne
auch nur die mindeste speci fische Veränderung zu erleiden, zwei-
mal eine Katastrophe überlebt, welche, wie wir vorausgesetzt haben
und vorauszusetzen berechtiget sind, bei Beginn der Ablagerung der „normalen“
Littener Schichten, das ist an der Basis der Etage E des Herrn Barrande, ihr
gänzliches Auss.terben zur Folge hatte? — Ich weiss, man wird mir ant-
worten: Weil die Grünsteinausbrüehe und die Bildung von Graptolithenschiefern
zur Zeit der colonialen Wanderungen nur local an einzelnen Punkten Statt
hatten, und sich nicht über das ganze böhmische Becken, wie später, aus-
dehnten, daher auch die „Colonien“ nur local vorgefunden werden, und linsen-
förmige Ablagerungen zwischen den untersilurischen Schichten bilden.
Abgesehen davon, dass sich letztere Annahme mit der Annahme des Herrn Bar-
rande, dass die colonialen Ablagerungen durch Ströme aus anderen Gewässern
und Gegenden dem böhmischen Becken zugeführt wurden, nicht wohl verein-
baren lasse, weil diese Ströme, von Norden oder Nordosten kommend, die
ganze Breite des Beckens passiren mussten, um an den südlichen Rand des-
selben zu gelangen, und die mit sich geführte Materie der Niederschläge doch
46
M. V. Lipoid.
m
nicht blos an den Rändern des Beckens, sondern auf ihrem ganzen Wege, im
ganzen Becken absetzen mussten; gibt diese Annahme dem folgenden viel
grösseren Bedenken den weitesten Spielraum. Wenn nämlich die coloniale
Fauna blos an beschränkten Localitäten, an einzelnen isolirten nicht
zusammenhängenden Punkten des böhmischen Beckens leben konnte und lebte,
und in derselben Zeit, wie Herr Barrande annimmt, die zweite Fauna die
benachbarten G ewässer bewohnte, so mussten die colonialen Niederlas-
sungen ringsum von Gewässern umgeben sein, in denen die zweite Fauna leben
konnte und lebte, das ist, man muss sich die coloniale Fauna allseits von der
zweiten Fauna umschwärmt denken. Ist es nun möglich bei den so nahen und so
vielen Berührungspunkten, in welchen die coloniale und die zweite Fauna zu
einander stehen mussten, sich eine andere Vorstellung zu machen, als dass die
beiden Faunen sich wenigstens an den Berührungspunkten mit einander ver-
mengten, und dass die Reste der colonialen und der zweiten Fauna mindestens
an den Grenzpunkten ihres Lebensbezirkes zahlreich mit einander vermischt in den
betreffenden Niederschlägen eingebacken wurden? Und dennoch ist von dem
Südrande des böhmischen Silurbeckens bisher eine solche Mischung der
colonialen und der zweiten Fauna, welche sich nach Obigem gerade an
den meist entblössten Rändern der Colonien im grossen Umfange deutlich zeigen
müsste, nirgends be obachtet worden!! Die „Colonien“ führen n u r Fos-
silien der dritten Fauna, die dazwischen liegenden Königshofer und Kossower
Schichten nur Fossilien der zweiten Fauna, und zwar die ersteren ganz die-
selben Formen, wie sie unverändert an der Basis der Etage E , das ist in
den Littener Schichten, wiederz ufind en sind, und die letzteren genau die-
selben Species von Thieren, welche die Königshofer und Kossower Schichten
überhaupt charakterisiren.
Die eben erwähnten Thatsachen, so wie sie einerseits die oben gegebene
Erklärung der colonialen Erscheinungen „aus den Lageru ngs Ver-
hältnissen“ besonders zu unterstützen befähigt sind , sind andererseits
sehr geeignet, gegen die Richtigkeit der Theorie des Herrn Barrande Zweifel
zu erregen. Es widerspricht nämlich allen bisherigen paläontologischen Erfah-
rungen und Grundsätzen, wenn man nach Herrn Barrande’s Ansinnen annimmt,
dass eine und dieselbe Fauna in ganz unverändertem Zustande mit den
ganz gleichen Species in weit von einander abstehenden Epochen sich
wiederholt habe, ohne in den zwischenliegenden Ablagerungen, — welche
eine ganz vers chi edene, aber auch mehrmals und stets in gleichen For-
men sich wiederholende Fauna enthält, — auch nur die mindeste Spur
ihres Daseins zu hinterlassen. Die Analogien, die aus anderen Terrains angeführt
werden, kann ich, wie ich später berühren werde, nicht gelten lassen. Auch der
Umstand, dass die Etage E mehr Fossilien enthält, als die Colonien, kann obigen
Zweifel nicht mindern, denn es bleibt doch wahr, dass die Fauna der „Colonien“
sich in den tiefsten Schichten der Etage E, und zwar nur in diesen,
wiederholt, und es beirrt nicht, dass höhere Schichten der Etage E noch
andere Fossilreste aufnehmen. Man muss eben die Schichten der Etage E nicht
in ihrer Gesammtheit, sondern nur die Basis, das ist die tiefsten Schichten
der P]tage E, und zwar nur in derselben Mächtigkeit in Betracht ziehen,
in welcher ein oder die andere Colonie auftritt, — und man wird auch nur die-
selben Petrefacte in beiden finden. Wenigstens zweifle ich sehr, dass selbst
Herr Barrande zwischen den Species von Graptolithen, welche die Colonien
bewohnten, und jenen, welche in den tiefsten Schichten der Etage E auf-
treten, auch nur den mindesten Unterschied zu bezeichnen im Stande sein werde.
[47]
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
47
Ich habe übrigens oben wiederholt gezeigt, dass die grössere oder geringere
Anzahl von Petrefacten in einer Colonie auf die Erklärung der colonialen Erschei-
nungen aus den Lagerungsverhältnissen keinen Einfluss nimmt. Die kenntniss-
vollen Vergleichungen, die Herr Barrande in seiner neuesten Abhandlung
zwischen der colonialen Fauna und jener der Etage D und E und fremder Silur-
becken macht, und die scharfsinnigen Deductionen, welche derselbe aus diesen
Vergleichungen zu Gunsten seiner Theorie zieht, können daher die obberührte
Erklärungsart der Colonien nicht beirren, da sie, vermöge dieser Erklärungsart,
als blos von der wechselnden Mächtigkeit der Colonien, das ist von Zufällig-
keiten abhängig, nicht die Wesenheit der Colonien berühren. Dies der
Grund, dass ich mich über die bezeichneten Vergleichungen der Faunen und die
diesfäiligen Deductionen des Herrn Barrande, welche dessen Theorie,
vorausgesetzt, dass dieselbe anderweitig begründet und den
Lager ungsver hält nissen entsprechend befunden würde, ohne
Zweifel zu unterstützen geeignet wären, weiters in keine Erörterungen einlasse.
Sehen wir nun, in welcher Art sich andere Naturforscher über die
sibirischen „Colonien“ Böhmens aussprechen.
Herr Professor Dr. H. G. Bronn bespricht in seiner in der „Einleitung44
citirten gekrönten Preisschrift: „Untersuchungen über die Entwickelungsgesetze
der organischen Welt u. s. f.“ Seite 294 die „Anachronisehen Colonien44, als
welche er „ausnahmsweise Ansammlungen zahlreicher Arten eines
Terrains in beschränkten Oer tlichk eiten eines anderen durch
Zwischenschichten davon getrennten älteren oder jüngeren Ter-
rains“ bezeichnet, und zu welchen vorzugsweise die sibirischen ^Colonien“
Böhmens gezählt werden. Herr Dr. Bronn reproducirt die Thatsaehe und die
Erklärung der „Colonien“ Böhmens in der Art, wie sie Herr Barrande in
seinen ersten Bekanntmachungen über diese Colonien *) mitgetheilt hat. Er sagt:
„Sein (Herrn Barrande’s) silurisches Terrain E, worin die dritte Trilobiten-
Fauna vorzugsweise zur Ablagerung gekommen, besteht in Graptolithenschiefern
mit Kalksphäroiden. Dieselbe Gesteinsart nun hatte sich auch schon in
einem vertical wie horizontal sehr beschränkten Raume im unteren Theile
des sonst aus Quarziten bestehenden Terrains D, welches die zweite Silurfauna
enthält, in vorübergehender Weise zu bilden begonnen, sich in concor danter
Lagerung zwischen die übrigen abgesetzt, und einen Theil der dritten Fauna
in sich aufgenommen“ u. s. f.
Man sieht, dass Herr Dr. Bronn, so viel ich weiss, nicht aus eigener
Wahrnehmung, sondern eben nur gestützt auf Herrn Barrande’s Mittheilungen,
die wesentliche Thatsaehe, dass die Colonien sich „in eoncordanter Lage-
rung“ zwischen den Schichten des Terrains D befinden, als constatirt annimmt.
Ich brauche wohl kaum zu wiederholen, dass ich die Behauptung dieser That-
sache als auf einem Irrthum beruhend nachwies, und ich setze voraus, dass
der hochgelehrte Meister, wenn er, wie ich, die Ueberzeugung gewonnen, dass
die silurischen Colonien Böhmens nicht „concor da nt“ gelagert sind, Anstand
genommen hätte, Herrn Barrande’s Theorie über die „Colonien“ als Substrat
paläontologischer Betrachtungen zu benützen. Diese Voraussetzungen würden
mich eigentlich von weiteren Erörterungen über die „anachronisehen Colonien“
entbinden. Allein da Herr Dr. Bronn (a. a. 0. Seite 295 u. f.) mehrere den
0 Bull, geolog. 18 öl. VIII, 150 , 158.
48
M. V. Lipoid.
[48]
Colonien Böhmens „analoge Fälle“ anführt, und Herr Barrunde in seiner
neuesten Abhandlung über die Colonien auf diese „analogen Fälle“ ein ganz
besonderes Gewicht legt, so bin ich bemüssiget, diese „Analogien“ etwas
näher in’s Auge zu fassen.
Zwei der von Herrn Di*. Bronn angeführten „analogen Fälle“ betreffen
Steinkohlenpflanzen. Pflanzenreste sind wohl minder geeignet, mit Thier-
resten überhaupt in Vergleichungen gezogen zu werden, da sie im Allgemeinen
doch anderen Gesetzen folgen, als letztere, und da, wie Herr Dr. Bronn (a. a.
0. Seite 268) selbst bemerkt, „Pflanzen sich am wenigsten an bestimmte Etagen
des Gebirges binden zu wollen scheinen“. Ich hebe daher blos den wichtigsten
von Herrn Dr. Bronn angeführten und von Herrn Barrande benützten analogen
Fall, welcher dem Oolith Englands entnommen ist, hervor, und bezeichne die
Thatsachen, wie sie Herr Dr. Bronn mittheilt.
Nach Lycett, Morris und Brodie besitzen nämlich ein oberer Theil des
Gross-Ooliths von Minchinghampton in England und der Unter -Oolith von
Leckhampton, und zwar dessen „ Fimbria “ und „ Freestone “ Schichten, eine
grosse Aehn lichkeit sowohl in der Mineral-Natur, wie in den organischen
Resten. Von 265 Arten des Gross-Ooliths sind demselben 64 Arten mit den
Freestone-Schichten des Unter-Ooliths gemein. „Die fossilen Arten des Unter-
Ooliths von Leckhampton sind jedoch alle auffallend klein“, — „auch
jene, welche ihm mit dem Gross-Oolith daselbst und zu Minchinghampton
gemein sind“. — „Im Ganzen fehlen die meisten der aus dem Freestone und
der Fimbria -Schicht in den Gross-Oolith übergehenden Arten in den Zwischen-
schichten gänzlich, und die wenigen, Avelche sich auch in ihnen ei n-
finden, erleiden meistens bedeutende Veränderungen in Form und Oberflächen-
beschaffer^heit und eine Verminderung ihrer Grösse“. Nach Buckmann wieder-
holt sich diese Erscheinung mit dem Cornbrash im Ober-Oolith von Cirencester
in Gloucestershire. „Dieser Cornbrash enthält daselbst 65 fossile Arten,
wovon 21 mit Arten des Unter-Oolith und selbst mit solchen identisch sind,
welche charakteristisch für ihn gelten. — Alle diese Arten finden sich nur mit
wenigen Ausnahmen nicht in dem dazwischen liegenden Gross-Oolith.“
Vergleichen wir die oben angeführten Thatsachen aus dem englischen
Oolith mit den entsprechenden Thatsachen aus den silurisehen „Colonien“ an
der Südseite des Silurbeckens Böhmens, so finden wir sehr erhebliche
Unterschiede zwischen beiden, und zwar:
1. Die Schichten des Gross-Oolith und die Eimbria- und Freestone-Schich-
ten besitzen in soferne eine Aehnlichkeit, als beide k al kiger Natur sind.
Die Grünsteine und Graptolithenschiefer der erwähnten „Colonien“ hingegen sind
in ihren lithologischen Merkmalen mit den Grünsteinen und Graptolithenschiefern
an der Basis der Etage E nicht nur ä h n 1 i c h, sondern vollkommen identisch.
2. Die Fimbria- und Freestone-Schichten haben ausser denjenigen Arten,
die man im Gross-Oolith findet, noch ihre eigentümliche Fauna; nicht alle
Arten der ersteren kommen auch in dem letzteren wieder zum Vorschein. — Die
„Colonien“ Böhmens haben hingegen gar keine eigentümliche Fauna,
und alle Species, die in den Colonien gefunden werden, treten auch in den
Littener Schichten an der Basis der Etage E auf.
3. Die fossilen Arten, welche der Gross- und Unter-Oolith gemein haben,
sind im Unter-Oolith alle auffallend klein, im Vergleiche zu jenen des
Gross-Oolith. Dieser auffallende Unterschied in der Grösse derArten,
wenn auch nicht specifisch wesentlich, deutet dennoch auf eine Verschiedenheit
in der Lebensentwickelung hin. Zwischen den Species, welche die „Colonien“
[49] Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens. 49
Böhmens und die Littener Schichten an der Basis der Etage E gemein haben,
ist dagegen auch nicht der mindeste Unterschied wahrzunehmen.
4. Die Schichten des „Cornbrash“, „Gross-Oolith“ und „Freestone“,
welche gemeinsame Fossilarten führen, gehören nach Sir Charles Lyell min-
destens einer und derselben, nämlich der unteren Abtheil ung des Ooliths
an. — Die „Colonien Böhmens“ dagegen treten in der unteren Abtheilung des
Silursystems, welche von der ZAveiten Fauna des Herrn Barr and e bewohnt
wird, auf, während die gemeinsamen Arten in den Littener Schichten an der
Basis der Etage E schon die dritte Fauna in der oberen Abtheilung des
Systems charakterisiren.
fi. Die dem „Cornbrash“ und „Gross-Oolith“ einerseits, und dem „Unter-
sten Oolith“ andererseits gemeinsamen Arten finden sich, wenn auch nur als
Ausnahmen, in veränderter Form oder verminderter Grösse, dennoch in einer
geringen Zahl auch in den Zwischenschichten vor. Diese „wenigen“
in d e n Zwisch enschichten vorfindigen, von den vielen gemeinsamen
Arten genügen, wenigstens einen natürlichen Zusammenhang zwischen den
gemeinsamen Arten im untersten Oolith, und im Gross-Oolith und „Cornbrash“
anzudeuten. — Die zwischen den „Colonien“ Böhmens und den Littener Schich-
ten an der Basis der Etage E befindlichen Zwischenschichten (Königshofer
und Kossower Schichten) dagegen besitzen auch nicht die mindeste
Spur von Fossilien der dritten Fauna, welche die Colonien und die Lit-
tener Schichten bewohnt. Es fehlt daher hier jeder natürliche Zusammenhang
zwischen den „Colonien“ und den Littener Schichten an der Basis der Etage E .
6. Verzeichnen wir die Reihenfolge der Schichten, wie dieselben, nach
Sir Ch. Lyell, im „Unter- Oolith“ unter dem „Oxford-Thon“ von oben nach
unten folgen :
a ) Cornbrash, Thon und kalkiger Sandstein, — und Forestmarble, thoniger
Kalkstein, sehr reich an marinen Fossilien;
b) Great-Oolite, muschelreicher Kalkstein, und Stonesfield-Schiefer, muschel-
reiche Kalksphäroide in Sand eingehüllt, nur 6 Fuss mächtig, mit einer
merkwürdigen Säugethierfauna ;
c) Fullers’-earth , thonige Ablagerung bei Bath, reich an kleinen Austern, —
fehlt in Nord-England;
d) Freestone, kalkige Schichten, wenig mächtig, mit Fimbria-Schichten, — -
darunter gelber Sand. Letzterer lagert auf dem „Lias“, der bei einem sehr
gleichförmigen, lithologischen Gepräge eine evident eigenthümliche Fauna
besitzt.
Wir sehen hieraus, dass im Englischen Oolith die Gebirgsschichten, welche
unter dem „Freestone“, ferner jene, welche zwischen dem „Freestone“ und
dem „Gross-Oolith“, oder zwischen dem „Freestone“ und dem „Cornbrash“,
endlich jene, welche über dem „Gross-Oolith“’ , beziehungsweise über dem
„Cornbrash“ liegen, sowohl in petrographischer, als auch in paläontologischer
Beziehung wesentlich von einander abweichen. Die Zwischenschichten,
welche die, eine gemeinsame Fauna enthaltenden „Freestones“ und „Gross-
Oolithe“, respective „Cornbrash“, trennen, sind also bezüglich ihres litholo-
gischen Charakters und bezüglich ihrer Fossilreste ganz verschieden von
den Schichten, welche im Liegenden des Freestone und im Han-
genden des Gross-Oolith, respective „Cornbrash“, Vorkommen.
Bei den Colonien an der Südseite des böhmischen Silurbeckens dagegen sind
sowohl die im Liegenden der südlicheren Colonien (Col. „Haidinger“), als
auch die zwischen diesen und den nördlicheren Colonien (Col.
K. k. geologische Reichsaustalt. 12- Band, 1861 und 1862. I. Heit.
7
50
M. V. Lipoid.
[50]
„Krejci“), endlich auch die im Hangenden der letztgenannten Colonien zwischen
diesen und den Littener Schichten ander Basis der Elage E betind-
lichen Schichten nicht nur petrographisch, sondern auch bezüglich ihrer Fossil-
reste vo llkom men identisch. Nicht nur die Zwischenschichten, son-
dern auch die Liegend- und die Hangendschichten der Colonien bestehen
nämlich aus denselben Königshofer und Kossower Schichten mit den-
selben Fossilien der zweiten Fauna.
7. Bemerken wir endlich, dass die Zwischenschichten bei den böh-
mischen Colonien eine Mächtigkeit von mehreren Hundert Fuss, die
betreffenden „Zwischenschichten“ im englischen Oolith ab^r* nur eine ver-
hältnissmässig sehr geringe Mächtigkeit besitzen, und dass die Beproduc-
tion derselben Fauna im Oolith Englands nur einmal stattfand, im Silur-
becken Böhmens aber sich dieselbe Fauna mindestens dreimal wiederholt
haben müsse, so geben auch diese verschiedenartigen Umstände zu höchst bedenk-
lichen Betrachtungen Anlass.
Man wird es mir kaum verargen, dhss ich in Anbetracht der so vie 1-
fachen und so wesentlichen Unterschiede, welche zwischen den „ana-
chronischen Colonien“ des englischen Oolithes, und den „Colonien“ des Herrn
Barrande in der böhmischen Silurformation obwalten, die „An a 1 og i e“ zwischen
denselben als verschwindend, und in Folge dessen die Theorie des Herrn
Barrande über die „Colonien“ als beispiellos bezeichne. Da ich der genannten
Theorie wegen der natürlichen Erklärung, welche die Erscheinung der „Colo-
nien“ aus den Lagerungsverhältnissen zulässt, nicht beiptlichten kann, so ist es
natürlich, dass ich auch die Dichtigkeit der Schlüsse, welche Herr Dr. Bronn
aus den Thatsachen der „anachronischen Colonien“ zieht, in soweit sich diese
Schlüsse auf die „Colonien“ Böhmens stützen, in Zweifel ziehen muss.
Viel eingehender noch, als Herr Dr. Bronn, bespricht Sir Charles Lyell
in seinem ,, Supplement “ to the fiftli edition of a „ Manual of elementar y geo-
logy .“ Seite 29 u. f. die Theorie des Herrn Barr an de über die „Colonien“ des
böhmischen Silurbeckens. Da Sir Ch. Lyell in Allem und Jedem die Theorie
des Herrn Barrande vertheidigt, indem er die Richtigkeit der von Herrn Bar-
rande angeführten Thatsachen voraussetzt, so würde es genügen, zur Wider-
legung dieser Vertheidigung darauf hinzuweisen, dass ich im Vorhergehenden
dargethan habe, die von Herrn B a rra n d e angeführten Thatsachen, auf denen
die ganze Theorie beruht, seien nicht richtig. — Allein Sir Ch. Lyell
führt zur Unterstützung der Theorie des Herrn Barrande noch andere That-
sachen an, die gleichfalls einer Berichtigung bedürfen.
Wir lesen nämlich in dem berührten „ Supplement “ Seite 31 Folgendes *):
„Als der verstorbene Eduard Forbes diese Lehre von den Colonien com-
mentirte, bemerkte er, dass durch die Annahme derselben der Werth der Evidenz
organischer Reste als bestimmendes Moment für das Alter und die Aufeinander-
folge geologischer Formationen sehr vermindert werden dürfte, da diese Annahme
die Einführung einer Gruppe von Species in sich einschliesst, welche die Erfah-
rung uns gelehrt hat als normale Bestandtheile einer späteren verschiedenen
Formation zu betrachten, und welche nicht blos zwischen und mit der Fauna
einer früheren Stufe gemischt sind, sondern mitten darunter und doch gesondert
davon. Daher stellt Professor Forbes, während er zugleich die höchste Bewun-
Nach der Uebersetzung von Herrn Oralen Marschall, Achivar der k. k. geologischen
Reichsanstalt.
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
51
[S1]
derung über Barr and e’s Talent und Arbeiten ausdrückt, die Genauigkeit
der geologischen Thatsac he in Frage, indem er bemerkt, „„dass in einer
durch Erhebungen gestörten silurischen Gegend, wo die Schichten unter sehr
starken Winkeln geneigt sind, wo wahrscheinlich Verwerfungen und Verdre-
hungen derselben Vorkommen, sehr wohl Fälle dieser Art gefunden werden
dürften, welche Veranlassung geben, dass Schichten mit neueren Fossilien
unter und inmitten solcher liegen, die ältere Versteinerungen enthalten.““
Hätte mein verstorbener Freund aber die Nachbarschaft von Prag besucht, so
würde er erkannt haben, dass die dortigen Schichten sich nicht im Zu-
stande alpinischer Verwirrung befinden, und er würde sich bereitwillig
überzeugt haben, dass ein so fähiger Beobachter, wie Barrande, sich keines-
wegs täuschte. Wirklich ist die Ordnung der Ueberlagerung durchaus
nicht dunkel, und ausserdem gibt es in den Vorstädten Prag’s eine
Stelle, die ich untersuchte *), wo die eingeschobene Colonie-Formation E 1
auf eine Mächtigkeit von 6 Zoll reducirt ist, und wo sie nichts destoweniger
sich durch ihren organischen Inhalt deutlich unterscheidet, obgleich dort, wie
wir hätten vorausschicken können, eine leichte Vermischung der verschie-
denen Faunen stattfindet, da zwei Species von d* mit einer grossen Anzahl von
für E 1 charakteristischen Versteinerungen auftreten.“
Vorerst liegt’ irgend welcher Irrthum der Behauptung zu Grunde, dass Sir
Ch. Lyell die „Colo nie Zippe“ — denn nur diese liegt innerhalb der Stadt-
mauern Prag's in der sogenannten „Bruska“* 2), und zufolge der gegebenen
Beschreibung kann nur diese gemeint sein, — selbst „untersucht“ habe.
Die „Colonie Zippe“ ist seit ihrer Entdeckung durch Herrn Professor Zippe im
Jahre 1830 durch Skarp-Mauern verdeckt, und jeder Untersuchung unzu-
gänglich gemacht. Selbst Herr Bar ran de hat und konnte dieselbe niemals
persönlich in Augenschein nehmen.
Eben so als irrthümlich aber muss ich auch die Behauptung des hochge-
lehrten Sir Ch. Ly el l bezeichnen, dass „die dortigen Schichten sich nicht im
Zustande alpiner Verwirrung befinden“, und „dass die Ordnung der Ueberlage-
rung durchaus nicht dunkel“ sei, weil diese Behauptung zu der Meinung Anlass
geben könnte, dass die silurischen Schichten in Böhmen sich noch durchwegs in
ihrer normalen Lagerung befinden, oder wenigstens nur unerhebliche oder
unwesentliche Störungen erlitten hätten. Dieser Ansicht jedoch muss ich sehr
entschieden entgegentreten. Herr Barrande selbst scheint sie nicht zu theilen,
indem er in seinem Schreiben an Herrn Hofrath Haidinger vom 17. October *
1859 erklärt, „dass die „Colonien“ nichts gemein haben mit den so häufigen
Disl ocationen im silurischen Becken Böhmens.“
In der That genügt ein einziger Spaziergang von der „Kleinseite“ Prag's
am Fusse des Belvedere-Hügels nach dem linken Ufer des Moldauflusses abwärts
zum Dorfe Klein- Bubna, oder ein kleiner Ausflug auf den am rechten Ufer der
Moldau befindlichen „Kreuz-Berg“ bei Wolsan nächst Prag, um eine Einsicht in
die Lagerungsverhältnisse der silurischen Schichten zu erlangen. Am Fusse des
Belvedere-Hügels wird man wellenförmige Biegungen, Brüche, Verschiebungen,
und Faltungen der sehr schön entblössten Zahoraner Schichten (Bar.
beobachten können, wie man Aehnliches nicht allzu häufig in den Alpen findet.
Ebenso sieht man am Kreuzberge, durch Steinbrüche blossgelegt, Quarzite,
0 „wliich I examined.“
2 ) In den zwei Vorstädten Prag’s, Karolinenthal und Smichow, sind keine „Colonien“
bekannt geworden.
welche meines Erachtens den „Brda-Schichten“ (Bar. dz>) angehören, wenigstens
denselben petrographisch vollkommen identisch sind, kuppenförmig aus den
umgebenden Schiefern emporragen.
Es ist wohl auch natürlich, dass die wiederholten Ausbrüche von Por-
phyren und Grünsteinen an der B a si s der Bar ra n d e’schen Etagen D und E
Dislocationen der älteren Schichten im Gefolge haben und wiederholte Stö-
rungen derselben veranlassen mussten. Ich könnte aus eigener Erfahrung zahl-
reiche eclatante Beispiele solcher Störungen aus den untersiln rischen
Schichten Böhmens anführen, doch ich muss mich auf diese Angabe beschränken,
und will nur hervorheben, dass auch nach der Ablagerung der o b er si Iu-
ris chen Schichten in Böhmen noch sehr gewaltige Dislocationen der Gebirgs-
schichten Statt gehabt haben mussten. Beweis dessen sind die vielen Störungen,
welche man in den obersilu rischen Schichten, die Hluboceper Schichten
(Bar. H) mit inbegriffen, beobachten kann, und worüber uns Herr Director
J. Krejci'in seinem Berichte über die geologischen Arbeiten im Jahre 1859,
durch Profile erläutert, so lehrreiche und schöne Beispiele lieferte. Ein Blick
auf die geologische Karte Tafel I zeigt mitten zwischen Braniker Schichten
einen langen Streifen von Konepruser Schichten, der sich von Nordost über
Trebotow und Zaborinach B. nach Südost zieht. Dieser Streifen von Konepruser
Schichten deutet eine der mehreren Hebungsspalten an , welche man in den
obersilurisehen Schichten beobachtet, und es ist gewiss mehr als blosser Zufall,
dass diese Hebungsspalte genau dieselbe Richtung besitzt, wie die oben nach-
gewiesenen zwei Faltungslinien bei den Colonien an der Südseite des Silur-
beckens, und dass daher alle zu einander parallel sind. Ich will übrigens eine
Störung, welche ich selbst beobachtete , hier anführen, theils um Obiges zu
begründen, theils aber um zum Besuche der Loyalität jene Geologen anzueifern,
welche sich persönlich von den Dislocationen der Silurschichten Böhmens über-
zeugen wollen. Die Localität ist nämlich in nächster Nähe, und zwar kaum eine
halbe Meile von Prag entfernt, und befindet sich südlich von dieser Stadt am
linken Ufer der Moldau, und zwar neben dem Dorfe Hlubocep im „Prokopithale“.
Am westlichen Ende dieses Dorfes befindet sich eine tiefe Spalte in dem nörd-
lich vom Dorfe hinziehenden Kalksleinrücken, durch welche Spalte ein kleiner
Graben mündet. Nach dieser Spalte und dem kleinen Graben ist das beigefügte
Profil Fig. C von Süd nach Nord gezogen, welches keiner weiteren Erklärung
Fig. C.
Braniker Schickten.
(Barr. Etage G.' )
Hluboceper Schichten.
(Barr. Etage ff.)
bedarf, aber gewiss eine Störung darstellt, die nicht minder, wie die colonialen
Erscheinungen , zu irrigen Anschauungen Anlass geben könnte.
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
53
[«]
Ich glaube, und Sir Ch. Lvell scheint es selbst gefühlt zu haben, dass die
u n wider legbar bewiesene Thatsache, dass die Silurschichten Böhmens
dehr bedeutende und wiederholte Dislocationen erlitten haben, die Erklärung
ser colonialen Erscheinungen aus den blossen Lngerungsverhältnissen, wie die-
selbe von Herrn E. Forbes vermuthet, von Herrn Director J. Kre jci zuerst
beobachtet, und von mir im vorigen Abschnitte durchgeführt wurde, wo nicht zu
begründen, so doch zu bekräftigen und glaubwürdig zu machen vermag. Die
„Colonien“ an der Südseite des böhmischen Silurbeckens erscheinen nach dieser
Erklärung blos als „dislocirte“ Littener Schichten, aber sie treten daseibst in
den nordöstlichen Colonien „Haidinger“, „Krejcf“ u. s. f. fürwahr in einer Art
und unter Verhältnissen auf, die jeden Besucher im ersten Augenblicke frappiren
muss, und jene gewiss alpine Verwirrung der Schichten nicht ahnen lässt,
welche auch eine Verwirrung in langbewährte paläontologische Grundsätze zu
bringen drohte. Ist es doch auch mir eben so ergangen, und erst nach sorgsamer
Untersuchung eines weitläufigen Terrains gelungen, die bei den nordöstlichen
Colonien herrschende Verwirrung zu enträthseln, indem ich für die von Herrn
Krej ci versuchte Erklärung erst auf weiten Umwegen den jetzt, wie ich glaube,
evident vorliegenden Beweis ermitteln konnte, dass die nordöstlichen „Colo ni en“
nur eine Fortsetzung der Littener Schichten in der Umgebung von Litten, und
daher nichts als Ueberreste von durch Störungen der Gebirgsschichten
„dislocirten Littene r Schichten“ sind. Eben diese „alpine Verwirrung“
der Lagerungsverhältnisse bei den nordöstlichen Colonien lässt nichts Ueber-
rasehendes darin erblicken, dass Herr Barrande, dessen umfassenden und uner-
müdlichen Forschungen im böhmischen Silurbecken doch bisher vorwaltend den
Fossilresten und minder, wenigstens nicht in’s Detail, den Lagerungsverhältnissen
gewidmet gewesen sein mochten, diese Lagerungsverhältnisse zufällig irrig auf-
gefasst habe. Diese irrige Auffassung der Lagerungsverhältnisse bei den „Colo-
nien“, — vorausgesetzt, dass sie als solche erkannt wird, könnte
daher weder Herrn Barrande’s begründeten Ruf als eines der gewiegtesten
Naturforscher, noch dessen grosse Verdienste um die Kenntniss des böhmischen
Silurheckens schmälern, so wenig als die ersten und berühmtesten Meister in
der Geologie, welche unsere Alpen besuchten, ohne über die Lagerungsverhält-
nisse derselben vollkommen in's Reine zu kommen, desshalb auch nur im Minde-
sten von ihrem wohlverdienten Ruhme eingebiisst hätten.
Sir R. I. Murebison gibt in seiner berühmten neuesten,, Silur ia “ (1859)
Seite 400 in sehr kurzen Umrissen die Thatsachen und die Theorie der „Colo-
nien“ des Herrn B arrande bekannt. Bezüglich der Erklärung der „Colonien“
bemerkt derselbe:
„Einige Geologen wollen diese Thatsache durch die Abhängigkeit fossiler
| Thierarten von eigentümlichen Bedingungen erklären, indem sie, je nach den
Veränderungen des Meeresbodens erscheinen und verschwinden. Der einzige Unter-
schied zwischen dieser Ansicht und der von Herrn B arrande aufgestellten liegt
darin, dass er annimmt, seine alte „Colonie“ sei aus entfernten Meeren her ein-
! gewandert, in welchen seine dritte oder obere Silurfauna bereits in Blüthe stand,
indess, was mich betrifft, ich sie lieber als ein unterschiedenes und getrenntes
Auftreten ähnlicher Typen in demselben Gebiete betrachten möchte, so dass
beim ersten Auftreten die Festsetzung auf der bestimmten Stelle gleichsam
misslungen sei, beim zweiten aber die betreffenden Formen eine vollständige Ent-
wickelung erreicht hätten , als später diese Thiere wieder zum Vorschein
kamen.“
S4
M. V. Lipoid.
[W]
Da Sir R. I. Murchison keine neue Begründung der „Colonien“ gibt,
sondern nur die von Herrn Bar ran de initgetheilten Thatsachen und Gründe
verzeichnet, so genügt es, auf das hinzuweisen, was ich gegen Herrn Barrande's
Theorie im Vorhergehenden erörtert habe.
Es erübrigt mir noch, Einiges über dasjenige zu bemerken, was Herr Pro-
fessor Eduard Suess in seiner Abhandlung „Wohnsitze der Brachiopoden“
über die „Colonien“ des Herrn Bar ran de mittheilt. Diese Mittheilung ist älteren
Nachrichten des Herrn Barrande über die „Colonien“ entnommen, und enthält
daher einige wesentliche Irrthümer, welche Herr Barrand e selbst in seiner
neuesten Schrift über die „Colonien“ berichtigte. Dahin gehören die Thatsachen:
dass die Einlagerung der „Colonien“ nicht blos in „den sehr glimmerrei-
chen Schiefern </4“, sondern an der ganzen Südseite des böhmischen Silur-
beckens in den graugelblichen Schiefern d 5 Statt findet,
dass die „Colonien“ nicht blos aus „Schiefern mit Kalksphäroiden“, sondern
auch aus Grünsteinen bestehen, und
dass die Colonien nicht „vier eigen thümliche“ Arten von Thierresten
umschliessen, sondern gar keine eigentümlichen Species besitzen.
Auch ist es, um Missverständnissen vorzubeugen, wesentlich, zu bemerken,
dass die „vier mit der Stufe D übereinstimmenden Arten* sämmtlich
der „Colonie Zippe“ an der Nordseite des Beckens entnommen sind, und dass die
„Colonien“ an der Südseite des Beckens bisher keine Mengung der zweiten
mit der dritten Fauna zeigten.
Nach dieser kurzen Berichtigung will ich die höchst interessanten Resultate
und Schlüsse anführen, zu denen Herr Professor E. Suess durch seine scharf-
sinnigen Studien über die Wohnsitze der Brachiopoden rücksichtlich d er
„Colonien“ gelangt ist. Herr Suess setzt als feststehend voraus, dass
„Wesen der dritten (obersilurischen) Fauna bereits existirten, bevor die zweite
(die untersilurische) Bevölkerung vernichtet war“, — er sucht darzuthun, dass
in der Etage D „der litorale oder sublitorale Charakter“ vorherrsche,
während „die Brachiopoden der Colonien und jene der Stufe E die Kennzeichen
einer Bevölkerung tieferer Meeresstrecken an sichtragen“, — und er zieht
hieraus den Schluss, „dass die Colonien nicht durch Einwanderung aus früher
abgetrennten Meeresbecken, sondern lediglich durch Senkungen des Bodens
entstanden seien,“ und daher blos „Einschiebungen von Bildungen einer tieferen
Meereszone in solche einer seichteren Zoneff vorstellen.
Gewiss ist dies eine sehr natürliche Erklärung der Erscheinung der „Colo-
nien“, obschon auch der Erklärung des Herrn Professor Suess dieselben Beden-
ken, welche ich bereits der Theorie Herrn Barrande’s entgegenstellte, und zwar,
ich möchte sagen, in noch stärkerem Masse entgegentreten, die Bedenken nämlich,
die aus den Thatsachen entspringen, dass die „Colonien“ an der Südseite des
Silurbeckens nicht tief in das Gebirge eingreifen, sondern -sich nach dem Ver-
flachen aus keilen, und dass daselbst die Colonien bisher eine Beimischung
von Species der untersilurischen (zweiten) Fauna, die doch, wie schon Herr
E. Forb.es gewiss mit Recht bemerkte, vorausgesetzt werden müsse, nicht nacli-
weisen Hessen.
Uebrigens geht auch Herr Professor Suess, wie es aus seinen Mittheilungen
hervorgeht, von der Annahme aus, dass die Thatsache, die Colonien bilden
con.cor dante Zwischenlage rungen in den untersil uri sehen S chich-
4) Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. XXXIX. Band, 1860.
Ueber Herrn ßarrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
55
[öS]
ten, als erwiesen vorliege. Da ich oben den Nachweis geliefert habe, dass diese
Thatsache an der Südseite des böhmischen Silurbeckens nicht feststehe, viel-
mehr das Gegentheil davon beobachtet werde, so verlieren auch die rücksicht-
lich der böhmischen Colonien angeführten Schlüsse des Herrn S uess, so
wahr sie widrigenfalls wären, meines Erachtens ihre Berechtigung.
C, Colonien an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens.
In seinem Schreiben vom November 1859 4) an Herrn Hofrath Haidinger
erklärt Herr Professor E. Suess, nachdem er die an der Nordseite des böhmi-
schen Silurbeckens in der „Bruska“ in Prag befindliche „Colonie Zippe“ bespro-
chen hatte, Folgendes:
„Durch den Nachweis, dass man es an einer Stelle, nämlich an der
Bruska, sicher mit einer ursprünglichen Einlagerung, einer Colonie, und
nicht mit einer Schichtenstörung zu thun habe, ist wohl die Frage auch für die
anderen Punkte gelöst,“ — das ist, für die Colonien an der Südseite des Silur-
beckens.
Ich weiss nicht, ob man mir es gestatten wird, mich der gleichen Schluss-
folgerung in nachstehender Art zu bedienen :
Durch den Nachweis, dass man es an der Südseite des böhmi-
schen Silurbeckens sicher mit keinen ursp rü n gl i dien Einlage-
rungen, mit keinen Colonien, sondern mit Schichtenstörungen zu
thun habe, ist wohl die Frage auch für die an deren Punkte — an
der Nordseite des böhmischen Silurbeckens — gelöst.
Obschon dieser Schluss sehr viel Wahres an sich hat, so zweifle ich doch,
dass man mir ihn ohne Weiteres wird gelten lassen. So viel wird man jedoch
zugeben, dass, sobald man die colonialen Erscheinungen an der Südseite des
böhmischen Silurbeckens als blosse Folgen von Schichtenstörungen anerkennt,
man auch die Vermuthung nicht ausschliessen kann, dass die colonialen
Erscheinungen an der Nordseite desselben Beckens gleichfalls in Dislocationen
ihren Ursprung haben. Diese begründete Vermuthung könnte nur dadurch
geschwächt und beseitiget werden, wenn man durch offenbar und klar vorliegende
T h a t s a c h e n , aus vollkommen ungestörten und c o n c o r d a n t e n Lage-
rungsverhältnissen den unumstösslichen Nachweis liefern würde, dass die Colonien
an der Nordseite des Beckens unzweifelhaft ursprüngliche Einlagerungen
zwischen den untersilurischen Schichten bilden.
Dieser Nachweis liegt jedoch meines Erachtens nicht vor.
Von den an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens auftretenden
Colonien sind uns durch Herrn Barrande’s Schriften die Colonien „Motol“ und
„Zippe“ bekannt geworden. Nur die „Colonie Zippe“ hat Herr Bar ra n de in
seiner neuesten Abhandlung über die Colonien {Bull. a. a. 0. Seite 609)
einer eingehenden Erörterung unterzogen.
Die „Colonie Zippe“ bietet nun allerdings im Vergleiche mit den Colo-
nien an der Südseite des böhmischen Silurbeckens mehrere höchst wichtige
Eigenthümlichkeiten dar.
Unter diese Eigenthümlichkeiten gehört vor Allem der Umstand, dass sie —
nicht sichtbar, und jeder Untersuchung unzugänglich ist. Ihre Ent-
9 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, X. Jahrgang, Seite 481.
56
M. V. Lipoid.
r««]
deckung datirt aus dem Jahre 1830, als innerhalb der Mauern Prag's, und zwar
am linken Moldau-Ufer zwischen der „Kleinseite“ und dem „Belvedere“ an der
sogenannten „Bruska“ nach einem Hohlwege eine neue Strasse angelegt, und
hiebei zwischen Grauwackenschiefern und Grauwacken eine versteinerungsreiche
Kalksteinschichte entblösst wurde. Herr Professor Zippe, damals in Prag, hie-
von in Kenntniss gesetzt, verfügte sich an Ort und Stelle, und veranlasste eine
Aufsammlung der Kalksteinstücke, die im Museum aufbewahrt wurden, und spä-
ter zum Theil in Besitz des Herrn Barrande kamen. Die Stelle, wo diese
Kalksteinschichte aufgedeckt worden ist, wurde sodann zugemacht, durch Scarp-
mauern verdeckt und auch die Gehänge mit Rasen und Gesträuchen bekleidet,
so dass seit dem Jahre 1830 die Gesteinsschichten an der bet ref-
fen den Stelle nicht mehr sichtbar sind, und daher auch die Lagerungs-
verhältnisse nur damals von Herrn Professor Zippe, und seit der Zeit von
Niemandem untersucht und beobachtet wurden.
Herr Professor Zippe erklärt nun, „dass er den Durchschnitt der
erwähnten Kalkstein schichte gesehen, und die bestimmteUeber-
zeugung von ihrer Zwischen lagerung habe“, — und weiset die Idee
zurück, dass „in diese Local ität Kalkstein blocke durch eineDisIo-
c ati on gelan gt seien“.
Die eben erwähnte Kalksteinschichte wird nun als „Colonie Zippe“ bezeich-
net, und hierin liegt nach Herrn Barrande eine zweite Eigenthümlich-
keit dieser Colonie, dass sie nämlich nur aus einer nach der Angabe nicht
einmal einen Fuss mächtigen Schichte von Kalkstein besteht, während die
Colonien der Südseite des Beckens vorwaltend aus Grünsteinen und Graptolithen-
schiefern, zum Tlieile mit Kalksphäroiden zusammengesetzt sind. Ob die erwähnte
Kalksteinschichte unmittelbar nicht auch von „Graptolith e nschi efern“ um-
gebenist, muss ich als zweifelhaft hinstellen. Im Jahre 1830, als Herr Profes-
sor Zippe die Localität besichtigte, unterschied man im böhmischen Silurbecken
nur „Grauwackenschiefer,“ „Grauwackensandsteine,“ „Grauwacken“ u. s. f. Erst
später, als die Localität nicht mehr zugänglich war, sonderte Herr Barrande
die „Grauwackenschiefer,“ „Grauwacken“ u. s. f. nach paläoutologischen Merk-
malen in Etagen und Abtheilungen, und somit konnte Herr Zippe im Jahre 1830
auch nicht darauf seine Aufmerksamkeit richten, ob die die Kalksteinschichte
umgebenden Schiefer Herrn Barrande’s „sehr glimmerreiche Schiefer ö?4,“
oder „graugelbliche Schiefer rf5,“ oder „Graptolithenschiefer der Etagel?“ seien;
ihm waren alle diese Schiefer dazumal eben nur „Grauwackenschiefer“. Man wird
mir daher mindestens die Möglichkeit zugestehen, dass die „Grauwacken-
schiefer,“ welche die Kalksteinschichte zunächst begrenzen, wohl auch
„Graptolithenschiefer“ sein können.
Herr Barrande gibt auf Grundlage der Aussagen des Herrn Professors
Zippe seine, wie es scheint etwas erweiterte, nicht auf eigener Anschauung
beruhende Beschreibung der Colonie Zippe dahin ab, „dass eine Kalksteinschichte
von ungefähr 25 Centimeter von Schiefern und Quarziten in concordanter
Lagerung eingeschlossen ist, und mit denselben mit einer vollkommenen
Regelmässigkeit wechs ellagert“. Diese Schiefer und Quarzite gehören
nach Herrn Barrande’s Angaben seinen „sehr glimmerreichen Schiefern“ aus
der Abtheilung d 4 seiner untersilurischen Etage D , das ist, den „Zahoraner
Schichten“ an. Ich habe oben die Möglichkeit nachgewiesen, dass die „Colonie“
selbst nebst Kalksteinen auch Graptolithenschiefer führe, daher die die Kalk-
steinschichten zunächst umgebenden Schiefer nicht gerade nothwendig „sehr
glimmerreiche Schiefer dk “ sein müssen. Doch stehen in der Umgebung der
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
[57]
57
„Bruska44 mit Sicherheit die Zahoraner Schichten an, so dass es mit grosser
Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, — obwohl auch der Beweis
hiefür nicht vorliegt, — dass die Gesteine, welche die wie immer geartete
„Colonie44 im Weiteren begrenzen, den „Zahoraner Schichten44 angehören. In
dem Umstande nun, dass die „Colonie Zippe44 nicht innerhalb der Königshofer
und Kossower Schichten ( d 5), wie die Colonien an der Südseite des Beckens,
sondern höchst wahrscheinlich in den nächsttieferen Zahoraner Schichten (ö?4)
auftritt, finden wir eine dritte Eigentümlichkeit dieser Colonie.
Eine vierte und wohl die wichtigste Eigenthümlichkeit der „Colonie
Zippe44 ist es endlich, dass, während die Colonien an der Südseite des Beckens
nur Fossilien der dritten Fauna des Herrn Barrande enthalten, die genannte
Colonie eine Mengung der dritten (obersilurischen) mit der zweiten (unter-
silurischen) Fauna darbietet. Herr Barrande belehrt uns nämlich, dass er aus
den wenigen Kalksteinstücken, welche ihm von der „Colonie Zippe44 zugekommen
sind, 17 Species von Thieren gewonnen und bestimmt habe, darunter 4 Spe-
cies Trilobiten, welche für die zweite Fauna charakteristisch und in den
obersilurischen Ablagerungen nie beobachtet worden sind, und 13 Species,
theils Trilobiten, theils Brachiopoden, welche für die dritte Faun a
charakteristisch sind. Ich füge nur noch bei, dass ebenfalls Herr Barrande
uns mittheilt, dass die erwähnten 4 Trilobiten der zweiten Fauna zu den ver-
breitetsten Formen in verschiedenen Abtheilungen der Etage D gehören, und
sämmtlich nicht nur in der Abtheilung d'*, sondern auch in d er 0 b er ste n
Abtheilung db vorgefunden werden; — und eben so, dass auch die ober-
wähnten 13 Species der dritten Fauna, mit Ausnahme von zweien, unter die
Zahl derjenigen gehören, welche sich am gewöhnlichsten in der Etage E
vorfinden.
Ungeachtet nun Herr Barrande (a. a. 0. Seite 631) erklärt, dass „die
Colonie Zippe, aus einer einzigen Kaiklinse von 23 Centimeter Mächtigkeit beste-
hend, und regelmässig zwischen Schiefer- und Quarzitschichten, deren
Lagerung keine Störung erfahren hat, zwischengelagert, siegreich
den Bemühungen der ganzen wissenschaftlichen Welt Trotz bietet, die es ver-
suchen würde, die Gegenwart dieser Kalksteinschichte durch eine Dislocation
* zu erklären;44 — ungeachtet ich gewohnt bin, solchen kategorischen Aussprüchen
berühmter Autoy täten, in deren Reihe sonder Zweifel auch Herr Barrande
gehört, Rechnung zu tragen; — ungeachtet dessen scheue ich es nicht, meiner
Ueberzeugung einen bescheidenen Ausdruck zu geben mit der Behauptung:
a) dass der erforderliche überzeugen de Nachweis, die „Co-
lonie Zippe44 seieeineurspriingliche und concordanteEinlagerung
in den Zahoraner Schichten, nicht vor liege, — und
b ) dass auch bei dieser Colonie nicht nurdieVermuthung,
sondern sogar die Wahrscheinlichkeit für eine blosse Schichten-
störung spricht.
Ad a. Welcher Beweis über die concordante, regelmässige und allseits
ungestörte Einlagerung der „Colonie Zippe44 in den Zahoraner Schichten liegt
uns vor? — - Es ist einzig und allein die Aussage des Herrn Professors Zippe,
welcher im Jahre 1830 die seitdem unsichtbare Colonie gesehen hatte, und nun
erklärt, dass daselbst „eine Z wischenlagerung44 Statt finde. — Ist diese
Aussage genügend, um die beruhigende Ueberzeugung von der vollkom-
men ungestörten Einlagerung der Colonie in den Zahoraner Schichten zu
begründen? — Ich meinestheils muss diese Frage mit „Nein44 beantworten.
Ich könnte diese Ueberzeugung nur dann gewinnen, und den erforderlichen
8
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft.
58
M. V. Lipoid.
[58]
Beweis nur dann als genügend betrachten, wenn genau und verlässlich
angeführt und constatirt wäre, welches Streichen die coloniale Kalkstein-
schichte einerseits, und die Lieg en dschichten sowohl als die Ha ngend-
sehichten derselben andererseits besitzen, so wie welches die Ri cht u n g und
der Winkel des Ein fal lens jeder dieser drei Schichtengruppen, einzeln
genommen, sei, — und wenn es sich hiebei zeigen würde, dass nicht
nur das Streichen, sondern auch die Richturig und besonders der
Winkel des Einfalle ns der Kalkstein schichte und der Liegend-
und Hangendschichten vollkommen identisch, und auch nichtum
einen Grad von einander abweichend ist. Diese Forderung zu stellen
halte ich für vollkommen berechtigt, wenn man auf concordante Lage-
rungsverhältnisse gestützt eine weitreichende neue Theorie begründen
will.
Mir ist es nun durch Herrn Professor Zippe selbst mündlich bekannt gewor-
den, dass derselbe eine solche genaue Erhebung des Streichens und Verflä-
chens sämmtlicher drei Schichtengruppen nicht vorgenommen habe. Ich finde
es auch natürlich, dass sich der gelehrte Herr Professor im Jahre 1830, wo er noch
keine Ahnung davon haben konnte, von welcher Wichtigkeit die genaue Erhebung
der Lagerungsverhältnisse einstens sein würde, nicht in jene sub ti I e Un ter-
suchung der Lagerungsverhältnisse einliess, die bei so wichtigen Fragen, wie
jene der Colonien, absolut nothwendig ist. Ich begreife es sehr wohl, dass
Herr Professor Zippe sich damit begnügte, von dem Vorhandensein der petre-
factenreichen Kalksteinschichte in der Bruska an Ort und Stelle sich persönlich
zu überzeugen, und hiebei mit dem allgemeinen Eindrücke, dass die Kalkstein-
schichte in den umgebenden Schiefern eine „Ein- oder Z wischen! agerung“
bilde, sich zufrieden stellte, — ohne sich erst mit einer minutiösen detail-
lirten und abgesonderten Messung des Streichens und des Einfallswinkels
der Kalksteinschichte und ihrer Hangend- und Liegendschichten zu befassen,
und ohne die die Kalksteinschichte zunächst begrenzenden „Grauwackenschie-
fer“, die ihm im Vergleiche zum petrefactenreichen Kalksteine offenbar wenig
interessiren mochten, einer eingehenden Prüfung und Untersuchung zu
unterziehen, — Beweis dessen, dass von diesen „Grauwackenschiefern“ nichts
gesammelt wurde, und auch nichts in den Museen vorfindig ist.
Nun gebeich recht gerne zu, dass die ofterwähnte Kalksteinschichte in derBruska
nach dem gewöhnlichen Sprachgebr auche des Wortes eine „Ein-
oder Z wischenlagerung“ bilde, denn viele Geologen pflegen dieses Wort
nicht so stricte wie die Bergleute anzuwenden und überhaupt Gesteinsschichten,
die zwischen anderen liegen, ohne Rücksicht darauf, wie sie darin
liegen, selbst dann, wenn sie blos als „eingekeilt“ erscheinen, als „ein- oder
z wischengelagert“ zu bezeichnen. Bei der „Colonie Zippe“ handelt es sich
aber nicht blos darum, dass daselbst eine „Ein- oder Zwischenlagerung“
im Allgemeinen Statt habe, sondern es handelt sich hauptsächlich darum, wie
diese Zwischenlagerung beschaffen sei? ob sie in der That eine durch
genaue Messungen als vollkommen concordant bestimmte sei oder nicht?
Der Begriff einer „Ein- oder Zwischenlagerung“ wird von manchen Geo-
logen etwas zu weit ausgedehnt und hierauf von Anderen falsch interpretirt.
Hat doch Herr Barrande selbst die „Colonie Haidinger“, welche sehr leicht
zugänglich und prachtvoll entblösst ist, und welche derselbe gewiss mit dem
vollen Bewusstsein der Wichtigkeit des Zweckes, den er dabei verfolgte, unter-
sucht haben wird, als eine „concordante Ein- und Zwischenlagerung“
zwischen den untersilurischen Schichten erklärt, während meine mit dem Compass
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
[39]
59
und dem Winkelmesser vorgenommenen Untersuchungen nicht nur Abweichungen
im Streichen, sondern besonders höchst bedeutende Abweichungen im Ein-
fallen der Hangend- und Liegendschichten der Colonie nachwiesen und dadurch
den Beweis lieferten, dass die „Zwischenlagerung“, wenn man sie so nennen
will, eine „Einkeilung“ der colonialen Schichten involvire. Um so weniger kann
ich in der Erklärung des Herrn Professors Zippe, dass die nach ihm benannte
„Colonie“ an der Bruska, welche derselbe vor 30 Jahren ohne Ahnung ihrer
einstigen Wichtigkeit und daher ohne Vornahme detaillirter Messungen
besichtigte, eine „Zwischenlagerung“ bilde, den Beweis finden, dass diese
„Zwischenlagerung“ desshalb auch schon eine „regelmässige, con-
cordante“ und „ursprüngliche“ sei; der gelehrte Herr Professor selbst
sprach vielmehr mündlich gegen mich die Ansicht aus, dass sich die betreffende
Kalksteinschichte „aus keilen“ dürfte, da sie an dem gegenüberliegenden Ge-
hänge des Hohlweges nicht mehr vorzufinden war. Ich glaube daher, dass die
Herren Barr an de und Suess etwas zu weit gehen, wenn sie die vom Herrn
Professor Zippe ausgesprochene „Zwischenlagerung“ , ohne weiteres als
„regelmässig“, „concordant“und „ursprünglich“ bezeichnen, diese Eigenschaften
als erwiesen annehmen und darauf Theorien hauen. Wenn ich m eines-
teils nach dem Vorangeführten den überzeugenden Beweis davon, dass
die „Colonie Zippe“ eine ursprüngliche und eine concordante
Einlagerung in den Zahoraner Schichten bilde“, nicht vorliegend
finde, so will ich dadurch keineswegs den allbekannten umfassenden und gedie-
genen Forschungen des hochverdienten Herrn Professors Zippe im Gebiete der
Geologie Böhmens nahe treten. Ich war bemüssigt, um die Behauptung von
„Th at Sachen“ auf ihr richtiges Mass zurückzuführen, die Resultate seiner
Erhebungen in der Bruska einer Analyse zu unterziehen, und ich bin überzeugt,
dass der hochgelehrte Herr Professor mir diese Analyse zu Gute halten wird,
sobald er die Wichtigkeit und Tragweite derselben in Berücksichtigung zieht.
ad b). Nicht nur, dass die Thatsache, die „Colonie Zippe“ sei
ursprünglich und concor dant den Zahoraner Schichten zwischengelagert,
nicht erwiesen ist, muss ich vielmehr gegen den Bestand derselben gegründete
Zweifel erheben, wozu mich die nachstehenden thatsächlichen Umstände bestim-
men.
Untersucht man die Lagerungsverhältnisse der Gesteinsschichten, in so weit
sie in der Umgebung der Bruska an Entblössungen beobachtet werden
können, so zeigt sich nichts weniger als eine nur einigermassen anhaltende
Regelmässigkeit in der Lagerung, vielmehr bemerkt man allenthalben mehr oder
minder aufgerichtete Schichten, verschiedene Streichungsrichtungen und Ein-
fallswinkel und Störungen der Schichten jeder Art. Ich berufe mich hier auf
das, was ich bereits im zweiten Abschnitte über die Lagerungsverhältnisse am
Fusse des Belvederehügels, an dessen Gehänge die Localität
Bruska liegt, gesagt habe, wo sich Jedermann von den gewaltigen Störun-
gen überzeugen kann, welche die untersilurischen Schichten daselbst und somit
in der nächsten Nähe der „Colonie Zippe“ erlitten haben. Sollte nun
gerade die leider nicht sichtbare Partie der untersilurischen Schichten,
welche die „Colonie Zippe“ einschliesst, sich einer vollkommen ungestör-
ten Lagerung erfreuen? Liegt nicht vielmehr die Vermuthung, ja die grösste
Wahrscheinlichkeit sehr nahe, dass auch die eben genannten Schichten bei der
„Colonie Zippe“ an den allgemeinen Dislocationen der Schichten in der näch-
sten Umgebung Antheil genommen haben und somit auch bei der „Colonie
Zippe“ selbst irgend welche Störungen in der Lagerung vorhanden sind?
8 *
60
M. V. Lipoid.
[60]
Gehen wir weiter und untersuchen wir im Allgemeinen an der Nord-
seite des böhmischen Silurbeckens die Lagerungsverhältnisse der untersilu-
rischen Schichten, so belehrt uns ein Blick auf die geologische Karte dieses
Terrains, dass sich aus der Gegend von Beraun über Nueie gegen Motol ein Zug
von Brda-Schichten (Bar. d2) mitten zwischen jüngeren untersilurischen Schich-
ten kenntlich macht. Dieser von Südwest nach Nordost streichende Zug von
Brda-Schichten, dessen verlängerte weitere nordöstliche Fort-
setzung gerade über die Stadt Prag läuft, aber wegen der zwischen
Motol und Prag befindlichen Kreideablagerungen daselbst nicht zu Tag
tritt, deutet auf eine grossartige Hebungsspalte hin, in Folge welcher die tieferen
untersilurischen Schichten zwischen den höheren an Tag kamen. Wir finden
daher an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens in den untersilurischen
Schichten ähnliche, ja sogar nach ihrem Streichen parallele Hebungsspalten,
wie wir solche an der Südseite desselben Beckens in den Königshofer und
Kossower Schichten nachgewiesen haben. Dass eine solche Hebungsspalte von
sehr bedeutenden Dislocationen der Schichten umgeben sein müsse, lässt sich
wohl voraussetzen und Herr Barrande selbst weiset darauf hin, wenn er (a. a.
0. Seite 610) sagt: „die senkrechte Entfernung, welche diese Colonie“ d. i. die
Colonie Zippe“ von der Basis unserer oberen Abtheilung trennt, kann nicht
genau gemessen werden, aus Ursache von Dislocationen, welche das
Terrain erlitten hat“. Ist es nun nicht möglich oder sogar wahrscheinlich, dass
diese ähnliche und parallele Hebung der untersilurischen Schichten an der Nord-
seite des Beckens ähnliche coloniale Erscheinungen im Gefolge habe, wie sie
die Hebungslinien an der Südseite des Beckens begleiten? Ist.es nicht möglich
und sogar wahrscheinlich, dass die „Colonie Zippe“, welche sicherlich in der
Nähe, wo nicht inmitten der obberiihrten nördlichen Hebungsspalte liegt, am
Nordrande eine ähnliche Erscheinung sei, wie es die bereits beschriebenen
„Colonien“ an der Südseite des böhmischen Silurbeckens sind?
Die eben ausgesprochene Wahrscheinlichkeit tritt noch mehr und besonders ^
stark hervor, wenn man die von Herrn Barrande in seinem „ Systeme silurien “
angeführte, jedoch in seiner neuesten Schrift über die „Colonien“ nicht berück-
sichtigte „Colonie Motol“ in Betrachtung und in Berücksichtigung zieht.
Die „Colonie Motol“ befindet sich ebenfalls an der Nordseite des böhmischen
Silurbeckens, ungefähr i/2 Meile südwestlich von Prag nächst des Dorfes Motol.
Sie besteht aus Grünsteinen und Graptolithenschiefern mit Kalksphäroiden und
Kalkzwischenlagerungen, somit aus Littener Schichten, welche einen
ungefähr 2000 Klafter langen von Süd west nach Nordost streichenden isolirten
Zug mitten zwischen den untersilurischen Schichten bilden. Ich habe
rücksichtlich der Lagerungsverhältnisse der „Colonie Motol“ Folgendes erhoben.
Die die Colonie bildenden Grünsteine sind sehr mächtig entwickelt und
stehen in Motol selbst in steilen Felswänden an. An deren Nordseite findet
man oberhalb des letzten westlichen Hauses von Motol Graptolithenschiefer
angelagert, die bis oberhalb des Beranka-Wirthshauses in westlicher Bichtung
verfolgt werden können. Die unmittelbare nördliche Begrenzung der Grap-
tolithenschiefer ist nicht sichtbar, dagegen findet man nördlich von dem mit
Graptolithenschiefern überlagerten Grünsteinfelsen nächst des erwähnten letzten
Hauses von Motol in einem kleinen Wassereinrisse ausserordentlich zerklüftete,
zum Theil steil aufgerichtete, meist verworren gelagerte Schiefer der Zahoraner
oder vielleicht Königshofer Schichten, die sich höher und nördlicher flacher
lagern und am höchsten Punkte der Entblössung von Grünsteinen bedeckt zu sein
scheinen. Jedenfalls deutet die Art der Lagerungsverhältnisse dieser Schiefer
Ueber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
61
[61]
auf eine gewaltsame Hebung und Schichtenstörung hin. Nordöstlich von diesem
Punkte, und nördlich von dem Motoler herrschaftlichen Maierhofe und
somit nördlich von der Colonie in einer Entfernung von ungefähr 200 Klaftern
von der letztem und durch bebaute Felder von derselben getrennt, erhebt sich ein
kleiner Hügel, an dem Brd a -S chichten (Bar. d2) anstehen, welche einStreichen
nach Stunde 5 (0. 15°N.) und ein Verflachen mit 30 Graden nach Süden besitzen.
Eine vollkommen deutliche Lagerung der Littener Schichten der Colonie zeigt
sich in dem Hohlwege, der ein paar hundert Klafter östlich von dem erwähnten
Maierhofe in nordöstlicher Richtung von der Poststrasse ablenkt. Man sieht
dsfselbst unmittelbar den Grünsteinen aufgelagert die Graptolithenschiefer der
Littener Schichten mit Kalksphäroiden und Kalkzwischenlagen nach Stunde 3
(N. 0.) streichen, und unter 20 Graden nach Nordwesten einfallen. Nördlich
davon sind Entblössungen von Quarziten sichtbar, die flach zu liegen scheinen.
Endlich stehen östlich von der bezeichneten Stelle und östlich vom Dorfe Motol
an der Poststrasse selbst durch grosse Steinbrüche entblösst wieder Quarzite der
Brda-Schichten an, welche nach Stunde 2 — 4 (N. 30° 0. — 0. 30° N.) streichen
und mit 30 — 60 Grad, überhaupt sehr steil, nach Südosten einfallen. Diese
Quarzite befinden sich bereits südlich von dem Zuge der Motoler Colonie.
Wir finden demnach bei Motol die colonialen Schichten nach Nord-
westen, und — wenn auch nicht in unmittelbarer Berührung — sowohl im
Norden als im Süden von der Colonie die Brda-Schichten nach Südwesten, respec-
tive nach Süden, einfallen, und überdies zwischen der Colonie und den nörd-
lichen Brda-Schichten die Zahoraner oder Königshofer Schichten in einer offenbar
gestörten Lagerung. Von einer concordanten Zwischenlagerung, über-
haupt von einer regelmässigenEinlagerung der „Colonie Motol“ zwischen
den untersilurischen Schichten kann demnach keine Rede sein, diediscordante
Lagerung der Littener Schichten der Colonie liefert vielmehr den sicheren
Beweis, dass dieselben in Folge einer Dislocation, und zwar höchst wahrschein-
lich auch in F olge einer Faltung der untersilurischen Schichten, in ihre abnorme
Lage gelangt sind und zwischen die letzteren eingekeilt wurden. Die „Colonie
Motol“, welche Jedermann zugänglich ist und von Jedermann besichtiget
werden kann, bietet daher dieselben Erscheinungen dar, wie die „Colonien“ an
der Südseite des böhmischen Silurbeckens und man ist desshalb berechtiget, auf
die „Colonie Motol“ dieselbe Erklärungsweise wie bei den südlichen Colonien
anzuwenden, das heisst, dieselbe als eine durch Dislocationen bewirkte
Einkeilung von echten Littener Schichten zwischen untersilu-
rische Schichten zu betrachten.
Zieht man nun nach dem Streichen der „Colonie Motol“ eine Linie, so ist
es, wie auch Herr Krejcf in seiner obenangeführten Abhandlung erwähnt.,
gewiss höchst bedeutungsvoll, dass die Verlängerung dieser Linie in nord-
östlicher Richtung genau in die „Bruska“ in Prag, wo die „Colonie Zippe“
verdeckt ist, fällt!! Das Terrain zwischen beiden Colonien ist grösstentheils von
Kreidebildungen überlagert und bebaut, daher, leider! der Verfolgung der Colonie
Motol in nordöstlicher Richtung ungünstig. Sollte es aber wirklich ein blosser
Zufall sein, dass die „Colonie Zippe“ genau in der nordöstlichen Fortsetzung
der „Colonie Motol“ liegt, oder darf man nicht vielmehr in diesem Umstande
einen causalen Zusammenhang beider Colonien erblicken? Ist es nicht mehr als
wahrscheinlich, dass — so wie an der Südseite des böhmischen Silurbeckens die
isolirten Colonien sich als Fortsetzungen derselben dislocirten Littener Schich-
ten erwiesen haben — in ähnlicher Art an der Nordseite desselben Beckens die
„Colonie Zippe“ die nordöstliche Fortsetzung der „Colonie Motol“ bilde?
62
M. V. Lipoid.
[62]
Fassen wir das rücksichtlich der „Colonie Zippe“ bisher Gesagte zusammen,
nämlich, dass deren „concordante und ursprüngliche Einlagerung“ in den
Zahoraner Schichten nicht erwiesen ist, dass dieselbe sich in einem durch Dis-
locationen der Schichten sehr gestörten Terrain befindet, dass sie in der
Nähe oder innerhalb einer an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens erkennt-
lichen Hebungsspalte auftritt, und dass sie endlich genau in der nordöstlichen Fort-
setzung der „Colonie Motol“ liegt, an deren durch Störungen in den Gebirgs-
schichten bewirkten abnormen Lagerung nicht gezweifelt werden kann; so werden
wir wohl nicht nur zu der Vermuthung, sondern zu dem Ausspruche der
grössten Wahrscheinlichkeit berechtiget, dass auch bei der „Colonie
Zippe“ eine gestörte Lagerung Statt finde und sich daher deren
Erscheinung, wie die Erscheinung der anderen Colonie n, als
eine blosse Dislocation der Littener Schichten erklären lassen
dürfte.
Ich bin zwar den letzteren Ausspruch, so wie Herr Bar ran de das Gegen-
theil davon, zu beweisen nicht in der Lage, da die „Colonie Zippe“, wie
bemerkt, einer Untersuchung nicht zugänglich ist, und weiss sehr wohl, dass man
meiner Anschauung die Eigentümlichkeiten, welche die „Colonie Zippe“
darbietet, entgegen stellen wird. Diese Eigentümlichkeiten muss ich desshalb
einer besonderen Kritik unterziehen.
Was nun vorerst die Eigentümlichkeit der „Colonie Zippe“ betrifft, dass sie
nur aus einer einzigen einige Zolle mächtigen Kalksteinlinse
bestehe, so glaube ich mit demselben Rechte, vermöge welchem Herr
Barrande obige Behauptung aufstellt, die Behauptung aufstellen zu dürfen, dass
diese Kalksteinlinse von Graptolithenschiefern umgeben und daher die „Colonie
Zippe“ aus Graptolithenschiefern mit einer Kalk^wischenlage, das
ist aus Bestandteilen der „Littener Schichten“ zusammengesetzt sei. Wir
haben eben beide die „Colonie Zippe“ niemals gesehen und die „Grauwacken-
schiefer“, welche nach Herrn Professor Zippe die Kalksteinschichte begrenzen,
können, wie ich schon oben bemerkte, eben so gut „Graptolithenschiefer“, als
„graugelbliche Schiefer*/5“, oder — wie Herr Barrande meint — „sehr glim-
merreiche Schiefer </4“ sein. Durch die obige Behauptung des Herrn Barrande
allein, ohne deren Beweis, kann daher meiner Anschauungsweise über die
„Colonie Zippe“ kein Abbruch geschehen, vielmehr gewinnt letztere wenigstens
einigen Anhaltspunkt in dem Umstande, dass die „Colonie Motol“ ebenfalls Kalk-
steinschichten in Zwischenlagerung mit Graptolithenschiefern führt und die
Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die „Colonie Zippe“ nur die nord-
östliche Fortsetzung der „Colonie Motol“ sei.
DieselbeBewandtniss hat es mit der anderenEigenthümlichkeitder „Colonie
Zippe“, dass sie nämlich nicht wie die Colonien am Südrande des Beckens in den
Königshofer und Kossower Schichten, sondern in den ZahofanerSchichten
auftritt. Sie ist eben nicht mit voller Sicherheit erwiesen. Uebrigens enthielte
diese Eigenthümlichkeit, auch wenn sie erwiesen wäre, nichts Ueberraschendes
für den Fall, dass man die Lagerung der „Colonie Zippe“ als Folge einer
Schichtenstörung betrachtet, da man es sich ganz wohl vorstellen kann, dass bei
einer gewaltsamen Hebung der Schichten, wodurch die. Littener Schichten
zerissen und die tieferen untersilurischen Schichten an den Tag gebracht wurden,
ein Theil der Littener Schichten auch zwischen Zahoraner Schichten eingekeilt
worden sei. Hingegen muss ich bemerken, dass, wenn das Auftreten der
„Colonie Zippe“ in den Zahoraner Schichten als festgestellt angenommen
wird, und man zur Erklärung dieser Erscheinung die Theorie des Herrn Bar-
Heber Herrn Barrande’s „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
63
[63]
ran de in Anwendung bringt, sich dieser Erklärungsart der „Colonie Zippe“
sämmtliche Bedenken, welche ich gegen diese Theorie bei Beurtheilung der
Colonien an der Südseite des Silurbeckens namhaft machte, mit verdoppelter
Wucht entgegenstellen; um so mehr, da diese Erscheinung, nachdem auch
die an der Nordseite des Beckens befindliche „Colonie Motol“ sich , wie die
Colonien an der Südseite des Beckens, einfach als blosse Folge einer Dislocation
erklären lässt, in dem ganzen böhmischen Silurbecken als vollkom-
men vereinzelt dastehen würde. Es bedürfte in der That sehr über-
zeugender Beweismittel, um den Glauben zu rechtfertigen, dass eine Ein-
wanderung einer ob' ersilu rischen Fauna zu einer Zeit, wo die Ablagerung
der untersilurischen Schichten noch bei weitem nicht abgeschlossen war,
nur in ein so beschränktes Terrain, wie jenes an der Bruska, Statt gefun-
den habe.
Auch die wichtigste Eigentümlichkeit der „Colonie Zippe“ endlich, jene
nämlich, dass in ihr eine Mengung der obersilu rischen mit der untersilu-
rischen Fauna vorgefunden wird, besitzt eben so wenig eine Beweiskraft für
die Theorie des Herrn Barrande, als sie der gegenteiligen Ansicht entgegen-
steht.
Vor Allem muss ich wiederholen, dass, wie uns Herr Barr and e belehrt,
die vier Species der untersilurischen Fauna, welche die „Colonie
Zippe“ lieferte, zu den verbreitetsten der Etage D gehören und sämmt-
lich auch in den obersten Lagen db dieser Etage Vorkommen, somit auch am
Schlüsse der untersilurischen Ablagerungen oder unmittelbar vor
d em Beginne der obersilurischen Ablagerungen gelebt haben. Folgen wir
nun der sehr einleuchtend mit Thatsachen begründeten Ansicht des Herrn Pro-
fessors E. Suess, dass die untersilurischen Schichten in einem seichten,
und die obersilurischen in einem tiefen Meere abgelagert wurden, dass
demnach gegen den Schluss der untersilurischen und bei Beginn der obersilu-
rischen Ablagerungen eine Senkung des Meeresgrundes gegen die Mitte des
Beckens Statt fand, so erscheint es gewiss als etwas ganz Natürliches, wenn
man voraussetzt, dass einige wenige der verbreitetsten und noch lebenden
Formen der untersilurischen Fauna sich mit den gewöhnlichsten und zuerst
aufgetretenen Formen der obersilurischen Fauna vermengt haben und eben
an den Rändern der obersilurischen Ablagerungen vermischt und gemeinsam
in den Niederschlägen vergraben wurden. Braucht man also zur Erklärung der
Mengung der berührten zwei Faunen der Hypothese einer „Einwanderung aus
fremden Meeren?“ Konnte eine solche Mengung gerade nur bei einer eingewan-
derten „Colonie“ Statt haben? Keineswegs! Diese Mengung der beiden Faunen
erscheint eben so einleuchtend und erklärlich an den Rändern der untersilu-
rischen und obersilurischen Ablagerungen überhaupt. Diese ursprünglichen
„Ränder“ der obersilurischen Schichten sind nun freilich im böhmischen Silur-
becken theils nicht mehr in ihrer ursprünglichen Lage, theils zerstört worden.
Die Ränder der obersilurischen Schichten wurden nämlich, wie uns die
Erfahrung lehrt, durch Hebungen des Terrains, durch Faltungen der Schichten,
von der Hauptmasse der obersilurischen Schichten losgerissen und als isolirte
Partien (Colonien) zwischen untersilurische Schichten eingekeilt. Und ein
solcher von der Hauptmasse der obersilurischen Schichten durch Dislocationen
losgerissener und zwischen untersilurische Schichten eingekeilter „Rand“ der
obersilurischen Schichten ist meines Erachtens — die „Colonie Zippe“. — Bei
dieser wenigstens sehr wahrscheinlichen und ohne einer neuen Theorie
ganz gut erklärbaren Annahme lässt sich auch die höchst auffallende Erschei-
64
M. V. Lipoid.
[64]
nung, dass man an den ohne Berücksichtigung der „Colonien“ sichtbaren gegen-
wärtigen Rändern der obersilurischen Ablagerungen, in deren Schichten bisher
nirgends eine Mengung der ober- mit der untersilurischen Fauna wahrgenommen
hat, sehr wohl begreifen, denn vermöge obiger Annahme sind die gegenwär-
tigen Ränder der obersilurischen Ablagerung nicht mehr die ursprünglichen
Ränder derselben, sondern Ausgehende von Niederschlägen, die mehr gegen das
Innere des Beckens erfolgten, wo eine Mengung der Faunen nicht mehr Platz
griff. Dass man eine Mengung der ober- und untersilurischen Fauna bisher nur
bei der „Colonie Zippe“ und nicht auch bei den anderen Colonien vorfand, mag
wohl darin seinen Grund haben, dass diese Colonie vermöge ihrer localen Lage
gegen spätere Zerstörung am meisten geschützt war und uns noch einen Theil
des ehemaligen äussersten Randes der obersilurischen Schichten unversehrt auf-
bewahrt hat, während die übrigen offenliegenden und der Verwitterung und
Zerstörung preisgegebenen „Colonien“ ihren äussersten Rand schon längst
eingebüsst haben mögen. Indessen würde es nach Obigem Niemanden Wunder
nehmen können, wenn auch bei den übrigen „Colonien“ solche Mengungen der
ober- und untersilurischen Fauna, wie bei der „Colonie Zippe“, yorgefunden
würden, und nach meiner Ansicht bietet die „Colonie Motol“ die grösste Aussicht
dar zur Auffindung ähnlicher Mengungen der Faunen in den Kalksteinen der-
selben. Dass Herr Barrande die Fossilien des böhmischen Silurbeckens gewiss
im weitesten Umfange und im grössten Maassstabe ausgebeutet hat, schliesst die
Möglichkeit einer solchen Auffindung wohl nicht aus; sind ihm doch selbst erst
nach Verlauf von 16 Jahren Fossilien, die er als „den Colonien eigenthümlich“
betrachten musste, auch aus den normal gelagerten Littener Schichten bekannt
geworden.
Recapituliren wir nun in Kürze dasjenige, was ich im Vorhergehenden über
die Colonien an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens erörtert habe, so ’
ergibt sich aus den vorliegenden mitgetheilten Thatsachen, dass von den an der
Nordseite des erwähnten Beckens bisher bekannten Colonien „Motol“ und
„Zippe“, die „Colonie Motol“ ganz bestimmt, die „Colonie Zippe“ dagegen
höchst wahrscheinlich dieselben Erscheinungen darbieten, wie die Colonien an
der Südseite des böhmischen Silurbeckens, und dass daher die „Colonie
Motol“ zweifellos, die „Colonie Zippe“ dagegen höchst wahr-
scheinlich bl os aus „Littener Schichten“ bestehe, welche durch
Dislo cationen aus ihrer ursprünglichen Lagerung gebracht
wurden und dadurch zwischen untersilur ischeSchichten gelangt
sind.
Schlusswort.
Hiemit habe ich mich des Auftrages entlediget, welcher mir, wie ich im
„Vorworte“ angezeigt habe, von meinem hochverehrten Herrn Director zu Theil
geworden ist. Ich habe hiebei meine Ansichten über die „Colonien“ des böhmi-
schen Silurbeckens als Resultate dargestellt, wie sich dieselben aus That-
sachen, bezüglich aus Lagerungsverhältnissen, ergeben haben, welche ich selbst
beobachtete. Ich habe diese Th atsachen genau so bekannt gegeben, wie ich
sie erhoben habe und wie ich sie auffasste. Ich habe endlich die Localitäten
namhaft gemacht und möglichst genau beschrieben, wo ich die erwähnten
Ueber Herrn Barrande’s , Kolonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
65
[•*]
Thatsachen beobachtet habe. Weit entfernt davon, für meine Person eine abso-
lute Unfehlbarkeit in Anspruch nehmen zu wollen, darf ich dennoch hoffen, dass
die bezeichneten Thatsachen auch von anderen Geologen in derselben Weise,
wie von mir, werden aufgefasst werden. Den Schlüssen und Folgerungen, welche
ich aus den erhobenen Thatsachen zog, Anhang und Geltung zu verschaffen, liegt
weder in meiner Gewalt noch in dem Zwecke, den ich mit dieser Abhandlung
verfolgte. Es wird mich sehr erfreuen, wenn gewiegte Geologen sich den von
mir entwickelten Ansichten anschliessen , aber ich wünsche und erwarte eine
solche Beistimmung keineswegs auf meine Autorität hin, sondern auf Grundlage
der von mir namhaft gemachten Thatsachen, deren Untersuchung und Beurtei-
lung Jedermann offen steht.
Wenn ich dem noch einige Worte beifüge , so geschieht es , um die
eigentümliche Stellung zu bezeichnen , in welcher ich mich in der Frage
über die „Colonien“ Herrn Barrande gegenüber befand. Einerseits zwar kein
Paläontologe vom Fach, aber fest überzeugt von der Wichtigkeit der paläonto-
logischen Forschungen und von dem unermesslichen Nutzen, den dieselben den
geologischen Untersuchungen gewähren, andererseits jedoch die Zulässigkeit der
Bestimmung des Alters einer Gebirgsschichte aus den blossen Fossilresten, die
sie enthält, nur dann anerkennend, wenn die Altersfolge der Fossilreste selbst
vorher aus klaren Lagerungsverhältnissen der Schichten festgestellt wurde, —
war es mir gelungen , schon in dem ersten Sommer der Aufnahmen der k. k.
geologischen Beichsanstalt im Jahre 1850, stratigraphisch die Auflagerung der
gegenwärtig von uns so genannten Adnether Schichten (Lias), auf unsere gegen-
wärtigen KÖssener Schichten nachzuweisen *), während mehrere Localitäten der
letzteren, noch in Herrn Bergrath von Hauer’s Berichte „Ober die geognosti-
schen Verhältnisse des Nordabhanges der nordöstlichen Alpen zwischen Wien
und Salzburg“ als jünger, als unterer Oolith , aus paläontologischen Gründen
betrachtet wurden 2). Bei der Frage über die „Colonien“ befand ich mich
gerade in der entgegengesetzten Lage. Bekanntlich war es Herr Barrande,
welcher die Reihenfolge der Schichten des böhmischen Silurbeekens zuerst genau
eonstatirte, und uns die für jedes Terrain charakteristischen Fossilreste kennen
lehrte. In meinen Erörterungen über die „Colonien“ dieses Beckens war ich nun
bemüssigt, die von Herrn Bar rande selbst aufgestellte auf Lagerungsverhält-
nisse und auf Fossilreste basirte Reihenfolge der Schichten gegen ihn selbst
in so fern in Schutz zu nehmen, dass ich die Unzulässigkeit von Ausnahmen
von dieser Reihenfolge und zwar wieder aus den Lagerungsverhältnissen darzu-
thun suchte. Ist es mir nun gelungen, die Ueberzeugung von der Richtigkeit der
Ansichten über die Erscheinung der „Colonien“, wie solche schon von E. Forbes
vermuthet, von Herrn Bayle ausgesprochen 3), von Herrn Director J. Krejci
zuerst thatsächlich nachgewiesen, und von mir erörtert wurden, anzubahnen und
vollends zur Geltung zu bringen, so haben Herr Krejci und ich hiedurch im
Grunde zu dem glänzendsten Siege beigetragen, welchen Herr Barrande gegen
sich selbst und die Anhänger seiner Theorie über die „Colonien“ erfochten hat.
Denn ein Sieg ist es gewiss, wenn die von Herrn Bar rande angegebene Reihen-
folge der Schichten und die für jede Schichtengruppe bestimmte Fauna als uner-
schütterlich und ausnahmslos erkannt wird, und die durch die Theorie des
Herrn Barrande über die „Colonien“ jedenfalls in ihrer Geltung gefährdete
!) Jahrbuch der k. k. geologischen ReichsanstaR. I. 1850. S. 661.
2) Jahrbuch u. s. w. I. 1850. S. 39 u. 40.
3) Bull, de la Soc. Geol. de France. A. a. 0. S. 603.
K. k. geologische Reichsaiistalt. 12, Band, 1861 und 1862. 1. lieft.
9
66
M. V. Lipoid. Ueber Herrn Barrande's „Colonien“ in der Silur-Formation Böhmens.
[66]
Fauna wieder in ihre vollen Rechte eintritt. Dadurch ist, so hofFe ich, die Aner-
kennung der grossen Ergebnisse der Barrande’schen Forschungen in der
paläontologischen Charakterisirung der Schichten für immer gewonnen.
Die „Colonien“ und die tiefsten Schichten der Etage E des Herrn Barrande
stimmen lithologisch und paläontologisch vollkommen mit einander überein.
Man würde bei Annahme der Theorie des Herrn Barrande, wenn man z. B. auf
eine Partie von Schiefern mit Graptolithen träfe, deren umgebende Gesteine
nicht sichtbar sind, nie wissen, ob man bereits in der Etage JE, oder noch in der
Etage D sei. Ganz anders ist es nun wo der Beweis der Schichtenstörungen
durchgeführt ist; man weiss im obigen Falle ganz bestimmt, dass man es mit
obersilurischen Schichten zu thun hat und weiss, wenn fremdartige Schichten
mit denselben auftreten, dass an der betreffenden Stelle Störungen der Schichten
Statt gehabt haben.
Im Ganzen darf ich wohl die vorhergehende Auseinandersetzung, wenn ich
mich auch in der Theorie der Colonien ihm nicht anschliessen konnte, doch in
der weit wichtigeren Charakterisirung der Aufeinanderfolge der silurischen
Schichten als eine wahre Huldigung dem Forschungsgeiste und der Beharrlich-
keit des grossen Geologen und Paläontologen Joachim Barrande dargebracht
bezeichnen.
Die Aufeinanderfolge der Barrande’schen Schichten-Systeme, die Auf-
einanderfolge seiner Faunen hat sich glänzend bewährt, aber ohne Unterbre-
chung durch „Colonien“, deren Nichtexistenz in dem böhmischen Silurgebirge
ich in den wichtigsten Beispielen hinlänglich nachgewiesen zu haben glaube,
und wofür die zahlreichen Beweise, noch fortwährend der Beobachtung offen, am
Tage liegen.
Inhalt.
Seite
Vorwort 1
Einleitung 4
A. Beschreibung der Colonien an der Südseite des böhmischen Silurbeckens 10
Colonie „Krejci“ 11
„ „Haidinger“ 13
„ „Radotin“ 16
„ „Kosor 18
Colonien „Cernositz“ 18
Colonie „Wonoklas“ 20
Colonien „Karlik“ 20
„ „Treban“ 21
„ „Bel ec“ 24
Colonie „Korno“ 27
B. Erklärung der Erscheinung der Colonien an der Südseite des böhmischen Silur-
beckens. 30
a) Aus den Lagerungsverhältnissen 30
h) Nach Herrn Barrande’s Theorie 40
C. Colonien an der Nordseite des böhmischen Silurbeckens 33
Schlusswort 64
Tarn
t’rofih»
Co lo nie //aif/inat
Cofonte J, Yrrjr
" ' ü ^
Situationsplan und geologische Karte
über dio Barrandc ’sclicn. C olonirn
'HAdrailCEIl.unrKREJCI „
Grofs Kulirl
/Irr Silnrforniuüon Böhmens .
ml
/fasm/tucr Sr/i/r/ttm
/fariit/s/iofrr
. / // fjr/mom men
Berffra/h
(jrv/oy. /irir/tsan s/tif/ X //. Beim/ ///<•/? .
I
Karl Ritter von flauer. Arbeiten in dem chemischen Laboratorium.
87
II. Arbeiten in dem chemischen Laboratorium der k. k.
geologischen Reichsanstalt.
Von Karl Ritter v. Hauer.
1) Cokes aus der hiesigen Gasanstalt.
Aschengehalt in 100 Theilen
Reducirte Gewichtstheile Blei
Wärme-Einheiten
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner
7-3
ll-lool Mittel 29 85
7*75
2) Kohlen von Wilkischen im Pilsner-Kreis. Eingesendet von Herrn
Obermayer.
a. bessere, b. mindere Sorte.
a. b.
Wasser in 100 Theilen 4-9 6-5
Asche in 100 Theilen 13-0 21*8
Cokes in 100 Theilen 64-0 backt schlecht
Reducirte Gewichtstheile Blei
28-85
21 60
Wärme-Einheiten
6520
4881
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner..
8-0
10-7
3) Kohlenmuster. Eingesendet von
Herrn Obermay
er.
i.
ii.
hi.
IV.
Bfas.
Littiz.
Ober-Stupno.
Wasser in 100 Theilen
14-4
2-4
5-5
15-9
Asche in 100 Theilen
5-6
5-3
2-3
Reducirte Gewichtstheile Blei
22-20
27-80
25-00
21-85
Wärme-Einheiten
5017
6282
5650
4938
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner. . 10 -4
8-3
9-2
10-6
4) Kalksteine aus der Umgegend von Wien. Uebergeben von Herrn Bergrath
Lipoid.
/
In Säuren
unlöslich
Kohlen-
saurer Kalk
Kohlensäure
Magnesia
/Waldmühle, südliches Gehänge, unterste Lage .
21
83-2
14-7
" n n 2. Lage
2-6
94-9
2-5
q
i n » n w
5-0
94-0
1-0
* 1
4
1 » w w »
25-2
71-9
2-9
0)
1 5
1 w » n
4-4
95-7
—
CJ
tp
p /
1 « » n 6. „
2-0
97-0
1-0
'nächst der Waldmühle
1-5
98-0
0-5
JV \
V 9, » „ 2. Lage
3-1
95-9 ’
1-0
a>
1 » n n ^ »
2-3
98-2
—
"ö:
1 » n n 4. n
8-3
911
0-6
S4 J
[im Petersdorfer Revier
5-4
91-5
3-1
' Kuppe im Petersdorfer Revier
5-3
93-4
1-3
östlich von Stummer’s Gasthaus
0-7
56-5
42-8
2-7
53-4
9 *
43-9
68
Karl Ritter von Haner.
5) Wasser von den Quellen bei Mauer. Eingesendet von der Besitzerin,
Frau Giacomozzi. (Vergl. Verh. der k. k. geologischen Reichsanstalt. Sitzung
vom 30. April 1861, S. 56.)
I. Quelle. Es ist dies jene wasserreichere Quelle, welche seitwärts des
grossen Bassins entspringt, und die Hauptmenge zur Füllung desselben liefert.
Ein Pfund Wasser = 7680 Gran ergab folgenden Inhalt:
0*100 Gran kohlens. Eisenoxydul,
2*657 „ „ Kalk,
0*445 „ „ Magnesia,
0*485 „ Schwefels. Kalk,
2*432 „ „ Magnesia,
0.400 „ „ Natron,
0*012 „ Chlornatrium,
0*029 „ Kieselerde,
6*560 Gran Summe der fixen Bestandteile,
1*439 „ 2. Aequivalent Kohlensäure der kohlensauren Salze,
0*632 „ freie Kohlensäure,
8*631 Gran Summe aller Bestandtheile.
II. Eisenquelle. Ein Pfund = 7680 Gran enthält:
0*604 Gran kohlens. Eisenoxydul,
2*328 „ „ Kalk,
0*218 „ „ Magnesia,
2-367 „ Schwefels. Kalk,
1*315 „ „ Magnesia,
0*288 „ „ Natron mit einer Spur Kali.
0*039 „ Chlornatrium,
0.053 „ Kieselerde,
7*212 Gran Summe der fixen Bestandtheile,
1*367 „ 2. Aequivalent Kohlensäure,
0*765 ,, freie Kohlensäure,
9*344 Gran Summe aller Bestandtheile.
6) Braunkohle von Viehdorf im Erzherzogthum Oesterreich u. d. Enns. Ein-
gesendet von Meissei und Comp.
Wasser in 100 Theilen 7*6
Asche in 100 Theilen . 14*5
Reducirte Gewichtstheile Blei 15*80
Wärme-Einheiten 3770
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner 14*7
7) Kohlenmuster. Eingesendet vom hiesigen k. k. Verpflegsmagazin.
1. von Thallern, 2. vonPodgorze, 3. von Jaworzno, 4. von eben daher.
1.
Wasser in 100 Theilen 18*6
Asche in 100 Theilen 16*2
Reducirte Gewichtstheile Blei 15*52
Wärme-Einheiten 3508
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner. . 14*9
8) Steinkohlen von Schwadowitz in Böhmen. Zur Untersuchung übergeben
von Sr. Durchlaucht dem Prinzen zu Schaum bürg -Lippe.
1.
2.
3.
4.
18*6
14*3
15*0
15*6
16*2
7*3
6*5
3 5
15*52
20*55
20*70
20*50
3508
4644
4678
4633
14*9
11*3
11*2
11*3
Arbeiten in dem chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt.
69
Benigneflötz, am Ausgehenden
„ tiefere Sohle . . .
Hauptflötz, unterer Lauf
» oberer „
Liegendes Flötz
4. Aaveryflötz
4. „
7. „
8. „
9. „ .
2. „
5. „
4. „
Lettenflötz, 6. Lauf
» 2. „
Cokes aus Rohkohle ] -kt c> a
von JNr. b und
13 gemischt
Wasser in 100
Theilen
Asche in 100
Theilen
Reducirte Ge-
wichtstheile Blei
Wärme-Einheiten
Aequivalent einer
Klafter 30" wei-
chen Holzes sind
Centner
2*5
24*9
20*60
4655
11*2
2*7
10-7
24*40
5514
9*5
2*9
16*7
22*80
5152
10*2
2*0
19*8
22*00
4972
10*5
1*9
10*9
23*20
5243
10*0
3*7
4*2
28*33
6407
8*2
1*6
16*6
22*25
5028
10*4
0*8
4-8
27*35
6181
8*4
1*4
2*7
28*90
6531
8*0
1*5
3*9
27*85
6294
8*3
0*9
7*7
24*15
5458
9*6
1*6
2*7
27*30
6169
8*5
2*1
3*4
27*60
6237
8*4
1*4
7*2
26*55
6000
8*7
2*0
12*3
25*00
5650
9*2
14*8
24*40
5514
9*5
7*0
24*40
5514
9*5
24*2
21*90
4949
10*9
9) Wasser des Säuerlings von Suliguli bei Visso in der Marmarosch. Einge-
sendet yon der k. k. Berg-Direction in Marmarosch-Szigeth.
In 1 Pfund = 7680 Gran sind enthalten:
7*142
Gran
Chlornatrium,
13*814
V
kohlens. Natron,
0*491
99
„ Eisenoxydul,
7*495
99
„ Kalk,
5*660
99
„ Magnesia,
0*023
99
Thonerde,
1*382
99
Kieselerde,
25*704
99
halb und ganz freie Kohlensäure,
Spuren von schwefelsaurem und Jod-Natrium,
61 *721 Gran, Summe aller Bestandtheile.
10) Glanzkohle. Eingesendet von der Gewerkschaft Radimsky in Brunn bei
Gleinstetten in Steiermark.
Wasser in 100 Theilen •. , . , 9-0
Asche in 100 Theilen 5*1
Reducirte Gewichtstheile Blei 22*00
Wärme-Einheiten , 4972
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner. .......... 10*5
11) Graphit. Eingesendet von Herrn Anton Merkel.
Ungeschlämmter 74*2 Proeent Asche.
Geschlämmter 52*9 „
Ungeschlämmter ,80*3 „ „
12) Roheisensorten. Eingesendet von der fürstlich Schwarzen berg-
schen Werks-Direction zu Murau in Steiermark.
Nr. I enthielt
„ II „
{
{
3*32 Procent Kohle,
0*72 „ Kieselerde,
3*89 „ Kohle,
1*00 „ Kieselerde,
70
Karl Ritter von Hauer.
Nr. III enthielt
(5*00 Procent
\ 0-51 „
Kohle,
Kieselerde,
„ TV w
1 3-66 „
Kohle,
} 0*41 „
Kieselerde.
v
f 3-94 „
Kohle,
99 f 99
\ 0*62
Kieselerde.
13) Triaskohle von Cludinico nächst Ovaro im Canal di Comeglians, nördlich
von Villa bei Tolmezzo. Eingesendet von Herrn k. k. Bergrath Foetterle.
I.
II.
III.
IV.
Wasser in 100 Theilen
. 0*7
0*4
1*6
0*7
Asche in 100 Theilen
. 7*7
19*6
23-7
15-6
Reducirte Gewichtstheile Blei
28*50
23-50
23-35
25-60
Wärme-Einheiten
6441
5311
5277
5785
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner .
8*1
9*8
9-9
90
Eine Durchschnittsprohe auf Cokes gab in 100 Theilen = 80 Theile gut
gebackene Cokes.
14) Braunkohlen von Ovar im Neograder Comitate bei ßalassa-Gyarmäth.
Eingesendet von der Frau Gräfin Eleonora Forgäch, geb. Gräfin Gyarkv
v. Losonz.
Wassergehalt in 100 Theilen 20-1
Asche in 100 Theilen 1*8
Reducirte Gewichtstheile Blei 20-00
Wärme-Einheiten 4520
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner 11 -6
Die Kohle backt ziemlich gut, da sie bituminös ist, ein Umstand, der bei
dieser Kohle als Braunkohle Beachtung verdient.
13) Braunstein von Mährisch-Trübau. Eingesendet von Frau Anna Wenisch
in Mährisch-Trübau.
100 Theile enthielten:
85-8 Procent Mangan-Superoxyd.
16) Kalksteine von St. Ivan bei Ofen. Eingesendet vom Kohlenwerke zu
St. Ivan.
100 Theile enthielten:
Köhlens. Kalk 99*9 97-9 96-8
„ Magnesia 1*1 21 3-2
17) Erz aus Moldava. Eingesendet vom Bergwerksbesitzer Herrn Karl Klein.
Dasselbe besteht aus einem Gemenge von Bleiglanz, Kupferkies und Braun-
eisenstein und enthält :
30-8 Procent Blei,
5-2 „ Kupfer.
18) Braunkohle von Berszaszka in der Militärgrenze. Eingesendet von Herrn
Michael Fuchs, Schichtmeister in Berszaszka.
Wasser in 100 Theilen 16*6
Asche in 100 Theilen 2*8
Reducirte Gewichtstheile Blei 20*05
Wärme-Einheiten 4531
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner 11*6
19) Briquette-Cylinder erzeugt aus Fiinfkirehner Kohle. Eingesendet von
Herrn Sauerländer in Wien.
Arbeiten in dem chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt.
71
Wassergehalt in 100 Theilen j • 1
Asche in 100 Theilen 10*4
Schwefel in 100 Theilen . 0-4
Reducirte Gewichtstheile Blei 28’10
Wärme-Einheiten 6250
Aequivalent einer 30" Klafter weichen Holzes sind Centner 8*3
20) Braunkohlen von Scardona (1. 2.), Sebenico (3. 4.), und Albona
(3. 6.). Eingesendet von k. k. Marine-Ober-Commando.
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Wasser in 100 Theilen 13*5 12*5 0*4 1*1 1-8 1-9
Asche in 100 Theilen 24*9 31*0 13-4 10-7 16*0 15*3
Cokes in 100 Theilen — — 49*7 50*0 52*5 52*0
Reducirte Gewichtstheile Blei 13*30 12*80 21*80 22*30 20*75 21*05
Wärme-Einheiten 3005 2892 4926 5039 4689 4757
Aequival. einer 30" Klft. weichen Holzes sind Ctr. 17*4 18*1 10*6 10*4 11*1 11*0
21) Erze und Kohlenproben aus der Militärgrenze. Eingesendet von Herrn
Karl Klein, Bergwerksbesitzer in Wien.
I. Brauneisensteine. 100 Theile enthielten (ungeröstet) :
66*2
61*2
62*6
44*7
Dies entspricht einem Gehalte an metallischem Eisen:
1. 46*3 Procent Eisen. I 3. 43*8 Procent Eisen.
2. 42*18 „ I 4. 31*2 „
Procent Eisenoxyd.
Banat, Neu-Moldava aus dem Griechen-Male
II. Silberhaltige Bleiglanze.
1. ( (0*10\
2. \ \0*05/
3. < Banat, Neu-Moldava, Freischurf, Erzbach. <0*16) Procent Silber.
4. i 0*15l
5. { V0*10)
III. Steinkohlen von der Banater-Militärgrenze, Berszaszka.
1. Grube Kosla, Barbarastollen
2. Mittellaufstollen, oberster Abbau,
Horizont
3. Grube Kamenitza, aus dem 2. Lauf des
Wetterschachtes
4. Grube Kosla, Barbarastollen
5. Kohlenschiefer
6.
10. 1. Lauf des Coronini -Schachtes,
nördliches Auslängen
11. Grube Kamenitza, Karl-Zubau ........
12. Hangend-Flötz
13. Grube Kosla, Coronini-Zubau
14. Grube Kamenitza, Karl-Zubau, südliches
Auslängen
15. Grube Kosla, 1. Lauf des Coronini Wetter-
schachtes
16* Coronini-Zubau, nördl. Auslängen.
17. Grube Kamenitza, Magdalena-Stollen . .
Wasser Asche Reducirte
in 100 in 100 Gewiehts-
Theilen Theilen theile Blei
0*7 11 * 1 25*75
0*6 11*0 26*15
0*3 6*3 29*35
0*4 6*9 25*65
0*6 42*0 16*45
0*8 41*1 16*40
1*3 48*9 13*70
0*9 43*8 16*10
1*1 38*2 17*25
0*6 14*7 24*95
0*2 5*2 28*30
0*1 9*5 29*75
0*2 7*7 27*75
0*2 16*5 25*60
0*4 10*5 27*00
1*6 13*8 25*40
0*3 8*9 28*20
Aequivalent einer
Wärme- 30" Klafter wei-
Einheiten chen Holzes sind
5819
Centner
9*0
5909
8*8
6633
7*9
5796
9*0
3717
14*1
3706
14*1
3116
16*8
3638
14*4
3898
13*4
5638
9*3
6723
8*2
6723
7*8
6271
8*3
5785
9*0
6102
8*6
5740
91
6373
8*2
72
Verzeichniss der Einsendungen von Mineralien. Gebirgsarten, Petrefacten u. s. «r.
III. Verzeichnis der an die k. k. geologische Reichsanstalt
gelangten Einsendungen von Mineralien, Gebirgsarten, Petre-
facten u. s. w.
Vom 1. Jänner bis 31. December 1861.
1) 4. Jänner. 1 Kistchen, 15 Pfund. Von der k. k. Gymnasial-Direction in
Troppau. Gebirgsgesteinsarten.
2) 1. Februar. 1 Kiste, 600 Pfund. Von Herrn Ed. Kleszczynski, Berg-
ingenieur der k. k. pr. Nordbahngesellscliaft. Cokes von Ostrau. (Siehe Verhand-
lungen. Sitzung am 26. Februar 1861. S. 19.)
3) 18. Februar. 1 Kiste, 40 Pfund. Von Herrn S. Fichtner in Atzgers-
dorf. Fossile Thierknochen. (Verhandlung. Sitzung vom 26. Februar 1861. S. 22.)
4) 8. April. 1 Kistchen, 4 Pfund, 24 Loth. Von Herrn Joseph Leinmüller,
k. k. Bauassistenten in Gurkfeld. Mineralien und fossile Fischreste. (Verhand-
lungen. Sitzung am 16. April. S. 53.)
5) 17. April. 1 Kiste, 50!/2 Pfund. Von Herrn Riesen ha mm er, Arsenik-
und Kupferwerksbesitzer zu Königinhof in Böhmen. Mineralien und Erze.
6) 24. April. 2 Schachteln, 25 Pfund. Von Herrn Letocha, k. k. Kriegs-
commissär. Pflanzenabdrücke und Versteinerungen von Breitensee und Speising.
(Verhandlungen. Sitzung am 30. April. S. 63.)
7) 30. April. 2 Kisten, 139,/2 Pfund. Von Herrn Zu lieh, k. k. Bezirks-
hauptmann in Cattaro. Versteinerungen.
8) 2. Mai. 1 Kiste, 166 Pfund. Von Herrn Ritter von Schwabenau, k. k.
Hofrath, in Oedenburg. Versteinerungen. (Verhandlungen. Sitzung am 28. Mai.
S. 67.)
9) 2. Mai. 1 Stück, 4 Loth. Von Herrn Ingenieur Quaglio, durch Herrn
Karl Ritter von Hauer. Haüynfels von Ditro in Siebenbürgen. (Verhandlungen.
Sitzung am 28. Mai. S. 64.)
10) 15. Mai. 1 Schachtel, 4 Pfund. Von Herrn Vincenz Forcher in Ain-
bach bei Knittelfeld. Foreherit. (Verhandlungen. Sitzung am 28. Mai. S. 65.)
11) 14. Juni. 1 Kistchen, 18 Pfund. Von Herrn Ingenieur August v. Makaj,
in Grosswardein. Braunkohlen zur chemischen Untersuchung. (Verhandlungen.
Bericht vom 30. Juni. S. 74.)
12) 18. Juni. 1 Kiste, 40 Pfund. Von Herrn Sapetza in Neutitschein.
Mineralien. (Verhandlungen. Bericht vom 30. Juni. S. 74.)
13) 18. Juni. 1 Packet, 5 Pfund 10 Loth. Vom k. k. General-Commando in
Lemberg. Braunkohlen aus der Gottessegen-Grube zu Glinsko. Zur chemischen
Untersuchung.
14) 19. Juni. 1 Kistchen, 19 Pfund. Von der k. k. Berghauptmannschaft in
Klagenfurt. Braunkohlen zur chemischen Untersuchung.
15) 19. Juni. 1 Kistchen, 2 Pfund 4 Loth. Von Herrn Miorini v. Seben-
tenberg, in Warasdin. Bleiglanz zur chemischen Untersuchung.
Verzeichniss der Einsendungen von Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. vv.
73
16) 10. Juli. 1 Kiste, 73 Pfund. Von Herrn Dr. Ferd. Müller in Melbourne,
durch den k. k. Professor Herrn Dr. v. Hochstetter. Versteinerungen. (Verhand-
lungen. Bericht vom 31. Juli. S. 80.)
17) 12. Juli. 2 Kistchen, 62 Pfund. Vom k. k. Marine-Obercommando in
Triest. Fossile Kohlen zur chemischen Untersuchung.
18) 18. Juli. 1 Kistchen, 18 Pfund. Von Herrn Pfarrer Marys ka in Lieb-
stadt. Versteinerungen. (Verhandlungen. Bericht vom 31. Juli. S. 80.)
19) 27. Juli. 1 Schachtel, 6 Loth. Von Herrn M. Po llak in Agram. Zinno-
bererze.
20) 9. August. 1 Kistchen, 28 Pfund 12 Loth. Von Herrn F. Schott, k. k.
Bergmeister in Jaworzno. Mineralien. (Verhandlungen. Bericht vom 31. August.
S. 85.)
21) 10. August. 1 Kiste und 1 Schachtel, 135 Pfund. Von Herrn Sapetza
in Neutitschein. Mineralien. (Verhandlungen. Bericht vom 31. August. S. 86.)
22) 16. August. 1 Kistchen, 3 Pfund. Von Herrn Professor Dr. A. Breit-
haupt zu Freiberg in Sachsen. Mineralien. (Verhandlungen. Bericht vom
31. August. S. 86.)
23) 23. August. 1 Kistchen, 6 Pfund 2 Loth. Von Herrn Baron von Merck
in Hamburg. Mineralien. (Verhandlungen. Bericht vom 31. August. S. 86.)
24) 26. September. 2 Kisten, 189 Pfund. Von Herrn Dr. Müller zu Mel-
bourne in Australien. Mineralien.
25) 1. October. 1 Kiste, 165 Pfund. Von Herrn K. Feistmantel, Hütten-
meister zu Bras bei Rokitzan. Fossile Pflanzenreste aus dem Radnitzer Steinkohlen-
becken.
26) 8. October. 3 Packete, 30 Pfund. Von Herrn Boucher de Perthes
in Abbeville. Versteinerungen, Antiquitäten u. s. w. (Verhandlungen. Sitzung vom
19. November. S. 103.)
27) 8. October. 2 Kisten, 181 Pfund. Von den Herren Director J. Krejcf
und Custos Dr. J. Fritsch in Prag. Versteinerungen aus der böhmischen Silur-
formation. (Verhandlungen. Sitzung vom 17. December. S. 127.)
28) 10. October. 1 Kistchen, 36 Pfund. Von der k. k. Schwefelwerks-Ver-
waltung in Radoboj. Mineralien (Schwefelkugeln).
29) 25. October. 2 Kisten, 109 Pfund. Vom k. k. Bergamte in Auronzo.
Mineralien.
30) 25. October. 1 Kiste, 32 Pfund. Von der k. k. Verpflegsverwaltung zu
Theresienstadt in Böhmen. Steinkohlen zur chemischen Untersuchung.
31) 28. October. 1 Schachtel, l1/ 4 Pfund. Von Frau Josephine Kablik
zu Hohenelbe. 1 Stück Versteinerungen. (Verhandl. Sitzung vom 3. Dec. S. 118.)
32) 28. October. 1 Schachtel, 1 Pfund 9 Loth. Von der k. k. Berghaupt-
mannschaft in Komotau. Versteinerungen. (Verhandl. Sitzung vom 3. Dec. S. 1 18.)
33) 6. November. 2 Kisten, 250 Pfund. Vom k. k. Bergoberamte zu Joa-
chimsthal. Mineralien und Hüttenproducte !).
34) 6. November. 3 Kisten, 1050 Pfund. Von der k. k. Berg-, Forst- und
Güterdirection in Schemnitz. Eisensorten u. s. w. *)
35) 6. November. 3 Kisten, 550 Pfund. Von Herrn Kohlenagenten Gier-
sig in Wien. Muster sämmtlicher in Wien verkäuflicher Stein- und Braun-
kohlen !).
0 Für die Ausstellung während der berg- und hüttenmännischen Versammlung in Wien
eingesendet und dann der k. k. geologischen Reichsanstalt freundlichst als Geschenk
überlassen.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 186! und 1862. I. Heft.
10
74
Verzeichniss der Einsendungen von Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten u. s. w.
36) 6. November. 2 Kisten, 450 Pfund. Von Herrn Bergdirector Andree
in Witkowitz. Steinkohlen und Cokes *)•
37) 6. November. 1 Kiste, 40 Pfund. Von Herrn Fr. Riegel in Fünf-
kirchen. Muster von gepressten Steinkohlen *).
38) 6. November. 1 Kiste, 50 Pfund. Von Herrn k. k. Professor A. Miller
von Hauen fels in Leoben. Chromeisensteine *)•
39) 6. November. 1 Kiste und 1 Fass, 40 Pfund. Von Herrn Director K. A.
Frey in Store. Hydraulischer Kalk und feuerfeste Ziegel 1 ).
40) 12. November. 1 Kiste, 75 Pfund. Von Herrn Bergverwalter H. Becker
in Komorau. Stufen von den Giftberger Zinnobererzgängen und Versteinerungen.
41) 20. November. 1 Schachtel, 1 Pfund 10 Loth. Von Herrn Sapetza in
Neutitschein. Mineralien und Versteinerungen. (Verhandlungen. Sitzung vom
3. December. S. 118.)
42) 20. November. 1 Schachtel, 3 Pfund. Von Herrn Bauingenieur Bi e fei
in Kremsier, durch Herrn Bergrath Lipoid. Fossile Thierreste.
43) 20. November. 1 Packet, \'/2 Pfund. Von Herrn Fr. Foith in Anna-
berg, durch Herrn Bergrath Lipoid. Fossile Knochen und Gypse, letztere zur
chemischen Untersuchung.
44) 21. November. 1 Packet, 2 Pfund. Von Herrn Fortunat Müllner, Be-
zirksarzt in Radmannsdorf. Mineralien und Versteinerungen. (Verhandlungen.
Sitzung vom 3. December. S. 118.)
45) 26. November. 1 Kistchen, 34 Pfund. Vom k. k. Feldjäger-Bataillon
Nr. 1 zu Kaaden. Braunkohlen zur chemischen Untersuchung.
46) 26. November. 1 Kistchen, 22 Pfund. Von Herrn Baron von Merck in
Hamburg. Mineralien. (Verhandlungen. Sitzung vom 3. December. S. 118.)
47) 29. November. 1 Kistchen, 6 Pfund. Von k. k. Hüttenchemiker in
Joachimsthal, Herrn A. Patera. Proben.
48) 30. November. 2 Kistchen, 56 Pfund. Von Herrn Kornhuber, k. k.
Professor, aus Pressburg. Versteinerungen.
49) 30. November. 1 Schachtel, 4 Pfund. Von Herrn Bergverwalter Cajetan
Mayer in Pilsen, durch die k. k. Berghauptmannschaft daselbst. Eisensteine.
50) 4. December. 1 Kistchen, 10 Pfund 4 Loth. Von Herrn Professor
Dr. Braun in Bayreuth. Fossile Pflanzenreste.
51) Einsendungen aus den Aufnahmsstationen der Herren Geologen, und
zwar von der
I. Section: 23 Kisten, 7 Packete, zusammen 712 Pfund.
II. * 2 * 2 „ „ 423 „
III. 21 „ 14 „ „ 1122 „
IV. „ 20 „ 17 „ „ 1712 *
Noch trafen Einsendungen von Stein- und Braun-Kohlenmustern für die von
der k. k. geologischen Reichsanstalt angemeldete Ausstellung bei der Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862 ein. Eine Gesammt-Uebersicht derselben
wird im nächsten Verzeichnisse der Einsendungen mitgetheilt werden.
*) Für die Ausstellung während der berg- und hüttenmännischen Versammlung in Wien
eingesendet und dann der k. k. geologischen Reichsanstalt freundlichst als Geschenk
überlassen.
Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w. 75
IV. Verzeichntes der an die k. k. geologische Reichsanstalt
eingelangten Bücher, Karten u. s. w.
Vom 1. Jänner bis 31. Deeember 1861.
Abbeville. Societe imp. d’emulation. Memoires 1836 — 1852.
Agram. Realschule. Programm für 1861.
„ K. k. Ackerbaugesellschaft. Gospodarski List. 1861. Nr. 1.
Arkansas. Staatsregierung. Second Report of a geological Reconnoissance of the Sou-
thern and Middle Counties of Arkansas, made during the year 1859 and 1860.
Augsburg. Naturhistorischer Verein. 14. Bericht. 1861.
Balla, Karl, in Pötharaszt. Meteorologisches, Stürme. 1861.
Barnard, F. A. P., Präsident der Universität Oxford, Mississippi. Report on the History and
Progress of the American Coast Survey up to the year 1858.
Barrande, Joachim, in Prag. Remarks on the Fauna of the Quebec group of rocks and the
Primordial zone of Canada by Sir W. E. Logan. Montreal 1861. — On the Primordial
Fauna and the Taconic System. With additional Notes by J. Marco u. Boston 1861. —
Documents anciens et nouveaux sur la faune primordiale et le Systeme Taconique en
Amerique. Paris 1861. — Defense des colonies I. groupe probatoire comprenant: la
colonie Haidinger, la colonie Kr ejci et la coulee K rej ci. Prague 1861.
Batavia. Naturwissenschaftlicher Verein. Natuurkundig Tijdschrift XX — XXII.
(4. Ser. VI. 4—6; 5. Ser. I, II, 1, 2). 1860.
Belgrad. Serbischer literarischer Verein. rJLACHMK. XII. XIII. 1860, 1861.
Berlin. Kön. Handel sministerium. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-
wesen in dem preuss. Staate. VIII. 4. 1860. IX. 1 — 3, 1861. — Die baulichen Anlagen
auf den Berg-, Hütten- und Salinenwerken in Preussen. Dargestellt von Schönfelder.
1. Jahrg. 1. Lief. Atlas mit 4 Taf. Berlin 1861.
„ Deutsche geologische Gesellschaft. Zeitschrift. XII. Band 2.-4. Heft 1860;
XIII. 1. 1860/61.
„ Gesellschaft für Erdkunde. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. F. IX. Bd.
4. Hft. 1861.
Bern. Allgemeine schweizerische Gesellschaft. Neue Denkschriften. Band XVII,
XVIII. 1860/61. — Mittheilungen, 43, 44. Versammlung in den Jahren 1858, 1860.
„ Naturforschende Gesellschaft. Mittheilungen aus den Jahren 1858 — 1860.
Nr. 408-468.
Biancont, Joseph, Professor an der Universität in Bologna. Nuovi annali di scienze na-
turali. Ser. III. T. X. Fase. 11 e 12.
Binkhorst van den Binkhorst, Jonkh J. T. in Mastricht. Monographie des gastero-
podes et des Cephalopodes de la craie superieure du Limbourg etc. Bruxelles 1861.
Blum, Georg, Secretär am k. k. österreichischen General-Consulate zu Hamburg. Das Welt-
meer. No. 1-52, 1860/61 ; No. 1—2, 1861/62.
Bogota, Sociedad des Naturalistas Neo Granadinos. Boletin. F. 3 — 8, p. 23—106.
Bonn. Naturhistorischer Verein. Verhandlungen. XVII. 1, 2, 1860.
Bosten. O effentliehe Bibliothek. Eighth Annual Report of the Trutees of the public
Library of the city of Boston pres. Nov. 14. 1860.
„ Society of natural history. Proceedings. Vol. VII, Fol. 16. to end 1860; Vol. VIII,
F. 1—4., 1861.
„ American academy of arts et Sciences. Proceedings. Vol. IV. Fol. 32 to end
1857/60; Vol. V., F. 1—30, 1860/61.
Botzen. K. k. Gymnasium. XI. Programm für 1861.
Boucher de Perthes, Präsident der Societe imp. d’emul. in Abbeville. Antiquites celtiques
et antediluviennes. T. II. Paris 1857. — De la creation. Essai sur l’origine et la progression
des etres. T.I — V, Paris 1841. — Hommes et choses, alphabet des passions et des sensa-
tions. Esquisses et moeurs faisant suite au petit glossaire. I — IV, Paris 1851. — Les
10*
76 Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w.
masques: biographies sans nom. Portraits de mes connaissances dedies ä mes amis. Pro-
spectus. Paris 1862. — Chants armoricains ou Souvenirs de Basse Bretagne. 2. edit,
Paris 1831. — Antiquites diluviennes. Reponse a MM. les antiquaires et geologues pre-
sents aux assises archeologiques de Laon. Amiens 1859. — De l’homme antediluvien et
de ses oeuvres. Paris 1860. — De la femme dans l’etat social; de son travai! et de sa
remuneration. Discours. Abbeville 1860. — Sur les silex tailles trouves dans le diluvium
du Departement de la Somme. Remarques etc. — Reponse aux observations faites par
M. E. Robert sur ie diluvium du Departement de la Somme. — Voyage en Russie, retour
par la Lithuanie, la Pologne, la Silesie etc. en 1856. Paris 1859.— Voyage en Espagne et
en Algerie en 1855. Paris 1859. — Voyage enDanernarck, en Suede, en Norwege par la
Belgique et la Hollande etc. Paris 1859. —Voyage ä Constantinople parl’Italie, laSicile et
laGrece etc. Paris 1855. — Archeologie. Hachettes diluviennes du Bassin de la Somme.
Rapport adresse a M. le Senateur Prefet de la Seine-inferieure par M. C. Abb. Cochet.
Paris 1860. — Notice sur les objects d’arts trouves dans le diluvium. 1860, par S. Fer-
guson fils. Amiens 1860. — Origine du libre echange par S. Ferguson fils. Amiens
1861. — Observations sur un instrument en silex recemment decouvert dans un banc de
gravier ä St. Acheul pres Amiens par M. John W. Fl o wer, communiquees par Jos.
Pr estwi ch. 1859. — Antiquites antediluviennes par J. Ch antrel. 1859. — Antiquites
antediluviennes recemment trouvees en France et en Angleterre. Par E. Pravond.
1859. — Antiquites antediluviennes. L’homme fossile. — L’homme fossile. — La decou-
verte des haches celtiques, par F. de Saul cy. — Contemporaneite du l’espece humainc
et les diverses especes animales aujourd’hui eteintes. 1859.
Donation de M. Boucher de Crevecoeur de Perthes ä la ville d’Abbeville. — Fon-
dation de M. Boucher de Crevecoeur de Perthes. 1861.
Bregenz. Vorarlberger Museums-Verein. 3. Rechenschafts-Bericht. 1861.
Breithaupt, Aug., Professor an der kön. Bergakademie in Freiberg. Merkwürdig ähnliche
Paragenesis mehrerer natronhaltigen Mineralien von verschiedenen Fundorten.
Breslau. Schlesischer Verein für Berg- und Hüttenwesen. Wochenschrift.
1860. Nr. 52. 1861, Nr. 1-51.
„ Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. 38. Jahresbericht für
1860. Abhandlungen. Abtheilung für Naturwissenschaften und Medicin. 1861. Hft. 1,2;
philosophisch-historische Abtheilung. 1861, 1. — Die fossile Fauna der sibirischen Dilu-
vialgebilde von Sadewitz bei Oels in Niederschlesien. Von Dr. Ferd. Roemer. Breslau
1861.
Brixen. K. k. Gymnasium. 11. Programm für das Schuljahr 1861.
Brody. Handels- und Gewerbekammer. Bericht über den Zustand des Handels, der
Gewerbe und der Verkehrsverhältnisse in den Jahren 1857 — 1860.
Bronn, Dr. H. G., Professor an der grossherz. Universität in Heidelberg. Essai d’une reponse ä
la question de prix proposee en 1850 par l’Academie des Sciences pour le concours de
1853 et puis remise pour celui de 1856 savoir: Etudier les lois de la distribution des
corps organises fossiles dans les differents terrains sedimentaires suivant l’ordre de leur
Superposition etc. etc. Paris 1861.
Brünn. K. k. Mähr, schles. Gesellschaft fü r Ackerbau-, Natur- und Landes-
kunde. Mittheilungen. 1861. No. 1 — 51. — Historiseh-statistishe Section.
Schriften. XIII. Band. 1860.
Brüssel. Kön. Akademie der Wissenschaften. Bulletins. IX, X, 1860. — Memoires.
B XXXII, 1861. — Annuaire 1861.
Brüx. K. k. Ober-Gymnasium. Jahresbericht für das Schuljahr 1861.
Büchner, Dr. Otto, Professor an der Universität in Giessen. Versuch eines Quellen-Verzeich-
nisses zur Literatur aller Meteoriten, Frankfurt a. M. 1861.
Calcutta. Geological Survey oflndia. Memoirs. Vol. II, Part. 2. — Annual Report
for the year 1859/60.
„ Asiatic Society of Bengal. Journal. No. 1, 2 de 1861.
Cambridge. American Association for the advancement of Science. Procee-
dings. Vol. XIV, 1860.
Cassel. Verein für Naturkunde. Bericht über die Thätigkeit vom Jahre 1837 bis
1860.
Chemnitz. K. Gewerbeschule. Programm für 1861.
Cherbourg. Soeiete imp. des Sciences naturelles. Memoires. T. VII, 1859.
Chili. Universität. Anales. Entr. 1 — 12 del anno de 1859. — Noticia sobre el terreno
carbonifero de Coronel J. Lota, i sobre los trabajos de l’esplitacion en el emprendidos.
Por D. Paul, del Barr io. Santiago 1857.
Christiania. Kön. Universität. Bemserkninger angaaende graptolitherne af Chr. B o e c k.
Christiania 1861. — Ueber den Erzdistrict Kongsbergs von Th. Kjerulf u. T. Dali 11.
Verzeichntes der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingclangten Bücher, Karten u. s. w. 77
Deutsch von W. Christoph er sen. Christiania 1860. — Ueber die Geologie Tellemar-
kens von T. Dahl 1. Deutsch von Christophersen. Christiania 1860. — Forscatte •
Jagttagelser over de erratiske Phaenomener. Af J. C. Hörby e. — Observations sur les
phenomenes d’erosion en Norwege, recueillies par J. C. Hörbye. Christiania 1857. —
Das Christiania-Silurbecken chemisch-geognostisch untersucht von Th. Kjerulf.
Herausg. von A. Strecker. Christiania 1855. — Jagttagelser over den Postpliocene
eller glaciale formation en del af det Sydlige norge. Af Prof. Dr. Sars og lector
Th. Kjerulf. Christiania 1860. — Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. XI. Bd.,
2. Hft., 1860.
Chur. Naturforschende Gesellschaft. Jahresbericht. N. F. VI. Jahrg., 1858/60.
Clausthal. K. Berg- und Forstamt. Grundriss und Saiger-Riss vom 1., 2. und 3.
Burgstädter Gruben-Reviere. — Grundriss und Saiger-Riss vom 4. Burgstädter Gru-
ben-Reviere und vordem Zellerfelder Haupt-Zuge. — Grundriss und Saiger-Riss vom
hintern Zellerfelder Hauptzuge. — Grundriss und Saiger-Riss vom Zellerfelder Haupt-
zuge und Burgstädter Gruben-Reviere. — Graphische Darstellung des Ganges der Wit-
terung auf dem Harz am l.December 1854 bis 1. December 1859. Nach den zu Clausthal
angestellten meteorologischen Beobachtungen entworfen von C. L. School.
Columbia. Theological Seminary. Catalogue of the Officiers and Students for the
year 1860 — 61.
v. Cotta. B., Professor an der k. Bergakademie in Freiberg. Die Goldlagerstätten von Vörös-
patak in Siebenbürgen. — Die Erzlagerstätten von Nagyäg in Siebenbürgen.
Czernowitz. K. k. Gymna sium. Programm für das Schuljahr 1861.
Czoernig. Freih. v.,Dr. Karl, Exc., in Wien. Statistisches Handbüchlein für die österreichische
Monarchie. I. Jahrg. 2. Aufl. Wien 1861.
Danzig. Naturforschende Gesellschaft. Neueste Schriften. VI. Band, 2, 3. Hft.
1861.
Darmstadt. Verein für Erdkunde. Notizblatt. II. Jahrg. No. 32 — 40, 1859/60. III. Jahrg.
1860/61.
„ Mittelrheinischer geologischer Verein. Geologische Specialkarte des Gross-
herzogthums Hessen etc. Section Dieburg, geolcg. bearb. von F. Becker u. R. Lud-
wig. 1861.
Daubree, Professor in Strassburg. Experiences sur la possibilite d’une infiltration eapillaire
au travers des matieres poreuses, malgre une forte contrepression de vapeur; applica-
tions possibles aux phenomenes geologiques. Paris 1861.
Dawson, J. W-, in Montreal. On the Silurian and Devonian Rocks of Nova Scotia.
Delesse, Professor der Geologie zu Strassburg. De l’azote et des matieres organiques dans
l’ecorce terrestre. Paris 1861. — Etudes sur le mefamorphisme des roches. Oeuvre cou-
ronne par l’Academie des Sciences. Paris 1861. — Rapport des MM. D eiesse, Beaulieu
et Yvert nommes experts par le conseil de Prefecture de la Seine au sujet de l’inondation
souterraine qui s’est produite dans les quartiersNord de Paris en 1856. Neuilly 1861. —
Carte geologique souterraine de la ville de Paris publiee d’apres les ordres de M. le Bar.
C. E. Haussmann Senateur etc. et executee par Mr. Delesse etc. 1858. — Ville de
Paris. Service municipal. Inspection generale des earrieres. — Carte hydrologique de
la ville de Paris etc.
Dijon. Academie imp. des scienees. Memoires Ser. II. T. VIII. Ann. 1860.
Dorpat. K. Universität. Index scholarum 1859. — De Balsami Copaivae cubebarumque
in urinam transitu. Diss. auct. E. Bergmann 1859. — Disquisitiones pharmacologicae
de Senna. Diss. auct. A. Fudakowski. 1859. — Die Lehre von der Erpressung. Abh.
von C. Hartmann. 1859. — Zur Lehre von dem Indicien-Beweise nach gemeinem
u. livländischem Rechte. Abh. von A. P. Grass. 1859. — De succi pancreatici ad
adipes et albuminates vi atque effectu. Diss auct. A. Skrebitzki. 1859. — Disquisi-
tiones pharmacologicae de aloe. Diss. auct. M. de Cube, 1859. — De cornu Ammonis
textura disquisitiones praecipue in cuniculis institutae. Diss. auct. G. Kupfer 1859.
— De A. Cremutio Cordo commentatio auct. C. Rathlef. 1859. — Ergebnisse der oph-
thalmoskopischen Untersuchung des menschlichen Augenhintergrundes im physiologi-
schen Zustande. Abh. von Ed. Schmidt 1859. — Meletemata de Hydrargyri
effectu. Diss. auct. J. J. Seek. 1859. — De rationibus compensantibus in cordeae
groto. Diss. auct. Dr. G. Reyher. 1859. — Disquisitiones pharmacologicae de asa
foetida et Galbano. Diss. auct. C. Semmer. 1859. — De Scaphirhyncho Rafinescii dis-
quisitiones anatomicae. Diss. auct. G. G. Brutzer. 1859. — Ein Beitrag zur Histologie
des Rückenmarkes. Diss. v. E. v. B ochmann. 1859. — Ueber die unterhäutige Tren-
nung des Kaumuskels. Abh. von Dr. H. Kühne, 1860. — Ein Beitrag zur Blasenstein-
krankheit und zum Seitenblasensehnitte mit besonderer Berücksichtigung der durch
diese Operation erzeugten Harn-Mastdarmfistel. Diss. von Fr. Hohlbeck. 1860, —
78 Verzeichniss der an die k. k. gedog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w.
Ueber Verknöcherung und Verrindung des Muskel- und Sehnengewebes. Diss. von E.
Bushak. 1860. — Die Elephantiasis graecorum in den Ostseeprovinzen Russlands.
Abh. von C. Rogenhagen 1860. — Untersuchungen über die Textur der Lymph-
drüsen. Diss. von P. Walter. 1860. — Die väterliche Gewalt und ihre Beziehung
zum Vermögen der Kinder nach Rigaschem Standrechte. Abh. von W. Kieseritzky.
1860. — Ueber den Begriff des Besitzes nach römischen Rechte. Abh. von 0. v.
Schmidt. 1860. — Der Druckverband bei Ophthalmoblennorrheen neonatorum. Diss.
von. Seb. Ritter. 1860. — Ueber den Einfluss der Milchsäure auf das Endocardium.
Diss. von C. Rauch 1860. — Untersuchungen über das Dünndarm-Epithelium und
dessen Verhältniss zum Schleimhautstroma. Diss. von Ad. Wiegandt. 1860. —
Ueber einige scharfe Stoffe und die Einwirkung derselben auf eiweissartige Körper.
Diss. von C. Eberbach. 1860. — Untersuchungen über die Entwickelung der quer-
gestreiften Muskelfaser. Abh. v#n E. Moritz 1860. — Ueber die mechanische Dispo-
sition zur Varicocele. Abh. von J. Schulz. 1860. — Die fibrösen Geschwülste des
Schädelgrundes. Abh. von E. B eggro w. 1860. — Ueber den vorzugsweise wirksamen
Bestandtheil des schwarzen Pfeifers. Abh. von J. C. Neumann 1860. — Experimen-
telle Untersuchungen über den Lymphstrom. Diss. von W. Weiss. 1860. — Experi-
mentelle Untersuchungen über lie Beziehung des Halsstranges des Sympathicus zur
Temperatur des Kaninchenohres. Abh. von A. Albanus. 1860. — Ueber Resectionen
des Oberkiefers, ausgeführt von J. F. Heyfelder. Diss. von P. Seil heim. 1860.
— Ein Beitrag zur Lehre von 1er Probabilität der Heilung Geisteskranker, zunächst
nach den statistischen Ergebnissen der Irren-, Heil- und Pflegeanstalt Preobrashensk zu
Moscau. Diss. von E. Fick. 186(1. — Versuch einer Kritik der orthopaedischen Heilme-
thoden bei Gelenkverkrümmungen der Extremitäten mit besonderer Berücksichtigung
der Tenotomie. Abh. v. J. Plicatus. 1860. — Ueber den Uebergang von Metall-
salzen in die Galle. Diss. von E. Wiehert. 1860. — Beiträge zur Histologie der
Binde des grossen Gehirns. Diss. von E. Stephan y. 1860. — Biostatik der Stadt
Dorpat und ihrer Landgemeinde in den Jahren 1834 — 1859. Abh. von F. Huebner
1861. — Beiträge zu der Frage über die Glycosurie der Schwangeren, Wöchnerinnen
und Säugenden. Diss. von H. «wanoff. 1861. — Die Knochenauswüchse der Augen-
höhle. Diss. von E. Grünhoff. 1861. — Ueber die Wassersucht der Schleimbeutel
und Sehnenscheiden. Abh. voi Fr. Baumgardt. 1861. — Pharmacologische Unter-
suchungen über Ammoniacum, Sagapenum und Opoponax. Diss. von Fr. Przecis-
zewski. 1861. — Allgemeine Bemerkungen zu den Hernien und Laparotomie mit Darm-
implantation. Diss. von F. A. Haken 1861. — Mittheilungen aus der chirurgischen
Klinik der kais. Universität zu Dorpat im Jahre 1859. Von A. Braun. 1861. — Studien
über den Einfluss der bedeutendsten medicinischen Systeme älterer und neuerer Zeit
auf die Pharmacologie. 1. Abfh. Abh. von G. F. Poelchau. 1861.
Dorpat* Naturforscher Veiein. Archiv für die Naturkunde Liv-, Esth- und Kur-
lands. II. Ser. Biologische Naturkunde. Bd. II. III. 1860.
Dresden* K. Polytechnische Schule. Programm zu den am 18/20. März 1861 zu
haltenden Prüfungen.
Dublin* Royal Society. Journal. July — October 1860. No. XVIII. et XIX.
„ Geological Society. Journal. Vol. III. 1857/60.
„ Redaction der Natural History Review, a quarterly Journal of biological
Science 1861. N. 1.
Dunkerque* Societe pour l’encouragement des Sciences, des lettres et des !
arts. Memoires. Vol. VII. 1860/61.
Eüdinburg* Royal Society. Transaetions XVIII — XIX. 1. 2. 1848/50. (Makerston
magnetical and meteorological observations for 1844/46.), XX. 1 — 4 for. 1849 — 1853,
XXI. 1—4 for 1853—1857, XXII. 1—2 for 1858—1860, Supplement. (Appendix to the
Makerston magnet. and meteorol. observations) 1860. — Proceedings. Sess. 1859/60. !
Ellbogen* 0 berreal schule. Jahresbericht für das Schuljahr 1861.
Emden, Naturforschende Gesellschaft. 46. Jahresbericht. 1860. — Kleine Schrif-
ten. VIII. 1861.
Eürdmann, 0. L., Professor, in Leipzig. Journal für pVaktische Chemie. 81. Bd. 5 — 8. Hft.
1860; 82. Bd. und 83. Bd. Hft. 1—8; 1861. Bd. 84. Hft. 1-2.
Elrlau* K. k. Gymnasium. Programm. 1860. — Schematismus sacri et exemti ordinis
Cisterciensis. Abb. B. M. V. etc. 1861.
St* Eltievine* Societe de l’industrie minerale. Bulletin. I. VI. 1 — 3. Livr. 1860.
Favre, Alphons, Professor in Genf. Notice sur la reunion extraordinaire de la societe
geologique de France ä St. Jean de Maurienne (Savoie) le 1. Septembre 1861. — 1
Note sur le terrain houiller et sur le terrain nummulitique de la Maurienne. 1861
E'eldkirch* K. k. Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1860/61.
* - •Mri ;
M
Verzeichniss der an die k. k. geoiog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w. 79
Feltre. K. k. Lyce al-Gymnasium. Programma per l’anno Scolastico 1861.
Fiedler, Leopold, k. k. Bergrath, Inspector der K. F. Nordbahn in Mähr. Ostrau. lieber-
sichtskarte des Prziwoser und Hruschauer Kohlenbergbaues bei Mähr. Ostrau (Man.).
Florenz. Aceademia dei Georgofili. Rendiconti. Tr. IV. Anno II. disp. 1 — 5.
de 1861.
Frankfurt a. M. Senkenbergische naturforschende Gesellschaft. Abhand-
lungen. III. 2. 1861.
„ Phys icalischer Verein. Jahresbericht für 1859/60.
Freiberg. K. Ober-Bergamt. Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf 1861.
Freiburg. Naturforschende Gesellsch aft. Berichte über die Verhandlungen. Bd. II.
Hft. 3. 1861.
St. Gallen. Natu rwissens chaftliche Gesellschaft. Bericht über die Thätigkeit
während der Vereinsjahre 1858/61.
Genf. Societe de physique et d’histoire naturelle. Memoires T.. XV. 2.
XVI. 1. 1860—1661.
Gotha. J. Perthes’ geographische Anstalt. Mittheilungen über wichtige neue
Erforschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie von Dr. A. Petermann.
1860. Nr. 11. 12; 1861. Nr. 1 — 11. Ergänzungshefte Nr. 4—6. — Die geognosti-
schen Verhältnisse der Nordkarpathen in Schlesien und den angrenzenden Theilenvon
Mähren und Galizien als Erläuterung zu der geognostischen Karte der Nordkarpathen,
von Ludwig Hohenegger. Gotha 1861.
Göttingen. K. Gesellschaft der Wissenschaften. Abhandlungen IX. Bd. vom
Jahre 1860.
Graham, J. D. Lieut. Colonel, Chicago Illinois. Annual Report on the improvement of the
Harbors of Lakes Michigan, St. Clair, Erie, Ontario and Champlain, for the year 1860.
Graz. K. k. Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
„ Steierm. ständ. Joanneum. 49. Jahresbericht über das Schuljahr 1860. Personal-
stand und Vorleseordnung im Studienjahre 1862.
„ — landsch. Ober-Realschule. 10. Jahresbericht für das Studienjahr 1861.
Personalstand und Vorleseordnung an der commerziellen Abtheilung im Studien-
jahre 1861/62.
„ Geognost. montan. Verein. X. Bericht. 1860.
„ K. k. L and wirthsehafts- Ges eil s chaft. Wochenblatt: X. Jahrg. ; XI. Jahrg.
Nr. 1—4. 1860/61.
Gümbel, k. Bergmeister, München. Verzeichniss neuer Arten von organischen Ueberresten
aus verschiedenen Schichten der bayerischen Alpen. 1861. — Ueber das Alter der
Münchberger Gneissparthie im Fichtelgebirge 1861.
Haag. Kön. Niederländ. Regierung. Section Nr. 19. Betuwe; Sect. 20. Munsterland
der geol. Karte des Königreiches der Niederlande.
Hall, James, Professor, Albany. Contributions to the Palaeontology of New York, being some
of the Results of Investigations made during the years 1855/58.
Halle, Naturforschende Gesellschaft. Abhandlungen. V. Bd. 3. 4. VI. I. 1860/61.
„ Naturwissenschaftlicher Verein. Zeitschrift für die gesammten Naturwissen-
schaften. Bd. 15 und 16, Jahrg. 1860. — Abhandlungen. I. 2. II. 1860/61.
Hamburg. Natu r wissenschaftli ch er V er ein. Abhandlungen. III. IV. 1, 2. 1858 — 60.
Hanau. Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde. Jahres-
bericht über die Gesellschaftsjahre 1858/60.
Handl, Dr. A., Professor in Lemberg. Ueber die Kry stallformen der ameisensauren Salze.
Wien 1861.
Hannover. Naturhistorische Gesellschaft. X. Jahresbericht von Michaeli 1859
bis dahin 1860.
» Polytechnische S c hu 1 e. Programm für das Jahr 1861/62.
„ Architekten- und Ingen i eur-Verei n. Zeitschrift VI. Bd. Hft. 4., Jahrg. 1860.
VII. Jahrg. 1861. Hft. 1—3.
» Gewerbe-Verein. Mittheilungen. 1860 Nr. 6; 1861 Nr. 1—8. — Monatsblatt 1861.
Nr. 2—4.
Hartem. Holl. Gesellschaft der Wissenschaften. Natuurkundige Verhandelingen.
XIV. 1 — 2. XV. 1858. 1861. — Extrait du programme pour l’annee 1861.
Haughton, Samuel Rev., in Dublin. On Cyclostigma, a new genus of fossil plants from the
old red Sandstone of Kiltorean etc. 1859. — On the fossils brought from the arctic
regions in 1859 by Capt. Sir. F. L. M’Cli ntock 1860.
Haupt, Theodor, Toscanischer Bergrath. Chronologische Uebersicht der wichtigsten Ereig-
nisse beim Bergbau seit Wiederauffindung der Pandekten Justinians bis zur Einsetzung
der Erbschachte. Braunschweig 1861.
80 Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten n. s. w.
Haiirand, C. W. Th. in Wien. Karte von Deutschland mit Einschluss von ganz Oesterreich,
Belgien, den Niederlanden, der Schweiz etc. 1861 . (Ethnograph. K.) — Geologische
Gebirgskarte von Mittel-Europa.
Heidelberg. Universität. Heidelberger Jahrbücher der Literatur. 1860. 11—12. Hft. ;
^ 1861, 1—9. Hft.
Heine , Dr. Jos., Medicinalrath in Speyer. Festgabe gewidmet der XXXVI. Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte. 1861.
Heis, Dr. Prof. Münster. Bildliche Darstellung der zu Münster vom 1. December 1859 bis
30. Nov. 1860 angestellten metereologischen Beobachtungen.
v. Helmersen, Gregor, kais. russ. General-Major in St. Petersburg. Das Olonezer Berg-
revier geologisch untersucht in den Jahren 1856/59. — Die in Angriff genommenen
Steinkohlenlager des Gouvernements Tula 1860. — Vorschlag zur Anstellung paläonto-
logischer Nachgrabungen im südl. Russland. 1860. — Die geologische Beschaffenheit
des unteren Narovathals und die Versandung der Narovamündung. 1860. — Ueber die
von der kais. russ. geograph. Gesellschaft ausgerüstete sibirische Expedition und Nach-
richten über Mag. F. Schmidt’s Reise nach dem Amur-Gebiete. 1860.
Herrn annstadt. K. k. Kathol. Staats-Gymnasium. Programm für das Schuljahr
1860/61.
„ Siebenbürg. Verein für Naturkunde. Verhandlungen und Mittheilungen 1860.
Nr. 7-12.
Hon, Capitaine in Brüssel. Periodieite des grands deluges resultant du mouvement graduel
de la ligne des apsides de la terre. Theorie prouvee par les faits geologiques 2. edit.
Paris. 1861.
Hörnes, Dr. Moriz, DirectoF des kais. Hof-Mineraliencabinets , Wien. Abbildungen des
15 Pfund schweren Meteorsteines von Seres in Macedonien , gefallen im Juni 1818.
Jena. Kais. Leopold. Carol. Akademie der Naturforscher. Verhandlungen.
XXVIII. 1861.
Iglau. K. k. Gymnasium. 11. Programm für 1861.
Innsbruck. K. k. Gymnasium. XII. Programm für das Schuljahr 1861.
Jokely, Johann, Sections-Geologe. Der Curort Liebwerda und seine Heilquellen im Sunz-
lauer Kreise Böhmens von Jos. Plumert. Prag 1849. — Johannesbad im böhm. Riesen-
gebirge als Curort. Vom medicinischen Standpunkte geschildert von Prof. Dr. Loschner.
Prag 1859.
Kämtz, Ludw. Friedr., Dr., k. russ. Staatsrath und Prof, in Dorpat. Repertorium für Me-
teorologie. II. 1, 2. 1860/61.
Kästner, Leopold, Expeditor der k. k. priv. Credit-Anstalt in Wien. Führer für Reisende auf
Eisenbahnen und Dampfschiffen in Oesterreich nebst den Verbindungen mit dem Aus-
lande u. s. w. Wien. August — December 1860, Jänner — October 1861. — Telegraphen-
Tarif von Wien nach allen Stationen in Europa, Asien und Africa. Wien. 1861.
Keller, Dr. Franz, Professor in Speyer. Beilage zum Tageblatt der XXXVI. Versamm-
lung deutscher Aerzte und Naturforscher in Speyer vom 17. bis 24. September 1861.
Kiel. Universität. Schriften aus dem Jahre 1860.
„ Verein nördl. der Elbe zur Verbreitung naturwissenschaftlicher
Kenntnisse. Mittheilungen. 2. Hft. 1860.
Klagenfurt. K. k. Gymnasium. 11. Programm für das Schuljahr 1861.
„ K. k. Ober-Realschule. IX. Jahresbericht am Schlüsse des Schuljahres 1861.
„ K. k. Landwirthschafts-Gesellschaft. Mittheilungen über Gegenstände der
Industrie und Landwirthschaft. 1861. Nr. 4.
Köln. Redaction des Berggeist. Zeitung für Berg-, Hüttenwesen und Industrie.
1861. Nr. 1 — 101.
Königsberg. K. Universität. Amtliches Verzeichniss des Personals und der Studi-
renden für das Sommersemester 1860/62, und für das Wintersemester 1860/61. — Ver-
zeichniss der zu haltenden Vorlesungen 1860/61. — De ulcerationibus recti. Diss. auct.
H. Anker mann 1859. — In Fr. XL1X. Farn. Ercisc. Commentatio. Diss. auct. Osc. Th.
Binseei 1860. — De pneumonia intermittente ; diss. auct. Ed. Grün. — Henricus de
Bracten, quo tempore et qua ratione librum de jure anglicano composuerit; diss.
auct. C. Ed. Gueterbock. — De atrophia musculari progressiva; diss. auct. H. G. R.
Heimlich. — Recentiorum de epilepsia doctrinarum comparatio. Diss. auct. Jo an.
Hertz. — De ileo, diss. auct. C. A. M. Jaquet. — Dissertatio, quam pro loco in ordine
jure consultorum Regimontanorum rite obtinendo; auct. R. C. John. — De diphtheri-
tidis conjunctivae epidemia; diss. auct. Julius Lewinski. — De principiis oecono-
micis, quae Max. deBethune, dux de Sully, sub Henrico IV in publicis Franciae pecu-
niis administrandis secutus est; diss. auct. H. Sellniek. — De statu quaestionis sintne
Einhardi necne sint quos ei ascribunt annales Imperii specimen; diss. auct. Bernh. Ed.
Verzeichnis der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w. 81
Simson. — Nonnullae laesae eolumnae vertebratis casus; diss. auct. Jul. Stein. —
De vena portae obstructione ; diss. auct, 0. H. Ziegler. — De nonnullis locis Cicero-
nianis, in quibus verba poetarum latent; — de colonia in qua Petronius conam Trimal-
chionis finxerit; — dissertatio qua fabula Apuljeana de Psyche et Cupidine cum fabulis
cognatis comparantur, p. 1 et 2; — de propagatione munerum ac venationum per
Graeciam et Orientem ; — vindiciae Nicanoreae quibus orationes ad celebrandam ine-
moriam virorum illustrium J. F. a. Rhod. Fr. a Graeben. Joh. D i e t e r i c i T e 1 1 a u ; disser-
tationes auct. Lud. Friedländer. — De Pyaemia, diss. auct. G. A. Groeck. — De
thrombosi et embolia; diss. auct. H. H. a. Lipkau. — De mutua duorum fluidorum
frictione; diss. auct. Ott. Aem. Meyer. — De hepatis abscoessibus; diss. auct. Ad.
Meyer. Symbolae ad theoriam rheumatismi criticae ct experimentales; diss. auct. Dr. Jul.
M o eil er. — Philippi Melanthonis de legibus oratio denuo edita J. G. Th. A. A. Muther.
— De sarcomate tumoribusque recidivis; diss. auct. J. Riemer. — De casibus duobus
fibroidis et cystofibroidis mandibulae; diss. auct. 0. Tribukait. — De Ottone I Epis-
copo bambergense; pars prior; diss. auct. Guil. Volkmann.
Königsberg. Kön. Physik. Ökonom. Gesellschaft. Schriften. I. Jahrg. 1. 2.
Abth. 1860/61. — Die Melamorphose des Caryoborus (Bruchus) gonagra Fbr. von
H. C. Elditt. Königsberg 1860.
Kotz, Baronin Louise. Was ich erlebte! was mir auffiel. II. und III. Abth. Prag 1861.
Kraus,, Joh. Bapt., Rechnungsrath der k.k. Mont. Hofbuchhaltung in Wien. Montan-Handbuch
des österr. Kaiserstaates für 1861. — Sammlung jener Gesetze und Verordnungen,
welche im k. k. österr. Reichsgesetzblatte und im Verordnungsblatte des k. k. Finanz-
ministeriums von 1857 bis 1861 veröffentlicht wurden u. s. w. Wien 1862.
Kremsmiinster. K. k. Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
Kronstadt. Evangelisches Gymnasium. Programm zum Schlüsse des Schuljahres
1860/61.
Lausanne. Societe vaudoise des Sciences naturelles. Bulletin. T. VI, Nr. 48,
1860.
Lea, Isaac, Präsident der Naturforscher-Akademie in Philadelphia. Observations on the
genus Unio. Vol. VIII, 6, 1, 1861. — Publications of I. Lea on recent Conchology. Jan.
1861. — Check List of the Shells of North America. By W. G. Binney.
Leipzig. Kön. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften. Berichte über die Ver-
handlungen, Mathem. phys. CI. 1860. Nr. 1, 2, 3. — W. Hofmeister. Neue Beiträge
zur Kenntniss der Embryobildung der Phanerogamen. II. Monocotylideen. Leipzig 1861.
— W. G. Hanke 1. Elektrische Untersuchungen. 5. Abh. Maassbestimmungen der elektro-
motorischen Kräfte. 1. Th. Leipzig 1861.
Lemberg. Verein der galizischen Sparcasse. Rechnungs-Abschluss nach dem
17. Jahre ihres Bestehens. 1860.
Leonhard, K. C., Geheimrath u. Professor in Heidelberg. Neues Jahrbuch für Mineralogie,
Geognosie u. s. w. Jahrg. 1860. Hft. 6, 7; Jahrg. 1861, Hft. 1 — 4 sammt Beilagen-
Heft: über die Ursachen der in den Jahren 1850 bis 1857 stattgefundenen Erderschütte-
rungen u. s. w. von Dr. K. E. Kluge. 1861.
Leutschau. Evang. Ober-Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
Linz. K. k. Ober-Realschule. X. Jahresbericht für das Studienjahr 1861.
„ Museum Francisco Carolinum. 20. Bericht 1860.
Lioy, Paolo. La vita dell’Universo. Venezia 1861.
London. Zoological Society. Proceedin gs. 1860, Part. 3. 1861, Part. 1.
„ Linnean Society. Transactions. Vol. XXIII. 1, 1860. — Journal of the Proceedings.
Botany. IV, Nr. 16 u. Suppl. Hft., V, Nr. 17—20 u. 2 Suppl. Hefte 1860/6L — Zoology.
IV, 16; V, 17— 20. List 1860.
„ Geological Society. The quarterly Journal. Vol. XVI, P. 4, Nov. 1860, Nr. 64. —
Vol. XVII, P. 1 u. 2. 1861. Nr. 65 1 — 67. — List September 1860.
„ R. Geographical Society. Proceedings. Vol. IV, Nr. 4, 5. 1860; Vol. V, Nr. 1 — 4.
1861. — Journal 1860.
„ R. Institution of Great Britain. Notices of the Proceedings at the Meetings of
the members. Part XI. 1860/61. — A List of the members, officers etc. 1861.
Loosey, K. k. österr. General-Consul in New-York. Storm and Rain Chart of the North
Pacific Sheet i by M. F. Maury etc. Washington 1860. — Bulletin of the Americ.
Ethnological Society. Vol. I, 1860/61.
St. Louis. Academy of Sciences. Transactions. Vol. 1, Nr. 4, 1860.
Ludwig, Rudolph, Directions-Mitglied der Bank u. s. w. in Darmstadt. Die Lagerungsver-
hältnisse der productiven Steinkohlenformation im Gouvernement Perm. Moskau 1860.
— Die Mineralquellen zu Homburg vor der Höhe. Darmstadt 1861. — Bericht über die
Berg- und Hüttenwerke und Ländereien Sr. Exc. des Herrn Nikita v. Wsevolojsky, RUSS-
IN. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. I. Heft. 11
82 Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w.
land, Gouv. Perm. — Fossile Pflanzen aus dom tertiären Spatheisenstein von Monta-
baur. — Süsswasserbivalven aus der Wetterauer Tertiärformation. 1 86 1 .
Lüneburg. Na t ur w i s s e ns chaftl ich e r Verein. 10. Jahresbericht. 1861.
Lüttich. Kön. Akademie der Wissenschaften. Memoires. T. XV.
Lyon* Kais. Akademie der Wissenschaften. Memoires. Bd. VIII — X. 1859 — 1861.
„ Kais. A ck e r b a u - G e s e 1 1 s ch a f t. Annales des Sciences physiques et naturelles.
II. Ser., T. VII, 2. 1855; III, T. IV, 1860.
Madras* Literary Society. Journal of Literature and Science. Mai 1861.
Mailand. Kön. Institut der Wissenschaften. Atti Vol. II, Fase. 1 — 14,1860 61. —
Memorie. Vol. VIII, Ser. II, Vol. II, Fase. 4, 5, 1861. — Elenco dei giornali e delle opere
periodiehe esistenti presso publici stabilimenti a Milano , compilato da L. dell'Acqua.
Milano 1861.
„ Societä italiana di scienze naturali. Atti Vol. II, Fase. 2 — 4, 1860;
Vol. III, Fase. 1—2, 1861.
„ Ateneo. Atti. Vol. I, Anno XV, Disp. 2, 4, 1860. Vol II, Anno XVI, Disp. 1, 2, 1801.
Manger, Rudolph, Bergwerksbesitzer, Prag. Das österreichische Bergrecht nach dem all-
gemeinen Berggesetze u. s. w. Supplement-Band im Anhänge: Aphorismen über die
unmittelbare Erwerbung des Bergwerks-Eigenthumes. Prag 1861.
Mannheim. Verein für Naturkunde. 27. Jahresbericht. 1861.
lie Mans. So cieted’agriculture, Sciences et artsde la Sarthe. Bulletin. 1859
et 1860.
Mantua* K. k. Ly ce al-G y m n a si u m. Programms per l’anno lascolastico 1861.
Manz, Friedrich, Buchhändler, Wien. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hütten-
wesen. 1860, Nr. 52; 1861, Nr. 1—51. — Erfahrungen im berg- und hüttenmännischen
Maschinenbau- und Aufbereitungswesen u. s. w. von P. Rittinger. Jahrg. 1860. Mit
Atlas. Wien 1860.
Marburg* K. k. Gymnasium. Programm für das Studienjahr 1861.
Melbourne. Redaction des Colonial Mining Journal, Railway and Share Ga-
zette and Illustrated Record. Vol. 111, Nr. 3—12 de 1860/61 ; Vol. IV, Nr. 1— de 1861/62.
„ P h i I osop h i ca I Institute. Transactions. Vol. IV, Part. 1, 2. 1859/1860.
Merrit, I. King, in New-York. Report on the Huacals, or ancient Graveyards of Chiriqui.
1860.
Metz. Societe d’histoire naturelle. Bulletin. IX. Cahier. 1860.
Moskau* Kais, naturforschende Gesellschaft. Bulletin. Nr. 4 de 1860, Nr. 1 , 2
de 1861. — Memoires. XIII, 2.
Mühlhausen* Societe industrielle. Bulletin. Jänner bis November de 1861. —
Programm des prix proposes dans l’assemblee generale du 29. Mai 1861 pour etre de-
eernes dans l’assemblee generale de Mai 1862.
München. Kön. Akademie der Wissenschaften. Grenzen und Grenzgebiete der
physiologischen Forschung. Festrede von Dr. E. Harless. München 1860. — Rede auf
Sir Thomas Babington Macaul ay, den Essaysten und Geschichtschreiber Englands.
Vorgetragen von Dr. G. Th. Rudhart. München 1860. -- Einleitende Worte zur Feier
des Allerh. Geburtsfestes Sr. Maj. des Königs Ma x i m i 1 i a n II., gesprochen von J. Freih.
v. Lie big. München 1860. — Verzeichniss der Mitglieder der k. Akademie der Wissen-
schaften. 1860. — Sitzungsberichte, 1860, Hft. 4, 5; 1861, Hft. 1 — 4.
„ Kön. Sternwarte. Annalen. XII. Bd. 1860.
Murchison, Sir Rod. and Archibald Geikie. On the altered Rocks of the Western islands
of Scotland and the North Western and Central Highlands. London 1861.
Namias, Hyacinth Med. Dr., Secretär des k. k. Instituts der Wissenschaften in Venedig.
Sulla tubercolosi dell’utero e degli organi attinenti. Memoria II. Venezia 1861.
Neuchatei. Societe des Sciences naturell es. Bulletin. T. V, 2, 1860.
Neusohl. K. k. Kath. Staats-Gymnasium. IX. Programm für 1861.
Newberry, John, S., Professor am Columbian-Collegium in Washington. Reports on the
Geology, Botany and Zoology of Northern California and Oregon. Washington 1857.
New-York. Deutsche Gesellschaft. Jahresbericht 1860.
Norton, Carl B., Buchhändler, New-York. Nortons Literary Letter. Nr. 4, de 1859; Nr. 2,
de 1860.
Ofen* Kön. Ober-Realschule. VI. Jahresbericht für das Schuljahr 1861.
Offenbach a. M. Verein für Naturkunde. 2. Bericht 1860/61.
Olvnütz* K. k. Ober-Realschulje. VII. Jahresbericht für 1861.
Omboni, Johann, Professor in Mailand. II congresso dei naturalisti svizzeri in Lugano
nel Settembre 1860. — Cenni sulla carta geologica della Lombardia. — Gila geologica
nei d’intorni dei Lago d’Iseo etc.
Verzeichn* ss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w. 83
ördway, Albert, in Boston. On the supposed identity of the Paradoxides Harlani, Green
with the Par. spinosus Boeck. Boston 1861.
Palermo. Societä d’acelimazione e di agricoltura in Sicilia. Atti, Vol. I,
Nr. 1—4, 1861.
Paris. Ecole imp. des mines. Annales des mines. T. XVII, 3. Livr., T. XVIII, 4. — 6. Livr.
de 1860; T. XIX, 1—4, de 1861.
„ Societe geologique. Bulletin. T. XVI, F. 63—73; T. XVII, F. 45— 59; T. XVII,
F. 1—43, de 1859—1861.
Parker, W. K., London. On the nomenelature of the foraminifera. 1860. — On the Rhizo-
podal fauna of the mediterranean compared with that of the italian ad other tertiary
deposits. 1860. — On sorae fossil foraminifera from Chellaston, near Derby. 1860.
Passau» Naturhistori sch er Verein. IV. Jahresbericht. 1861.
Perrey, Alexis. Note sur les tremblements de terre en 1857 avec Supplements pour les
annees anterieures. Dijon 1861.
St. Petersburg'. Kais. Akademie der Wissenschaften. Memoires. T. III, No. 10,
11. — Bulletin. T. III, No. 6—8; T. IV, No. 1—2. 1861.
Pfeiffer, Franz, Professor an der k. k. Universität, Wien. Der Scheich. 1861.
Philadelphia. Academy of natural Sciences. Journal. N. Ser. VoL IV, P. 4, 1860.
— Proceedings Fol. 6 to end 1860; 1861, F. 1 — 4.
„ Franklin-Institute. Journal. Vol. 39, N. 4—6, 1860; Vol. 40, N. 1—6, 1860; Vol.
41, N. 1-6, 1861.
Pilsen. K. k. Gymnasium. Jahresbericht für das Schuljahr 1861.
Prag. K. k. Sternwarte. Magnetische und meteorologische Beobachtungen zu Prag.
XXI. Jahrg. Vom 1. Jan. bis 31. Dec. 1860.
„ Naturhistorischer Verein Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. X. Jahrg.
1860; XI. Jahrg. 1861, Jänner bis August.
„ Handelskammer. Die Erwerbsverhältnisse im hohen Erzgebirge. Bericht an das Cen-
tral-Comite etc. Prag 1862.
„ K. k. Patriot.-ökonom.- Gesellschaft. Centralblatt für die gesammte Landes-
cultur und Wochenblatt für Land-, Forst- und Hauswirthschaft. 1860, N. 52 — 61; 1861,
N. 1-51.
Presfwich, Joseph, in London. On the occurence of flint-implements, associated with
the remains of animals of extinct species in beds of a late geological period, in France at
Amiens and Abbeville, and in England at Hoxne. London 1861.
Quaglio, Julius, Civil-Ingenieur, in Kronstadt. Bericht über die Verhältnisse des Kohlen-
reviers im Zillthal an den Verwaltungsrath des Kronstädter Bergbau- und Hüttenactien-
Vereins. Wien 1861. — Verwaltungsbericht der k. k. Berghauptmannschaft zu Zalathna
für das Grossfürstenthum Siebenbürgen.
Regensburg. Kön. botanische Gesellschaft. Denkschriften. IV. Bd., 2. Abth., 1861.
„ Zoologi sch mineralogi scher Verein. Abhandlungen. VII. Heft, 1856. — Corre-
spondenzblatt. XIV. Jahrg. 1860.
Roemer, F. A., Professor an der k. Bergschule zu Clausthal. Geschichte der kön. Berg-
schule zu Clausthal. Goslar 1861.
Rom« Accademia pontificia de’ nuovi Lincei. Atti. Anno XIII, Sess. V — VII, Aprile
Giugno 1860; Anno XIV, Sess. I — IV, Dicembre 1860 — Marzo 1861.
Rossi, Dr. L. M., Gymnasial-Direetor in Venedig. Sul battito del cuore nel vuoto pneuma-
tico, studj sperimentali dei Dott. D. Busoni e L. M. Rossi. Venezia 1861.
Rostock. Mecklenb. patriotischer Verein. Landwirthschafliche Annalen. XV. Bd.,
2. Abth.; XVI. Bd., 1. Abth., Hft. 1, 2; dann 2. Abth. N. 1-6, 1860/61.
Rütimeyer, Dr. L., Professor in Basel. Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz. Unter-
suchungen über die Geschichte der wilden und der Haussäugethiere von Mittel-Europa.
Basel 1861.
Saatfeld« Realschule. Programm. 1861. — Zu einer Weihnachtsgabe für arme Schulkinder
unserer Stadt. 1860.
Salzburg« K. k. Gymnasium. XI. Programm für 1861.
Scarpellini, Catherina, in Rom. Intorno un parelio e intorno una modificazione pro-
posta per le navi da vapore. Lettera del Dr. Socr. Cadet alla chiar. Sign. Cat Scar-
pellini. 1861. — Risultati delle osservazioni delle stelle cadenti nell’Agosto. 1861. —
La grande cometa del 30. Giugno 1861. Roma 1861. — Al Commendatore Ben. Trompeo,
in Torino, onor. correspondente de’ vecchi Lincei questa laudazione di Gioach. Taddei,
chemico distintissimo etc. 1861. — 11 passaggio di Mercurio avanti il sole osservato in
Roma li 12. Nov. 1861.
Seharff, Dr. Friedrich. Ueber die Bauweise der walzenförmigen Krystalle. Stuttgart 1861.
— Ueber Bildungsweise der Arragonite.
11*
84 Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. 8. w.
Schässburg. Evang. Gymnasium. Programm zum Schlüsse des Schuljahres 1860/61.
Selwyn, Alfred, Government Geologist in Melbourne, Australien. Geological Survey of
Victoria. Nr. 1, 2, 6, 8, 9, 13 und Farbentabelle (14 Bl.). — General map of Australia,
shewing the Routes of the Explorers. 1859. (1 Bl.). — Geological survey of Victoria,
Ballaarat. (1 Bl.). — Victoria. Census districts and distribution of the population.
1857/1858. (8 Bl.). — Geological map. (2 Bl.). — Victoria. Electoral districts and sub-
divisions. 1858.
Silliman, B., Professor, New-Haven. American Journal of science and arts. Nr. 82—90 de
1860; Nr. 91 — 94 de 1861. — The great Comet of 1861.
Speyer, Dr. Oscar, Lehrer an der höheren Gewerbeschule, Cassel. Ueber Tertiär-Conchy-
lien von Sollingen bei Jerxheim im Grossherzogthum Braunschweig. 1860.
8taring, Dr. W. C. H., Geologe, in Haarlem. Toestand van het geologisch onderzoek van
Nederland. 1860. — Carte geologique de la Neerlande. Sect. 19. Betuwe, Nr. 20. Mün-
sterland.
Stockholm, K. Akademie der Wissenschaften. Handlingar. N. F. I, 1, 1858. —
Ofversigt af forhandlingar. XVI, 1859. — K. svenska Fregatten-Eugenies Resa omkring
Jorden etc. Zoologi. IV.
$toliczka, Ferdinand, Wien. Ueber die Gastropoden und Acephalen der Hierlatz-Schich-
ten. Wien 1861.
Stoppani, Anton, Bibliothek-Custos an der Ambrosianischen Bibliothek, Mailand. Essai sur
les conditions generales des couehes a Avicula contorta et sur la Constitution geologique
et paleontologique speciale de ces meines couehes en Lombardie. 1861.
Studer, B., Professor, in Bern. Les couehes en forme de C. dans les alpes.
Sturz, Dr. Jacob, in Berlin, Brasilianische Zustände und Aussichten im Jahre 1861. Mit Be-
legen nebst einem Vorschlag zur Aufhebung der Sclaverei und Entfernung der Schwar-
zen aus Nord-America. Berlin 1862.
Stuttgardt* Verein für vaterländische Naturkunde. Jahreshefte. Jahrg. XVII,
1861, Hft. 1—3.
Szigeth« Helv. Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
Teschen. K. k. Kath. Staats- Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
„ K. k. Evang. Gymnasium. Programm am Schlüsse des Schuljahres 1861.
Theobald, Dr. G., Professor, in Chur. Naturbilder aus den Rhätisehen Alpen. Chur 1861.
— Unter-Engadin. Geognostische Skizze.
Toulouse. Kais. Akademie der Wissenschaften. Memoires. Ser. V, T. V, 1861.
Trautschold, in Moskau. Bemerkungen über die stratigraphischen Verhältnisse des Gou-
vernements Kaluga. Moskau 1860. — Uebergänge und Zwischenvarietäten. Moskau 1861.
— Recherches geologiques aux environs de Moscou. Couehe jurassique de Galiowa.
Moscou 1861. — Recherches geologiques aux environs de Moscou. Couehe jurassique de
Mmiovniki. Moscou 1861.
Trier. Gesellschaft für nützliche Forschungen. Jahresbericht über die Jahre
1859 und 1860.
Triest. K. k. Marine-0 b er-C omma ndo. Reise der österreichischen Fregatte Novara um
die Erde in den Jahren 1857 — 1859 u. s. w. Beschreibender Theil. 1. u. 2. Bd. Wien 1861.
„ K. k. Gy mnasiu m. Programm für das Schuljahr 1861.
Troppau. K. k. Ob er- Gymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
Turieu Kön. Akademie der Wissenschaften. Memorie. Vol. XIX. 1861.
Tyson, Philipp I., Staats-Chemiker, Annapolis, Maryland. First Report. January 1860.
Udine. Ackerbau-Gesellschaft. Bollettino. 1860, Nr. 39 ; 1861, Nr. 1 — 3. — Annuario.
Anno IV. 1861.
Unger, Dr. Franz, K. K. Universitäts-Professor. Wien. Chloris protogaea. Beiträge zur Flora
der Vorwelt. Leipzig 1841—1847.
Upsala. Kön. Akademie der Wissenschaften. Nova acta Ser. III. Vol. III. 1861. —
Arsskrift. Andra Arg. 1861.
Venedig. K. k. Institut der Wissenschaften. Memorie. Vol. IX, P. 2, 3, 1861. —
Atti. Tom. VI, disp. 1 — 10, 1860/61.
Vicenza. K. k. Lyceal-Gy mnasium. Programma per l’anno 1861.
Villa, Anton, in Mailand. Osservazioni zoologiche eseguite durante l’ecclisse parziale di
sole del 18 Luglio 1860. — Straordinaria apparizione di insetti carnivori. — Süll’ origine
delle perle e sulla possibilitä di produrle artificialmente. 1860.
Vinkovce. K. k. Kath. Obergymnasium. Programm für das Schuljahr 1861.
Volpicelli, Paul, Professor in Rom. Teorica della compensazione dei pendoli. Roma 1860.
— Formul es electrometriques. — Sulla legge diMariotte sopra un congegno nuovo per
dimostrarla nelle sperimentali lezioni e su varie applicazioni d’essa. Roma 1859. — Di
uno stereoscopio diaframatico, nota. Roma 1854. — Sulla elettricitä dell’atmosfera.
Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w. 85
2. Nota. Roma 1861. — Descrizione (Tun nuovo anemometrografo e sua teorica. Roma
1859.
Washington« Kriegsdepartement. Reports of Explorations and Surveys to ascertain
the most practicable and econoinical Route for a Railroad from the Mississippi River
to the Pacific Ocean etc. Vol. XII, P. 1, 2, 1860.
„ Observator y. Maury’s Nautical Monographs. Nr. 2. The Barometer at Sea. March 1861.
„ Smithsonian Institution. Annual Report of the Board of Regents for the year
1859. — Ichnographs from the Sandstone of Connecticut River by I. Deane. Boston
1861. — Smithsonian Contributions to Knowledge. Vol. XII, 1861.
Weeber. Heinrich C., Forst-Inspector, Brünn. Verhandlungen der Forst-Seclion für Mähren
und Schlesien. Hft. 39 — 46, 1860/61.
Weiss, Adolph, Docent an der k. k. Universität in Wien. Ueber die Abhängigkeit der Linien-
distanzen im Spectrum des Gases der Untersalpetersäure von der Dichte desselben.
Wien 1861. — Ueber das Verhalten des Kupferoxy-Admmoniaks zur Membran der Pflanzen-
zelle, zum Zellkerne und Primordialschlauche von Dr. A. W eiss und Dr. J. Wiesner.
^ Wien 1861.
Weiss, Dr. Edmund, in Wien. Ueber Meteoriten. Ein Vortrag u. s. w. Wien 1862.
IVerschetz. Oeff. Unter-Realschule. Jahresbericht, 4. — 7.1858 — 1861.
Wien. Dir ection der k. k. ausschl. priv. Kaiser Ferdinands Nordbahn. Proto-
koll über die Verhandlungen der am 22. Mai 1861 abgehaltenen 34. General- Versamm-
lung der Actionäre 1861. — Relation über die zwischen der a. pr. K. F. Nordbahn und
der k. k. pr. öst. Staats-Eisenbahngesellschaft obwaltenden Verhältnisse. Wien 1861. —
Rechtsgutachten von 7 Professoren der Wiener Universität über Inhalt und Umfang des
Privilegiums der K. F. Nordbahn. Wien 1861. — Die Bau-Projecte der öst. Staats-Eisen-
bahngesellschaft und das Privilegialrecht der K. F. Nordbahn. Wien 1861. — Berichtigung
der Bemerkungen des Herrn I. Maniel über eine Relation des H. Francesco ni.
Wien 1861.
„ K. k. Staats-Ministerium. Reichsgesetzblatt. Jahrg. 1860, St. LXXVII. — LXXX. ;
Jahrg. 1861, St. XVII.— L. — Austria. 1860, Hft. 53; 1861, Hft. 16-50. — Berg- und
hüttenmännisches Jahrbuch der k. k. Montan-Lehranstalten u. s. w. X. Bd. Wien 1861.
„ K. k. Handels-Ministerium. Uebersicht der Verhältnisse und Ergebnisse der österr.
Bergbaues im Verw.-Jahre 1860. Wien 1861.
„ K. k. Direction der administrativen Statistik. Mittheilungen aus dem Gebiete
der Statistik. IX. Jahrg., Hft. 2, 3, 1861.
„ Magistrat. Statistik der Stadt Wien. Herausgeg. von dem Präsidium des Gemeinde-
rathes und Magistrats der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt. Probeheft zur Vor-
lage an den 3. internationalen statist. Congress. Wien. 2 Hfte. 1857, 1861.
„ Kais. Akademie derWissenschaften. Denkschriften. Mathem.-naturw. Classe.
XIX. 1861« — Denkschriften. Phil.-hist. €1. XI. Bd. 1861. — Sitzungsberichte. Philos.-
hist. Ciasse. XXXV. Bd., Hft. 3—15, 1860; XXXVI. Bd., 1.-3. Hft.; XXXVII. Bd.,
1. — 4. Hft. 1861. — Sitzungsberichte. Math.-naturw. Classe. XLII. Bd., 1860, Nr. 22 — 29;
XLIII. Bd., 1861, Jänner. 2. Abth. Febr. 1., 2. Abth.; März, 1. u. 2. Abth.; April, 1. u. 2.
Abth.; Mai, 1. u.2. Abth.; XLIV. Juni, 1. u. 2. Abth.; Juli, 1. u. 2. Abth. 1861.
„ K. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Uebersichten
der Witterung. Jänner bisDecember 1859. — Jahrbücher. VII. u. VIII. Bd., Jahrg. 1855/56.
„ K. k. Akademisches Gymnasium. Jahresbericht für das Schuljahr 1860/61.
„ K. k. Gymnasium zu den Schotten. Jahresbericht am Schlüsse des Schuljahres
1861.
„ K. k. Ober-Realschule in der Vorstadt Landstrasse. 10. Jahresbericht für das
Schuljahr 1861.
„ Doctoren-Collegium d er m edicinis chen Facultät. Oesterr. Zeitschrift für
praktische Heilkunde. 1861, Nr. 1 — 51. — XI. Jahresbericht für 1860/61.
„ K. k. geographische Gesellschaft. Mittheilungen. IV. Jahrg. 1860.
„ K. k. Gartenbau-Gesellschaft. General-Versammlung am 12. Juni 1861.
„ K. k. Lan d wirth Schafts -Gese 1 Is chaft. Allgem. land- und forstwirtschaftliche
Zeitung. 1861, Nr. 10 — 36.
„ K. k zoolog. botanische Gesellschaft. Verhandlungen. Jahrg. 1860. X. Band.
„ Oesterr. Ingenieur-Verein. Zeitschrift. XII. Jahrg., 10. — 12. Hft., October bis
December 1860; XIII. Jahrg., Nr. 1 — 9, 1861. — Verzeichniss der Mitglieder. 1861.
„ Handelskammer. Bericht über den Handel u. s. w., während der Jahre 1857 bis
1860. Wien 1861.
„ Redaction der österr. militärischen Zeitschrift. I. Jahrg., 1860. 1. Bd.,
(2. Aufl.) , 2. u. 3. Bd.; II. Jahrg. 1861; I. Bd., 1.-5. Lief.; II. Bd. , 6.-I0. Lief.;
III. Bd., 1.— 6. Lief., IV. Bd.; 1.— 5. Lief.; V. Bd., 1. u. 2. Lief.
86 Verzeichniss der an die k. k. geolog. Reichsanstalt eingelangten Bücher, Karten u. s. w.
Wien* Oesterreichische botanische Zeitschrift. 1860, Nr. 7 — 12; 1861, Nr. 1 — 12.
„ Redaction des Wanderer. Blatt Nr. 272 mit Notiz von B a 1 la über Meteorologie.
„ Gewerbe-Verein. Verhandlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1860, Hft. 9—12; 1861,
Nr. 1—10.
Wiesbaden. Verein für Naturkunde. Jahrbücher. 14. Hft., 1859; 15. Hft., 1860. —
Das Festland Australien. Geographische, naturwissenschaftliche und culturgeschichtliche
Skizzen von Fr. Odern heim er. Wiesbaden 1861.
Würzburg. Landwirthschaftl. Verein. Gemeinnützige Wochenschrift. 1860, Nr. 36
—52, 1861, Nr. 1—39.
„ Medici n. Physic. Gesellschaft. Naturwissenschaftl. Zeitschrift. I, 3, 4, 1860; II,
1—4, 1861. — Medicinische Zeitschrift. I, 5, 6, 1860; II, 1 — 4, 1861.
Zigno, Freih. v. Achilles, in Padua. Sulla costituzione geologica dei Monti Euganei. Me-
moria. Padova 1861. — Sopra un nuovo genere di felce fossile. Memoria. Venezia 1861.
Knaim. K. k. Gymnasium. Programm für das Studienjahr 1861.
Zürich. Naturforschende Gesellschaft. Vierteljahrschrift. Jahrg. III, 3,4, IV, V.
1858—1860.
Geschlossen am 15. December 1861.
JAHRBUCH
DER
KAISERLICH - KÖNIGLICHEN
GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT.
JAHRGANG 1861 UND 1862. XII. BAND.
NR0 2. JÄNNER. F ER RU AR. MÄRZ. APRIL. 1862.
BEI WILHELM BRAU MÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES.
: v
II. lieft.
12. Band. 1861 u. 1862. JAHRBUCH
DER
KAIS. KÖN. GEOLOGISCHEN REICHS-ANSTALT.
I. Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
Zweite Abtheilung *).
Von Ferdinand Freiherrn v. Rieht hofen.
Mit 1 lithographirten Tafel.
B. Lagerung und Gebirgsbau in der Trias-Lias-Zone.
(Fortsetzung.)
II. Trias-Lias-(rebiet zwischen Bludenz und dem Arlberg.
Von dem in seinem Gebirgsbau so complicirten Rhätikon wenden wir
uns zur östlichen Fortsetzung der Trias-Lias-Zone und betreten damit ein Gebiet,
welches durch eine überraschende Harmonie und Gesetzmässigkeit seines Baues
in allen Theilen ausgezeichnet ist. In steter Gleichförmigkeit ziehen mächtige
Hebungswellen, einander parallel und gleich gebildet, in weiter Erstreckung von
West nach Ost und erleiden nur selten in ihrer Regelmässigkeit eine locale Unter-
brechung, wie an der Alpilla-Spitz/am Thannberg, bei Re litte und an einigen
anderen Orten; manche von ihnen lässt sich leicht 10 — 12 Meilen weit ungestört
verfolgen. Die Hebungswellen sind das eigentlich Typische und Formgebende im
Gebirgsbau unseres gesammten Trias-Lias-Gebietes bis hin nach Salzburg und
Berchtesgaden und man kann denselben in seinen allgemeinen Verhältnissen
nur dann verstehen, wenn man die elementaren Hebungswellen in ihrer Entwicke-
lung verfolgt. Es schieben sich secundäre Wellen ein, eine Mulde geht im wei-
teren Verlauf in eine Ueberschiebung oder eine Ueberstürzung über und so gibt
es noch unendlich viele Modificationen, welche eine Hebungswelle erleiden kann.
Um sie genauer und übersichtlicher erörtern zu können, scheint es zweckmässig
diejenigen welligen Aufbiegungen, welche sich auf sehr bedeutende Erstreckung
verfolgen lassen, mit Bezeichnungen zu belegen und sie als Haupt-Hebungswellen
gegenüber den accessorischen zu betrachten. Nur dadurch dürfte es möglich sein,
bei dem schrittweisen Vorgang in der Betrachtung den Zusammenhang des Gan-
zen nicht zu verlieren.
Der Ausdruck „Hebungswelle“ ist klar; er bezeichnet die geradlinig
fortstreichende wellige Aufbiegung eines Schichtensystems * 2). In unserem Gebiet
4) Siehe die erste Abtheilung in diesem Jahrbuche, Band X, 1859, Seite 72—137, mit
XII Profilen und 2 Tafeln.
2) Der Ausdruck „Hebungswelle“ soll in keiner Weise eine Theorie über die Entstehung in
sich schliessen. Kaum wird jetzt, nach Besiegung unserer so weit verbreitet gewesenen
Theorien über die Epochen plötzlicher Hebungen und die zahllosen Hebungssysteme
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft, 12
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
88
[2]
streichen sie ohne Ausnahme ungefähr von West nach Ost (h. 4*/2 — l'/z), daher
man einen Nord- und einen Süd-Schenkel unterscheiden kann !).
Folgende können in dem zunächst zu erörternden Theile des Trias-Lias-
Gebietes als die Haupthebungswellen angesehen werden :
I. (Profile VI bis XII) 2). Von Bludenz durch das Klosterthal überden
Arlberg und im Stanzer Thal abwärts bis Mils (zwischen Landeck und
Imst) erstreckt sich in einer Länge von beinahe 10 Meilen eine ausgezeichnete
Hebungswelle, stets unmittelbar an der Grenze mit dem Urgebirge und zwischen
Bludenz und Pians nur mit dem gegen Norden fallenden Theil entwickelt. In
Westen schiebt sich zwischen dem Klosterthal und dem Bartholomäus-Berg noch
eine Fortsetzung der Rhätikon-Gebirge ein, welche wir als IS und II (für die
Profile) betrachten werden. Hiervon abgesehen fallen alle Schichten dieses
Systems gegen Norden, bilden eine im Westen schmale, im Osten (Meridian
des Mutterkopfes) 1 i/2 Meilen breite, flache Mulde und erheben sich wieder zu
II (Profile V bis XII), der ersten jener Wellen, welche nur mit dem süd-
lichen Theile entwickelt sind; ihre Nordgrenze ist durch eine Ueberschiebung
ihrer ältesten Schichten auf die jüngsten der Welle III bezeichnet; sie beginnt
bei Lude sch, zieht am Nord-Abhang des Hoch-Frassen hin, südlich von
Maroul und Garfüllen vorüber und wird in der sehr verwickelten Umgebung
der Rothwand undeutlich. Sie geht dann weiter über Zug, Am Lech, Grub-
Spitz, Kristali-Spitz nach Gramais und Pfaflar und wir werden sie
später durch die Einsattelungen nördlich von der Heiter wand und vom Wan-
neck weiter verfolgen.
Die Mulde IN — II S gehört wegen ihrer eigenthümlichen Lagerungs-
verhältnisse zu den wichtigsten und interessantesten Theilen unseres gesammten
Gebietes.
noch Jemand daran zweifeln, dass die Zusammenschiebungen der Sedimentärgebirge
an den Flanken unserer krystallinischen Centralketten zu einem Faltensysteme von
Gebirgszügen ihre Entstehung einer langen Reihe säcularer Hebungen und Senkungen
verdanken; wer aber dürfte mit den uns jetzt zur Untersuchung zu Gebote stehenden
Mitteln wagen zu bestimmen, welche Bewegung die Hauptrolle gespielt hat. In allen
Fällen aber hat eine relative wellige Erhebung über die Grundlage stattgefunden und
dies dürfte die Bezeichnung rechtfertigen.
0 Zur Vereinfachung der Darstellung wie zu der besseren Vergleichung mit den Profilen
scheint es geeignet, gewisse Bezeichnungen anzuwenden:
Die Hauptwellen tragen römische Ziffern. Mit I bezeichnen wir die der Grenze
mit den krystallinischen Schiefern benachbarte Welle, mit II, III, IV u. s. f. successiv die
weiter gegen Norden folgenden Hauptwellen. Wenn sich die krystallinischen Schiefer
so weit gegen Norden erstrecken, dass z. ß. I und II verschwinden, s'o werden sie bei
dem Zurücktreten von jenen wieder in derselben Bedeutung aufgenommen.
Die untergeordneten oder accessorischen Hebungswellen werden
mit arabischen Ziffern bezeichnet, welche dem Zeichen der zunächst nördlich angren-
zenden Hauptwelle beigesetzt werden.
Der Nord- oder Süd-Schenkel einer Welle werden durch ein angehängtes
N oder S ausgedrückt. HIN bedeutet daher den Nordabhang einer zwischen der
ersten und zweiten Hauptwelle auftretenden accessorischen Aufbiegung. In den meisten
Fällen ist nur einer der beiden Schenkel ausgebildet und zwar stets der südliche;
der Nordabhang zeigt alsdann den steilen Durchschnitt der auf die nächste Welle
übergeschobenen Schichten, der Nord-Schenkel aber fehlt. Ein Blick auf die Profile
lehrt, wie überaus häufig dieser Fall in unserem Gebiete ist und wie die abnorme
Erscheinung zum Gesetz wird. Sehr selten findet eine Muldenbildung statt, wie sie im
Rhätikon mehrfach zu beobachten war. Es ist klar, dass jede Mulde durch I N 4* II S
oder II S IHN u. s. w. gebildet wird, also stets zwei Wellen angehört, während
ein Rücken stets nur aus einer einzigen besteht.
a) Bei der ersten Abtheilung dieser Abhandlung.
[3]
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
89
III (Profile VII bis XII). Eine dritte schärfer abgegrenzte Hebungswelle von
geringer Breite erstreckt sich nördlich von der vorigen; auch von ihr zeigen die
Profile nur südlich fallende Schichten. Untersucht man die Nordgrenze des Zuges
von Osten her, so lässt sie sich von L er mos über Na ml es und Bschlaps
nach dem Lechthal verfolgen, setzt im schiefen Winkel zwischen Griesau
und Ober-Giebler über dasselbe hinweg, nimmt jenseits einige Vorsprünge
mit und endigt scheinbar im Lechthal selbst bei Stög; allein mit Berücksichti-
gung der sehr gestörten Verhältnisse dieser Gegend lässt sich die Welle als
solche weiter verfolgen und erscheint in ihrem alten Charakter bald wieder; ihre
Nordgrenze zieht durch den Gypsitobl nach dem Gansboden, Tisner
Gschröf und der Alpilla im grossen Walser Thal.
IV (Profile VIII bis XII). Unweit nördlich von der Alpilla beginnt ein An-
fangs sehr schmaler Zug, dessen Nordgrenze an der südlichen Thal wand des
Walser Thaies hinzieht, am Juppenspitz und Warthhorn fortsetzt, bei
Warth in kurzer Erstreckung verschwindet und dann über Mädele-Gabel
und die Bretter-Spitz nach Vorder-Hornbaeh im Lechthal zu ver-
folgen ist.
V (Profile VIII bis XII). Eine durch ausgezeichnete Schichtenentwickelung
und durch die Höne ihrer Dolomitgebirge ausgezeichnete Hebungswelle ist:
Zitterklapfen, Widderstein, Ochsen joch, Hochvogel. Die Grenze ist
am Nordabfall dieser mächtigen Gebirge; der Dolomit überlagert hier die
Algäu-Schichten von
VI (Profile IX bis XII), einer sehr untergeordneten Hebungswelle, welche
in Vorarlberg nur die nördlichen Gehänge des Zitterklapfen-Zuges, das Zwölfer-
Horn, den Hammer-Kopf und die Kanzelwand im Mittelberg bildet, dann
das Algäu durchsetzt und mit dem Hochwaldspitz wieder Tirol betritt.
Sie zieht von hier über das Kälbeles-Eck und den Leitach-Spitz gegen
W eissenbach hin.
Wir setzen unsere unterbrochene Beschreibung der Lagerung und des Ge-
birgsbaues in der Trias-Lias-Zone bei dem zwischen Bludenz und der tirolischen
Grenze gelegenen Theil fort, welcher eine durchschnittlich 21/a Meilen breite
Zone zwischen krystallinischen Schiefern und Flyseh bildet.
Umgeg end von Bludenz, Bratz, Dalaas, Barth olomäusherg. (Verhältniss zum
Rhätikon.) Profile V bis IX.
Bludenz liegt unweit der Vereinigung des vom Arlberg herabkommenden
Klosterthaies mit dem grösseren Montavon in schöner fruchtbarer Gegend, ein
vortrefflicher Ausgangspunkt für Excursionen nach allen Theilen der weiteren
Umgegend. Ein sehr niederer, nach Süden steiler, nach Norden flacher Bergvor-
sprung zieht sich von Osten her in die Stadt hinein und trägt das Schloss der-
selben. Er besteht aus nördlich fallendem Virgloria-Kalk , der in einigen Stein-
briichen gewonnen wird. Mit stets gleichem Fallen streicht der mauerförmig ab-
gebrochene Kalk nördlich von Rungelin vorbei quer über den Grupser Tobl und
über Bratz nach Dalaas. Die Mauer bildet den unteren Theil eines hohen steilen
Abhanges, mit welchem der Geisspitz, die Gamsfreiheit, die Pitschi-Köpfe, der
Rogelskopf u. s. w. gegen das Ulthal abstürzen, und wie ihre eigenen Schichten
flach nördlich fallen , so thut dies auch die ganze Folge , welche sich zu dem
hohen Abhang aufbaut. Es sind dies in normaler Reihenfolge alle Formationsglie-
der, welche ihre Stellung über den Virgloria-Kalken bis hinauf zum Dolomit
12*
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
90
w
haben. Das ganze nördlich fallende System aber, welches die Wand durch-
schneidet, ist die nördliche Hälfte unserer Welle I.
Ehe wir in dieser Richtung weiter vorschreiten, untersuchen wir den Theil,
welcher südlich von der Linie BIudenz-Dalaas liegt; dazu dient am zweckmässig-
sten ein
Durchschnitt von Bludenz nach Sehr uns im Montavon.
In dem Profil V ist der Abhang vom Katzenkopf hinab nach Rungelin ein
Theil der eben beschriebenen Wand. Während aber fast in der ganzen Erstrek-
kung bis Dalaas die Thalsohle an diese Wand unmittelbar herantritt, legt sich
südöstlich von Bludenz ein niederer, jener Wand vollkommen paralleler Berg-
rücken vor, um dessen Fuss sich die Strasse winden muss. Er besteht aus zwei
schmalen Kalkriegeln, welche durch eine Mulde getrennt werden und sich durch
ihre dunkle Bewaldung auch landschaft-
lich scharf zeichnen. Die Schichten fallen
südlich und man erkennt deutlich die
Triaskalke und die Partnachmergel. In
der Tiefenlinie der Aufbiegung, aber
noch über dem Niveau des Illthales, liegt
Rungelin auf sanften von Mergeln gebil-
deten Hügeln. Ob diese Mergel in der
That in der im Profil angegebenen Weise
zwischen Virgloria-Kalk und Verrucano
liegen und also den im Rellsthal beob-
achteten entsprechen, oder nicht viel-
mehr durch eine in folgender Weise (Fig. 16) stattfindende Einbiegung nochmals
erscheinende Partnachmergel sind, konnte ich nicht entscheiden.
Die Arlbergkalke fallen in das Illthal und die weitere Folge ist von Alluvio-
nen bedeckt. Die Breite des Thaies beträgt an dieser Stelle ungefähr 2500 bis
3000 Fuss; es können also sehr wohl 2000 Fuss mächtige Schichten hier hinab
fallen und mit ihrem Ausgehenden die Tbalgrundlage bilden. Geht man hiervon
aus, so wird man an der jenseitigen Thalwand das Hangende de<f Dolomits zu
suchen haben. Und in der That, wenn man über Brunnenfeld dem Ausgange
des Montavon zuwandert, so erreicht man dieses unmittelbar über der Illbrücke
an einem Felsenvorsprung mit steil (über 80°) nördlich fallenden, h. 7 (0. 15° S.)
streichenden Schichten, welche sich durch eine Unzahl von Versteinerungen als
Küssen er Schichten erweisen. Sie stehen hier in einer Mächtigkeit an,
welche in gar keinem Verhältniss zu dem gewöhnlichen Vorkommen derselben
steht. Kalksteine, z. Th. im mächtigen Bänken, herrschen vor; sie sind rauchgrau,
bläulich, röthlich, zum Theil kieselig, zum Theil sehr fein krystallinisch; die
mergeligen Schichten bleiben untergeordnet. Alle Gesteine führen einen grossen
Reichthum an thierisehen Resten. Durchschnitte von Zweischalern von 8 — 9"
Länge sind nicht selten und sehr viele sonst den Kössener Schichten fehlende
Versteinerungen; besonders ist in den mergeligen Schichten der breitrippige
Pecten lugdunensis sehr häufig.
Die Kössener Schichten halten bis zur Brücke von Lorünz an, wo sie von
Dolomit unterteuft werden. Die Streichungsrichtung h. 7 bleibt ebenso wie das
steile nördliche Einfallen auch weiterhin bestehen und da das Thal der 111 in die-
sem Theil eine NNW. Richtung hat, so durchschneidet es die Schichten unter
einem schiefen Winkel und entblösst ihre Reihenfolge an beiden Thalwänden in
überaus schöner Weise. Der Dolomit hält wegen seiner bedeutenden Mächtig-
keit lange an. Vor ihm breitet sich eine unendliche kümmerlich bewachsene
Fig. 16.
Rungelin.
1. Virgloria-Kalk. 2. Partnachmergel. 3. Arlberg-Kalk.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
91
Schutthalde aus, die dem ohnehin an seinem Eingang wilden Thal einen trauri-
gen Charakter gibt. Dies ist die Praza lans, das historisch merkwürdige Denk-
mal gewaltiger Bergstürze und Ueberfluthungen, welches nach Herrn B e rg-
mann’s Entdeckung die Veranlassung zu dem Namen Montavon gab. Den Grund
dieser auffallenden Zerstörung erkennt man leicht in den hier sehr mächtigen
gypsführenden und überdies fast senkrecht stehenden Schichten der gelben
Rauchwacke der Arlberg-Schichten. Der Fallöer Tobl hat sich tief hinein ge-
wühlt und wenn man an seinen Ausgang über die Trümmerberge hinansteigt, so
sieht man eines der grossartigsten Beispiele des Einflusses der Schichtenstellung
auf die Physiognomik einer Gegend, da gerade die Rauchwacke sich wo sie söhlig
liegt, durch ihre fruchtbaren Alpen auszeichnet. Der Gyps im Fallöer Tobl ist
theils Alabaster, theils sandig schieferig. Es kommen auch die braunen Keuper-
sandsteine der Raibler Schichten hier vor.
Bezeichnet man diese Schichten als das oberste Triasglied mit 1, so folgen
nach Süden im Liegenden:
2. Poröser fester schwarzer Kalkstein, wie im Galgentobl. Eine Sandstein-
bank ist ihm eingelagert, 50 Fuss.
3. Weisslichgraue bimssteinartige Rauchwacke, zu Grus zerfallend, 30 Fuss.
4. Grauer Kalkstein und Dolomit, stellenweise mit mergelig-schieferigen
Einlagerungen.
Die Mächtigkeit von 2 — 4 beträgt 5 — 600 Fuss, man erkennt in ihnen leicht
das gewöhnliche Vorarlbergische Aequivalent des Hallstätter Kalks, die Arlberg-
Kalke. Am Nordabhang des Gravistobels findet in sehr ausgezeichneter Weise
die stets vorkommende Wechsellagerung der tiefsten porösen Kalke mit Mergeln
statt, bis diese als
5. Partnachmergel allein herrschen. Sie führen sehr sparsam Bactril-
lium Schmidti Heer. Dem sanften Gehänge dieser Mergel folgt bald ein langer,
aus dem Abhang heraus quer gegen die 111 ziehender Rücken von
6. Virgloria-Kalk. Er ist mächtig entwickelt.
7. Mergel. Dieses selten beobachtbare Glied steht hier mit seinen Schich-
tenköpfen an, ist aber fast überall mit Rasen bedeckt. Man sieht sie wie über-
haupt das gesammte Profil am deutlichsten, wenn man den Fussweg von Sanct
Antoni nach Sanct Bartholomäusberg einschlägt, da er über alle Schichtenköpfe
quer hinwegführt.
8. Verrucano. Diese Formation ist hier ungemein reichhaltig entwickelt;
die Schichten sind die unmittelbare Fortsetzung der früher aus dem Reilsthal
beschriebenen und zeigen dieselbe Mannigfaltigkeit wie dort; doch hindert die
Rasendecke die Beobachtung der Aufeinanderfolge. Die ersten unter derselben
zu Tage tretenden Gesteine sind weisse Quarzitschiefer; ihnen folgt ein rother
grobkörniger echter Verrucano mit vielen Quarzbrocken, dann ein rother Quarz-
sandstein, grauer schuppiger Glimmerschiefer, endlich ein sehr glimmeriger
rother thoniger Schiefer mit wulstigen Schichtenflächen. Weiterhin ist nur noch
Glimmerschiefer zu beobachten. Anfangs noch schuppig und zuweilen
röthiich gefärbt, später mit allen Eigenschaften des Gesteins der Centralkette.
Auf ihm liegt die Kirche von St. Bartholomäusberg, von wo aus man Schruns
bald erreicht.
Das Profil Bludenz-Schruns lässt also eine doppelte Faltung des gesammten
Schichtensystems erkennen, eine wellige Aufbiegung bei Bludenz und eine Erhe-
bung desselben gegen die krystallinischen Schiefer.
Der Verfolg des Profils nach Westen über die 111 lehrt ein eigen-
thümliches Verhältniss kennen. Im Allgemeinen entspricht sich nämlich die
92
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[«]
Schichtenstellung an beiden Gehängen; allein die einzelnen Formationsglieder
lassen sich nur im Süden (bei Vandans und St. Antoni) unmittelbar über dem
Fluss verfolgen; weiter gegen Norden trifft man am Westabhang ältere For-
mationen als am Ostabhang.
So z. B. sucht man die Kössener Schichten von Lorünz und Brunnenfeld
jenseits umsonst; es erscheinen (s. Prof. VI) nur Dolornit mit seinem Liegen-
den und erst weiter in Westen in viel grösserer Höhe lagern ihm die Kössener
Schichten auf.
Das Illthai von Vandans bis Lud esc h bezeichnet somit eine
Verwerfun gsspalte, welche schiefwinklig gegen das Streichen der Hebungs-
wellen, rechtwinklig zur Höhenlinie Gafalina-Gaffaljoch gerichtet ist. Die Ver-
schiebung fand in senkrechter Richtung statt, so zwar, dass der östliche Theil
gegen den westlichen gesenkt wurde und jüngere Schichten in gleiches Niveau
mit älteren von jenseits brachte. Bei Schruns war wahrscheinlich der Betrag der
Verwerfung Null, vielleicht auch noch bei Vandans, nach Norden nimmt er in der
Richtung der Spalte mehr und mehr zu.
Dieser Umstand ist es vorzüglich, welcher dazu berechtigt, das Rhätikon-
gebiet als ein selbstständiges aufzufassen; es ist nicht nur durch die complicirten
Verhältnisse in seinem Bau ausgezeichnet und nicht nur durch das grösste Quer-
thal von dem übrigen Trias-Lias-Gebiet getrennt, sondern durch die einzige
die ganze Zone quer durchsetzende Verwerfungsspalte. Alle kleinen Hebungen
und Aufbiegungen, welche aus dem Rhätikongebiet bis an die Verwerfungsspalte
herantreten, sind in dem zuletzt verfolgten Profil noch zu erkennen, aber in ver-
änderter Weise. Interessant ist in dieser Beziehung die kleine scharfe wellige
Aufbiegung beiBürs (1. AbtheilungFig. 1 1 — 15) welche östlich der III in den Sattel
von Rungelin fortsetzt. Da aber die Antiklinallinie bei Bürs nach Osten ansteigt,
so müsste eigentlich der Sattel von Rungelin in weit höherem Niveau erscheinen;
die Verwerfungsspalte drückt ihn herab.
Verfolg des Profils Blud enz-Schruns nach Osten. Die Grenze
der krystallinischen Schiefer zieht sich von Gantschier (zwischen Schruns
und Vandans) nördlich von Bartholomäusberg und Kristberg vorüber
nach Wald im Klosterthal; sie streicht Stunde 5 (0. 15° N.). Da nun die Schich-
ten des Profils Stunde 7 (0. 15° S.) streichen, so keilen sie sich, eine nach der
andern an den Schiefern aus und im Klosterthal ist bereits die gesammte Welle 1 1
verschwunden. Den sichersten Anhalt zum Verfolg gibt die Rauchwacke des Fal-
löer Tobels, welche auf der Höhe des Gebirges Alpen trägt und durch den Tobl
oberhalb Dalaas quer hindurchzieht, um gleich darauf zu verschwinden. Die
Höhe des Schwarzhorngebirges scheint von Algäu-Schichten gebildet zu werden,
welche den Kössener Schichten von Davenna und Lorünz auflagern und wahr-
scheinlich die Latonser Alp tragen. Zahlreiche Bruchstücke jener höheren Lias-
Glieder, welche von Bächen herabgeführt werden, nöthigen zu dieser Annahme.
• Das Klosterthal.
Das Thal der Aflenz oder das Klosterthal zieht in ostwestlicher Richtung
vom Arlberg herab und erreicht die 111 nach vier Meilen langer Erstreckung, in
der es stets unsere Hebungswelle I südlich begrenzt und von den krystallinischen
Schiefern scheidet.
Dieser Umstand bedingt seinen Charakter; denn da von der genannten
Hebungswelle, wie erwähnt, meist nur der nördliche Theil vorhanden ist und dort
wo die Antiklinallinie die höchste Erhebung bezeichnen sollte, ein steiler Absturz
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
93
m
das gesammte Schichtensystem abschneidet, so tritt das Thal unmittelbar an die-
sen Absturz heran, der sich schroff aus seiner Sohle erhebt und die Dolomitköpfe
trägt. Jeder Aufsteig an irgend einer Stelle dieser Wände entblösst das schönste
Profil der Trias-Schichten und des Dolomits und geht man noch weiter nach Nor-
den vor, so erreicht man fast überall auch die jüngeren Lias-Glieder in mulden-
förmiger Einlagerung. Dieses ausgezeichnete Verhalten findet von Bludenz bis
zum Arlberg statt und ist nur stellenweise ein wenig modificirt, indem sich auch
der Rücken der Hebungswelle geltend macht, wie die Profile VII bis XII zeigen.
In allen Theilen des Gebietes, welches wir jetzt betrachten, steigen wir aus dem
Klosterthal auf. Wir wenden uns daher zunächst zu dessen nördlicher Vorlage,
um dann allmälig bis zu der Grenze des Trias-Lias-Gebietes gegen den Flysch
vorzuschreiten und theilen das Ganze in folgende Abschnitte:
1. Bludenz-Ludesch-Alpilla-Rothwand-Bratz.
2. Dalaas-Formarin-Schafberg-Spullers-Klösterle.
3. Stuben-Arlberg-Grabaeh-Zürss.
4. Oberstes Lechgebiet (Zug, Am Lech, Stubenbach), Grubspitz, Gypsitpbl.
5. Walser Thal, südliches Gebiet.
6. Walser Thal, nördliches Gebiet (Zitterldapfen, Künzle-Spitz).
7. Thal Mittelberg und Widderstein.
8. Gegend von Schröcken, Hoch-Krumbach und Warth.
Bludenz, Ludesch, Alpilla, Rothwand, Bratz.
Auf dem Weg von Bludenz in den Galgentobl geht man bis Ob do rf
an einem Abhang hin, der das nördlich fallende Triassystem gegen West
abschneidet. Hat man daher die kleine Terrasse von Virgloria-Kalk überschritten,
welche das Schloss von Bludenz trägt, so folgen Partnach-Schichten, Arlberg-
Kalk und bei Obdorf Rauchwacke, welche den Abhang in grosser Ausdehnung
bildet. Die Rauchwacke biegt aber plötzlich muldenförmig um und mit dem Ein-
tritt in den Galgentobl erreicht man ihr Liegendes, die Arlberg-Kalke, abermals
und verfolgt beim weiteren Anstieg deren südöstlich fallende Schichtenreihe
nach abwärts. Steigt man dann über Bratz hinauf gegen den Hoch-Frassen,
so sieht man bald das System zum zweiten Mal, jetzt zum nordwestlichen Falle,
umbiegen, es folgt noch einmal Rauchwacke, welche die Häuser „Muttersberg “
trägt, und darüber nordwestlich fallender Dolomit. Diese gewölbartige Biegung
beobachtet man noch besser an dem Weg von Obdorf nach Nüziders
und um den hangenden Stein nach Ludesch. Es folgt hier der Reihe
nach : Rauchwacke der Raibler Schichten (Obdorf), Arlberg-Kalk (Galgentobl,
Vorder-Latz, Ofers, Nüziders, Schloss Sonnenberg), Partnachmergel, Virgloria-
Kalk (nur ein kleines aber gut aufgeschlossenes Gewölbe kommt zum Vorschein),
Partnachmergel, Arlberg-Kalk, Rauchwacke (trägt in der Höhe Hinter-Latz),
Dolomit, der den „hangenden Stein“ bildet. So heisst der Vorsprung eines Armes
des Hoch-Frassen gegen die 111. Am Dolomit hin erreicht man Ludesch und
damit Flysch, welcher den Dolomit unterteuft. Weiter hinauf gegen den Ludescher
Berg schieben sich zwischen Beide noch Algäu-Schichten ein.
Der hohe Frassen, ein vorzüglich schöner und geognostisch interes-
santer Aussichtspunkt, besteht in seinem obersten Theil aus Dolomit, welcher
jenes tiefere Gewölbe bedeckt und daher selbst ein mächtiges Gewölbe bildet.
Er hat schroffe Schluchten, steile Wände und sanfte steinige gerundete
Gehänge, die mit Knieholz bewachsen sind. Mit diesen Formen zieht die Berg-
masse südwestlich hinab nach dem hangenden Stein, südöstlich setzt siefort
94
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
r«]
in der Heis spitz, während sie nach Norden steil auf ein sanfteres Land abfällt,
das eine andere Gebirgsart andeutet. Man erreicht sie nach kurzem Abstieg von
der Höhe gegen Raggall; es sind Lias-Fleckenmergel mit Adnether Kalk und
allem Zugehörigen und dieser Lias ruht seinerseits wieder auf Flysch, welcher
das Dorf Raggall trägt. Dieses abnorme Lagerungsverhältniss gleicht dem,
welches wir so häufig im südwestlichen Theil des Rhätikon trafen. Eine Anla-
gerung findet durchaus nicht statt; denn die Wand des Hoch-Frassen besteht
aus steil abgeschnittenen horizontalen Schichtenköpfen. Diese Grenze zwischen
Algäu-Schichten und Flysch ist bei Raggall durch die Wälder der ersteren und
die Felder und Wiesen des Flysches bezeichnet.
Von Raggall über Maroul nach Lagutz geht man stets unweit der
Auflagerungslinie des Dolomites auf den Algäu-Schichten, an den Abhängen des
Mar oul er Thaies. Letzteres ist in seiner oberen Strecke ein Längsthal zwi-
schen Alpilla (N) und Gamsfreiheit (S) und wendet sich dann zum fast rechtwink-
ligen Durchbruch des nach Stunde 5 streichenden, £teil südlich fallenden Flysches.
Hier bildet es als Querthal eine tiefe Schlucht mit steilen buchenbewachsenen
Wanden, durch welche der Weg von Raggall nach Maroul führt. Reide Dörfer
liegen in ihrer ganzen Erstreckung im Gebiet des eocenen Flysches, der hier eine
weite Riegung nach Süden macht und bis zur Wendung des Thaies gegenüber
der Mündung des EU-Tobls anhält. Es folgen Algäu-Schichten, wie oberhalb Rag-
gall. Zwischen Maro ul und Garfüllen treten sie Anfangs als flyschähnlicher
Mergelschiefer auf mit einzelnen Fleckenmergel-Schichten; dann erscheinen sie
an den Abhängen gegen die Alpilla hinauf plötzlich in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit
mit den Wänden des hornsteinführenden Kalkes, den knolligen rothen Adnether
Kalken, dem blutrothen Hornstein u. s. w.
Um den Schichtenverband zu verstehen, in welchem diese jüngeren Lias-
glieder zu den das Marouler Thal einschliessenden Dolomiten stehen, verfolgen
wir das Profil aus dem Klosterthal über die Gamsfreiheit und quer über
das Maro hier Thal nach der Alpilla. Das letzt genannte Thal ist wie erwähnt
ein Längsthal, parallel dem Klosterthale; zwischen beiden zieht ein breites Dolo-
mitgebirge hin, welches in das Klosterthal mit den vielgenannten Triasschichten
abstürzt und unserer Hebungswelle I angehört. Dieser Dolomit überlagert die
Algäu-Schichten des Marouler Thaies ebenso wie er es weiter westlich am Hoch-
Frassen thut; in der Mitte der südlichen Thalwand verläuft die Auflagerungslinie.
Man könnte versucht sein dies durch eine überstürzte Welle zu erklären; allein
es schiebt sich zwischen beiderlei Schichten noch Rauchwacke der Raibler
Schichten und somit ist nur die Annahme einer U eher Schiebung längs der
Linie vonLudesch bis zum oberen Marouler Thal möglich, eine Ueber-
schiebung von Dolomit, zum Theil mit seinem Liegenden, auf die jüngsten
Liasglieder.
So klar dieser Schichtenverband nach Süden, so unklar ist das Verhältnis
zum Dolomit der Alpilla. Als ein kleiner ostwestlich streichender, isolirter Kamm
mit schroffen, wilden Formen erhebt er sich mitten aus den umgebenden Algäu-
Schichten. Resonders aber wird die Interpretation durch ein mächtiges Gypslager
erschwert, welches auf halbem Wege zwischen Garfüllen und Lagutz unter den
zerrissenen Schutthalden von Dolomit zu Tage kommt und wahrscheinlich als
Vertreter der Raibler Schichten den Dolomit der Alpilla unterteuft. Der Gyps
bildet dünne Zwischenschichten in dunklen dünnschiefrigen Mergeln. Raid darauf
führt der Weg über Dachsteinkalk und Adnether Kalk nach Lagutz, einer
schönen Alpe von 11 Sennhütten. Sie liegt in einem mit fruchtbarem Roden
erfüllten Kessel in Dachsteinkalk, der hier von bedeutender Mächtigkeit ist
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
95
Sckichtenkriimmungen des Daclisteinkalkes und Adnether Kalkes am
Os (abhange der Rothwand.
d Dachsteinkalk ; a Adnether Kalk ; f Fieekenmergel der Algäu-Schichten.
[9]
unmittelbar am Fuss des Rothhorns, hinter welchem sich die hohe Gebirgs-
masse der Rothwand erhebt.
Die Rothe Wand ist ein mächtiger Gebirgsstock, der aus einem vielfach
gewundenen Complexe von Algäu-Schichten , Adnether und Dachstein-Kalk
besteht. Besonders erreichen die rothen Adnether Kalke eine bedeutende Mäch-
tigkeit; sie geben der Gipfelmasse, von der sich nach Osten ein Gletscher hinab-
zieht, eine intensive Färbung und der gesammten Gebirgsrnasse den Namen. Der
Hutler Bach und der Marouler
Bach trennen mit ihren tiefen Fig* U-
Thälern die Rothwand von den
angrenzenden Dolomitgebirgen.
Die Regelmässigkeit der letzte-
ren steht in auffallendem Con-
trast zu der chaotisch in sich
zusammengewundenen Masse
der Algäu-Schichten; nur das
mächtige Flöz des Dachstein-
kalkes mit den stets begleiten-
den rothen Adnether Kalken ver-
mag einen Anhalt zur Beur-
teilung der Art dieser Störun-
gen zu geben. Die beistehende
Figur stellt den Theil einer
Wand am östlichen Abhang gegen den Ursprung des Hutler Baches dar.
Betrachten wir hier nur den südwestlichen Theil unseres Gebirges, welchen
man am Weg von Lagutz nach dem Formarin-See durchschneidet, um den
nordwestlichen im Zusammenhang mit dem Walser Thal zu erörtern, so sieht
man die grosse Masse der oberen Liasschichten auf einer Dachsteinkalkbank
aufliegen, welche von Lagutz nach dem Fo rma ri n-See und an dessen nörd-
lichem Ufer vorüberzieht. Dieser Kalk ist hier sehr reich an Korallenstöcken und
bildet mit seinen reichhaltigen zerklüfteten Massen zuweilen eine kleine Vor-
stufe zu dem höheren Gebirge der Fleckenmergel. Sie bleibt längs des Weges
zur Linken; dieser selbst aber führt am Grunde des kleinen Hochthaies in Kös-
sener Schichten, welche durch ihre nicht unbedeutende Mächtigkeit für den
Alpnutzen mitten in diesen sterilen Dolomitgebirgen von grosser Wichtigkeit
werden. Sie sind hier mergelig und ungemein versteinerungsreich und bilden die
Einsattelung, über welche der Uebergang von Lagutz nach dem Formarin-
See führt.
Ueberblicken wir das kleine Gebiet nochmals in seinem allgemeinen Bau,
so zeigt es eine von Bludenz bis Dalaas sich erstreckende Mauer von nörd-
lich fallenden Triasgesteinen, welche das Dolomitgebirge: Hoch-Frassen,
Gaisspitz, Katzenkopf, Stierkopf, Gamsfreiheit, P its chi kö p fe,
Rogelskopf, tragen. Vom westlichen Theil (Ludesch bis Lagutz) erhebt
sich der Dolomit muldenförmig und ist auf Algäu-Schichten übergeschoben, wo-
gegen im östlichen Theil der Dolomit sich senkt und jüngere Liasgesteine, mit
ihnen die ganze Masse der Rothwand, trägt.
Dalaas, Formarin, Schafberg, Spullers, Klösterle. (Profile IX, X.)
Das obere Lechthal von seiner Quelle bis Am Lech ist dem Klosterthal
ungefähr parallel. Beide Thäler sind Aufbruchsspalten; da nun beide von gleichen
K. k. geologische Reichsanstalt. 12, Band, 1861 und 1862. II. Heft. 13
96
Ferdicand Freiherr von Richthofen.
[10]
Formationen gebildet werden, so muss die Lagerung der Gebirgsmasse zwischen
beiden Thälern muldenförmig sein. In der That finden wir hier eine langgestreckte
aus I N und II S bestehende Mulde, welche in einzelnen Theilen überaus deut-
lich ist, während an anderen Stellen schwierigere Verhältnisse auftreten, welche
sich aber durch Modifieationen der muldenförmigen Biegung leicht erklären;
meist bieten ausgezeichnete Querdurchschnitte Gelegenheit, dies unmittelbar zu
beobachten. Verfolgen wir die einzelnen Quer-Profiie:
1. Von Dalaas durch den Höllentobl nach dem Saladina-
Kopf (Prof. IX). Dieses Profil ist so klar, dass es kaum einer Erläuterung
bedarf.
Das Thal weicht hier ein wenig von der Antiklinallinie am Grunde der
Aufbruchsspalte gegen Süden ab, somit wird am Fuss der Saladiner-Wand ein
grosser Theil der Welle entblösst und Verrucano kommt zum Vorschein. Ein
wenig weiter östlich hingegen (bei Wald) tritt die Thalsohle unmittelbar an die
Arlberg-Schichten heran; die Welle ist somit verschwunden und erscheint erst wie-
der bei Klösterle, während sie gegen Westen sehr allmälig, erst bei Bratz voll-
ständig, verschwindet, um bald darauf bei Rungelin wieder zu erscheinen. Nur
um wenige hundert Schritt westlich von dem eben betrachteten ist das 2. Profil
von Dalaas durch den Gantecker Tobl nach den Formarin-See,
welches zwar im Wesentlichen dem vorigen gleich ist, aber wegen seines vor-
trefflichen Aufschlusses an den Wänden des Tobls besondere Beachtung verdient.
Der Gantecker Tobl mündet in die Thalsohle bei Ganteck unweit Dalaas.
Die Strasse tritt unmittelbar an die Oeffnung der Schlucht heran, wo steil südlich
fallende Platten von Virgloria-Kalk entblösst sind. Der Weg von Dalaas nach den
höheren Theilen des Tobls trifft diese Schichten in weit bedeutenderer Höhe,
nachdem er schon Dolomit, Raibler, Arlberg- und Partnach-Schicbten durchkreuzt
hat. Dann folgt das Liegende in Gestalt jener Mergel, welche im Höllentobl die
Virgloria-Schichten vom Verrucano trennen. Letzterer wird im Gantecker Tobl
nicht sichtbar, sondern man sieht nun eine deutliche gewölbartige Umbiegung,
die Fortsetzung derjenigen am Ausgang des Höllentobls. Auch gegenüber an der
westlichen Thalwand kann man diese Umbiegung beobachten; von nun an fallen
alle Schichten nördlich und man erreicht mehr und mehr die höheren Niveau’s.
Auf die glatten Virgloriakalke folgen Partnachmergel mit 120 Fuss und Arlbergkalke
mit 600 Fuss Mächtigkeit. Letztere beginnen mit stark porösen, festen Gesteinen,
die nach oben heller (gelbgrau und rauchgrau), stark kieselig und splittrig, dünn
geschichtet, zum Theil dolomitisch werden. Es folgt schwarzer weissadriger Kalk,
endlich jene unvollkommen schiefrigen, mergeligen schwarzen Schichten, welche
auch im Galgentobl auftreten. — Die Raibler Schichten beginnen mit dünn-
geschichtetem dunkelbraunem Sandstein mit Pflanzenspuren; dann folgt gelbe
Rauchwacke, aber kein Gyps. Wie gewöhnlich ist jederseits in die Rauchwacke
ein kleiner Bach eingeschnitten; sie bildet Einsenkungen und trägt schöne Alpen,
theils im Grunde des Thaies, theils über den Gehängen (Heu-Alp). Endlich folgt
der Dolomit und man geht in seinem Gebiete zwischen Saladina- und Rogels-
Kopf fort bis zum Formarin-See. Dieser einsame Hochalpensee liegt in einem
Kessel ohne oberflächlichen Abfluss und ist durch drei Riegel von drei Thälern
getrennt, dem Marouler, Gantecker und dem oberen Lech-Thal. Der Dolomit
geht fast genau bis an den See. Kössener Schichten und Dachsteinkalk, welche
den See durchziehen, sind ihm aufgelagert, aber machen jenseits sogleich wieder
dem Dolomit des oberen Lechgebietes Platz. Die Mulde trägt daher nur diese zwei
untergeordneten Liasglieder. Erst gegen Osten entwickelt sich die Mulde mehr
und mehr. Der Dolomit steigt am Südgehänge des oberen Lechthaies mit süd-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
97
tu]
liebem Fallen hoch hinan und man sieht ihm in der Höhe einen dunklen Streifen
von Kössener Schichten, einen hellgrauen von Dachsteinkalken und einen intensiv
rothen von Adnether Kalken aufgelagert. Dann folgen die Fleckenmergel, welche
einige der höchsten Spitzen (Obere Schützberg und andere) bilden und weiter
südlich, abermals durch Dachstein- und Kössener Schichten getrennt, Dolomit,
welcher noch immer in der Massenbildung vorherrscht. So zieht das ganze
System fort und trägt den Spiegel des Spullers-Sees.
3. Profil von Klösterle über den Spullers-See und den
Schafberg nach Aelpele im Lechthal. — An der oft erwähnten Trias-
wand der Arlbergstrasse waren bei Dalaas die Schichten wenig geneigt, bei Klö-
sterle und östlich davon stehen sie fast senkrecht, daher jetzt das Thal einen weit
anderen Charakter bat. Zwei enge Spaltenthäler durehschneiden rechtwinklig
(N-S) die steilen Schichten, biegen aber in ihrem oberen Theil in der weichen
Rauchwacke plötzlich um und lösen sich in tiefe unzugängliche ostwestliche
Schluchten auf, welche sich von beiden Seiten her fast vereinigen. Es wird mit-
hin eine grosse Bergmasse aus Arlbergkalken von den Tobln umfasst und isolirt.
Durch beide Spalten, den Streu-Tobl und den Welli-Tobl kann man nach
Spullers aufsteigen; durch beide gelangt man hinter die isolirte Bergmasse auf
die kleine Wasserscheide und steigt in einer mittleren Spalte im Dolomit nach
dem Spullers-See auf. Dies kleine Thalsystem hat die Form einer Wage, deren
Wagebalken in der ostwestlich streichenden Rauchwacke liegt, während man an
der mittleren Axe nach Spullers hinansteigt. Der Weg ist durch beide Tobl gleich
interessant. In beiden beginnt man den Aufstieg in Partnachmergeln, welche Yir-
gloria-Kalk überwölben, also an der h. 5ya streichenden Antiklinallinie der Hebungs-
welle. Bei beiden folgt nach sanften Gehängen dieser Schichten die schroffe
Schlucht in den senkrecht stehenden Kalken, bei beiden endlich die Rauchwacke
der Raibler Schichten in sehr bedeutender Mächtigkeit. Hat man den Dolomit
überwunden, so folgt ein kleiner sanfter Thalkessel von Kössener Schichten und
ein quer gegen das Thal sich ziehender Riegel von Dachsteinkalk und Adnether
Kalk; starke frische Quellen, welche aus seinen Spalten hervorsprudeln, verkün-
den den nahen See, der sich jenseits des Rückens ausbreitet. Der überaus anmu-
thige und liebliche Thalkessel verdankt seinen zauberischen Reiz der Gross-
artigkeit der umgebenden Gebirgsmassen. Ehe wir diese näher betrachten, über-
schreiten wir die Niederung. Alles besteht wesentlich aus Algäu-Schichten. Ein
Riegel aus Dachsteinkalk verschliesst wie im Süden, so auch in Norden den
Kessel; hinter ihm öffnet sich das Kälberthal, in welchem nach einigem Wechsel
nochmals Dachsteinkalk und Kössener Schichten, beide mit südlichem Fallen, end-
lich Dolomit folgt, der bis in das Lechthal hinab anhält.
Diess sind die einfachen Verhältnisse dieses überaus schönen und lehrrei-
chen Profils. Allein in den Umgebungen des Spullers-Sees sind noch einige
schwierigere Probleme zu lösen. Es fällt bei dem See sogleich die verschiedene
Structur der östlich von den westlich begrenzenden Gebirgen auf, um so mehr
als das Hauptverhältniss im Grunde des Thaies so einfach und die Gesteine an
beiden Ufern gleich sind. Kommt man von Süden so sieht man rechts die ganze
jüngere Liasfolge dem Dolomit normal mit nördlichem Fallen aufgelagert, wäh-
rend am westlichen Ufer bei gleicher Streichrichtung das umgekehrte Einfallen
stattfindet und die ganze Schichtenfolge verkehrt ist. Eine einfache Ansicht
des den See westlich begrenzenden Bergzuges zeigt das beistehende schöne
Verhältniss einer Ueberwerfung um ungefähr 90° -f- 70°. Sie erklärt sich
um so leichter, wenn man die senkrechte Stellung der liegenden Schichten in
Betracht zieht. Wie hier eine Ueberstürzung von Süden her stattfand und im
13 *
98
Kloster-
Thal.
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
Fig. 18.
[12]
Streu-Bach.
Freschen-Spitz. Gold-Berg.
Klösterlc.
Ob. Spullers-Alp. Unt. Spullers-Alp.
Profil von Klösterlc nach der westlichen Thalwand des Spullerssee-Kesselg.
1. Virgloria-Kalk. 2. Partnach-Schichten. 3. Arlberg-Kalk. 4. Raibler Schichten. 3. Unterer Dachstein-Dolomit,
ß. Kössener Schichten. 7. Oberer Dachstein-Kalk. 8. Adnether Kalk. 9. Algäu-Schichten.
Norden die Schichten zwar steil aber doch ungestört dem Dolomit auflagern, so
findet am östlichen Ufer des Sees das entgegengesetzte Verhalten stott. An dem
durch seine Höhe ausgezeichneten, leicht besteigbaren Schafherg (8461 Fuss)
sieht man schon aus der Ferne eine bedeutende Störung, die besonders räthsel-
haft wird, wenn man an der Spullers-Alp am See Dachsteinkalk anstehen und
denselben sich als Riegel vor das Kälberthal legen sieht, während in diesem
abwärts nochmals Al-
gäu-Schichten folgen.
Allein das Verhältniss
löst sich auf äusserst
einfache Weise durch
eine Ansicht des Schaf-
berges von der West-
seite, also in der
Streichrichtung.
Es zeigt sich hier-
aus, dass der Schaf-
berg seine ausseror-
dentliche Höhe wesent-
lich einer grossarti-
genUeberstürzungver-
dankt. Der ungewöhn-
lich mächtige Dach-
steinkalk schützt ihn dabei vor schneller Zerstörung.
Somit behält die Mulde, welche unser Profil ergab, ihren Charakter voll-
ständig bei und alle Anomalien erklären sich leicht durch einfache Ueberstürzun-
gen von den Rändern her. Jetzt Stellen sich auch die Lagerungsverhältnisse im
Kälberthal als vollkommen normal heraus, indem die untere Dachsteinkalk-
partie des Schafberges weit unter dem oberen Riegel das Thal durchsetzen muss.
Die Kössener Schichten sind hier sehr mächtig und vorherrschend durch merg-
lige Schichten vertreten, welche zu weichem fruchtbaren Roden verwittern und
die untere Spullers-Alp im Kälberthal tragen. Westlich ziehen dann die
Kössener Schichten nach der Spitze des Goldberges und weiter fort gegen den
Formarin-See. Ihr Liegendes ist im Kälberthal Dolomit, welcher hier äusserst
Fig. 19.
Schafberg. Ob. Spullers-Alp.
Ansicht des Schafberges ans dem Kälberthale (von West).
a Unterer Dachstein-Dolomit, b Kössener Schichten, c Oberer Dachstein-Kalk.
d Algäu-Schichten.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
99
[13]
mächtig ist und rechts das riesige Gestell des Schafberges bildet. Erst an der
Thannläger Alp folgt Rauchwacke, die wir später im oberen Lechthal
betrachten.
In ihrer Fortsetzung gegen Osten zeigt die Mulde I N — II S noch mehrfach
dergleichen Verhältnisse, wie sie bei Spullers Vorkommen.
Stuben, Arlberg, Grabach, Zürss.
Wir betreten mit dieser Gegend einen der interessantesten Theile unseres
Gebietes, einen Theil, in welchem alle Formationen in vortrefflicher Entwicke-
lung, aber scheinbar unter sehr complicirten Lagerungsverhältnissen Vorkommen,
welche sich aber mit Hilfe der eben ausgefiihrten Analysen der Umgebungen der
Spullersalp leicht erklären lassen. Das gesammte kleine Gebiet ist ein weiterer
östlicherer Theil unserer Mulde IN — II S, die im Norden und Süden von zwei
Aufbruchsspalten begrenzt wird. Wie bisher so wird auch hier der Gebirgsbau
am klarsten, wenn man aus der Tiefe der Spaltenthäler nach den Rändern der
Mulde hinaufsteigt. Wir beschränken uns daher auf die Erörterung einiger Pro-
file, erst von Süden (Klosterthal), dann von Norden (Lechthal) her nach der
Höhe zwischen beiden Thälern.
Abhang zwischen Klösterle und Stuben. Bei Wald erheben sich
die steil geneigten Arlberg-Schichten unmittelbar aus der Thalsohle; am Ausgang
des Streubachs und von hier bis weit östlich von Stuben, stehen sie senk-
recht, aber zwischen ihnen und der Thalsohle ziehen sich sanftere Gehänge hinab,
welche zum Theil mit Geröll dicht bedeckt und mit Knieholzgestrüpp bewachsen
sind. Wilde, tiefe Tobl durchschneiden sie und bringen aus dem Innern des
Gebirges stets neue Zufuhr für die Geröll-Lehnen. Nur an wenigen Stellen
kommt das bedeckte Gestein zu Tage, theils an vereinzelten Punkten an der
Strasse, theils in verschiedenen Höhen am Abhang hinauf. Von Klösterle bis
oberhalb Stuben lässt sich mitten am Abhang ein Zug von Vir gl ori a-Kalk
beobachten, dessen Schichten firstartig nach zwei Seiten abfallen; darüber
wölben sich Partnachmergel, welche oben fortgewaschen sind und nur noch die
Flanken des Firstes bedecken. Als drittes Glied folgen zu beiden Seiten Arlberg-
kalke, im Norden zu einer hohen Mauer aufsteigend, im Süden einen wenig zu
Tage kommenden Zug bildend, der sich an die Mergel lehnt und an der Strasse
stellenweise sichtbar ist. Mit ihm endigt zwischen Klösterle und Stuben die
Reihe der Sedimentärschichten gegen die südlich angrenzenden krystallinischen
Schiefer. Das Gewölbe der Triasgebilde lässt sich an dem Abhang nordwestlich
von Stuben deutlich verfolgen. Weiter hinan folgt der Zug der gelben Rauch-
wacke (Raibler Schichten) und darüber der Dolomit, welcher den Arzberg und
Roggler Spitz bildet, dann aber von den Algäu-Scbichten des Gfäll-Kopfes
bedeckt wird (siehe Profil XI).
Profil von Stuben nach Zürss. — Herr Escher v. d. Linth hat
bereits das ausgezeichnete Profil zwischen Stuben und Zürss beschrieben *) und
schloss auf das Vorhandensein einer Wölbung. Dieselbe lässt sich in der That
sowohl durch die Wiederholung der gleichen Schichten als auch durch unmittel-
bare Beobachtung an den Virgloria-Kalken nachweisen und ist die Fortsetzung
der Welle zwischen Klösterle und Stuben, wie die Parallelprofile Fig. 23, 22
erweisen. Bei Stuben selbst befindet man sich in den dolomitischen Arl b er g-
*) Vorarlberg. Seite 76, Beilage S, siehe auch Taf. IX, Prof. III.
100
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[14]
Kalken (2, 3, 4 z. Th. des E sc h e r’schen Profiles), darauf wiederholen sich
zweimal die Partnac h mergel (4 z. Th., 5), welche das kleine Gewölbe der
Vir gloria-Kalke einschliessen. Durch Wechsellagerung gehen die Partnach-
mergel in den nördlich fallenden Theil der Arlberg-Kalke über. Dieselben
stehen fast senkrecht und bilden sehr eigentümlich gestaltete Berge mit Hahnen-
kamm ähnlichem Profil. Wie die Blätter eines halbgeöffneten Buches ragen die
festeren Kalkschichten schneidig in die Luft und sind durch tiefe Auswitterungen
der mergeligen Schichten von einander getrennt. Ein neuer in den Fels gehaue-
ner Saumweg windet sich zur Seite des wild herabstürzeriden Wassers in dem
Kalk hinan und erlaubt dies Gestein hier genau zu beobachten. Es ist stellen-
weise porös wie ein Schwamm, in einem so hohen Grade, wie ich es an keinem an-
dern Ort beobachtete, äusserst bituminös, reich an mergeligen Zwischenschichten
und grossentheils stark dolomitisch. Herr Es eher fand in einigen Schichten
gediegenen Schwefel. Erst wenn man die bedeutende Höhe des steilen Anstieges
überwunden hat, gelangt man an den quer durchsetzenden Zug von gelber Rauch-
wacke der Raih ler Schichten, die hier mit viel braunem Sandstein wechsel-
lagert. Der Dolomit ist an dieser Stelle nicht sehr mächtig. Um so mehr ist
dies mit dem durch die Kössener Schichten getrennten Dachs teinka 1 k
der Fall, welcher sich in der Tiefe des Passes unmittelbar mit dem von jenseits
herübergreifenden verbindet und Zürss allseitig umgibt. Die Ad net her Kalke
lagern rechts und links auf und steigen zum Trittkopf und G fäll köpf an.
Abhang zwischen Stuben und dem Arlberg. Die Lagerungsver-
hältnisse bleiben im Wesentlichen dieselben wie zwischen Klösterle und
Stuben; doch steigt das ganze Triassystem gegen Süden noch einmal an, wie
die Parallelprofile (20, 21, 22, 23) zeigen:
Diese Profile erklären sich selbst; sie zeigen auch den Grund der ungewöhn-
lichen Mächtigkeit der Arlbergkalke am Schindler-Spitz, der auch zuweilen den
Namen des Arlbergspitzes führt und die Veranlassung zur Benennung unserer Arl-
bergkalke gab. Sie erklären zugleich die Vollständigkeit der Entwickelung des
Profils längs der Höhenlinie der Wasserscheide vom Valluge r Spitz nach dem
Berg oberhalb St. Christoph, wo der Verrucano in bedeutender Entwickelung
auftritt.
Wir schliessen hiermit die Reihe der Profile des Klosterthaies, welche sich
durch ihre Einfachheit und Regelmässigkeit auszeichnen. Wir werden sie später
östlich vom Arlberg im Thal der Rosanna gegen Landeck fortsetzen. Das Arl-
bergprofil ergibt sich als vermittelndes zwischen den Verhältnissen beider
Thäler.
Omes-Horn, Umgebung von Zürss. — Jeder Aufstieg aus der Auf-
bruchsspalte des Klosterthales führte durch das gesammte Triassystem nach
dem Dolomit und den höheren Gliedern des Lias. Jenseits steigt man allenthalben
über die umgekehrte Schichtenfolge nach dem Lechthal hinab. Es genügt, dieses
Verhalten im Allgemeinen zu erwähnen, da die Specialitäten dort wenig Ab-
wechslung bieten. Das Omes-Horn und der Sch wabbrunnen, die Erhebungen
zu beiden Seiten des Zürsser Baches bestehen in ihrer grossen Masse aus dem Do-
lomit der Mulde und spielen für deren nördlichen Theil dieselbe Rolle wie in
Arzberg, Roggler Spitz und Valluger Spitz im südlichen Theil. An dem Südabhang
beider Berge ist der Dolomit von Kössener Schichten überlagert, die im weiten
südlichen Bogen sich in dem fruchtbaren Thalboden von Zürss vereinigen, der
ganz aus Kössener Schichten besteht. Die darauf lagernden sehr mächtigen
Dachsteinkalke umschliessen mit ihren senkrecht abgebrochenen Mauern den
Thalboden und vereinigen sich südlich von demselben. Westlich von Zürss
[15]
Valluger-Spitz.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
OST
Schindler-Spitz (Arlberg).
101
Glimmer-
schiefer.
Fig. 20.
Tritt-Kopf
Pass am Arlberg.
S. Christoph.
Fig. 21.
Höhe des Passes
gegen Zürss.
Arzberg.
Kloster-Thal.
Stuben.
Glimmerschiefer.
Post-
strasse. Allenz.
X
Glimmerschiefer.
Fig. 22,
Fig. 23.
Parallel-Profile der Trias-Schichten am Arlberg.
i Verrucano. 2 Virgloria-Kalk. 3 Partnach-Mergel. 4 Arlberg-Kalk. 5 Raibler Schichten. 6 Unterer Dachstein-
Dolomit. 7 Kössener Schichten. 8 Oberer Dachstein-Kalk. 9 Adnether Kalk. iO Algäu-Schichten.
102
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[16]
gelangt man dann bald über Adnether Kalk in das Gebiet der Algäu-Scbichten,
ebenso östlich; allein hier beginnen nun höchst eigenthümliche complicirte Ver-
hältnisse; am besten lassen sie sich verfolgen an dem
Grat zwischen demPazielerBach (westlich) unddemBockbach,
Grabach und Almej urbach (östlich). — Bei Zurss ist, wie aus dem Vorigen
hervorgeht, der Bereich der supradolomitischen Liasgesteine der Mulde IN — IIS
sehr klein; im Thalgrund ist Dachsteinkalk das höchste Gestein. Übersteigt man
die östliche Mauer desselben, so liegen ihm zunächst Adnether Kalke auf, dann
folgen Liasfleckenmergel. Die Bänder der Mulde treten plötzlich weit auseinander
und es entwickeln sich die Algäu-Schichten in ungewöhnlicher Mächtigkeit. Sie
bilden die Masse des Trittkopfes und sind in vielen Tobeln entblösst. Einzelne
Schichten sind gypsführend. Die Lagerungsverhältnisse scheinen sehr gestört.
Diese Schichten werden von dem kleinen Thale des bei Zürss mündenden Pazieler
Baches durchbrochen, welcher seine Quellen an einem ungefähr nordsüdlichen
Grat sammelt. Oestlich entsendet derselbe Grat den Almejurbach, Grabach, und
Bockbach. Vom Vallugerkopf bis zum Sc h wa b b r un n e n ist der Grat in
dem Gebiet der Algäu-Schichten unserer Mulde, dem auch jene drei östlichen
Thäler in ihren oberen Thalstrecken angehören. Da begegnet man mitten auf
dem Grat und fast in seiner ganzen Erstreckung, der seltsamen Erscheinung,
dass Algäu-Schichten der sonst so regelmässigen Mulde älterer Schichten aufge-
lagert sind.
Es eher und Studer fanden bereits vor langer Zeit auf dem Grat und zwar
an seiner Ostseite am Ursprung des Grabachthaies, Triasversteinerungen, welche
auf einige Analogie mit Set. Cassian deuteten. Herr v. Hauer und ich besuchten
von Stög im Lechthal ausgehend dieselbe Stelle in Begleitung des Herrn Es eher
v. d. Linth und sammelten eine grosse Menge Petrefacten der Rai bl er
Schichten; doch Hess sich unmöglich etwas über die Lagerungsverhältnisse
ergründen. Erst eine spätere Untersuchung von Zürss aus zeigte die völlige
Identität mit der kurz zuvor am Schafberg (Fig. 19) an demselben Nordrand
der Mulde beobachteten Ueberstürzung; doch ist sie hier unendlich grossartiger,
da das gesammte Lias- und das Trias-System bis hinab zu den Partnachmergeln
daran Theil nehmen. Das auf Tafel II der ersten Abtheilung mitgetheilte Profil
(XII) genügt, um die grossartige Ueberstürzung des so mächtigen Systems voll-
kommen zu erläutern. Steigt man nach dem Pass hinauf, so überschreitet man
die verkehrte Schichtenfolge und erreicht die Einsattelung in Partnachschichten.
Kommt man aber von jenseits her aus dem Grabachthai so wandert man von
den letzten Sennhütten her lange Zeit in Fleckenmergeln und erreicht bei steilerem
Anstieg rothen ammonitenreichen Adnether Kalk mit Crinoidenbreccie und
darüber eine sehr mächtige Bank von Dachsteinkalk. Kössener Schichten liegen
ihr auf und schaffen eine kleine ebene Fläche über der plötzlichen Stufe. Der
Dolomit, welcher am Rauhenspitz und Grabacherspitz sehr mächtig ist, fehlt hier
in dem Profil und es folgen den Kössener unmittelbar Raibler Schichten mit viel
gelber Rauchwacke, aber ohne Gyps, darauf eine Wand von Arlbergkalk und
endlich die Partnaehmergel des Passes. Nirgends in ganz Vorarlberg treten die
Raibler Schichten mit demselben Reichthum an Versteinerungen auf, als hier unter
diesen abnormen Verhältnissen.
Die Ueberstürzung am Grabacher Joch lässt sich noch weiter östlich verfol-
gen, bis später wieder die einfache Muldenform erscheint. Wir werden darauf in
einem späteren Abschnitte zurückkommen und schliessen, die Betrachtung des
vorarlhergischen Theils der Mulde I N — II S, um uns zu der nördlich begrenzen-
den Aufbruchsspalte zu wenden.
j
[17]
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
103
Oberes Lech-Gebiet (Zug, Am Lech, Stubenbach), Grub-Spitz, Gypsi-
Tobl.
Das Lechthal entspringt am Formarin-See; der Bach aber hat seine Quelle
nicht in diesem Wasserbecken, sondern in einem kleinen südlichen Querriss des
Gebirges, dessen Ursprung in den Algäu-Schichten der eben verlassenen Mulde
liegt. Vom Formarin-See aus bis zu dem kleinen Dorf „Am Lech“ oder
Thannberg hat das Thal eine Richtung von WSW. nach ONO., ist also dem
Klosterthal nicht genau parallel, dennoch hat es als Aufbruchsspalte die gleiche
geognostische Bedeutung. Bei Thannberg trennen sich die Richtung des Flusses
und der Hebung. Jener beschreibt über Stubenbach, Warth, Lechleiten,
Ellenbogen einen grossen, nach Nord gerichteten Bogen, um dann bei Stög
wieder in das alte Hebungssystem und in die genaue Fortsetzung der früheren
Richtung einzuspringen. Bei Stög beginnt der Theil, welchen man gewöhnlich
als das „obere Lechthal“ bezeichnet, während die Umgebungen von Warth und
Am Lech dem allgemeinen Begriff des „Thannberges“ anheim fallen, welcher
das Quellgebiet der Bregenzer Ache und des Lech umfasst.
Von der Quelle bis Stubenhach, wo der Fluss mit seiner Wendung auch
weit andere Formationen betritt, erhält der Lech vier Zuflüsse von Süden her
aus dem Gebiete der Algäu-Schichten der früher betrachteten Mulde; sie sind: der
Kälberbach, welcher vom Spullers-See herabkommt und mit dem Stier-
locherbach den Schafberg umfasst. Stierloch- und Zürsser Bach um-
fassen das Om es -Horn. Der letztere mündet bei der Wendung des Thaies. End-
lich kommt vom Schwabbrunnen der Thalichbach herab. Alle diese Bäche
bilden wilde enge Thäler mit steilen Wänden in dem mächtigen Dolomit, in dessen
wenig geneigte Schichten sie senkrecht eingesenkt sind; alle erreichen den
Thalboden in Triasgesteinen.
Wenn man von den höheren Liasgesteinen am Formarin-See herabkommt
und den Dolomit in einem langen unfruchtbaren Hochthal überschritten hat, so
stellt sich das erste Triasglied bei der Thannlägeralp ein, gelbe Bauchwacke
der Raibler Schichten, Sie durchzieht hier den Thalgrund und bildet auch den
fruchtbaren Boden von Aelpele; zur Rechten zieht sie tief am Abhange hin,
durch den Zürsser Bach hindurch nach dem Pass zwischen Lechthal und Bockbach-
thal (am Nordfuss des W estner Ber ges vorüber). Bald darauf keilt sie sich
aus. Zur Linken dagegen steigt sie hoch an und bildet eine Zone um das dolomi-
tische Krieger horn, hinter dem wir sie im Gypsitobl wiederfinden.
Der Arlbergkalk bildet seine Wände unter der Rauchwacke; an zwei Stellen,
unterhalb A el p e le und bei Am Lech vereinigen sich die Kalke in der Thal-
sohle und schliessen dazwischen den kleinen Aufbruch von Zug ein, wo Part-
nachmergel und Virgloriakalk anstehen. Bei den Häusern von Am Lech kann
man an mehreren Stellen, z. B. an der unteren Brücke, die Arlbergkalke anstehend
beobachten. Man erhält somit folgende Parallelprofile des Lechthaies, Figuren 24
bis 27.
Geht man von Am Lech abwärts, so gelangt man bald nochmals zu dem
Liegenden der Arlbergkalke, zu Partnachmergeln und Virgloriakalk, welche das
nun nach Norden gewendete Thal quer durchziehen, sich im Osten sehr bald aus-
keilen und im Westen nach dem Gypsitobl fortsetzen. Anstatt aber auf Verru-
cano zu kommen, erreicht man unmittelbar unter dem Virgloriakalk mächtig
entwickelte Algäu-Schichten, welche die Häuser von Stuben!) ach tragen und
östlich über die Höhe nach dem Bockbachthal fortsetzen. Es ist also hier ein ähn-
K. k. geologische Reichsaostalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft.
14
104
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
Kriegerhorn.
Lech. Am Lech.
Schwabbrnanen.
Fig. 24
Lech-Thal.
Kriegerhorn. Zug. Gfill-Kopf.
Lech-Thal.
Hirschen-Spitz. Thannläger-AIp. Gold-Berg.
Misthaufen. Auf dem Gschrepp. Oberstes Lechthal. Feier-Kopf.
Parallel-Profile aui Ursprung des Lech-Thales.
1 Virgloria-Kalk. 2 Partnach-Mergel. 3 Arlberg-Kalk. 4 Raibler Schichten. S Unterer Dachstein-Dolomit.
6 Kössener Schichten. 7 Oberer Dachstein- und Adnether Kalk. 8 Algäu-Schichten.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
108
[19]
liches abnormes Auflagerungsverhältniss, wie es im Rhätikongebiete so überaus
häufig zu beobachten ist und wie es bei Raggall und ÄJaroul vorkornmt.
Wenden wir uns von diesen speciellen Verhältnissen des Thalbodens zu dem
allgemeinen Gebirgsbau, so sehen wir, dass das Thal die An tiklinallinie einer
Welle (If) bezeichnet (Profile X, XI, XII), welche nach dem Westner Rerg
fortsetzt und dass die am Südgehänge südlich fallenden Schichten (II S) sich im
Klosterthale wieder erheben. Ebenso bildet der nördlich begleitende Dolomitzug
eine flache Mulde, deren Schichten im Misthaufen, Tisner-Gsc hrö f und
Gansboden wieder aufsteigen und auf einen parallelen Zug jüngerer Lias»
gesteine hinaufgeschoben sind. Zum Theile liegt unmittelbar der Dolomit auf den
Eieckenmergeln, zum Theile folgt dazwischen Rauchwacke und weitere Glieder
der Trias, wie am Kriegerhorn. Das Krieger hör n ist eine isolirte Kuppe von
muldenförmig gelagertem Dolomit, isolirt durch die allseitige Entblössung der lie-
genden Rauchwacke; im Norden, Osten und Süden stehen auch tiefere Lias-
glieder an. Die Rauchwacke der Raibler Schichten führt hier viel Gyps, daher
„Gypsitobl“ und „G y psilochbaeh“. In letzterem stehen die schwarzen
schiefrigen Partnachmergel an. Die weiter westlich folgenden Gebirge betrachten
wir in Verbindung mit dem nächsten Abschnitte.
Walser Thal (südliches Gebiet).
Man unterscheidet zwei Walser Thäler; das sogenannte kleine oder das Thal
Mittelberg wird von der Breitach durchströmt, ist im östlichen Theile des
südlichen Flyschzuges eingesenkt und öffnet sich in das bayerische Algäu. Das
grosse oder das eigentliche Walser Thal, dessen Gebiet hier in Betracht
kommt, wird vom Lutzbach durchströmmt, der am Kleinen Spitz entspringt,
und bei Thüringen in das Illlhal mündet. Der obere Lauf ist im Trias-Lias -
gebiet, der Unterlauf im Flysch. Der erstere durchschneidet selbst Algäu-Schichten,
über denen im Norden ein mächtiges Gebirge, der Zitterklapfen, aufsteigt,
während im Süden eine weite Dolomitwelt sich ausbreitet, welche dem Lutzbach
mehrere Zuflüsse zusendet. Sie ist es, welche hier in Betracht kommen soll.
Zwei genau ostwestlich streichende Dolomitzüge setzen dieses wilde Gebirge
zusammen. Zwischen ihnen zieht sich eine lange schmale Mulde jüngerer Lias-
gebilde hin. Der südliche Dolomitzug ist derselbe, welcher den Lech nördlich
begleitet und in seinem östlichen Theil selbst eine muldenförmige Lagerung besitzt.
Steigt man daher vom Walserthal, z. B. von Rothenbrunn aus, in einem der Quer-
thäler aufwärts, so sind zunächst in der Thalsohle Algäu-Schichten, in denen der
Lutzbach eingeschnitten ist, darüber folgt der nördlichere der beiden Dolomit-
züge (Feuerstein, Kleine Spitz, Mohnenfluh), in welchem das Bad
Rothenbrunn liegt; weiter hinauf folgt die aus Kössener, Dachstein-, Ad-
nether und Algäu-Schichten gebildete Mulde, welche alle Thäler quer durchsetzt,
endlich der zweite südlichere Dolomitzug, der reich ist an wilden Steinfeldern,
um welche die höheren gewaltigen Gipfelmassen amphitheatralisch herumziehen.
Andere Felsrneere, wie sie sonst dem Dolomit wenig eigen sind, bilden den kessel-
förmigen Hintergrund, aus dem unzugängliche Pässe in das oberste Lechgebiet
hinüberführen. Diesen Charakter hat vor Allen der gegenüber der Alpe Its c ti-
gern ey mündende Tobl, welcher aus dem Tis n er Gschröf herabkommt,
ebenso das obere Rothenbrunner Thal.
Der Hutler Bach, welcher an der Rothwand, nahe am Formarin-See ent-
springt, zeigt sehr abweichende Verhältnisse an der rechten und linken Thal wand.
Die rechte entspricht vollkommen dem benachbarten Rothenbrunner Thal. Kommt
14 *
106
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[20]
man aus dem obersten Lechthal über das Gschrepp herüber nach der Alpe
Glesenze im Thal des Hutler Baches, so steigt man Anfangs hoch hinauf auf
die Dolomitwand jenes Aufbruchthaies und gelangt auf der Höhe des Passes zu
einem furchtbaren Chaos der verschiedensten Schichten. Eine Schlucht ist hier
fast eine Viertelstunde lang in gleichbleibender Höhe zwischen Dolomitwände ein-
gesenkt; Alles von der Rauchwacke an bis zu den Fleckenmergeln ist wirr durch-
einander geworfen und man begegnet bald der einen, bald der anderen Formation.
DiehöehsteHöhedes Baches wird von den Hornsteinen der Algäu-Schichten gebildet,
mit denen hier reiche Eisen- und Manganerze verbunden sind. Tritt man endlich
aus der hohlen Gasse des Passes heraus, so steht man an dem Abgrund einer tiefen
Spalte, in welcher der Hutler Bach Giesst und jenseits der Spalte ist der Ost-
hang der Roth wand (Fig. 17) prachtvoll entblösst. Die Schichtensysteme sind
an ihr ungemein stark durcheinander gewunden, allein man kann die Störungen
wegen des kolossalen entblössten Durchschnitts an ihr genau verfolgen und sich
dadurch auch den raschen Wechsel verschiedener Formationen in dem erwähnten
Engpass auf dem Gschrepp erklären. Wie klein der Raum ist. auf welchen die
Störungen beschränkt waren, von denen die ganze Gebirgsmasse der Rothwand
zeugt, beweist ebenso dieUmgebung des Formarin-Sees, als hier der gleichförmige
Schichtenbau des dolomitischen „Misthaufen“, der sich im Osten in gross-
artiger Erhabenheit über jenen wirren Complex erhebt. — Geht man abwärts
nach Glesenze, so gelangt man abwechselnd über Dolomit und Algäu-Schichten,
endlich kurz vor der Alpe über eine mächtige Masse von Rauchwacke. Erst hei
Glesenze treten die Algäu-Schichen herrschend auf die rechte Thalwand herüber
und bilden die Abhänge bis zur Hälfte der Höhe; darüber liegt der Dolomit.
Es findet also hier dasselbe abnorme Lagerungsverhältniss statt, wie in der
östlichen Fortsetzung des Dolomitzuges am Kriegerhorn. Endlich bei der oberen
Riederer Alp macht der Dolomit den Algäu-Schichten ganz Platz und diese ziehen
über die Höhe hinüber nach dem Rothenbrunner Thal. Weiter abwärts kommt man
dann abermals zum Dolomit durch Vermittlung von Dachsteinkalk und Kössener
Schichten und endlich auf die Algäu-Schichten am Lutz-Bach. Die rechte Thal-
wand des Hutler Baches *) ist also genau so zusammengesetzt, wie beide Abhänge
des Rothenbrunner Thaies. Um so auffallender ist es, dass über den Bach
hinüber die Verhältnisse nicht in gleicher Weise fortsetzen, sondern sich
bedeutend ändern; es scheint, dass der Hutler Bach eine nordsüdliche Spalte
mit senkrechter Verwerfung andeutet. Nur dann ist es möglich, die Alpilla als
Fortsetzung der Welle III zu betrachten.
Walser-Thal (nördliches Gebiet), Z itte rkl apfe n, Künzle-Sp itz, Grenze
mit F ly sch. (Profile VIII, XI.)
In auffallendem Coritrast zu den massenhaften Formen der Dolomitwelt, aus
welcher der Lutz-Bach seinen südlichen Zufluss erhält, steht der letzte nördliche
Grenzpfeiler des Dolomites: der Grat des Zitterklapfens und der Künzle-Spitz.
Dort ruhige Erhabenheit, weite, amphitheatralische Gebirgskessel, welche durch
ihr treppenförmiges Ansteigen oft unzugänglich gemacht werden, dazu eine fast
horizontale Lagerung; hier begegnen wir einem schmalen Grat mit luftigen,
vielzackigen Formen und steilerem (südlichem) Einfallen der Schichten. Sie sind
hier auf dasFlyschgebirge hinaufgeschoben und steigen hoch an. Die verschie-
4) Zum Theil sind die eben dargestellten Verhältnisse aus Profil IX ersichtlich.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
107
[«]
denen Schichten bilden am Abhange mehrere Zonen; das untere Thalgehänge,
so weit die Wiesen und Alpen reichen, besteht aus Lias-Fleckenmergeln, der
hohe Grat aus Dolomit; dazwischen ziehen sich Adnether, Kössener und Dach-
steinkalk-Schichten hin. Alle Zonen, die Durchschnitte der Fläche des Abhanges
mit den Schichten steigen nach Ost an und ziehen sich westlich so weit herab,
dass sie endlich die Thalsohle erreichen und über das Thal hinwegsetzen.
Am besten kann man dies bei den rothen Adnether Kalken beobachten , in
welchen der hohe, nach Sehröcken hinüberführende Schadona-Pass ein-
geschnitten ist, während sie oberhalb Itschgerney vorüber sich allmälig an
der Thalwand herabsenken und westlich von Buchboden den Lutz-Bach über-
setzen. Wendet man sich daher von Rothenbrunn über Buchboden thalabwärts,
so überschreitet man den Riegel von Adnether Kalk, Kössener Schichten und
Dolomit und befindet sich plötzlich im Flyschgebiet. Dieser Riegel, welcher nichts
als der so tief durchbrochene Zug des Zitterklapfen ist, scheidet das Walser
Thal streng in ein oberes und ein unteres. — Dasselbe Profil, welches man hier
in wenigen tausend Schritten durchwandert, sieht man allenthalben aufgeschlos-
sen, wenn man die steilen Nordgehänge des Walser Thaies erklimmt und über den
höchsten Alpen nach den tief in dem Dolomit des Grates eingeschnittenen
Scharten steigt, durch welche unbequeme Jochsteige nach Schopernau führen.
Der Adnether Kalk und die Kössener Schichten sind auf diesen Höhen besonders
versteinerungsreich, der Dachsteinkalk besitzt eine bedeutende Mächtigkeit.
Ersterer breitet sich mit seiner charakteristischen rothen Färbung in der Einsatt-
lung des Schado na -Passes aus (daher die Benennung „d er rothe Platz“)
und führt hier eine Unzahl von Ammoniten. Auch die unmittelbar folgenden grau
gefärbten Schichten sind noch reich daran. Sie fallen, wie Alles, südlich und
tragen die steil über dem Pass zum Rothhorn und Hochberg sich aufthür-
menden Algäu-Schichten, die sich aus der Tiefe von Buchboden und Rothen-
brunn heraufziehen und jenseits des Passes nach Schröcken fortsetzen, im
Süden aber von dem Dolomitzug der Mohnenfl u h und KJ einen Spi tz über-
lagert werden.
Wenden wir uns zu dem Dolomitgrat selbst, der wegen der nahen Flysch-
grenze viel Interesse bietet, so gehört er ganz und gar der Hebungswelle V an
und setzt östlich im Widd erstei n fort. Der Zitterklapfen und Künzle-
Spitz sind zwei sehr ausgezeichnete Dolomitberge, deren imposante Form charak-
teristisch gegen den sich unmittelbar anlehnenden Bregenzerwald absticht und
sie von den Höhen des letzteren allenthalben als zwei Hauptpunkte der Umgebung
hervortreten lässt. Verfolgt man den Dolomitzug nach Westen, so sieht man ihn,
wie erwähnt, westlich von Buchboden den Lutz-Bach übersetzen und jenseits
als den unteren Theil der Gehänge fortziehen. Wahrscheinlich keilt ers ich nörd-
lich von Maroul aus. Von der Alpilla ist er durch eine flache fruchtbare Terrasse
getrennt, welche anzudeuten scheint, dass beide Dolomite nicht zusammen-
gehören, sondern durch die Fortsetzung der Algäu-Schichten von Buchboden
geschieden sind. Die Alpilla bleibt, so lange man sie nicht durch ein detaillirtes
Profil erläutert, ein räthselhaftes Gebilde in dem sonst ziemlich klaren Gebiet;
in keine Hebungswelle passt sie ganz hinein.
WasnunendlichdieGrenzeder Trias-Lias-Zone gegen denFlysch
an dieser Stelle betrifft, so ist sie analog beschaffen wie an anderen Stellen.
Zwischen Buchboden und Fontanella kommt man zur Grenze noch ehe man den
vom Zafer-Horn herabkommenden tief eingeschnittenen Bach erreicht. Hier
grenzt Dolomit unmittel b a r an den Flysch und dies muss östlich hinauf
wenigstens so weit stattfinden, als die Quellbäche des Lutz-Baches die Grenzgebilde
108
Ferdinand Freiherr von Kichthofen.
[22]
durchströmen; denn man findet in dem Trümmermeer dieser Bäche kein Frag-
ment von Adnether oder Algäu-Schichten. Oestlich dagegen, wo das Flusssystem
der Bregenzer Ache beginnt, ändern sich nach den übereinstimmenden Beobach-
tungen der Herren Es eher und Gümbel diese Verhältnisse, indem sich allmälig
Algäu-Schichten zwischen Dolomit und Flysch einschieben, also wieder das alte
Verhältnis, wie am Hoch-Frassen und südöstlich von Triesen. Wir werden im
weiteren Verlaufe zeigen, dass diese wiederum südlich fallenden Algäu-Schichten
gegen Osten an Mächtigkeit zunehmen und sich allmälig, indem die liegenden
Schichten bis zum Dolomit hinzutreten, zu unserer VI. Hebungswelle entwickeln,
welche im Thale Mittelberg auftritt. Zu bemerken ist dabei noch, dass auch die
V. Hebungswelle sich im Westen unscheinbar verlor, nachdem sie eben noch im
Zitterklapferi so grosse Bedeutung gehabt hatte.
Das westlichste bekannte Auftreten dieser eingeschobenen Algäu-Schichten
ist im obersten Theile des kleinen, bei Schopernau in die Bregenzer Ache mün-
denden Dürrenbach-Thales *) und am Toblermanns-Kopf. Oestlich nehmen sie
bald an Mächtigkeit zu.
Dur chbruch der Bregenzer Ache. — Der Dolomit der Künzle-Spitz
senkt sich östlich tief hinab zur Bregenzer Ache, welche als jugendlicher Berg-
strom die mächtige Gebirgskette im engen Spaltenthal durchbricht. Die gesammte
Hebungswelle wird hier querdurchschnitten und ihre Structur auf das Klarste bloss-
gelegt. Der vielbesuchte romantische Weg von Schopernau nach Schröcken
führt am Bache hin und man kann an ihm bequem den Gebirgsbau kennen lernen.
Bis Hopf r eben wandert man im Flysch, dessen Schichten steil nach Stunde 11
(S. 15° 0.) fallen. Dann folgen Algäu-Schichten, erst durch Gesteine vertreten,
welche kaum vom Flysch zu unterscheiden sind, so dass man bei Hopfreben
vollständig im Zweifel ist, mit welcher von beiden Formationen man es zu thun
hat, bald aber charakteristischer ausgebildet. Der Weg führt am rechten Ufer
des Baches aufwärts und gelangt bald in den Dolomit, während jenseits noch
lange Algäu-Schichten anstehen; sie fallen flacher südlich als der Flysch. Endlich
herrscht der Dolomit auf beiden Seiten aber mit verhältnissmässig wenig bedeu-
tender Mächtigkeit. Bald tritt man aus der engen Schlucht heraus, das Thal
wendet sich, die Abhänge werden flacher; in der Tiefe steht eine Sägemühle,
an der der Weg vorüber führt. Hier ist es, wo die jüngeren Liasglieder des
Zuges von Buchboden und Sch ad o na das Thal quer durchziehen. Doch findet
kein einfaches normales Durchsetzen statt, sondern die Schichten zeigen
beträchtliche Störungen, und nur ihre leichte Erkennbarkeit erlaubt den Faden
des Zusammenhanges ohne Schwierigkeit zu finden. Unmittelbar hinter der Säge-
mühle nämlich folgen auf den Dolomit Kössener Schichten und eine ungewöhnlich
mächtige Bank von Dachsteinkalk, die man fast bis zur Höhe der Künzle-Spitze
verfolgen kann. Das Gestein ist hier weiss und feinkörnig. Es ist unmittelbar
überlagert von den wohl charakterisirten hoehrothen Adnether Kalkschichten, die
sich von Schadona herab leicht verfolgen lassen. Sie kommen nicht bis zur Thal-
sohle, sondern ziehen sich plötzlich wieder mit allen liegenden Schichten aufwärts,
so dass zum zweiten Male eine Dolomitwand folgt. Erst in einiger Erstreckung
senken sie sich nochmals herab und fallen in die Thalsohle: man hat nun bis
Schröcken links und rechts nur noch Algäu-Schichten. An der rechten Thalwand
sind die Verhältnisse ein w^enig verwickelter, doch lassen auch sie sich auf die
kleine Störung zurückführen und man hat es nur mit den genannten Liasschichten
t) Gümbel, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, VII, 1856, Seite 8.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
109
[23]
zu thun. Die Trias kommt in der ganzen Erstreckung nicht einen Schritt breit zu
Tage. Das wichtigste Moment im gegenseitigen Verhältnisse beider Thalwände
besteht in einer sehr mächtigen Verschiebung gegen einander, indem die Gesteine
im Osten der Ache nicht die unmittelbare Fortsetzung der westlichen, sondern
sämmtlich nicht ganz unbeträchtlich gegen Norden verrückt sind. Für den Dolo-
mit ging es aus dem eben Gesagten hervor. In der Gegend der Sägemühle kann
mau das gleiche Verhalten bei allen übrigen Schichten wahrnehmen. Das enge
Thal der Bregenzer Ache oberhalb Hopf r eben bezeichnet daher
eine Verwerfu ngsspalte unserer fünften Hebungswelle. Das Streichender
Spalte ist Stunde 11, also senkrecht gegen das der Welle und bei der Verwer-
fung ist der östliche Theil nach Norden verschoben.
Ueberblicken wir noch einmal kurz den Nordabhang des Walser Thaies mit
seiner östlichen Fortsetzung bis zur Bregenzer Ache, so besteht dieser Zug aus
dem Schichtensystem einer einzigen Hebungswelle, und zwar einer solchen, welche
gegen Norden abgebrochen ist, und nur an der Flyschgrenze schiebt sich das
Budiment einer erst im weiteren Verlauf sich vollständig entwickelnden He-
bungwelle in Gestalt von Algäu-Schichten ein. Die einseitige Ausbildung des süd-
lichen Schenkels hat die in unserem Gebiet so häufige Bergform der steilen
Nord- und sanften Südgehänge zur Folge. Besonders die aus Algäu-Schichten
bestehenden Höhen des Both-Horns und Hoch-Berges besitzen diese Gestalt in
auffallendem Grade.
Widder stein-Gebirge.
Der Zitterklapfen~Zug geht im Osten jenseits der Bregenzer Ache in das
südliche Quellgebirge des Thaies Mittelberg über. Der höchste Punkt desselben,
zugleich auch der höchste und überall sichtbare Berg des Bregenzerwaldes, ist
der Widder st ein (8001 Fuss), ein ausgezeichneter, leicht ersteigbarer Dolo-
mitberg, der sich als ein isolirtes, imposantes Massiv aus dem Gebirgszug erhebt.
Letzterer ist in seiner Erstreckung von der Kuppe „auf dem Lager“ bis zum
Gaishorn an der bayerischen Grenze zugleich die dreifache Wasserscheide der
Iller, des Lechs und der Bregenzer Ache, entsendet also seine Wasser nach dem
schwarzen Meer und der Nordsee. Den Südabhang des Zuges betrachten wir
von Kruinbach aus und wenden uns jetzt zu dem nördlichen Theil, welcher seine
Gewässer nach der Breitach entsendet; er bestellt aus dem der Hebungswelle V
angehörigen Dolomitzug des Widderstein, aus dem vollständigen System der
Hebungswelle VI undFlysch, in dessen Zone das Thal Mittelberg bereits ganz und
gar liegt. Die kurzen Querthäler, welche in letzteres münden, durchschneiden
jene Zonen rechtwinkelig; sie sind von Westen nach Osten: der Bergunter
Tobl, der Gensch el-Tob 1 und das Wilden bachth a 1. Die beiden ersteren
entspringen zu beiden Seiten des Widdersteins und begrenzen den nördlichen
Grat desselben. Kommt man von Süden her über einen der leichten Pässe in
diese Thäler, so durchwandert man daher abwärts die Liasgebilde in der
genannten Ordnung.
Der Weg von Krumbach über das Gensehel-Joch in den Gen-
sch el-Tob 1 führt über südlich fallende Algäu-, Dachsteinkalk- und Kössener
Schichten in die Zone des Widderstein-Dolomits, welcher den gesammten oberen
Theil des kleinen Thaies bildet. Eine 1500 bis 2000 Fuss hohe, fast senkrechte
Terrasse trennt diese obere Strecke von der unteren. Der Fusssteig windet sich an
ihr hinab. Unten wird man überrascht durch unzählige Bruchstücke von Flecken -
mergel, später auch von Adnether Kalk und Kössener Schichten, welche von
110
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[24]
beiden Abhängen durch die kleinen Wildbäche herabgeführt werden. Es ist die
Zone, deren unscheinbarer Anfang zwischen Flysch und Widderstein- (Zitter-
klapfen-) Dolomit wir ein wenig weiter westlich kennen lernten; sie setzt parallel
dem Hauptgebirgsgrat, aber quer über alle nördlichen Abzweigungen hinweg,
nach dem Algäu fort. Im Genschel-Tobl sieht man die sanfte, durch die Zone der
weichen Mergelgesteine bedingte Einsattelung zu beiden Seiten, besonders rechts
zwischen Gais-Horn (V) und Zwölfer Horn (VI). Der zugehörige Dolomit folgt
nun an beiden Gehängen, stets mit südlichem Fallen und seinen charakteristischen
Bergformen. — Wo der Tobl das Hauptthal erreicht, hat man schon zu beiden
Seiten Flysch. Die Art und Weise der Lagerung an der Grenze habe ich hier nicht
beobachtet.
Umgegend von Sch rocken, Hoch-Krumbach und Warth.
Südlich vom Widderstein breitet sich ein selbstständig abgeschlossenes
Gebirgsland aus, dem die Bewohner Vorarlbergs die Gesammtbenennung „der
Thannberg“ geben. Sie verstehen darunter das Quellgebiet der Bregenzer
Ache oberhalb der eben beschriebenen Verwerfungsspalte zwischen Schopernau
und Schröcken und den östlich angrenzenden Theil vom Quellgebiet des Lechs,
so weit abwärts, bis auch er, gerade an der Tiroler Grenze, in eine wilde und
enge Dolomitspalte tritt, aus der er bei Stög wieder herauskommt, aufwärts am
Lech ebenfalls so weit, als sein Thal breit ist, das heisst, bis zu jener Auf-
bruchsspalte im Dolomit, welche er bei „Am Lech“ verlässt. (S. Profile 24, 25,
26, 27.) So grenzt sich ein freies Alpenland ab, das von allen Seiten nur durch
wilde Durchbrüche des Dolomitgebirges zugänglich ist und von seinen Matten
die Gewässer nach den zwei Systemen der Bregenzer Ache und des Lechs
entsendet.
Der Thannberg in der angeführten Bedeutung ist im Norden sehr bestimmt
abgegrenzt dui’ch den mächtigen Dolomitzug: Zitterklapfen- Widder stein
und breitet sich über die sehr entwickelten Algäu-Schichten, welche zu diesem
Zug gehören, und dann noch südlich quer über die vierte und dritte Hebungs-
welle bis in die Mitte der zweiten aus. Alle diese Wellen, welche westlich und
östlich leicht zu verfolgen sind, erleiden am Thannberg eine Unterbrechung ihrer
Stetigkeit, besonders verschwindet der Dolomit und macht um so mehr den jün-
gern Liasgliedern Platz, welche sich in ungewöhnlicher Weise ausbreiten und
den eigenthümlichen Charakter des Thannberges bedingen. Er ist dadurch ein
Gebiet von Algäu-Schichten und Dachsteinkalk, aus dessen Mitte der Dolomit-
koloss des Warthhorns als Beherrscher der beiden Flussgebiete isolirt hervorragt.
Ringsherum starren die Grenzpfeiler des Thannberges: der Widderstein,
der kl eine Spitz, die Mohnenfluh, Höllspitz und die Walsej* Kerle
empor. Es ist klar, dass ein so selbstständiges isolirtes Gebiet mitten in den
stetig fortstreichenden, gleich gebauten Hebungswellen nur durch besondere
Hebungsverhältnisse und bedeutende Störungen entstehen konnte. Insbesondere
muss eine Kraft, welche rechtwinkelig zur allgemeinen Streichungsrichtung
wirkte, zur Gestaltung beigetragen haben und dies wird noch augenscheinlicher,
wenn wir sehen, dass die Verwerfungsspalte zwischen Künzlespitz und Widder-
stein an der Grenze des Gebietes liegt und dass auch die früher beschriebenen,
eigenthümlichen Ueberschiebungsverhältnisse am Kriegerhorn, bei dem Dorf Am
Lech und am Westner Berg hieher gehören und in der Fortsetzung jener Verwer-
fungsspalte liegen, dass ferner in einer weiteren südlichen Fortsetzung, wenn
auch schon ausserhalb des Thannberggebietes, jene verwickelte Ueberwerfung
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
111
[23]
am Grat zwischen Zürss und Grabach (Profil XII) auftritt, dass der Pass am
Arlberg auch ziemlich genau in derselben Richtung folgt und dass endlich die
Streichungslinie aller dieser Störungen im Gebirgsbau, dieser Ueberschiebungen
und Hebungen mit der Richtung des Thaies der Bregenzer Ache in ihrem Ober-
lauf zusammenfällt.
Die Lagerungsverhältnisse am Thannberg werden dadurch so schwierig und
verwirrt, dass man oft zweifelt, das wahre Verhalten entziffern und dem Gang
der Störungen auf die Spur kommen zu können. Ein Detailstudium des Thann-
berges wäre für die Kenntniss der Moditicationen im Gebirgsbau der nördlichen
Kalkalpen von wesentlichem Interesse. Ich beschränke mich wegen des flüchtigen
Besuches auf einige wenige Angaben und will erst kurz die einzelnen Hebungs-
wellen von Norden an in ihrem Fortstreichen über das Gebiet des Thannberges
verfolgen, um daran dann einige Specialitäten über die Gesteinsfolge anzu-
knüpfen.
1. Wir gehen nochmals von dem hervorragendsten unserer Dolomitzüge:
Zitterklapfen-Widderstein (V), als dem festesten Anhalt, aus. Erlässt
sich im Osten leicht nach dem Gais-Horn und Ochsenlochberg verfolgen
und bildet in den beiden letzteren Bergen die Wasserscheide zwischen dem
Mittelberg- und dem Rappenalpenthal des bayerischen Algäus, er durchsetzt
letzteres und betritt im Hochvogel wieder unser Gebiet.
2. Diesem Dolomitzug schliesst sich nach Einschaltung der untergeordneten
Zwischenglieder (Kössener Schichten, oberer Dachstein- und Adnether Kalk) südlich
eine parallele Zone von A lgä u-S chicht en an, die wir von Buchboden und
Rothenbrunn imWalserThal her als Südabhang des Zitterklapfen verfolgten; sie
bildete weiterhin den Schadona-Pass, das Rothhorn und den Hochberg und
zieht sich herab nach der Bregenzer Ache, trägt darauf die Häuser des Dorfes
Schröcken und setzt als Nordgehänge der Ache über den Pass nach Krum-
bach und weiter nach dem Rappenalpenthal fort, welches ähnlich dem
grossen Walser Thal in jüngeren Liasschichten zwischen zwei überragenden Dolo-
mitzügen eingesenkt ist. Selten sind die Algäu-Schichten so ausgezeichnet ent-
wickelt, wie in diesem Zug. Zugleich wächst die durch sie gebildete Zone zu
bedeutender Breite an (zwischen Juppen-Spitz und Höfer-Spitz) und die tiefen
Thäler und Tobl, welche allenthalben in dem sanft hügeligen Land schroff einge-
schnittensind, entblössen die Schichtenfolge an vielen Stellen. Dennoch ist es auch
hier nicht möglich über die letztere ein klares Bild zu erhalten. Denn wo immer
Algäu-Schichten Vorkommen, sind sie zusammengefaltet und vielfach gewunden
und wiederholen sich im steten Wechsel. Die typischen Fleckenmergel herr-
schen am Rothhorn und bei Schröcken, sowie an dem Weg von hier nach Krum-
bach. Ein wenig südlich von Schröcken am Weg nach Stubenbach sind sie sehr
reich an Versteinerungen, besonders Ammoniten, Belemniten und lnoceramus
Falgeri. Allein es kommt nun noch ein mächtiges System schwärzlicher, zerfal-
lender, von unzähligen Kalkspathadern und Gypsschnüren durchzogener, dünn-
schichtiger und in unregelmässige Stücke zerfallender Mergelgesteine hinzu, welche
von dem gewöhnlichen Typus der Fleckenmergel weit abweichen. Sie führen
weder Verteuerungen noch Zeichnungen von Fucoiden und man könnte über
ihre Stellung um so mehr in Zweifel sein , als diese Schichten zwischen Algäu-
Schichten und dem darauf geschobenen Dolomit liegen. So bilden sie die ganze
Masse des Hochberges und man lernt die unangenehmen Eigenschaften des bröck-
ligen und leicht in lettigen , schlüpfrigen Boden sich auflösenden Gesteins hin-
reichend am Wege kennen, der vom Schadona-Pass am Nordabhang des Hoch-
berges hin nach Schröcken zieht. Steile Runsen entblössen das Gestein von
15
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft.
112
Ferdinand Freiherr von Richlhofen.
[26]
der Höhe des Abhanges bis hinab in die Tiefe und die ungemein üppige Entwicke-
lung von Tussilago, welches grosse Strecken mit seinen riesigen Blättern bedeckt,
bezeichnet den Charakter seiner Verwitterungsproducte. Solche Stellen sind
weder im Westen noch im Osten in den Algäu-Schiehten bekannt; daher liess
Herr Es eher die Stellung des Schichtensystems problematisch, um so mehr,
als sich die Aehnlichkeit des Gesteins mit dem der Partnach-Schichten und mit
den gypsführenden des Gypsitobls nicht verkennen lässt. Allein ich wies bereits
früher darauf hin, dass an einigen andern Stellen in der Nähe des Thannberges
ein gleiches System in den Algäu-Schichten vorkommt. Es ist dies am Pass
zwischen dem Höllbocks-Tobl und Stubenbach und am Trittkopf östlich von
Zürss. Auch hier treten sie in einer überraschenden Mächtigkeit entwickelt auf,
und haben zugleich denselben landschaftlichen Charakter. Es kann an diesen
Stellen, insbesondere am Trittkopf, kein Zweifel herrschen, dass sie das
oberste Glied der Algäu-Schichten bilden und es ist nur zu verwundern, dass
ein so überaus mächtiges und charakterisches Schichtensystem vollkommen local
auftritt.
Noch ist in diesem Zuge der mächtigen Dachsteinkalke zu erwähnen, welche
oberhalb Krumbach gegen die Wasserscheide der Breitacb auftreten und die
Grundlage der Algäu-Schichten bilden.
Die beschriebene Zone bedingt ganz besonders den Reichthum und die
Fruchtbarkeit der Gegend von Sehr ö c ken. Der Ort hat eine anmuthige und
schöne Lage auf einem kleinen Bergvorsprung, der durch den Zusammenfluss
der tief eingeschnittenen Bregenzer Ache mit dem Aufeld-Tobl gebildet wird.
Fruchtbare kräftige Wiesen ziehen sich allenthalben an den Abhängen hinauf,
nur hier und da unterbrochen von den kahlen abschüssigen Wänden des leicht
zerstörbaren Gesteins. Krumbach ist ein hochgelegenes Sennhüttendorf.
3. Zwischen Krumbach, Schrecken und dem Aufeld-Tobl erhebt sich mitten
aus den Algäu-Schichten eine Insel von Dachsteinkalk, welche allseitig mit
steilen Wänden auf die sanfteren welligen Hügel von jenem abfallt. Sie verdient
in hohem Maasse Beachtung. Man könnte leicht meinen, eine Bank von Dach-
steinkalk sei hier den Algäu-Schichten aufgesetzt, ähnlich wie am Rhätikon, wo
dachsteinkalkähnliche Bänke noch in so bedeutender Mächtigkeit über ihrem
eigentlichen Niveau Vorkommen, allein zweiThatsachen beweisen, dass das kleine
Plateau aus der Tiefe durchgebrochen ist. Man sieht nämlich die söhligen Bänke
des Dachsteinkalkes am Nordwestrand plötzlich umbiegen und steil in die Tiefe
unter die Algäu-Schichten fallen, so dass diese nur angelehnt sind. Der zweite
Beweis liegt in einer kleinen Einsenkung mitten in dem Plateau. Ein grosser,
gegen Westen geöffneter Kessel wird von den steil abgebrochenen Wänden der
150 Fuss mächtigen Dachsteinkalkbank amphitheatralisch umgeben. Der Boden
ist flach und nach der Mitte etwas gesenkt. Ein grünes Seebecken, der Körbe n-
See, breitet sich dort aus; seine Ufer sind mit fruchtbaren Weiden bedeckt.
Der Grund des seltsamen Contrastes liegt in dem Zutagekommen der Kössener
Schichten, welche mitgehoben wurden und, als die Kalkdecke unterbrochen
wurde, mit ihrem selbstständigen Charakter auftreten konnten. Man findet in
ihnen am Fuss der umgebenden Felsmauern zahlreiche Versteinerungen.
Der Dachsteinkalk dieses Plateau s ist graulich-weiss und enthält viel Koral-
lenstöcke und einzelne Bivalven. Seine Schichten sind, wie in der ganzen Ge-
gend, mächtig entwickelt und bilden mauerförmig abgesetzte Wände, ähnlich wie
bei Zürss. Die Oberfläche ist vielfach durch Spalten unterbrochen, die in grosse
Tiefe hinabreichen. Im Nordost reicht ein Ausläufer des Plateau’s bis zu den
Häusern von Hoch-Krumbach.
[27]
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
113
Ein Plateau, welches als Oberfläche eines Gewölbes so schroff und inselför-
mig aus jüngeren Schichten hervortaucht, kann nur durch eine vollkommen cen-
tralisirte Kraft gehoben sein. Da aber aus früherer Zeit keine Spuren von Stö-
rungen, durch welche bereils imLiasmeer ein solches Piiff* hätte entstehen können,
vorhanden sind, so muss dasselbe in späteren Zeiten gebildet worden sein, als
die Gebirge der ganzen Gegend sich gestalteten. In andern Theilen finden sich
keine derartigen centralisirten Hebungen; daher zwingt uns auch dieser Umstand
wieder zu der Annahme, dass am Thannberg besondere Hebungsverhältnisse
stattfanden, welche durch die Combination mit einer rechtwinkelig gegen die
allgemein wirkende secundäre Kraft hervorgebracht wurden.
4. Südlich von der Zone der Algäu-Schichten folgt auf sNeue einDolomit-
zug, der bei Rothenbrunn beginnt und über die Kleine Spitz nach der
Mohnenfluh fortsetzt, dann aber sich zu einem Passe senkt, um als Aarhorn
wieder aufzutauchen. Der Dolomit dieses Zuges ruht auf den nördlichen Algäu-
Schichten und zwar confonn aufgelagert. Wenn an irgend einer Stelle, so könnte
man ganz besonders hier geneigt sein einen „oberen Dolomit“ anzunehmen, der
jünger sei als die Fleckenmergel. Am Jup pen-Spitz zum Beispiel sieht man die
Wände der südlich fallenden abgebrochenen Algäu-Schichten sich fast senkrecht zu
einer Höhe von 2000 Fuss erheben. Wenig unter der Spitze beginnt eine mäch-
tige Dolomithank, welche die Höhe bildet, genau an der Lagerungsweise theil-
nimmt und in gleicher Weise wie die Algäu-Schichten von den Wänden durch-
schnitten wird. Sie senkt sich südlich, es thürmen sich mehr Dolomitbänke
darauf, die oben einen Grat bilden und sich zur Mohnenfluh entwickeln. Es ge-
lingt schwer sich zu überzeugen, dass auch an dieser Stelle mit dem Dolomit
ein neues, auf das jüngere hinaufgeschobenes System beginnt. Allein einerseits
lässt sich die Auflagerungslinie genau über den Grat zwischen der Kleinen Spitz
und dem Hochberg und dann hinab nach Rothenbrunn verfolgen; andererseits
zeigt die bis jenseits der Mohnenfluh fortgeführte Durchschnittslinie die baldige
Auflagerung eines neuen Systems von Kössener, Dachsteinkalk- und Algäu-Schich-
ten, welchen dann in ähnlicher Weise die tiefen Triasschichten am Gypsiloch-
Bach aufgeschoben sind. Dieses Yerhältniss wird klar am Kleinen Spitz (ein wenig
westlich vom Juppen-Spitz) im Profil X und am Verhältniss des Krieger-Horn zum
Gypsiloch-Bach im Profil XI.
Verfolgt man den Dolomit des Juppen-Spitz und der Mohnenfluh nach Osten,
so sieht man ihn sich zur Tiefe unter dem Pass zwischen Schröcken und Sluben-
bach hinabsenken, es erscheint sein Hangendes, die Kössener Schichten,
deren unmittelbare Berührung mit den Algäu-Schichten des Aufeld-Tobls sich
hiedurch leicht erklärt. Sie bilden die ganze Einsattelung gegen das Aarhorn
(Profil XI). In diesem sehen wir nichts Anderes als die Fortsetzung des
beschriebenen Dolomitzuges, in seiner plötzlichen, steilwandigen Erhebung aber
eine nochmalige Aeusserung jener centralisirten Kraft, auf welche bereits das
Plateau um dem Körbensee schliessen liess. Wie im Süd west das Aarhorn sich
aus Kössener Schichten heraushebt, so sinkt es nordöstlich wieder unter solche
hinab. Der Dolomit des Berges fällt sehr steil nach Stunde 11, seine Schichten
zeigen aber eine gewölbartige Biegung in der Richtung des Streichens, welche
das Einfallen unter viel tiefer gelegene jüngere Schichten erklärt.
Was nun die weitere östliche Fortsetzung betrifft, so haben wir bereits
früher bei der allgemeinen Beschreibung der vierten Hehungswelle angegeben,
dass sie als ein breiter zusammenhängender Zug durch den nördlichen Theil des
oberen Lechgebiets hindurchzieht und bei Eimen über das Lechthal setzt. Wir
werden später diesen Zug als eine der ausgezeichnetsten und deutlichsten He-
15*
114
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[28]
bungswellen kennen lernen. Allein wenn er sich auch ebensowohl durch das
Genaue Einhalten der Richtung als durch seine Lage zwischen den benachbarten
Hebungswellen (III und V) deutlich als Fortsetzung des Zuges der Mohnenfluh
erweist, so ist doch die Verbindung über den Thannberg ungemein schwierig,
da hier eine Spaltung des Systernes in zwei Theile stattfindet und die Ableitung
derselben bei dem Zusammenfluss verschiedener Thalsysteme mit Schwierigkeiten
verbunden ist.
Gehen wir vom Aarh o r n aus, so treffen wir zunächst nordöstlich davon
nach einer kurzen Unterbrechung durch jüngere Liasschichten den Anfang eines
Dolomitzuges, den man zwischen Krumbach und Warth durchwandert. Er ist
gegen das Aarhorn nördlich verschoben , in ähnlicher Weise, wie die beiden
Wände des Thaies der Bregenzer Ache oberhalb Hopfreben. — Von hier zieht
der Dolomit, indem er zu den nördlichen Algäu-Schichten in das gewöhnliche
Verhältniss der Ueberlagerung tritt, nach dem Schroffen an der bayerischen
Grenze. Ich habe ihn nicht weiter verfolgt, doch scheinen die sonst bekannten
Verhältnisse zu ergeben, dass der Dolomit bald unter den massenhaften Algäu-
Schichten verschwindet, welche theils seinem eigenen Systeme, theils dem nördlich
vorliegenden angehören, und nachdem sie sich über dem Dolomit vereinigt haben,
als breiter Zug zwischen Hochvogel und Bretterspitz fortsetzen.
Ist diese Interpretation richtig, so erklären sich auf eine leichte Weise die iso-
lirten Dolomitinseln in diesem Algäu-Schichtenzug, wie sie am Jochspitz
und weiter gegen Hinter - H o rnbac h auftreten. Sie sind dann nur eine Fort-
setzung der secundären Hebungswelle des Schroffen. — Uebrigens ist auch
dieser Zug begleitet von den zugehörigen Kössener, Dachsteinkalk- und Algäu-
Schichten. Die Kössener Schichten tragen das Dorf Warth und ziehen hinüber
nach Lechleiten und von dort über den Pass am Schroffen nach dem R a p-
penalpenthal. Die Dachsteinkalke des zunächst sich anschliessenden Zuges
sind überaus mächtig; sie ziehen von Warth nach dem Lech hinab und
bilden dessen enges felsiges Bett aufwärts beinahe bis Stubenba ch; auch der
Weg führt in einiger Höhe sehr lange Zeit über die Bänke des Dachsteinkalkes.
Darauf folgt ein schmaler Zug von Algäu-Schichten.
Während der Anfang des beschriebenen Zuges gegen das Aarhorn ein
wenig nach Norden verschoben ist, entwickelt sich der zweite ein wenig weiter
südlich allmälig aus den Algäu-Schichten, springt aber bald in die Richtung:
Mohnenfluh-Aarhorn ein und setzt in dieser als einer der Hauptzüge fort. Sein
Dolomit taucht am Fusse der Höllspitz gegen den Lech hervor, setzt über
diesen und erreicht seine erste bedeutsame Entwickelung in den Walser
Kerlen an der Grenze des Algäus. Die Scharte zwischen diesem Berg und dem
Schroffen gewährt ein deutliches Bild von dem Verhältniss des in Betrachtung
stehenden Zuges mit dem vorigen. Herr Escher fand (nach mündlicher Mit-
theilung), dass der Dolomit der Höhe der Walser Kerle von dem, welcher den
Südabhang bis hinab in das Lechthal bildet, durch eine schmale, von jüngeren
Liasschichten gebildete Zone getrennt ist; eine Beobachtung, welche ich durch
den Nachweis des östlichen Fortstreichens der schmalen Zone in geringer Ent-
fernung in dem kleinen Schochathale vervollständigen konnte. Den weiteren
Verlauf der Hebungswelle (IV) von den Walser Kerlen an werden wir vom
Lechthale aus verfolgen.
5. Der der Hebungswelle IV angehörige Zug jüngerer Lias schichten,
welcher sich südlich von dem Hutler Bach und oberen Rothenbrunner Thal an
verfolgen Hess, wurde bereits in seinem allgemeinen Verlauf abgehandelt. Es
ergab sich, dass jene Schichten bei Rothenbrunn muldenförmig eingelagert sind,
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
[29]
US
(Profil IX), gegen Osten aber die regelmässige Mulde in eine Ueberschiebung
übergeht (Profil X, XI), so dass südlich der Mohnenfluh auf den Algäu-Schichten
unmittelbar das Triassystem des Krieger-Horns auflagert. Die Auflagerungs-
linie setzt quer über den Gypsitobl. Zwischen diesem Bach und dem Aarhorn
bilden die Algäu-Schichten ein sanftes Weideland, auf welchem die Häuser von
Bürslegg zerstreut liegen.
Südöstlich setzen die Schichten über den Bach fort und hängen hier mit
denen der nächstfolgenden Hebungswelle zusammen.
6. Die Hebungswelle III ist diejenige, welche in dem an Störungen so
reichen Gebiete die bedeutendste Unterbrechung der Stetigkeit erlitten hat. Im
Westen ist sie nur schwach entwickelt und zwar im Tisner Gschröf, Gans-
boden und im nördlichen Theil des Krieger-Horns. Hier setzt sie plötzlich
ab. Verfolgt man ebenso den östlichen Theil entsprechend gegen Westen, so
erreicht derselbe ein ebenso plötzliches Ende im Hö 11 spitz. Der Kaum zwischen
diesen beiden Bergen ist mit Algäu-Schichten ausgefüllt, die vom Lech durch-
strömt werden und dem Dolomit der Höllspitz nebst den dazugehörigen
Zwischengliedern aufliegen, die Trias des Krieger-Horns aber unterteufen oder
gegen dieselbe abgesetzt sind. Kaum könnte der Beweis klarer vorliegen, dass
hier eine Verwerfung von zwei Theilen derselben Hebungswelle gegen einander
stattgefunden hat, so zwar, dass der westliche gegen den östlichen gehoben,
vielleicht sogar überschoben wurde, und es ist gewiss nicht zufällig, dass diese
Verwerfung in der genauen Fortsetzung der oben beschriebenen Spalte der
Bregenzen Ache oberhalb Hopfreben, der westlichen Grenze der Dachsteinkalk-
insel bei Schröcken und des Passes westlich vom Aarhorn liegt.
Die Linie Hopfreben -Stubenbach (Stunde 22) scheint daher
die Hauptrichtung der Störungen zu bezeichnen, welche in dem
sonst so regelmässigen Fortstreichen der Hebungswellen am Thannberg statt-
finden. Westlich von dieser Linie, und zwar genau bis zu ihr, ist die grösste
Regelmässigkeit im Gebirgsbau; östlich breitet sich ein schmales, auf das Mannig-
fachste zerstörte Gebiet aus, und erst jenseits desselben beginnt wieder dieselbe
* Regelmässigkeit, die Hebungswellen setzen in der früheren Richtung fort und
erleiden erst in weiter Entfernung wieder einige kleinere Unterbrechungen.
Nachdem wir so zu zeigen versucht haben, wie die einzelnen Elementar-
bestandtheile im Gebirgsbau des Trias-Liasgebietes von Vorarlberg über die
Grenze von Tirol fortsetzen, überschreiten wir diese und wenden uns zum Ge-
birgsbau von Nord-Tirol.
III. Der westliche Theil von Nord-Tirol von der vorarlbergischen Grenze bis
Seefeld.
Wir betreten das Flussgebiet der Donau und bewegen uns von nun an bis
zu den Grenzen unseres Gebietes gegen Bayern ausschliesslich in der Trias-
Lias-Zone, welcher nur parasitisch und sporadisch Gebilde jüngerer Formationen
auf- und eingelagert sind. Nirgends Q greift das selbstständige Gebiet derselben
über die Grenzen von Nord-Tirol. Das Thalsystem des Lechs von Stög bis Füssen,
eines der interessantesten und charakteristischesten in den gesammten Kalk-
alpen, das Quellgebiet der Loisaeh und der westlichen Zuflüsse der oberen Isar,
!) Mit Ausnahme der vom bayerischen Gebiete rings umschlossenen österreichischen Be-
sitzung Jungholz, nördlich von Thannheim.
116
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[30]
endlich die Grenzeinsenkung zwischen Kalk- und Urgebirgsalpen vom Arlberg
bis Zirl, welche von der Rosanna und dem Inn durchströmt wird, sind die allge-
meinsten formgebenden Elemente für die Gestaltung der Oberfläche. Die Rich-
tung dieser Thäler wie der trennenden Gebirgszüge bietet wenig Regelmässig-
keit; in um so hervorragenderem Maasse finden wir sie gerade in diesem Theil
der Alpen bei jenen Hebungswellen, welche wir bereits durch Vorarlberg ver-
folgten. Unabhängig von Thälern und Höhenzügen streichen sie in stets gleicher
Richtung und mit wenig wechselndem Schichtenbaue weithin fort, setzen in ver-
schiedenen Winkeln über die Thäler und veranlassen diese nur selten zu einer
wesentlichen Aenderung ihres Laufes. Am ausgezeichnetsten ist diese Regel-
mässigkeit und Gleichförmigkeit im Lechgebiete, nördlich bis zum Thannheimer
Thal und dem Flysch des Algäus, südlich bis zum Innthal. Weiter im Osten stellen
sich nach und nach bedeutendere Abweichungen ein. Die erste derselben ist in
der Umgegend von Reutte. Herr Bergrath Ritter v. Hauer erkannte in dem weiten
Thal dieses Ortes einen Aufbruch, in welchem die tiefsten Triasschichten zu Tage
kommen.
Solche Aufbruchscentren finden sich zwar weiter südöstlich nicht mehr, im
Gegentheil sieht man noch ununterbrochen die Hebungswellen fortstreichen. Allein
es stellt sich allmälig ein wesentlich unterscheidendes Merkmal ein, dass östlich
vom Meridian von Reutte zur vollen Geltung kommt und von nun an durch die
gesammte Alpenkelte bis zur ungarischen Ebene fortsetzt; es ist das Auftreten
der mächtigen weissen Hallstätter Kalke und ihre wichtige Rolle im Gebirgsbau.
Gebirge zwischen dem Lech-Thale von Stög bis Elbingen-Alp und dem
Stanzer Thale.
Das Stanzer Thal, von der Rosanna durchströmt, kommt vom Arlberg und ist
östlich gerichtet, das Lechthal hat bis Eimen eine ostnordöstliche, von da bis
Reutte eine nordöstliche Richtung. Die Gebirgsmasse zwischen beiden Thälern
nimmt daher nach Osten bedeutend an Breite zu. Die Hebungswellen sind dem
Stanzer Thal ungefähr parallel (mit einem kleinen Ausschlag nach Nordost) und
durchschneiden daher das Lechthal unter schiefem Winkel. Aus Triasschichten
und Liasdolomit baut sich das Schichtensystem unmittelbar aus dem Grunde des
Stanzer Thaies zu einem Gebirgszug mit äusserst kurzem und steilem Südabfall auf.
Schon auf dieser Höhenlinie ist die Wasserscheide zwischen Rosanna und Lech;
nach Süden stürzen nur einige kurze Wildbäche herab, nach Norden sind lange
Querthäler gerichtet. Wir betrachten erst die Profile des südlichen Abhanges,
ehe wir uns über die Pässe in das Lechthal wenden.
Triasformation zwischen dem Arlberg und Landeck. —
Der Nordabhang des Stanzer Thaies besteht aus der unmittelbaren Fort-
setzung der Schichtensysteme des Klosterthaies. Wir knüpfen daher an unsere
Profile bei Stuben und Arlberg an, mit denen wir Vorarlberg verliessen (Fig. 20,
21, 22, 23), das letzte derselben (Nr, 23) zeigte mächtig entblössten Verrucano
und zugleich das Verhältniss der schwach geneigten Schichten desselben zu der
senkrechten Stellung des Dolomites. Alles dies bleibt östlich vom Arlberg ebenso.
Der Verrucano nimmt an Mächtigkeit bedeutend zu; seine Schichten liegen
meist schwach geneigt, darüber folgt die gesammte Trias. Nach einer oder meh-
reren Windungen, welche im Fortstreichen stets wie bei den Parallelprofilen von
Stuben bedeutenden Modificationen unterworfen sind, folgt der Dolomit mit fast
senkrechter Schichtenstellung. Im weiteren östlichen Verlauf keilen sich alle
Triasschichten unter dem Dolomit aus, der sie mächtig überwölbt. Im Allgemeinen
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord -Tirol.
117
[31]
sind die Verhältnisse auf dieser Seite des Arlberges ungleich schwieriger aufzu-
fassen, als die jenseitigen; es trägt dazu die veränderte Schichtenentwicklung bei,
indem die Partnachmergel und Raibler Schichten ungemein an Mächtigkeit zu-
nehmen und die letzteren jetzt besonders durch Schiefer und Sandsteine ver-
treten sind. Die Arlbergkalke ändern gleichfalls ihre Beschaffenheit ein wenig;
es ist als ob sie den Hallstätter Kalken näher träten; auch ihre Mächtigkeit
nimmt zu.
Von St. Jakob nachdemAlmeju r- J och. Oberhalb St. A nton und St. Jakob
steht Verrucano in bedeutender Mächtigkeit an; einige sanfte Vorsprünge in dem
Thal scheinen ebenfalls daraus zu bestehen. Die ersten anstehenden Gesteine
sind ein sehr typischer dunkelrother Verrucano mit grossen weissen ahgeroll-
ten Quarzkörnern; das Bindemittel ist meist verkieselt. Es folgen dünnschiefrige
glimmerreiche Schichten, darauf ein feinkörniger rother Sandstein und jene an
grossen Quarzausscheidungen reichen regenerirten Glimmerschiefer, welche durch
ihren schuppigen Glimmer sich von dem Gestein der Centralkette unterscheiden,
endlich noch einmal rothe Sandsteine. Dieses gesammte Schichtensystem ist in
steilen Wänden hei den Hebungen des vom Almejur-Jöeh herabkommenden
Baches entblösst. Die Lagerung zeigt im Allgemeinen ein nördliches Fallen, das
aber durch mehrfache wellige Biegungen verdeckt wird. Eine gelbe Rauchwacke,
welche das Thal durchzieht, scheint unmittelbar über dem Verrucano zu liegen
und den Guttenste i n e r Kalk zu vertreten. Die nun folgenden Schichten sind
wenig entblösst, doch treten Partnachmergel und Arlbergkalke sehr
charakteristisch auf. Eine breite sanfte Stufe von gelber Rauchwacke, braunen
glimmerigen Sandsteinen u. s. w. trennt sie vom Dolomit; unser Profd zeigt den
Grund der bedeutenden Ausbreitung dieser Gesteine der Ra ib 1 er Schichten.
Der Dolomit fällt steil nördlich und hält bis zum Joch an, jenseits dessen sogleich
Kössener Schichten folgen; sie setzen den Abhang gegen das Almejur-Thal bis
tief hinab zusammen und ziehen östlich über den Nordgrat des Stanskopfes nach
dem Kaiser-Joch fort, westlich am Valluger Kopf vorüber.
VonPetneu nach dem Kaiser- Joch. Dieser Aufstieg entblösst das
Triasprofil noch weit unvollkommener als der vorige; nur der Verrucano ist in
gleicher Weise wie dort an den Wänden des vom Joch herabkommenden Thaies
ausgezeichnet aufgeschlossen. Im Allgemeinen lässt sich eine gewölbartige Auf-
biegung erkennen. Die Schichtenfolge scheint bis zur Höhe eine sehr regelmäs-
sige zu sein; nur die Raibler Schichten haben auch hier eine ungewöhnliche Aus-
breitung. Es folgt darauf Dolomit in bedeutender Mächtigkeit. Die Höhe des sehr
ausgebreiteten sanften Joches wird von den dunklen mergeligen Kössener
Schichten gebildet, welche westlich vom Almejur herüber kommen und östlich
nach der vorderen See-Spitz fortziehen. Die gesammte Abtheilung des Lias über
dem Dolomit ist nördlich vom Almejur, wie vom Kaiser- Joch in einer stark gebo-
genen, sehr gestörten Mulde gelagert, die im Almejur breit, im Kaiserthal sehr
schmal ist und sich gegen den vorderen See-Spitz mit einer nördlicheren, durch
einen Dolomitzug getrennten Liasmulde vereinigt. Sie setzen vereint, aber den-
noch in geringer Breite über das Alpe r schon nach dem Parseyer Thal
fort.
DasProfil von Schnan über dasKühjoch nach dem Alpe rschon-
Thal ist durch Escher von derLinth bekannt geworden, welcher es genau
beschrieb. Kein anderes im Stanzer Thal gewährt einen so deutlichen Aufschluss
über die Schichtenfolge, kein anderes aber stellt auch die gleichen Räthsel.
Es scheint, dass die auf Profil XIII dargestellte Lagerung die richtige ist, wie
sich aus der Erörterung der Aufeinanderfolge der Gesteine leicht ergibt. Wir
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
118
[32]
bedienen uns dabei der von Es eher angewendeten treffenden Bezeichnungen
und fügen nur wenige Beobachtungen hinzu :
1. Unmittelbar bei dem Dorfe Schnan vor dem Eingänge in das Thal steht
mit steilem südlichen Fallen ein schwärzlichgrauer, ebenflächiger, mergeliger
Thonschiefer an. Ueber seinen flachen Hügeln erhebt sich mit steilen Wänden
2. ( 'z ) *) sehr kie selig er, spröder, schwarzer bis dunkelgrauer Kalk-
stein, feinkrystallinisch bis dicht und 300 Fuss mächtig. In ihm ist eine enge
und tiefe Klamm eingeschnitten.
3. (V) ebenflächiger, ausgezeichnet spaltender, mergeliger Tho ns chie-
fer wie 1. Mehrere einzelne Schichten von knollig zerklüftendem Kalk sind ein-
gelagert. Gesammtmächtigkeit 250 Fuss.
Diese drei Schichtensysteme deuten entschieden eine wellige Faltung an
und bringen sich dadurch leicht in Zusammenhang mit der Aufbiegung bei Petneu.
Ein kieseliger schwarzer Kalkstein, wie er die Klamm bildet, ist auser den Vi r-
gloria-Kalken nicht bekannt und die den Schiefern eingelagerten knollig zerklüf-
tenden mergeligen Kalke deuten mit Entschiedenheit auf Partnachschiefer.
Die ebenflächige tafelförmige Structur der sonst in kleine Täfelchen zerfallenden
Gesteine ist zwar auffallend und es lässt sich kaum ein Grund für diese Aende-
rung aufstellen; allein dieser geringe Unterschied muss dem Zeugniss der anderen
Merkmale weichen. Es folgen
4. (w,v, u, r, s) ein Wechsel von schwarzen porösen mit
grauen und weissen krystallini sehen Kalken; einzelne Schichten sind
vollkommen schwammig und gehen in Bauchwacke über. Von unten her entwickelt
sich das System durch Wechsellagerung aus den Schiefern. Alle Merkmale dieses
Compiexes stimmen genau mit denen der Arlbergkalke überein, wie sie z. B.
auf dem Wege von Stuben nach Zürss auftreten. Insbesondere ist auch die
Wechsellagerung der untersten Schichten mit Schiefer ein stets gleichbleibender
Umstand.
5. (q) Gelbliche R auch wacke, dunkelgraue, auf den Schichtflächen gelb-
liche, etwas glimmerige, schiefrige Mergel, dunkelgraue und braune
glimmerige feste Sandsteine u. s. w. mit Spuren von Versteinerungen der
Rai hier Schi chten.
6. (r). Hellgrauer, feinkörniger Dolomit, wie einzelne Schichten von 4.
7. (o Gras) Schichten wie die Raibler von 5. Nur die Rauchwacke ist nicht
sichtbar, da sie am Wege von Graswuchs bedeckt ist Ihr Vorhandensein wird
auch durch die Tobl angedeutet, welche in ihrer Streichrichtung von links und
rechts herabkommen.
Auffallend ist die ungemein grosse Mächtigkeit der Raibler Schichten, welche,
selbst wenn man die durch das Hervortreten von 6 angedeutete, im Profil ver-
zeichnete Aufbiegung in Betracht zieht, immerhin beträchtlich bleibt.
8. ( m , n) Lias-Dolomit mit steilem nördlichen Fallen; er hält bis jenseits
des Baches an und bildet den Vorderen See- Spitz, die Knappenböden
und den Stierkopf. Es folgt ihm jene Mulde jüngerer Liasschichten, deren
wir am Kaiser-Joch erwähnten und die wir von der Nordseite her genauer ver-
folgen werden.
Das schwierige Profil des Kühjoclithales findet so durch die beiden Schich-
tenaufbiegungen eine einigermassen befriedigende Erklärung. Der Verlauf des
Schichtenbaues der Trias zwischen Schnan und Landeck scheint
sich nun von selbst zu ergeben. Die Trias hält sich von nun an nur an dem tief-
!) Die beigesetzten Buchstaben bezeichnen die Schichte in Herrn Escher’s Profil.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
119
[33]
sten Südgehänge der Berge und zieht so am Fusse der Eisenspitz und
des Tawin hin, deren Hauptmasse von Dolomit und deren Gipfel von Kössener
Schichten gebildet werden. Die Trias scheint südlich vom Eisenspitz noch einmal
eine bedeutendere Ausdehnung zu gewinnen, indem sie sich mit einem breiten
und mächtigen Verrucano- Slreif auf den Glimmerschiefer-Vorsprung lehnt.
Allein sie verschwindet bald ganz, indem sich der Dolomit von Norden her mehr
und mehr herüberwölbt und endlich die Trias vollkommen verhüllt.
So ist das Verhältnis bei Landeck. Der Dolomit tritt hier in imposanten
Gebirgsmassen bis in das Innthal herein und wenn man von Za ms den beschwer-
lichen, steilen Pfad nach dem oberen Theil der grauenhaften Kluft des Letz-
B ach es einschlägt, so sieht man deutlich die gewölbartige Biegung der gesamm-
ten Dolomitmasse. Bei der Alpe im mittleren Theil des Thaies stehen dann jün-
gere Liasschichten an, welche über die Silberspitze ziehen und eine allseitig
isolirte, muldenförmige Einlagerung bilden. Weiter thalaufwärts gegen den ver-
lassenen mühsamen Uebergang über das Pa sseyer- J och erhebt sich wiederder
Dolomit; im Matriol -Thal klafft er auf und lässt einen Streifen Rauchwacke der
Raibler Schichten hindurchschauen. Dann setzt er mit umgekehrtem, nördlichem
Fallen weiter fort und bildet die Unterlage einer neuen grösseren Mulde von
jüngeren Liasschichten, welche am Schweinsrüssel beginnt. Es ist dieselbe
Mulde, welche wir bereits im Kaiser- und im Alp erschon-Thal kennen
lernten.
Wo südlich von dieser Mulde noch andere Schichten neben dem Dolomit
auftreten, hat man es mit vollkommen localen Erscheinungen zu thun, welche
mit ihrem kurzen Verlauf oft die klare Auffassung des Gesammtbaues erschweren,
aber doch die hauptsächlichsten Thatsachen niemals ganz zu verhüllen vermögen.
So verlassen wir bei Landeck den schmalen, steilen Südabhang des Al-
mejur-Jochs und Kaiser-Jochs als ein breites, gestaltreiches Gebirgsland. Die
Constanten sind die nördliche Liasmulde und die südlichen krystallinischen
Schiefer. Bei Sanct Jakob fanden wir zwischen diesen beiden Elementen ein
einfach und normal aufgebautes Schichtensystem, es nahm an Breite gegen Osten
zu, gleichzeitig auch an Mannigfaltigkeit im Gebirgsbau, und bei Landeck sehen
wir es als ein Dolomitgebirgsland, dessen gleichförmiges Schichtensystem
gewölbartig eine breite Zone bedeckt und durch locale Störungen bald einen
isolirten Streif älterer Schichten hervortreten lässt, bald eine kleine Auflagerung
jüngerer Liasglieder trägt. Wir werden später den weiteren Verlauf gegen
Imst kennen lernen und wenden uns jetzt zunächst zur Betrachtung der vom
Lechthal bis in die vielgenannte Liasmulde hinaufreichenden Thäler.
Umgegend von Stög im Lechthal, Bock hach-, Grabacb-, A I-
mejur-Thal. — Bei Stög verlässt der Lech die Engen, die er bei Lechlei-
then am Thannberg betrat und fliesst von hier an in einem weiten, reichbevöl-
kerten Thal. Ein von Osten herkommender breiter Doiomitzug erreicht hier sein
westliches Ende und bildet die Gehänge rings um den Ort; zwischen ihm und
dem Almejur-Joch ziehen noch zwei Dolornitzüge von West nach Ost, deren nörd-
licher unserer Hebungswelle II aus Vorarlberg angehört, während der südliche
eine kurze Erhebung aus der Tiefe mitten in der Mulde I N — II S bezeichnet und
diese in zwei Mulden theilt; ihren dolomitischen Südrand lernten wir vom Stanzer
Thal her kennen. Almejur- und Kaiser-Thal entspringen an diesem Südrand und
münden gemeinsam bei Stög; sie durchschneiden daher mehrere Hebungswellen,
während das Grabach- und Bockbach-Thal mehr westlich aus der nördlichen
Hälfte der zweigetheilten Mulde I N- — II S entspringen, daher ein weniger com-
plicirtes System an ihren Abhängen entblössen.
K. k. geologische Reichsanstalt, 12. Rand, 1861 und 1862. II. Heft.
16
120
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[34]
Das Bockbachthal bildet in seinem Ursprung eine Einsenkuug zwischen
den älteren und jüngeren Liasschichten. Aus jenen besteht der Scheiderücken
gegen das oberste Lechgebiet, der Zug vom Schwabbrunnen nach dem VVestner
Berg. Kössener Schichten, Dachsteinkalk und Adnether Kalk sind dem Dolomit
aufgelagert und bilden den Nordwestabhang. Selten ist der Dachsteinkalk in so
bedeutender Mächtigkeit entblösst; er setzt eine isolirte Bergmasse zusammen
und trägt im Thalgrund die rothen Adnether Kalke. Die gesammte südöstliche
Thalwand besteht wie der ganze Scheiderücken gegen das Grabachthai aus Al-
gäu-Schichten. So bildet das obere Bockbachthal einen fruchtbaren, alpenreichen
weiten Kessel, dessen Schichten über den Schwabbrunnen und die Alpe Monzabon
nach Zürss hinübersetzen. Er wird im Hintergrund überragt von dem Dolomit
des Rauhen Spitz und des Gra bacher Spitz, dessen eigenthümliches über-
stürztes Lagerungsverhältniss wir von Zürss her kennen lernten (s. Prof. XII). —
Dieser obere Thalkessel wird schroff abgeschnitten, indem der Dolomit des
Westner Spitz quer über das Thal hinwegsetzt, den Grubspitz zwischen
ßockbach und Grabach bildet und dann nach Kaisers hinüberzieht. Man gelangt
daher thalabwärts von den fruchtbaren Gehängen der Fleckenmergel succes-
sive in rothen Adnether Kalk, Dachsteinkalk, mächtige Kössener
Schichten, und dort wo der Bach vom westlichen Uehergang gegen Stubenbach
in einer Spalte herabkommt, in Dolomit. Mit ihm verlässt man die Hebungs-
welle II und kommt aufs Neue in Flecken me rgel, welche scharf gegen den
Dolomit abgegrenzt sind, und nach dessen Engen eine zweite alpenreiche Thal-
strecke schaffen, es beginnt damit die Hebungswelle III, deren Dolomit nörd-
lich das Thal abschliesst, im Höllspitz seinen Höhepunkt erreicht und über
die Einmündungsstelle des Bockbachs in den Lech nach dem Muttekopf zieht.
Die Schichten zwischen ihm und den Fleckenmergeln sind gut entwickelt, die
Dachsteinkalke erheben sich westlich zur Mittagspitz. — Wendet man sich
aus dem Boekhach nach Stög, so kann man nicht in die furchtbare Dolomit-
schlucht hinab, sondern hält sich auf den Algäu-Schichten, welche den Abhang
unterhalb des Grubspitz bis fast in das Lecbthal hinab bilden. Die überaus reichen
Alpen, welche für den Botaniker ein ungemein dankbares Gebiet hinsichtlich des
Formenreichthums der Flora der Gegend sind, tragen den Namen Birchesgunt.
Ihre Algäu-Scliiehten ziehen hinüber nach dem Grabachthai und sind durch ihr
Liegendes (Adnether, Dachslein-, Kössener Schichten) von dem Dolomit von
Stög getrennt.
Das Grabachthai bietet ungleich schwierigere Verhältnisse, die wir in-
dessen schon früher bei Betrachtung des Grates zwischen Zürss und Grabach
theilweise zu erklären suchten. Es zeigte sich, dass das muldenförmig gelagerte
Schichtensystem zwischen Valluger Spitz und Schwabbrunnen im Norden eine
grossartige Umbiegung erfahren habe, wodurch alle Schichten von den Partnach-
mergeln bis zu den jüngsten Liasgliedern an jenem Grat in umgekehrter Reihen-
folge über einander liegen. Man gelangt daher aus den Algäu-Schichten des
Thalgrundes von Grabach ansteigend zu einer isolirten Partie rothen Adnether
Kalkes mit vielen Ammoniten und Crinoiden-Breccie. Darüber liegt mauerförmig
abgebrochen ein mächtiges Dachsteinkalkflöz und dieses trägt ein kleines
Plateau von Kössener Schichten in fast söhliger Lagerung. Amphitheatra-
lisch steigen Kalkgebirge darüber auf. Von rechts her kommt der Dolomit des
Grabacher Spitz und keilt sich schnell aus; darauf folgen Rauclnvacke, Sand-
steine, kalkige Schiefer u. s. w. der Raibler Schichten und mächtige Arl-
bergkalke, bis endlich Partnachmergel als das höchste den Uebergang
nach Zürss vermitteln. Die Arlbergkalke scheinen auch den Schmalzgrat zu bil-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
121
[35]
den, welcher Grabach und Almejur scheidet; denn man sieht unter diesem Kalk-
grat die Rauchwacke der Raibler Schichten herumziehen und es ist wahrschein-
lich, dass dieser kleine Bergzug auch dem überstürzten Schichtensystem ange-
hört. — Dass jenseits des Passes gegen den Pazieler Bach dieselbe verkehrte
Lagerung sich abwärts verfolgen lässt, habe ich zu zeigen versucht. Herr Berg-
rath Franz Ritter v. Hauer und Herr Escher v. d. Linth fanden, dass auch
gegen das oberste Almejur-Thal als Liegendes der Trias wider die Kössener
Schichten Vorkommen, so dass von allen Seiten her die Ueberstürzung vollkom-
men klar erwiesen ist. Auch von der letztgenannten Seite scheint es übrigens
sicher festzustehen, dass der Schmalzgrat auch noch dem überstürzten Schichten-
systeme angehört.
Wendet man sich von diesem merkwürdigen Knotenpunkt im Grabachthai
abwärts, so bietet es dieselben einfachen Verhältnisse wie das Bockbachthal.
Man gelangt aus den Fleckenmergeln durch die Zwischenschichten in den Dolo-
mit, der westlich von der Grubspitz herabzieht, und in die Algäu-Schichten der
Hebungswelle III, welche westlich Birchesgunt tragen und östlich nach dem Kai-
serthal ziehen. Nirgends ist der Schichtenbau dieser Formation mit solcher Klar-
heit zu verfolgen wie hier. In einer tiefen, senkrecht eingeschnittenen Schlucht
bricht der Grabach quer hindurch und zwingt den Weg sich hoch am östlichen
Gehänge zu halten. Bald durchschneidet er die Adnether Kalke, an Korallen und
ßivalven reiche Dachsteinkalke und Kössener Schichten mit vielen Versteinerun-
gen. Diese drei Schichtensysteme setzen oberhalb Ellebogen über den Lech und
bilden den Südabhang des jenseitigen Ellebogen-Spitz. Durch eine kleine
Kluft, in welcher dünnplattige bituminöse Kalke in Lias- Dolomit anstehen, er-
reicht man Stög.
Das Almejur-Thal entspringt am Rogla-Spitz, nimmt einen kleinen
Zufluss vom Almejur- Joch auf und mündet bei Kaisers in das Kaiser-Thal. Der
obere und untere Theil des Thaies liegen in jüngeren Liasgebilden, der mittlere
durchbricht jenen Dolomitzug, der eine kurze Aufbiegung zwischen den Hebungs-
wellen I und II bildet. Die Liasschichten des oberen Laufes kommen in mulden-
förmiger Lagerung von Zürss über den Rogla- und Valluge r Spitz herüber
und streichen in gleicher Lagerung nach dem K a i s e r-J och. Der Dolomit durch-
zieht das Thal an der Vereinigungsstelle der beiden Quellbäche und verschwindet
westlich unter dem Schmalzgrat.
Das Kais et* -Thal, welches in einem überaus grossartigen Gebirgskessel
zwischen Kaiser-Joch, der vorderen See-Spitz, dem Kreuz-Joch und der Tagwaid-
Spitz aus einem abgeschiedenen See entspringt, durchschneidet bis zur Vereini-
gung mit dem Almejur-Thal dieselben Zonen wie dieses. Der Uehergang am Kaiser-
Joch nach Petneu im Stanzer Thal liegt in Kössener Schichten. An einem steilen
Gehänge windet sich der Weg in das Thal hinab; er durchschneidet einen mannig-
fachen Wechsel der verschiedenen Liasglieder, welcher von den bedeutenden
Unregelmässigkeiten in der Ausbildung dieser Mulde zeugt. Noch ehe man die
Jocher Alp erreicht, gelangt man durch den kleinen Dolomitzug, der auch im Al-
mejur-Thal einen Theil der Gehänge bildet. Er ist hier nur noch schwach ent-
wickelt und erreicht schnell sein östliches Ende. Der Hintergrund des Kessels,
worin der Kaiserbach entspringt, gegen Alperschon, zeigt nur noch eine einfache
Mulde der jüngern Liasglieder zwischen der vordem See-Spitz und dem Kreuz-
Joch; eine kleine Aufbiegung in der Mitte des Sattels deutet die Fortsetzung des
Dolomitzuges an. — Bei der Jocher Alp stehen noch ausser dem Dolomit Kössener
Schichten und Dschsteinkalk an, welche einer breiten, bis Kaisers reichenden
Zone von Algäu-Schichten Platz machen, in der sich der Almejur-Bach mit dem
16 *
122
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[36]
Kaiserbach vereinigt, um diesem den Namen des weiteren Thaies zu lassen. Diese
Algäu-Schichton zwischen der Jocher Alp und Kaisers sind die östliche Fort-
setzung von denen, welche Grabach und Bockbaeh trennen; sie bilden weiter im
Osten die Tagwaid-Spitze und ziehen als Mulde fort bis zur Lorinser Spitze. Der
weitere Verlauf des Thaies bis Stög ist sehr einfach. Bei Kaisers erreicht man
den Dolomit der Grubspitz (H), welcher östlich die Krvstallispitzen und die
Wetlerspitze am Ursprung des Sulzel - Thaies bildet. Wie überall liegt er un-
mittelbar und in gleichförmiger Lagerung auf Algäu-Schichten. welchen wiederum
Adnether, Daehstei ikalk-, Kössener Schichten und der Dolomit von Stög folgen.
Ein Ueberhlick des eben betrachteten Gebietes mit Rücksicht auf die west-
lich angrenzenden Theile zeigt, dass der Dolomit des Schafberges bei Spullers
in ununterbrochenem Zug über die Grubspitz, Kaisers nach dem Wetterspitz den
Nordrand einer Mulde bildet, deren Südrand aus dem Dolomitzug im Norden des
Kloster- und Stanzer Thaies besteht (Arzberg, Valluger Kopf, Stans-Kopf, Vor-
dere See-Spitz), dass diese Mulde am Schafberg wie zwischen Wetterspitz und
vorderem See-Spitz einfach und von geringerBreite ist, dazwischen aber sich ver-
breitert und durch einen mittleren kleineren Dolomitzug auf kurze Erstreckung in
zwei Mulden getheilt wil d, dass endlich in der gesummten angegebenen Ausdeh-
nung die Lagerung eine muldenförmige bleibt und wo Störungen stattfinden, die-
selben in einer Umbiegung des gesammten Schichtensystems vom Rande der
Mulde her bestehen. Es ergibt sich ferner, dass der Dolomit des Nordrandes der
Mulde vom Lechthal an gegen Osten in seiner ganzen Erstreckung den jüngsten
Gebilden eines gleichfalls südlich fallenden zweiten Liassystems aufgeschoben ist
und somit erst mit diesem Nordrand oder der Hebungswelle II die Reihe der
regelmässigen von Sud nach Nord gerichteten Aufschiebungen beginnt, denen
wir weiter nördlich constant begegnen.
Lechthal von Stög bis Elb i genalp; Madau-Thal (AI perschon,
Passeyer, Reth). — Das Lechthal liegt von Stög fast bis Elbigenalp in der Rich-
tung des Dolomitzugs (der Hebungswelle III), den es bei dem ersteren Ort betrat.
Die Schichten des Dolomits fallen südlich und sind an ihrer Nordgrenze einer
Zone von eben so einfallenden Algäu-Schichten (der Hebungswelle IV) aufgela-
gert. Der Fluss hält sich stets nahe dieser Grenze und überschreitet sie mehr-
fach, so dass der Dolomit am Not drand des Thaies nur die schrofferen Vorsprünge
bildet, zwischen denen die sanften Gehänge der Algäu-Schichten die Thalsohle
erreichen, wie bei Holzgau und abwärts von Ober-Gieblen. Bei diesem Ort setzt
die Auflagerungslinie über das Thal, erreicht bei Griesau den Südahhang und in-
dem sie über das Gebirge nach Bschlaps fortzieht, bleibt der Dolomitzug südlich
vom Thal und entfernt sich mehr und mehr von demselben.
Am Südahhang zwischen Stög und Elbigenalp steigt der Dolomit höher an,
erreicht aber nur theilweise die ersten Höhen, sondern überlässt diese bereits
den aufgelagerten südlich fallenden Kössener, Dachsteinkalk-, Adnether und Al-
gäu-Schichten, welche als eine schmale Zone vom Ausfluss des Grabachthaies an
den Dolomit von Stög begleiten und, wie alle Zonen von Algäu-Schichten in die-
ser Gebirgswelt, auf’s Neue von Dolomit überlagert werden (Hebungswelle II).
Letzterer gabelt sich von Osten her, indem er im Madau-Thal mit einem breiten
aber sich schnell auskeilenden Zweig in die Zone der Algäu-Schichten hinein-
greift. Diese gabeln sich dadurch ebenfalls und senden einen kurzen Zweig gegen
Osten in den Dolomit, so dass beide zackig in einander eingreifen. Erst südlich
von diesem Ineinandergreifen zieht der Grubspitz-Kaisers-Wetterspitz-Dolomit-
zug ununterbrochen fort. Die Folge dieses Verhaltens ist, dass die Zone der Al-
gäu-Schichten, welche von Westen her bis zum Madau-Thal eine bedeutende
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
123
[37]
Breite hat, bei der Gabelungsstelle ihre grösste Breite erreicht, und indem der
südliche Ast sich auskeilt, nur noch in den nördlichen mit sehr geringer Breite
fortsetzt, der Dolomit aber südlich von der III. Hebungswelle in der Oberflächen-
gestaltung eine immer wichtigere Rolle erhält und sich zu bedeutenden Gebirgs-
massen ausdehnt.
Dazu kommt, dass so fortlaufend auch der Zug des Dolomits II ist, dies kei-
neswegs für die südlich anschliessende Mulde jüngerer Liasglieder gilt, jene viel-
genannte Mulde I N — II S, die wir von jenseits der Spullers-Alpe in Vorarl-
berg bereits bis zum Alperschon verfolgten. Auch sie erreicht im Quellgebiet
des Madau-Thals ihr östliches Ende, nachdem sie im Passeyer noch einmal zu be-
deutender Breite angewachsen war.
Rechnet man hierzu das oben auseinandergesetzte Verschwinden aller For-
mationen zu Gunsten des Dolomits zwischen den Quellen des Madau-Thales und
dem Inn-Thal, so ergibt sich ein allgemeines, plötzliches, sehr bedeutendes An-
wachsen des Dolomits. Zwischen Elbigenalp und dem Inn-Thal ist von der östlichen
hohen Wasserscheide des Madau-Thales an, mit Ausnahme einiger kleinerer Auf-
lagerungen, nur noch ein einziger, der III. Hebungswelle angehöriger, schmaler
Zug von Algäu-Schichten entwickelt. Alles Gebirge im Süden desselben ist Do-
lomit.
Das Thalsystem des Lendbaches oder Madau-Thales. — Wie
alle Nebenthäler des Lechs, so besteht auch das vielverzweigte Madau-Thal aus
einem Wechsel fruchtbarer und sanfter Thalstrecken mit wilden unzugänglichen
Engen, was durch das Durchschneiden der vielgenannten Zonen von Algäu-
Schichten und Dolomit bewirkt wird. Der Eingang der meisten von diesen Neben-
thälern ist durch Dolomit versperrt und man muss zwei Stunden weit an der
Höhe der Gehänge hingehen um in einem fruchtbaren Thalkessel des oberen
Flusslaufes ein kleines armes Dorf zu finden. Meist liegt dieses an der Vereini-
gungsstelle mehrerer grösserer Quellbäche, an denen man aufwärts steigend noch
zu Hochalpen und dann zu Bachübergängen nach den benachbarten Thälern
gelangt.
Das vom Lendbach durchströmte Madau-Thal mündet bei L e n d in das
Lechthal. Der Dolomit (III) an der Mündung ist hier sehr schmal und man er-
reicht schnell über Kössener Schichten und Dachsteinkalke aufwärts steigend die
Zone der Algäu-Schichten. Es tritt nun ein eigenthümlicbes Verhältniss ein, indem
in Westen bis jenseits Madau Algäu-Schichten die Gehänge bilden, Anfangs bis
zur Höhe der Wasserscheide, später nur im unteren Th eil, während sie östlich
als sehr schmale Zone nördlich von Buttelspitz nach Gramais hinüberziehen
und dann sogleich Dolomit alle Gebirge bildet, welcher zwischen dem Grieselbach
und Madau auch an den Fuss des linken Gehänges herüber zieht. Es ist dies die
Stelle der zweifachen Gabelung. Madau, ein kleines Sennhüttendorf, liegt in
der südlichen , sich bald auskeilenden Abzweigung des Zugs der Algäu-Schich-
ten (III). Sie ziehen hier in einem weiten, nur gegen Nordwest geöffneten Kessel
von Dolomitbergen. Zwölferkopf, Landschaftle-Kopf, Hengst-Spitz,
Laims er Spitz, Saxer Spitz, Frei-Spitz und das Kreuz -Joch sind von
Norden über Ost nach Süd die Höhepunkte in der weiten Dolomit-Umwallung.
Alle Schichten fallen nach dem Innern des Kessels und allseitig schmiegt sich
ihnen ein Band von Kössener Schichten, sehr mächtigen Dachsteinkalken und
rothen Adnether Kalk an, denen endlich die Algäu-Schichten als Ausfüllung des
Kessels mit muldenförmiger Einlagerung folgen.
Bei Madau münden strahlenförmig aus den südlichen Gebirgen: das Al-
perschon-, Passeyer- und Reth-Thal. Das Alperschon mündet in Dach-
124
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[38]
steinkalk, der sich der nördlichen Dolomitumwallung (III) anlehnt; der Eingang
ist eine überaus grossartige wilde Felsspalte, aus welcher der Wildbach schäu-
mend über ein Haufwerk grosser, mit einzelnen Tannen bewachsener Felsblöcke
stürzt. Es ist dies eine der vielen malerischen Gebirgsscenen, deren diese Quer-
thäler eine überraschende Fülle bieten. Die breite, dem Dachsteinkalk auflagernde
Zone der Algäu-Schichten (III) wird von dem Bach in einem tiefen Thal quer
durchschnitten und vermag sich erst auf den Höhen in Osten und Westen zu einer
fruchtbaren Landschaft zu entwickeln, insbesondere gilt die Saxer Alp auf der
östlichen Höhe als eine der reichsten der Gegend. Sie wird in Süden von dem
aufgeschobenen Dolomit (II) überragt. Auch die mittlere Thalstrecke des Alper-
schon liegt in diesen und ist tief eingesenkt zwischen Frei-Spitz und Kreuz-Joch,
zweien der höchsten Berge der Gegend. Der Durchbruch der Dolomitzonen ist
bei allen Querthälern des Lechthaies sehr einförmig; sie erhalten in denselben
meist von keiner Seite einen Zufluss; die Gehänge sind in der Tiefe bewaldet,
in der Höhe steiler und werden von Tobln und tief sich herabziehendem Stein-
geröll unterbrochen. Wo man den Dolomit verlässt, eröffnet sich eine freiere
Hochgebirgslandschaft. Von allen Seiten kommen radienförmig die Quellhäche
herab und vereinigen sich an der Grenze des Dolomits. Wir befinden uns hier in
der Mulde I N — IIS
am Ursprung des
Alperschon,denwir
bereits von Süden
und von Westen her
erreichten. Hier,
zwischen Kreuz-
Joch und Vorde-
rem See - Spitz
im Westen, zwi-
schen F r ei-Spitz
und Griesel-
Spitz und an den
Knapp enböden
im Osten ist die
Mulde ungemein
schön entwickelt;
doch besitzt sie
nicht eine einförmige Muldenlagerung, sondern ist vielfach gefaltet und getheilt,
wie beistehende Ansicht eines Theiles der östlichen Thalwand zeigt.
Die Adnether Kalke mit ihrer grellen hervorstechenden Färbung sind stets
das leitende Element zur leichten Uebersicht der Lagerung. Oestlich sieht man
die Mulde nach dem Passeyer fortzetzen, von Westen her haben wir sie bereits
aus dem Kaiser-Thal verfolgt. Gegen Süden erreicht man sogleich wieder den
Dolomit, über welchen der Jochsteig nach Schnan im Stanzer Thal führt.
Das Passeyer-Thal reicht mit seinen Wurzeln am weitesten unter allen
Zuflüssen des Lechs gegen Süden; es hat seine Quellen am Eisenspitz und
Ta win. Der einfache Dolomitzug des Vorderen See-Spitz und der Knappenböden
(Prof. XIII) verbreitert sich gegen Osten und nimmt eine locale kleine Mulde von
jüngeren Liasschichten auf, wie Profil XIV zeigt. Aus dieser Mulde entspringt
der Passeyer-Bach. Bei Madau betritt man das Thal in Algäu-Schichten (III), mit
sehr gestörter Lagerung; durch sehr mächtigen überstürzten Dachsteinkalk und
Kössener Schichten kommt man in den Dolomitzug des Fr ei -Spitz (II), welcher
Frei-Spitz.
Fig. 28.
N. S.
Schichtenstörungen an der Wand westlich von Knappenböden.
1 Unterer Dachstein-Dolomit. 2 Kössener Schichten. 3 Oberer Dachsteinkalk.
4 Adnether Kalk. 5 Algäu-Schichten.
Die Kalkaipen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
125
[39]
hier sehr schmal ist, und dann in die Mulde I N — II S, welche im Passeyer noch
einmal zu sehr bedeutender Breite anwächst um in Osten bald ganz zu verschwin-
den. Eine armselige Schafalp in diesem einsamen und verlassenen Hochthal liegt
auf den dunklen Kössener Schichten; man erreicht sie über eine ungemein mäch-
tige Stufe von parallelepipedisch zerklüfteten Dachsteinkalk. Es folgt ein zweiter
Dolomitzug, der westlich den Stierkopf bildet und gleich dem ersten von geringer
Breite ist. Er schliesst einen überaus wilden, ausgezackten Gebirgskessel, der mit
tief ausgefressenen Scharten allseitig in die Kämme hineingreift und an seinem
Grunde mit kahlem Steingeröll bedeckt ist. Ueberall sieht man scharfe Gräte,
schroffe Tobl und steile Wände und man überzeugt sich nur schwer, dass eine
so wilde und öde Gebirgslandschaft ganz und gar aus denselben jüngern Liasge-
bilden besteht, welche sonst ein so fruchtbares Gebäude zu schaffen pflegen. Die
hochrothen Adnether Kalke, welche in Windungen an den Abhängen hervortreten,
vermehren den wilden Anblick der Thalwände. Im Süden erheben sich der Eisen-
spitz und der Tawin, deren Liasgipfel auf den Dolomitwänden ihrer südlichen
Abhänge ruhen. Gegen Osten führt aus dieser Wildniss ein sehr hoher, verlasse-
ner Jochsteig zwischen Passeyer-Spitz und Schweinsrüssel nach dem Matriol-
Thal. Er liegt selbst noch in dem nördlichen Dolomit der kleinen Mulde, welche
im obern Matriol-Thal ihr Ende erreicht. Weiter abwärts in diesem Thal gelangt
man zu einem kleinen Aufbruch vom Liegenden des Dolomits, später zu einer
kleinen muldenförmigen Einlagerung jüngerer Liasglieder an der Silberspitz
und steigt im Dolomit hinab nach Zams im Inn-Thal.
Das Reth-Thal endlich liegtselbst in den Algäu-Schichten vonMadau, sam-
melt aber alle Bäche, welche aus dem äussersten Ende der Dolomitumwallung
herabkommen. Wenn man sich daher nach Nord, Ost oder Süd wendet, so durch-
schneidet man, überall wegen des allseitigen gleichmässigenEinfallens der Schich-
ten nach dem Innern des Kessels, das gewöhnliche Liasprofil und gelangt auf die
Dolomitschichten als das Liegendste des Schichtensystems. Uebersteigt man die
südliche Dolomitumwallung, so gelangt man in einen zweiten, höher gelegenen,
ganz analog gebauten Kessel, welcher das östlichste Ende der Mulde IN — IIS ist,
die bisher im Gebirgsbau eine so wichtige Rolle spielte. Laimser Spitz,
Hengst-Spitz, Blanken-Spitz und Schweinsrüssel bilden seine letzte
östliche Dolomitumwallung. Auch hier fallen von Nord, Ost und Süd alle
Schichten dem Innern des mit Algäu-Schichten erfüllten Kessels zu.
Gebirge zwischen dem Lech-Thale von Stög bis Weissenbach und dem
bayerischen Algäu. (Profile XIII, XIV.)
Noch einfacher als im Süden des Lechthaies ist der Gebirgsbau im Norden
desselben bis in die Gegend von Forchach und Weissenbach, da hier die Höhen-
züge und selbst die Thäler der Bichtung der Hebungswellen folgen. Nur der Lech
selbst durchschneidet diese wie die Höhenzüge unter schiefen Winkeln. Selbst
die Senkungen, welche durch die Zonen der Algäu-Schichten verursacht werden
und meist die Thäler aufnehmen, lassen sich über sein breites Thal hinweg ver-
folgen. Bedeutende Schwierigkeit der Interpretation bietet nur der westliche in
die Gebirge des Thannberges übergehende Theil. Doch haben wir diesen bereits
früher erörtert und gezeigt, dass die Hebungswellen Vorarlbergs am Thannberg
nur eine Unterbrechung erleiden, aber keineswegs ein verändertes System an
ihre Stelle tritt.
Die Hebungswellen, wie sie sich dort beim Eintritt nach Tirol darstellten
und wie sie das Profil XII zeigt, sind durch folgende Dolomitzüge bezeichnet:
1 26 Ferdinand Freiherr von Richthofen. [40]
1. Nordfuss des Kriegerhornes — Höllspitz — Stög — Lend
— Boden (Hebungswelle III);
2. Holl spitz — * Ellebogen-Spitz — Muttekopf, eine kleine nörd-
liche Abzweigung von III;
3. Mohne n fl uh — Wart lihorn — Walser Kerle — B rette r-
Spitz — Eimen im Lechthal (IV);
4. Auf dem Schroffen — Dolomitinseln in den Algäu-Schichten von Hin-
ter-Hornbach; diesen sehr untergeordneten und nur stellenweise entwickelten
Zug suchte ich als zu IV gehörig nachzuweisen ;
3. Widder stein — 0 chsenloch — Spielmannsau — Hochvogel
— Schwarze Han sl -Kar jenseits des Lechthaies (V).
Wegen der Einheit des Schichtenbaues mit der Anordnung der Höhen knüpfen
wir die Analyse dieses Gebirgslandes am geeignetsten an die Hebungswellen an
und zwar zunächst an den 3. und 5. der erwähnten Züge, da wir den 1. bereits
im Vorigen betrachteten, der 2. und 4. aber sehr untergeordnet sind.
Dolomitzug der Walser Kerle und des Bretter-Spitz —
Mädel e -Thal — Bernhardsthal. — Wenige Dolomitzüge unseres Gebietes
setzen als hohe Gebirgsketten so weit ohne Unterbrechung fort als dieser un-
serer IV. Hebungswelle angehörige. Seine tiefste Einsenkung am Mädele-Joch
besitzt noch über 6000 Fuss Meereshöhe und der Bretter-Spitz überragt den Hochvo-
gel, welcher lange als die höchste Spitze der Gegend galt: seine Schichten streichen
wie der Zug selbst nach Stunde o und sind an der Nordgrenze in ihrer ganzen
Erstreckung auf Algäu-Schichten vollkommen söhlig und mit hohem, mauerför-
migem Absturz gelagert. Mit sehr flacher Krümmung senken sie sich allmälig
gegen Süd und fallen im Westen (Walser Kerle) mit bedeutender, im Osten mit
geringer Neigung nach Stunde 1 1 ; es folgt ihnen mit gleicher Lagerung eine
Zone von jüngeren Liasschichten. Kaum gibt es in dem gesammten westlichen
Theile unseres Gebietes eine Gegend, wo diese jüngeren Liasglieder ohne Aus-
nahme in so ausgezeichneter Entwickelung und so ausserordentlich reich an Ver-
steinerungen auftreten, als hier, wo zugleich allenthalben die vortrefflichsten
Aufschlüsse gegeben sind, wo ferner die werthvollsten Untersuchungen bereits
durch einen Esche r von der Linth ausgeführt vorliegen. Dazu kommt,
dass ein eifriger Sammler der Gegend, Herr Falger in Elbigenalp, dem ich
seiner freundlichen Mittheilungen wegen zu besonderem Dank verpflichtet bin,
die paläontologischen Schätze der Gegend leicht zugänglich macht.
Die Zone besitzt eine bedeutende Breite und wird im Süden von dem Dolomit
der III. Hebungswelle überlagert, dem schon die kleinen Vorsprünge am Nord-
gehänge des Lechthals angehören. Ihre Schichtensysteme, insbesondere die der
Algäu-Schichten, sind auf das Mannigfaltigste gewunden und gekrümmt und dies
nimmt nach oben mehr und mehr zu; hingegen sind die dem Dolomit zunächst
folgenden Schichten in regelmässiger ungestörter Lagerung und lassen sich vor-
trefflich analysiren. Herr Es eher hat dies bereits in so vollständiger und ausge-
zeichneter Weise gethan, dass ich auf seine Darstellung der Schichtfolge im
Bernhardsthal verweise *) und ohne auf diesen Gegenstand weiter einzugehen, nur
noch einige Worte über das Fortstreichen der einzelnen Formationsglieder
folgen lasse.
D Es eher, Vorarlberg, Beilage I. — Nach der hier gebrauchten Bezeichnung ist 1 Do-
lomit, 2 — 4 Kössener Schichten, 5 Dachsteinkalk, 6 A<jnether Kalk, 7 — 24 Algäu-
Schichten.
[41]
Din Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
127
Die Kössener Schichten ziehen von den Walser Kerlen nach der Ein-
sattelung zwischen der grossen Steinschart-Spitz und der Ellebogen-Spitz und
bilden von hier ostwärts den Thalgrund des Sehocha-Baehes und weiterhin die
Einsattelung, über welche der Jochsteig vom Mädele-Thal nach dem Bernhards-
Thal führt. Allenthalben bezeichnen sie die Grenze der steilen Abstürze der Do-
lomitkette gegen die sanfteren Gehänge der jüngeren Liasglieder; sie erreichen
endlich das Lechtbal an der Mündung des kleinen Wasserfall-Baches, der vom
Urbs-Kor-Spitz herabkommt, und gehen südlich von Eimen auf die östliche Thal-
wand über. Die Mächtigkeit des Sehichtensystemes nimmt nach Osten bedeutend
zu; überall führt dasselbe Gervillia inflata Schafft., Cardium austriacum Hau.,
Avicula contorta Porti., Spirifer uncinatus und andere charakteristische Verstei-
nerungen; auch das Bactryllium striolatum Heer kommt hin und wieder in den
mergeligen schwarzen Schichten vor. Der Dachstein kalk tritt kaum irgendwo
in unserem Gebiet so reich an Megalodon triqueter Wulf, auf als hier, wo er
neben den Kössener Schichten ein schmales Band am Südabhang der hohen Do-
lomitkette bildet. Seine ausgezeichnete Entwickelung wurde zuerst aus dem Bern-
hards-Thal bekannt, von wo die besten der bisher aufgefundenen Exemplare der
Dachstein-Bivalve stammen. Allein noch ungleich vorzüglicher lässt sich das Ge-
bilde auf dem Weg vonHolzgau nach dem Mädele-Joch beobachten, der überhaupt
wegen der ungemeinen Klarheit seiner geognostischen Aufschlüsse sehr lehrreich
ist. Das Thal des Hech-Bachs (Mädele-Thal) durchschneidet die gesammte He-
bungswelle IV, an deren nördlichstem Bande er entspringt, unter einem rechten
Winkel und entblösst die Lagerung in der klarsten Weise an den senkrecht
durchschnittenen Wänden. Abgesehen von der grossen Mächtigkeit, welche der
Dachsteinkalk an dieser Stelle besitzt, sind ihm auch die Lagerungsverhältnisse
so günstig, dass man eine halbe Stunde zwischen seinen Mauern und über seine
mit Bivalven und Korallen dicht erfüllten Blöcke wandert. Es setzt nämlich hier
jene kleine Aufbiegung fort, welche ein wenig weiter westlich als ein kurzer von
der III. Hebungswelle abgezweigter Dolomitzug erschien, hier aber nur noch in
einer welligen Biegung des gesammten Schichtensystems angedeutet ist. An
einigen Stellen, so insbesondere am Uebergang zwischen Mädele-Thal und Bern-
hards-Thal bildet der Dachsteinkalk besondere Kuppen und diese sind dann alle-
mal von rothemAdnetherKalk überlagert, daher hier die so häufig angewen-
deten Benennungen: Rothhorn , Rothwand u. s. w., sich oft wiederholen. Die
Adnether Kalke werden stellenweise, wie an dem genannten Uebergang, bis IfiOFuss
mächtig, erreichen somit einen ihnen sonst nicht eigenen Grad der Entwickelung,
und sind stets reich an Ammoniten aus der Familie der Arieten.
Für die Algäu-S chichten endlich ist das Bernhards-Thal, insbesondere in
seinem oberen Theile, am reichsten an Aufschlüssen. Doch ist die Schichtenfolge
wegen der vielfachen Windungen eben so schwer durch den gesammten Complex
festzuselzen als anderswo. Für den unteren Theil hat dies Herr Escher mit
bewunderungswürdiger Schärfe erreicht. Grosse Trümmermassen erfüllen jene
obere Thalstrecke und enthalten eine überaus grosse Menge von Ammoniten,
(Arieten und Falciferen), Belemniten und Inoceramus Falgeri. Ein Bild der
Schichtenkrümmungen, welche diesem System eigen sind, gibt besonders die
enge, spaltenartige Schlucht, aus welcher der Bach des Bernhards-Thaies bei
Elbigenalp hervorbricht. — In dieser Zone haben wir noch die Verschiedenheit
der Schichten in der Nähe des Lechthaies, alsotder stratigraphisch den höch-
sten Theilen angehörigen, von den nördlicheren, tieferliegenden zu erwähnen.
Jeder der das Lechthal durchwanderte, kennt die mächtigen Complexe von roth< n
und grünen dünnen Hornsteinschichten, wie sie z. B. an der Brücke von Holzgau
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Rand, 18G1 und 1862. II. Heft, 17
128
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[42]
nach einer isolirten Partie des aufgeschobenen Dolomites anstehen. Ich wies
bereits früher daraufhin, dass, wie Giimbel zuerst gezeigt hat, wahrscheinlieh
ein Theil dieser höchsten Schichten schon jurassisch ist. Ist dies auch durch
Versteinerungen bis jetzt nicht nachweisbar, so weist doch der Charakter der
Schichten darauf hin. Besondere Beachtung verdient dabei der Umstand, dass
erst in dieser vierten Hebungswelle die juraartigen Schichten mit Entschieden-
heit auftreten; südlich derselben sind sie weder in Vorarlberg noch im westlichen
Nordtirol zu beobachten. Wir werden sie im weiteren Verlauf in derselben He-
bungswelle weiter östlich verfolgen, insbesondere bei Bschlaps.
Hornthal und Kette des Hochvogels. — Der Dolomit der eben
betrachteten Hebungs welle liegt, wie sich aus dem Vorhergehenden ergab, längs
seinem Nordrand söhlig und mit mauerförmigem Abfall auf Algäu-Schichten, welche
wieder eine breite Zone bilden, in der das Hornthal parallel dem Streichen der
Schichten, nach Stunde 5, eingeschnitten ist. Jenseits erhebt sich darüber mit
gleichem mauerförmigen Abfall und gleichfalls mit söhlig gelagerten Schichten
der Dolomit der Hochvogel-Kette, gleich dem südlichen den Algäu-Schichten auf-
gelagert, oder vielmehr aufgeschoben. Endlich erheben sich mitten aus der Zone
der Algäu-Schichten einzelne isolirte Inseln eines nach Stunde 5 streichenden
Dolomitzuges, welche durch Kössener und Dachsteinkalk-Schichten von jenen
getrennt sind und deren Einfallen nach Süd und Nord unter die beiden hohen
Dolomitketten bestimmen. Dadurch entsteht das sonderbare Lagerungsverhält-
niss, wie es auf Prof. XIV dargestellt ist.
Bei V or d er-Hornbach mündet das Hornthal in einer der genannten
Dolomitinseln, die im Bett des Baches sehr ausgedehnt ist, sonst aber wenig zu
Tage tritt. Wendet man sich von ihr aus im Walde an den Gehängen aufwärts, so
überschreitet man nach Süden wie nach Norden nacheinander: Kössener Schich-
ten, Dachsteinkalk und eine schmale Zone von Algäu-Schichten, denen unmittel-
bar die hohen Dolomitgebirge folgen. Hier ist die Zone schwer zu beobachten,
aber weiter thalaufwärts zieht die Auflagerungslinie des Dolomits an beiden
Thalwänden in bedeutendere Höhe, während die Dolomitinsel am Bach verschwin-
det; der ganze Thalgrund wird weithin nur von Algäu-Schichten gebildet, welche
dachförmig gelagert sind und ihre Antiklinallinie in der Streichrichtung des Tha-
ies in der Gegend des Baches haben. Die Lagerung ist eine für Algäu-Schichten
ungewöhnlich einfache und ungestörte. Der Stitz-Bach bringt Bruchstücke von
diesen letzteren aus grosser Höhe herab und es scheint, dass hier an den Ge-
hängen des Hochvogels auch die vorerwähnten juraähnlichen Schichten anstehen.
Das Dorf Hinter -Ho mb ach liegt ganz auf Algäu-Schichten. Doch schon
ein wenig weiter westlich folgt eine durch einen Ring von Dachsteinkalk und
Kössener Schichten getrennte Dolomitinsel und unterhalb der Petersberger
Alp steht nach Herrn Gümbel’s Mittheilung eine bedeutende Partie von rothem
Adnether Kalk an, also wiederum das unmittelbar Liegende der Algäu-Schichten.
Auch die Joch-Spitz im Hintergrund des Thaies ist eine isolirte Dolomitkuppe.
Noch weiter westlich nehmen diese Dolimitinseln ein Ende und wenn man über
den Schafberg nach dem Thal des Trett-Bachs steigt, so hat man in diesem nur
noch Algäu-Schichten, welche auf dem Dolomit von Spielmannsau vollkommen
normal gelagert und von ihm durch Dachsteinkalk und Kössener Schichten
getrennt sind. Noch weiter westlich in unserer Zone von Algäu-Schichten gelangt
man endlich zu jenem schon^ früher bei der Darstellung der Umgegend von
!) Die von dem Profile XIV durchschnittene.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
129
[43]
Schröcken besprochenen isolirten Dolomitzug des Schroffen, welcher allseitig
von jüngeren Liasschichten begrenzt ist. — Wenden wir uns endlich, um die
Zone der Algäu-Schichten vollständig zu kennen, noch von Vorder-Hornbach
ostwärts, so begegnen wir östlich vom Lech keiner Spur mehr von dieser For-
mation. Schon am Ausgang des Hornthals verschwinden sie zwischen den beschrie-
benen, von unten und oben näher zusammenrückenden Dolomiten und jenseits
ist nur noch Alles eine einzige Dolomitwelt.
Was nun die beiden im Süden und Norden begrenzenden Dolomitzüge
betrifft, so bildet der südliche von den Walser Kerlen bis Mortenau eine stetig
fortlaufende Mauer, der nördliche ist nicht so regelmässig. Wir rechneten den
Hoch vogel zu unserer Hebungswelle V, d. h. als unmittelbare Fortsetzung des
Zitterklapfen-Widderstein-Spielmannsau-Zuges. Streng genommen ist dies nicht
der Fall; denn nach den einstimmigen Darstellungen der Herren Es eher und
Gümbel hängt der Dolomit von Spielmannsau mit dem des Hochvogels nicht
unmittelbar zusammen, sondern es ziehen die Algäu-Schichten um den westlichen
Fuss des Hinteren Wilden herum nach dem Kessel-Spitz. Doch vermag diese Zer-
reissung des Zusammenhanges ihn noch nicht aufzuheben und es scheint im
Gegentheil, dass die Unterbrechung in der Stetigkeit der im Uebrigen so einheit-
lichen und in ihrer ganzen Erstreckung gleichgerichteten Kette einen Anhalt zur
Erklärung des im östlichen Theil so verschiedenen Gebirgsbaues gibt.
Einer genügenden Erklärung der angedeuteten Lagerungsverhältnisse der
Algäu-Schichten -Zone des Hornthaies, stellen sich bedeutende Schwierigkeiten ent-
gegen. So viel ist klar, dass der durch die Dolomitinseln angedeutete centrale
Zug mit der dachförmigen Lagerung der jüngeren Liasgebilde, wie wir sie weiter
im Süden nirgends beobachteten, so wie die sonst in unserem Gebiete nirgends in
solchem Maasse vorkommende Armuth an welligen Faltungen der Algäu-Schichten
auf eine ruhige Hebung von unten nach oben ohne irgend welche seitliche Ver-
schiebung deuten, während der südliche Dolomitzug eine gegen Norden wirkende
Kraft andeutet, eine Verschiebung, wie wir sie in den Gebirgen Vorarlbergs und
des Lechthaies fast allgemein beobachteten, die nördliche Kette aber das genau
entgegengesetzte Verhältniss anzeigt, eine von Nord nach Süd wirkende Kraft,
deren Spuren im nörd-
lichen Theil des Trias-
Lias-Gebietes noch häu-
tiger wiederkehren. Da-
durch wird die gross-
artige Zusammenschie-
bung von beiden Seiten
einigermassen klar. Be-
sondere Wichtigkeit er-
halten die Verhältnisse im
Hornthal noch dadurch,
dass sie gewissermassen
der Vorläufer des Gebirgs-
baues der Gegend von
Reutte sind , wo wir
gleichfalls mächtigen Sy-
stemen älterer Schichten
begegnen, welche sich
über jüngere gegeneinander wölben; doch treten dort noch die ältesten Lias-
glieder mit zu Tage, welche im Hornthal fehlen. Kaum dürfte nach den heschrie-
17*
Fig. 29.
Hora-Thal.
1 Raibler Schichten. 2 Unterer Dachstein-Dolomit. 3 Kössener Schichten.
Dachstein- und Adnether Kalk. 4 Algäu-Schichten.
Ferdinand Freiherr von Richlhofen.
130
r«]
benen Thatsachen ein anderes Verhältniss der Lagerung möglich sein als das
in Figur 29 dargestellte.
Hat auch somit die Analyse der Lagerung für den östlichen und westlichen
Theil unserer V. Hebungswelle keine Schwierigkeiten, so bleibt doch noch die
Ungleichförmigkeit der Verhältnisse im Fortstreichen ein schwer zu erklärendes
Problem.
Schwarzwasserthal. — Mit der Hochvogelkette haben wir einen breiten
Dolomitzug erreicht, welcher erst an der südlichen W asserscheide des Thann-
heimer Thals seine Nordgrenze erreicht. Das Lechthal durchschneidet ihn zwi-
schen Vorder-Hornbach und Weissenbach und beide Thalwände zeigen in dieser
Erstreckung nur Dolomit. Der Thalboden ist ein ödes Schuttland, in welchem der
Lech sein vielverzweigtes Bett gegraben hat; nur selten, wie bei Starzach und
Forchach, erbebt sich darüber eine kleine ebene und fruchtbare Terrasse. Die
Schichten des Dolomits zeigen bis Forchach im Allgemeinen ein nördliches Fallen
und steigen von dort bis Wreissenbach wieder aus der Thalebene allmftlig mit
südlichem Fallen auf, so dass bei letzterem Orte sich nach und nach auch die lie-
genden Schichten bis zum Virgloria-Kalk heraufdrängen. Die Besprechung der
Gegend von Beutte wird uns auf dieses Verhältnis zurückführen. — Bei For-
chach ist mithin die tiefste Senkung des Schichtensystems und in der Streich-
richtung dieser Senkung kommt von Westen das Schwarzwasserthal herab, das
im Süden durch die Hochvogelkette vom Hornthal, im Norden durch die Leilach-
Kette vom Thannheimer Thal geschieden ist. Der gesammte untere Theil des
Schwarzwasserthaies ist in Dolomit eingesenkt, der hier mit dichtem Nadelwald,
von dem das Thal den Namen trägt, bedeckt ist. Im oberen Theil folgt jedoch eine
muldenförmige Einlagerung von jüngeren Liasschichten, welche Alpen tragen. Der
Hochwaldspitz und Kesselspitz an der Grenze gegen das Algäu bezeichnen die
Mächtigkeit, zu welcher jene Schichten hier gelangen. Unmittelbar an der Was-
serscheide gegen das Thannheimer Thal folgt dann eine weitere muldenförmige
Einlagerung, welche aber erst jenseits zu bedeutender Entwickelung gelangt.
Umgebung von Reutte, Vils und Thann heim.
Das weite, in vielen Armen vom Lech durchströmte Thal von Reutte durch-
schneidet tief einen ostwestlich streichenden mächtigen Schichtenaufbruch und
entblösst daher an seinen Wänden in klarer Wreise die Lagerungsverhältnisse.
Aus den Geröllmassen, mit welchen der Lech in der Wreitung eine mehr als
eine halbe Meile breite Ebene schuf, ragen einzelne Inseln von älteren Schichten
hervor, welche die Entblössungen der Thalwände vervollständigen. Der Gebirgs-
bau ist im Allgemeinen ganz analog dem eben beschriebenen des Hornbachthaies,
dort schliessen zwei ungefähr ostwestlich streichende Züge von älteren Gesteinen
eine breite Einsenkung von jüngeren Schichten ein, welche beiderseits unter
jene einfallen. Es zeigte sich dies Verhältniss im WTesten des Hornthaies sehr
entwickelt, da mitten aus den Algäu-Schichten noch ein Dolomitzug auftaucht,
während im Osten der Lech Alles abschneidet und jenseits des Flusses nur in
der Schichtenstellung des allein herrschenden Dolomits die Spuren zu ver-
folgen sind.
Dasselbe Verhältniss findet bei Reutte statt; nur ist es hier ungleich ver-
wickelter. Auch hier lässt sich ein nach Westen an Breite wachsen-
der Zug jüngerer Lias- und Jurabildungen, aus dessen Mitte
Dolomite hervortreten, von Reutte gegen Wresten verfolgen und
von beiden Seiten wölben sich ältere Schichten überdieseiben
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol
131
[«]
hinweg; aber während im Horn h
Lias ruht, sind hier die tiefsten
gelagert. Wie dort, so schneidet auch
hier der Lech im Osten das ganze Lage-
rungsverhältniss ab, und jenseits des
Thaies wird es nur noch durch die Lage-
rung der Triasschichten und des Dolo-
mites angedeutet. — Der mittlere Zug
der jüngeren Lias- und Juragebilde be-
ginnt an den Gehängen über Am -Lech
und Höfen mit geringer Breite und
nimmt im Westen, indem seine Ausdeh-
nung bedeutend wächst, das Birkthal,
das Thannheimer- und das Vils-
alpen-Thal auf Das gesammte von
ihnen eingenommene Gebiet ist im Allge-
meinen ein sanfteres Gebirgsland , in
welchem nur der aus der Mitte heraus-
gehobene Dolomit des Gaishorns sich zu
bedeutenderer Höhe erhebt (6990 Fuss),
während die beiden begrenzenden Ge-
birgszüge sich durch eine fortlaufende
Kammhöhe mit einzelnen Hochgipfeln aus-
zeichnen. • — Das nebenstehende Profil
(Fig. 30) dürfte ein richtiges Bild der
Lagerungsverhältnisse der Gebirge von
Reutte geben.
Gegend südlich von Reutte
bis Heiterwang und Weissen-
bach. — Reutte liegt ein wenig nörd-
lich von der Antiklinallinie der von Nord
und Süd aufsteigenden Triassysteme, am
Östlichen Ende des von ihnen einge-
schlossenen Gebietes der jüngeren
Schichten. In diesem schuf der Lech die
Thalweitung, während er durch jene
hochaufragendenGebirgszüge sich schwe-
rer Bahn brach. Wendet man sich von
Reutte südlich über den Pass Ehrenberg
nach Heiterwang oder dem Lech entlang
nach Weissenbach, so gelangt man auf
beiden Wegen durch die gesammte Folge
der Trias aufwärts bis in den Lias.
Halten wir uns zunächst östlich vom
Lech, so ist Verrucano von hier noch
nicht bekannt geworden, das tiefste Glied
sind Virgloria-Kalke, welche den
Ehrenbühel und einige andere aus der
Thalebene inselförmig hervorragende Hü-
gel zusammensetzen. Herr v.Hauer fand
darin die bei der stratigraphischen Ueber-
i c h t h a 1 unterer Lias auf oberem
friasglieder auf Juraschichten
Fig. 30.
Fire-Berg, Weissenbach. Gacht-Spitz. Hannekamra. Metzenarsch. Sefer-Spitz, Brenten-Joch. Vils. Vils-Thal. Zirme- Berg.
132
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[46]
sicht (Bd. X dieses Jahrbuches, S. 94) angeführten Versteinerungen, welche dem
Kalk sein bestimmtes Niveau anweisen. Auch das Gestein der Handstücke lässt
unzweifelhaft unsere Virgloria-Kalke erkennen. Das aus der Thalebene weiter
südlich aufsteigende Gebirge, welches die Strasse am Pass Ehrenberg übersteigt,
beginnt mit südlich fallenden Partnach mergeln. Sie treten hier ganz wie in
Vorarlberg auf, als schwärzliche in rhomboidische Täfelchen und gritfei förmige
Stücke zerfallende schiefrige, etwas kalkige Mergel mit sparsam eingelagerten
klotzigen, knollig zerklüftenden Kalken. Versteinerungen fanden sich nicht darin.
Ihnen folgt Hai Ist ätt er Kalk, welcher den gesammten Schlossberg zusammen-
setzt und an der Strasse fast bis Heiterwang anhält. Kein Gestein erinnert noch
an die Arlbergkalke; es herrschen nur jene weissen feinkörnigen Kalke, welche
mit constantem Charakter durch ganz Nordtirol fortsetzen. Mit Ausuahme eines
von Herrn Gümbel neu entdeckten, wahrscheinlich demselben Zuge angehörigen
Vorkommens im Algäu ist die Gegend von Reutte der westlichste Punkt, von wo
diese Gebilde bekannt sind. Allein schon mit diesem ersten Erscheinen treten sie
sogleich massenhaft und gebirgsbildend auf und bilden westlich von Reutte die
höchste Spitze der Gegend, den Metzenarsch oder Gimpelberg (7062 Fuss). Die
Hallstätter Kalke des Schlossberges werden von den südlich folgenden Dolomit-
gebirgen durch die Einsenkung des Archbaches geschieden , in welcher Herr
v. Hauer die Raibler Schichten von Rieden am Lech bis zum Heiterwanger See
nachwies.
Weniger klaren Aufschluss gewähren die Gehänge im Osten von
Reutte. Das gesammte Gebirge besteht aus Dolomit und nur die flachen, mit
Graswuchs bedeckten Hügel zwischen dem steileren Gebirgsabhang und der
eigentlichen Thalebene sind aus dem Liegenden des Dolomits zusammengesetzt.
Die Raibler Schichten sind hier durch mächtige Massen von Rauchwacke
und Gyps vertreten, welche besonders das hügelige Gelände um das kleine
Bad Krekelmoos bilden und an der Mündung des Zwiefelbachs , südöstlich vom
Unrein-See anstehen. Ihnen schliessen sich Hallstätter Kalke an, welche öst-
lich von Mühl beide Gehänge des vom Plun-See herabkommenden Archbaches
bilden und in Reutte selbst die Kirche tragen.
Der Weg am linken Lechufer von Reutte über Wengle und Höfen
nach Weissenbach scheint für das früher angedeutete Lagerungsverhältniss
das lehrreichste Profil zu entblössen. Bis Höfen herrschen nur Lias-Flecke n-
mergel und Juraschichten, deren allgemeines Fallen nach der Darstellung
auf der vom montanistischen Verein herausgegebenen Karte im Allgemeinen
dachförmig nach Nord und Süd gerichtet ist. Doch sind nach Herrn v. Hauer
die Schichten so vielfach gebogen und gekrümmt, dass sich dies mit Sicherheit
nicht feststellen lässt. Die Juraschichten sind durch ihren Reichthum an Horn-
stein und ihre rothe Färbung ausgezeichnet. Herr v. Hauer fand einzelne mäch-
tige Complexe, welche nur aus rothen geschichteten Hornsteinen bestehen, also
genau so ausgebildet sind, wie bei Holzgau. Bei Wengle führen diese Schichten
jurassische Aptychen. Am Abhange über Höfen beginnt die Entwickelung der Trias,
deren tiefste Glieder dem Jura aufgelagert sind. Es scheint, dass hier schon
Verrucano vorkommt. Die Herren v. Hauer und Freih. v. Andrian fanden im
Bette des Hirschbaches sehr zahlreiche Trümmer eines rothen Quarzconglomerats
und eines grauen den „doleritischen Sandsteinen“ der Südalpen ähnlichen Ge-
steines. Thalaufwärts nehmen diese Blöcke ungemein an Menge zu, bis die enger
zusammentretenden Thalwände ein weiteres Aufsteigen verhindern. Es scheint
indess mit Sicherheit das Vorkommen von Verrucano auf der Höhe der Hanne-
kamm- Alp hieraus hervorzugehen. Am tieferen Abhange bei Höfen und Hornberg
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
J 33
[47]
folgt den Juraschicliten unmittelbar Vir gl ori a-Ka 1 k, der schon einen kleinen
isolirten Hügel unmittelbar hinter Höfen bildet und sich nach dem Gacht-Spitz
hinaufzuziehen scheint. Es folgen, stets mit südlichem Falle, Partn a ch in erg el,
die Fortsetzung derjenigen vom Pass Ehrenberg, endlich Hallstätter Kalk,
in welchem der Pass Gacht eingesenkt ist. Bei Weissenbach treten Raibler
Schichten zwischen jene und den südlich sich anschliessenden Dolomit. Sie
übersetzen den vom Pass Gacht herabkommenden Bach und sind westlich von
demselben als Rauchwacke und Gyps, in welchem Brüche angelegt sind, östlich
als Mergel und Sandsteine entwickelt. Der ihnen auflagernde Dolomit setzt bis
Vorder-Hornbach fort, von wo wir ihn oben beschrieben.
Gegend zwischen Thannheim und dem Dolomitzuge des
Leilach-Spitz es. — Wo die Auflagerungslinie der älteren Formationen auf
die Juraschichten sich aus dem Lechthal westlich gegen die Höhe des Gebirges
hinanzieht, verschwinden die tieferen Triasglieder. Am Pass Gacht liegt nur noch
ein kleiner Theil des Hallstätter Kalkes auf Jura und am Südgehänge des
Birkthaies wie an der Leilach-Spitz bleibt auch dieser in der Tiefe; nur Dolomit
lagert hier noch auf Fleckenmergeln und fällt mit steilem Absturze auf deren
sanftere Gehänge ah. Es ist wahrscheinlich genau dasselbe Verhältniss, wie es
das Profil XIV am Südabhange des Hornthaies darstellt. Noch weiter westlich
endlich, am Luche-Spitz, Kälbeles-Eck und La h ne r Spitz, geht die
Ueberstürzung allmälig in eine regelmässige Mulde über: Kös-
sener Schichten folgen dem Dolomit und tragen ihrerseits Algäu-Schichten und
Jurabildungen, welche von hier bis jenseits des Thannheimer Thaies die Haupt-
rolle in der Oberflächengestaltung spielen. Die rothen jurassischen Hornsteine,
welche im Osten an die Auflagerungslinie herantreten, entfernen sich mit dieser
allmäligen Aenderung des Lagerungsverhältnisses mehr und mehr von den
älteren Schichten und bilden nach Herrn v. Hauer, Gümbel und v. Andrian
einen Zug vom Rothen-Spitz über den Traualpen-See nach dem Wanna-Spitz
und von hier östlich über den Sitnischroffen und den Pass Gacht nach der
Hannekamm-Alp, um dann erst jenseits des Thannheimer Thaies wieder aufzu-
treten.
Die Dolomite, welche aus diesem von Algäu- und Jura-Schichten gebildeten
Gebiet auftauchen, scheinen nach den Beobachtungen genannter Herren zwei
Züge zusammenzusetzen, welche ihre Höhepunkte im Gaishorn und Bescheis-
ser erreichen und durch muldenförmige Einlagerungen jüngerer Liasschichten
von einander getrennt sind.
Gegend nördlich vonReutte und Thannheim über Vils bis zur
Flyschgren ze. — So wie wir südlich von Reutte das überstürzte Lagerungs-
verhältniss des Aufbruches in seinem westlichen Fortstreichen allmälig in ein
muldenförmiges übergehen sahen, so findet dies auch im Norden Statt. Während
aber dort der Dolomit des Leilach-Zuges der Anfang einer breiten Zone war,
aus welcher sich erst viel weiter südlich allmälig die Lagerungsverhältnisse des
Hornthaies entwickeln, wird im Norden der Dolomit bald von jüngeren Schich-
ten überlagert und es stellen sich in schneller Folge einige kurze Hebungswellen
bis zur Grenze der Flyschzone ein. Der vom Thannheimer Thal durchschnittene
Dolomitzug vom Wanna -Joch über den Einstein und Sefer-Spitz nach
dem Musauer Berg übernimmt hier die Rolle des südlichen Leilachzuges. Auch
diese Hebungswelle ist im Osten einseitig mit ihrem nördlich fallenden Theil ent-
wickelt und liegt mit Zwischenlagerung der hochansteigenden Triasschichten auf
den Juragebilden von Wengie. Bei Kren bleiben die Triasschichten in der Tiefe,
der Dolomit wölbt sich unmittelbar über den Jura hinweg und trägt; selbst wieder
134
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
m
jüngere Schichten; auch hier tritt dann bald die Hebungswelle reiner und i.ormaler
auf und bei Schattwald verlässt sie Tirol am Wanna-Joch in gleicher Ausbildung
wie der Leilachzug am Lahner Spitz zeigte. Verfolgen wir den Zug in seinen ein-
zelnen Theilen, so nimmt wiederum zunächst der Trias aufbrach von Reutte
besonderes Interesse in Anspruch. Diese Formation gelangt hier zu weit bedeuten-
derer Entwickelung als im Süden gegen Weissenbach und Heiter wang. Auf den
Juragehilden von Wengle lagern mit nördlichem Fallen unmittelbar Vir-
gloria-Kalke mit denselben Versteinerungen wie am Ehrenbüchel; sie bilden
einen stetigen Zug mit constanter Lagerung bis jenseits Nesselwang und werden
begleitet von den Partnachm ergel n, welche eine Einsattelung am Fusse der
mächtigen Gebirge von Hallstätter Kalk bilden. Schafschroffen,
Metze na r sch und Gern-Spitz bezeichnen die Höhenpunkte, zu welchen diese
Formation über alle anderen Gebirge der Gegend ansteigt. Bei Ober-Lotze erreicht
sie das Thal des Lechs, welcher durch dieselbe zu einein weiten östlichen Bogen
genöthigt wird, und setzt jenseits, wie es scheint, mit veränderten Lagerungs-
verhältnissen, im Säuling (6611 Fuss) und dem bayerischen Hochplatt
(6371 Fuss) fort. Im Kalke bei Ober-Lotze fand Herr v. Hauer Chemnitzia scalata
und der Nalliporu annul ata Schaf ft. ähnliche Gebilde. Dem Hallstätter Kalk dieses
Zuges ist sehr häufig ocherige Erde in Nestern eingelagert. Noch jetzt wird am
Säuling Bergbau darauf getrieben und am Seebach nordwestlich von Reutte sieht man
unzählige kleine ehemalige Eisengruben und allenthalben Schlacken , welche
beweisen, dass die Erze an Ort und Stelle verschmolzen wurden. Aehnliche Gruben
und Schlackenhalden kennt Herr Gümbel auf bayerischem Boden an der Nord-
seite des Säuling. DieRaibler Schichten begrenzen auch hier den Nord-
abhang des Gebirges gegen den Dolomit. Sie sind als Schiefer und Sandsteine
entwickelt und führen am Pilgersteig nördlich vom Säuling viel Rauchwacke.
Der Dolomit des vorerwähnten nördlichen Zuges vom Wanna- Joch nach
Pinzwang und Pflach am Lech tritt nicht in seiner ganzen Erstreckung so gl« ich-
mässig auf als der südliche Leilachzug. Besonders beachtenswert für die Auf-
fassung der Lagerungsverhältnisse ist der bereits von Herrn Escher von der
Linth !) beobachtete und von Herrn Fr. Ritter v. Hauer in gleicher Weise
aufgefundene Streif von Rauchwacke und Sandsteinen der Raibler Schichten,
welcher nördlich von der Seferspitze in westöstlicher Richtung vom Scebachthal
nach den westlichen Zweig des Kue-Thales streicht. Ausserdem finden sich häufige
Auflagerungen von jüngeren Schichten, welche theils die beiden Ränder begleiten,
theils sich über den Rücken selbst hinwegwölben. Es gehören hieher die Gesteine
von Kren, von Vils und der Sefer-Spitz, deren gegenseitiges Verhältnis das
schöne von Herrn Gümbel entworfene Profil 3) darstellt. Über Vils hinaus
scheinen die in dem genannten Profil mit nördlichem Fallen eingelagerten Schich-
ten als eine muldenförmige Einlagerung fortzusetzeri, welche sich jenseits an den
Dolomit des Zirneberges anlehnt, der westlich nach dem Axele-Kopf, östlich nach
Füssen fortsetzt.
Die Schichtenentwicklung des oberen Lias weicht von den südlicher beobach-
teten Verhältnissen bedeutend ab. Wie dort, so beginnt er auch hier mit Kössener
Schichten, welche dem Dolomit eonform auflagern und nördlich von Schattwald
zu bedeutender Mächtigkeit gelangen; sie treten bei der Pfronten-Alp und am
Wislerberg in bedeutender Erstreckung als Decke des Dolomitzuges auf und
lassen diesen nur stellenweise, wie nördlich von Steig, zu Tage treten.
*) Vorarlberg. S. 43 und 48.
2) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Bd. VII, S, 31.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
133
L49]
An der Stelle von Megalodus reichen Dachstein- und Adnether Kalk erscheint
Hierlatzkalk, mächtige weisse Kalke, welche, wie am Dachstein, zu selbst-
ständigen Berggipfeln ansteigen; sie bilden die Höhe des Sefer-Spitz und sind
im Norden dem Dolomit als ein stetiger Zug von Ackerstein über Vils und Nieder-
Pinzwang angelagert. Erst weiter westlich, an der Grenze der Trias-Lias- gegen
die Flyschzone hei Jungholz fand Herr Baron Andrian die typischen Adnether
Kalke. Die Algäu- S chichten sind an den Gehängen des Thannheimer Thaies
allenthalben sehr mächtig, während sie bei Vils in nur unvollkommener Ent-
wickelung die Hierlatzkalke vom Jura trennen. Die stratigraphischen und geogno-
stischen Verhältnisse der letzteren Formation sollen im dritten Theile dieser Ab-
handlung ausführlicher beschrieben werden.
Gegend zwischen dem Lech-Thal von Elbigenalp bis Weissenbach, dem
Inn-Thale von Landeck bis Telfs und der Landesgrenze gegen Bayern.
Die Gebirgswelt zwischen dem oberen Lechthal und der Grenze des Urge-
birges verliessen wir an der östlichen Wasserscheide des Madau-Thales als ein
weites Dolomitland, in welchem sich die vielen bisherigen langgedehnten und
breiten Zonen von jüngeren Liasschichten auf eine einzige schmale, der III. He-
bungswelle angehörige reducirt haben und jene Gebilde nur stellenweise in
kleinen isolirten muldenförmigen Faltungen auftreten, wo ferner die Triasschich-
ten der Arlbergstrasse unter dem Alles überwölbenden und bis an die krystal-
linischen Schiefer herantretenden Dolomit verschwunden sind, um nur hier und
da unter demselben in einem zufälligen Durchbruch zum Vorschein zu kommen.
Eben so verliessen wir die nördlich sich anschliessende, vom Lechthal durch-
brochene Gebirgswelt bei diesem Thal als ein einiges Dolomitgebiet, das nur
durch eine einzige breite Zone von Algäu- (und Jura?-) Schichten, die Fort-
setzung derjenigen von Elbigenalp und dem Bernhardsthal, unterbrochen wird.
Eine Linie, von Reutte über Elbigenalp nach Landeck, welche unser jetzt zu
betrachtendes Gebiet westlich begrenzt, ist daher zugleich eine bedeutsame
Scheidelinie für den Gebirgsbau. Die Hebungswellen von Vorarlberg und dem
obersten Lechthal mit ihrem einfachen und doch gliederreichen Schichtenbau
streichen bis hieher stetig fort und entwickeln sich zuletzt noch einmal mit
besonders complicirter Gestalt. Plötzlich ist statt der reichgegliederten Schichten-
entwickelung nur ein einziges Glied in ungemeiner Mächtigkeit vorhanden, um
allein die Hebungswellen fortzusetzen. Nur in der III. und IV. der letzteren
treten noch die jüngeren Liasglieder als wesentliche Factoren auf, aber um eben-
falls bald dem Dolomit zu weichen. Ich wies bereits früher darauf hin, wie das
Zurücktreten dieser Formation durch das Erscheinen einer anderen gleichsam
ersetzt wird, indem die Hallstätter Kalke, welche sich bereits bei Reutte allmälig
einschieben, schnell eine ungemein wichtige Rolle erlangen und in ähnlicher
Weise mit Dolomit wechselnde Zonen bilden, wie früher die Algäu-Schichten ; nur
gelangen sie zu ungleich bedeutenderer Ausdehnung und wo wir bei Seefeld in
ein östlicheres Gebiet übergehen, bestehen die Kalkalpen bis zur bayerischen
Grenze aus einer Zone von Dachsteindolomit und einer zweiten von Hallstätter
Kalk. Es ist daher die Hauptaufgabe bei der Betrachtung des gesammten vorlie-
genden Gebirgslandes, die allmälige Aenderung der Formationen und Hebungs-
wellen in ihrem Fortstreichen zu verfolgen. Wir beginnen im Süden und Westen
und wenden uns gegen Norden und Osten.
Südgrenze des Kalkgebirges zwischen Landeck und Imst. —
Den ausgezeichneten Triasaufbruch an der Arlberger Strasse hatten wir früher bis
K. k. geologische Reichsanstalt, 12. Band, 1861 und 18§2. II. Reit, 18
136
Ferdinand Freiherr von Kichthofen.
|50]
auf die Berge zwischen Flirsch und Pi ans verfolgt und gezeigt, wie hier der
Dolomit allmälig die Trias überwölbt. Dieser nach Osten (Stunde 6) fortstreichen-
den Wölbung entlang führt die Strasse zwischen Landeck und Imst, indem sie sich
bald mehr, bald weniger der Antiklinallinie nähert. In der ersten (Landeck-
Starkenbach) und letzten (Mi ls-Gurggelsgrün) Strecke des Weges bleibt
sie südlich von derselben, daher hier die überaus steilen und glatten Wände, mit
denen das Gebirge in das Thal abfällt; sie werden durch die fast senkrecht nach
Süden fallenden Dolomitschichten des Gewölbes gebildet; daher jene stellenweise
neben der Steilwand aufragenden schneidigen Felskeile, welche im Profil als hohe
Obelisken erscheinen und von denen einer die Burg Schruffenslein trägt. Jenseits
Mils fällt die Wand unmittelbar in den See und die Strasse muss sich hoch an ihr
hinaufziehen, um auf den Schichtenköpfen hinführen zu können. Nur zwischen
Starkenbach und Mils öffnen sich die Wände und bringen die mächtigen Gebirge
des Senftespitz zum Vorschein. Wilde, fast unzugängliche Thüler, welche ein Meer
von Dolomittrümmern herabführen, eröffnen dem Blick die grossartigen Gebirge des
Scheiderückens gegen das Lechgebiet und indem sie das genannte Gewölbe als
die hemmende Vormauer durchbrechen, haben sie dasselbe bis in sein Innerstes
blossgelegt. Die Strasse tritt bis an dieses heran. Mächtige Massen von gelber
Bauch wacke, in Form von Obelisken und Ruinen ausgewittert, bilden hier die
tiefsten Theile der Gehänge und geben sich, indem sie den Dolomit unmittelbar
unterteufen, deutlich als Vertreter der Raihler Schichten zu erkennen,
welche daher hier noch in derselben Weise ausgebildet sind, wie in Vorarlberg.
Gegenüber dem Dorfe Schönwies sieht man die Rauchwacke deutlich einen Kalk-
rücken überwölben, welcher in kurzer Erstreckung und in unvollkommener Ent-
blössung daraus hervortritt. Er besitzt vollkommen die Eigenschaften der Arl-
bergkalke und es scheint, dass hier der östlichste Punkt ihres Auftretens ist.
Im Starkenbach ist der Rauchwackezug noch auf kurze Erstreckung entblösst, es
folgt ihm das Dolomitgewölbe, und auf der Höhe des Silberspitz sieht man
jüngere Liasschichten anstehen, welche wir als ein isolirtes Vorkommen bereits
im Metriolbach erwähnten. Ob, wie wegen der allgemeinen Streichrichtung
(Stunde 5) zu erwarten wäre, oberhalb Imst noch einmal die Rauchwacke unter
dem Dolomit erscheint, vermochte ich nicht zu entscheiden.
Südlich vom Inn steigen zwischen Landeck und Imst nicht unmittelbar die
krystallinischen Schiefer aus dem Thal auf, sondern es tritt ein schmaler Kalkzug
dazwischen, welcher nördlich vom Thal, südlich von einer von Zams nach der
Mündung des Pizbaches gezogenen Linie be-
grenzt wird. Der Bau desselben ist sehr einfach,
indem hier nur eine nochmalige Aufbiegung des
Triasdolomit-Systems stattfindet, welches nörd-
lich vom Inn gewölbartig gebogen ist. Das Inn-
Thal stellt daher eine Mulde dar, und wie jen-
seits das Einfallen steil südlich (Stunde 11) war,
so ist es hier eben so steil nördlich (Stunde 23).
Einige Modificationen finden nur hinsichtlich der
mehr oder weniger vollständigen Entwickelung
der Trias statt. Die Mulde des Innthales wird
von Dolomit gebildet und dieser steigt längs
des Thalrandes aus demselben auf. Er wird
unterteuft von Rauchwacke der Raibler
Schichten, welche eine flache Einsenkung bildet; sie beginnt bei Zams, wo
sie unmittelbar dem Thonglimmerschiefer aufzulagern scheint, setzt südlich von
Fig. 31.
S.
1 Glimmerschiefer. 2 Arlberg-Kalk. 3 Rauch-
wacke der Raibler Schichten. 4 Unterer
Dachstein-Dolomit.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
137
[81]
dem Schloss Krön bürg fort, wo diese Einbuchtung besonders charakteristisch ist,
und scheint noch weit fortzuziehen; zugleich schieben sich gegen Osten wahr-
scheinlich mehr und mehr die älteren Triasglieder ein, da die vom montanistischen
Verein herausgegebene Karte bei Schönwies und Arzl rothen Sandstein angibt.
Der T s chürgant, ein durch drei tiefe Thaleinsenkungen vollkommen isolir-
tes Gebirge, dessen höchster Gipfel zu 7275 Fuss (Sander und W a 1 1 h e r) ansteigt,
scheint durchaus aus Dolomit zu bestehen und eine Fortsetzung der erwähnten
gewölbartigen Lagerung zu bilden. Auf der Höhe bemerkte Herr Franz Ritter v.
Hauer hellere Schichten, die vielleicht einer jüngeren Formation angehören.
Dolomitgebirge zwischen demMadauthalundNassereith. —
Die Dolomite des Innthales setzen mit mehrfachen, den westlichen Hebungswellen
entsprechenden gewölbartigen Biegungen gegen Norden fort, bis sie in einer
westöstlichen (Stundet), vom Buttel spitz über Gramais und Boden nach der
Tegesalp gerichteten Linie in überstürzter Lagerung den Algäu-Schichten der
Hebungswelle III aufliegen. Im westlichen Theil ist die Auflagerung unmittelbar,
im östlichen schieben sich mächtige Triasschichten ein. Jenseits Nassereith setzt
dieses Verhältniss fort und die Trias gewinnt dort in den Hallstätter Kalken die
Oberhand über den Dolomit.
Die östliche Dolomitumwallung des Thalkessels von Madau bildet im Hengst-
spitz, Landschaftlekopf, Zwölferkopf und Buttelspitz die Wasserscheide gegen
das Gramaisthal, welchem weiterhin, durch Parzinkopf, Gufelspitz und Partsaispitz
getrennt, das complicirtere T hal System von Boden folgt. Gramais und Boden,
zwei armselige Hochgebirgsdörfer, liegen auf einer schmalen Zone von Algäu-
Schichten, welche quer über beide Thäler zieht. Bei den letzten Häusern von
Gramais beginnt die südliche Dolomitwelt, in deren Oeden ein vielverzweigtes
System schroffer Thäler hinaufreicht. Eine kleine Unterbrechung der Steinwüste
soll an dem See stattfinden, welcher in dem Kessel nördlich von der Gufelspitze
liegt. Hier bricht rother Marmor, welcher auf eine muldenförmige Einlagerung
von Kössener Schichten, Dachsteinkalk und Adnether Kalk schliessen lässt. In der
That bringt auch der Bach des östlich angrenzenden Parzinerthales, welches bei
Boden mündet, Bruchstücke aller jüngeren Liasgebilde mit herab.
Bei Boden werden die Verhältnisse ungleich mannigfaltiger. Den klarsten
Aufschluss über dieselben gibt der
Joch Übergang von Tarenz über das Steinjöchl Pfaflar nach
Boden. — Man kommt hier der Reihe nach auf folgende Formationen : 1. Dilu-
vium, welches das Gurglthal weithin und bis zu beträchtlicher Höhe ausfüllt; eben
so mächtig und in gleicher Beschaffenheit steht es bei Darmenz, Obsteig, Miemin-
gen und im Luetasch an. Es besteht fast ganz und gar aus Urgebirgsblöcken,
welche zum Theil eine bedeutende Grösse erreichen. 2. Dolomit mit stets südli-
chem Fallen (Streichen: Stunde 5 — 5y2). Er erscheint zuerst in der Tiefe des Sal-
vesen-ßaches und bildet bald die Gebirge links und rechts, den Rauchberg, Kehr-
berg, Platteinkopf und die Sparkenkopfe. Er hält beinahe bis auf das Joch an. Kurz
vor demselben erscheinen: 3. R ai bl er Schichten, theils als gelbe Rauchwacke
ausgebildet, theils in Gestalt mergeliger Kalke und Sandsteine. Sie bilden östlich
die Einsattlung zwischen Kehreberg und Heiterwand, während sie gegen Westen
nach Pfaflar hinabzuziehen scheinen, so dass der Weg und Bach in ihnen führen;
zwar sind sie bis zu diesem Dorf hinab verdeckt, aber kurz vor demselben beob-
achtete sie Herr v. Hauer als griffelartig zerfallende Schiefer, welche von den
charakteristischen Sandsteinbänken begleitet sind. 4. Hallstätter Kalk keilt
als letzter Ausläufer der Heiterwand bei Boden aus. Herr Gümbel beobachtete
ihn noch südwestlich von diesem Ort; mit ihm keilen sich auch die Raibler Schich-
te
138
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[52]
ten aus; denn unmittelbar westlich vom Parziner-Bach ist von der ganzen Folge
nur noch Dolomit vorhanden. 5. Partnachmergel wurden von Herrn Berg-
rath v. Hauer noch unmittelbar vor Boden beobachtet. Alle Schichten fallen süd-
lich; ihnen folgen 6. Algäu-Schichten, unter die Trias einfallend und im Norden
auf Dachsteinkalk u. s. w. ruhend.
Ehe wir die mächtige Entwickelung dieser bei Boden auf kleinem Raum
zusammengedrängten Formationen gegen Osten verfolgen, haben wir noch ein
sehr merkwürdiges Gebilde zu betrachten, welches wir als 7. Gosau-Con-
glomerat des Muttekopfes bezeichnen. Man findet nämlich bei dem Joch-
iibergang schon oberhalb Pfaflar, am meisten aber abwärts gegen Boden, eine
ungeheure Menge grosser Blöcke eines sehr festen Conglomerates von eckigen
Bruchstücken der Gesteine aus allen Formationen der Gegend; es geht über in
feine Sandsteine und gelbe Mergel. Herr Gümbel entdeckte den merkwürdigen
Ursprung dieser Blöcke auf der Höhe des Muttekopfes, welcher 8756 Fuss hoch
ansteigt. Das Gestein bildet nicht nur die gesammte Gipfelmasse dieses verzweig-
ten Gebirges, Herr Gümbel sah dasselbe auch nach dem Platteinkopf und
gegen den Grossen Hanlis fortsetzen. Derselbe vermuthet auch, dass es noch
am Gufelspitz auftrete und es könnte dann vielleicht mit dem erwähnten rothen
Marmor von dort im Zusammenhänge stehen. Welcher Formation dies Conglomerat
angehört, lässt sich mit Sicherheit noch nicht entscheiden; doch fand Herr Güm-
bel an anderen Orten (Urschelau) in demselben Gestein Orbituliten und nimmt
daher auch das des Muttekopfes als der Gosauformation zugehörig an.
Verfolgt man das interessante Schichtenprofil, welches der Jochübergang
von Tarenz nach Boden entblösst, weiter gegen Osten, so sieht man die Hall-
stätter Kalke schnell an Mächtigkeit ungemein zunehmen. Schon eine Meile östlich
von Boden bilden sie das Gebirge der Heit er wand, dessen weisse Kalkgipfel
die Nachbarschaft weit überragen; im nordwestlichen Theil derselben war früher
Bergbau auf Zink. Zwischen dem Hallstätter Kalk dieses Gebirgszuges und dem
Dolomit des Kehrberges und des Rauchberges ziehen die Raibler Schichten nach
dem Galzeinthal *), das in ihnen eingeschnitten ist, während im Norden noch
einmal die Partnachmergel auftauchen. Die Herren v. Hauer und Gümbel
fanden sie auf einer Anhöhe westlich von der Tegesalp, wo das ganze System,
wie bei Boden, auf Liasfleckenmergeln ruht. Oestlich dagegen fanden die genann-
ten Herren am Tessenbach noch eine Dolomitpartie, die sich zwischen Hallstätter
Kalk und jüngeren Lias einschiebt, aber ohne Zwischenlagerung von Raibler
Schichten.
Das Galzei nthal bei Nassereith verdient noch einer besonderen Erwäh-
nung. In demselben ziehen südlich fallende Raibler Schichten herab, welche die
Systeme von Hallstätter Kalk und Dachstein-Dolomit trennen. Auf dem Wege von
Nassereith trifft man anfangs unter dem Dolomit Rauchwacke an, welche einen
kleinen Kopf vor dem Eingänge in das Thal zusammensetzt. Ihr folgen die ande-
ren mergeligen und sandigen Gesteine der Raibler Schichten, welche hier vortreff-
lich entwickelt sind, ohne indess eine Mächtigkeit von 40 — 50 Fuss zu über-
schreiten. Rein schiefrige Varietäten, kalkige Schichten und Sandsteine, ins-
besondere auch die weiter im Westen fehlenden Riesen-Oolithe, wechseln
ohne Ordnung mit einander. Petrefacten sind häufig und charakteristisch vor-
handen. Allein anstatt dass unmittelbar darunter die Hallstätter Kalke folgen
sollten, fand Herr v. Hauer einen Kalkstein, welcher die Dachsteinbivalve
!) Auf den Generalstabskarten Gastein-Thal genannt.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
139
[83]
in zahlreichen, gut charakterisirfen Exemplaren enthält1). Derselbe ist dünn
geschichtet, verwitterte Flächen erscheinen gern gelb gefärbt, der Bruch ist
muschelig, das Gestein springt sehr leicht, beinahe wie Glas. Man hat in dem-
selben an vielen Stellen kleine Versuchsbaue angelegt, deren einer Spuren von
Galmei zeigt.
Oestlich von Nassereith setzen die beschriebenen Lagerungsverhältnisse in
gleicher Weise fort.
Gegend von Gramais, Eimen, Bschlaps, Na mies bis Pass
Fern, Lermoos und Plan-See. — Wir wenden uns zu den letzten öst-
lichen Ausläufern der regelmässigen Hebungswellen, zu dem Fortstreichen der III.
und IV. des Profils XIV. Die III. Hebungswelle durchzieht das Gramais-Thal fast
in seiner ganzen Erstreckung vom Ausflusse bei Unterhöfen bis aufwärts nach
Gramais. Die Schichten des Dolomits fallen mit grosser Regelmässigkeit nach
Süden und tragen Kössener Schichten, Dachsteinkalk und Fleckenmergel in
nicht bemerkenswerther Entwickelung, denen, wie erwähnt, hei Gramais
wiederum Dolomit aufgelagert ist. DerUebergang von Gramais nach Boden führt
zwischen diesem und dem nördlichen Dolomitzuge, stets in der schmalen Zone
der Algäu-Schichten. Bei Boden ist die Breite der letzteren überaus gering, wäh-
rend der Dolomit derselben Hebungsweile (III) bis nach Bschlaps reicht und eine
wildromantische Thalstrecke mit engen und tiefen Schluchten bildet. Weiter
gegen Osten zieht er nach dem Wetter-Spitz und senkt sich tief hinab in das
Namleser Thal und zum Namleser Joch, von welchem, wenn man den Weg von
Boden aus einschlägt, noch einmal unter schwierigen Lagerungsverhältnissen
Rauehwacke der Raibler Schichten erscheint. Jenseits des Joches steigt der
Dolomit zum Rudeger Spitz an, thalabwärts zieht er sich weit an den Gehängen
hinab, fast bis Namles. Im Süden liegen zwischen dem Dolomit des Wetter-Spitz
und Rudeger Spitz und dem Hallstätter Kalk der Heiterwand Fleckenmergel des
Lias, wie es scheint ohne Vermittelung von Kössener Schichten und Dachstein-
kalk. Erst östlicher vom Kemple-Spitz gibt die Karte des montanistischen Vereines
rothen Adnether Kalk an. Die sanfte Mulde, welche durch diese jüngeren
Schichten geschaffen wird, nimmt nach Osten an Breite ab, während der Dolomit
der Hebungswelle sich mehr und mehr ausdehnt. In ihm liegt der Pass Auf der
Fern und das überaus romantische Thal von Fernstein mit dem malerischen
Schlosse Sigmundsberg, welches in der Tiefe auf einer dunkelbewaldeten Insel
im See liegt. Bei Biberwier endigt der Dolomitzug, es treten östlich ganz andere
Verhältnisse ein.
Die Hebungswelle IV ist bei weitem gleichförmiger entwickelt und ver-
läugnet nirgends den ausgezeichneten Schichtenbau, der ihr im Bernhardsthal
eigen ist. Von ihrem Dolomit ist nichts zu sagen, als dass er sich mit nörd-
licheren Dolomiten verbindet und bis zum Triasaufbruch von Reutte fortsetzt. In
ihm liegt das Namleser Thal von Namles abwärts und das Rothlechthal
unterhalb Berwang. Er bildet das Schwarze Hanse-Kar, den Neualp-Spitz, Tha-
neller Berg, Axl-Joch u. s. w. und zieht über Heiter wang nach dem Plan-
See fort, in dessen Umgebung er seine grösste Ausdehnung erreicht. Das
gesammte waldreiche Jagdgebiet ist fast ausschliesslich auf Dolomit gelegen.
Blattberg, Brent-Joch, Tauernberg, Altenberg, Ammerwald, Geyer-Kopf u. s. w.
bezeichnen die hauptsächlichsten Höhenpunkte desselben.
4)
Nach Herrn Gümbel’s neuesten Untersuchungen ist es eine von Meg. triqueter verschie-
dene Art, die derselbe Meg. columbella G. nennt.
140
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[84]
Die jü ngeren Lias glied er setzen zwischen Griesau und Eimen auf
das östliche Lechufer; im Norden sind sie dem Dolomit aufgelagert, im Süden
fallen sie unter den der folgenden Hebungswelle ein. Ihre Gliederung lässt sieh
am besten von Eimen gegen den Kessel-Spitz verfolgen. Auch hier hat Herr
Es eher sie mit bewundernswürdiger Genauigkeit beschrieben1); doch liess
sich dies nur für die unterste Abtheilung ausführen; die Algäu-Schichten sind,
wie überall, vielfach gefaltet. Auf der Höhe des Kessel-Spitz werden sie von jün-
geren jurassischen Schichten überlagert, welche auch hier durch rothe Horn-
steine charakterisirt sind. Weiterhin bilden diese Formationen die Gipfelmassen
und südlichen Gehänge vom Pleure-Kopf und Tauber-Spitz, ferner den Kreuz-
Spitz, die Nordgehänge des Kessel-Spitz und ziehen mit stets südlichem Fallen
über das Namleser Thal hinweg. Na mies selbst liegt auf Kössener Schichten.
Gegen Osten scheint das Lagerungsverhältniss allmälig in ein muldenförmiges
überzugehen. Der Zug nimmt hier zwischen dem Kalten Joch und Schlire-Kopf,
so wie zwischen Berwang und dem Rothen Stein eine bedeutende Breite ein und
es erscheinen hier an der nördlichen wie an der südlichen Dolomitgrenze zuerst
Kössener Schichten in aussergewöhnlich mächtiger Entwickelung, Dachsteinkalk
und Liasfleckenmergel, wogegen die Adnether Kalke zurückzutreten scheinen.
Die nördlichen Kössener Schichten kommen bei Büchelbach in das Thal hinab,
die südlichen bei Lermoos. Statt aber jenseits in gleicher Weise fortzusetzen,
theilt sich hier die gesammte Zone mehrfach. Ein Zug von Kössener Schichten,
welcher durch die grosse Zahl seiner Versteinerungen ausgezeichnet ist, zieht
beiderseits von Dolomit begrenzt über das Heberthal-Joch nach dem Vereini-
gungspunkte des Naderbaehes mit der Loisach. Ein zweiter Zug erfüllt das breite
Thal von Lahn bis Lermoos bis zu den steilen Dolomitgebängen; er wird von
der vollständigen Folge der jüngeren Liasschichten gebildet; bei Lähn steht eine
sehr bedeutende Masse von Adnether Kalk an. Bei Lermoos zweigt sich von der
nach Osten hinübersetzenden Zone abermals ein schmaler Zug Kössener
Schichten ab, der zwischen Dolomiten nach dem Eibsee fortzieht.
Gegend zwischen Nassereith, Lermoos, Eibsee und dem
Thale Luetasch. — Der gesammte nördliche Theil unseres Trias-Lias-
Gebietes wendet sich in seinem östlichen Fortstreichen auf bayerisches Terrain,
daher wir nur die südlichen Zonen zwischen Nassereith und Lermoos weiter zu
verfolgen haben. Wir verliessen dieselben in dem Durchschnitte, welchen die
beiden vom Pass Fern herabkommenden Thäler bilden, mit ziemlich einfachen
Verhältnissen: Ein Dolomitgewölbe (zwischen Lermoos und Sigmundsberg) trägt
im Norden und Süden jüngere Schichten; die nördlichen sind muldenförmig
gelagert, die südlichen fallen nach Süden unter ein mächtiges Triassystem, das
wesentlich aus Hallstätter Kalk besteht und von Dachsteindolomit überlagert wird.
Die ganze letztere Folge fällt südlich.
Dieses einfache Verhältniss ändert sich nach Osten bedeutend. Das südliche
Triassystem wölbt sich in schneller Zunahme weiter über den Dolomit, die nörd-
lichen jüngeren Liasschichten von Lermoos hingegen kommen weiter nach Süden
und so kommt es, dass das breite Dolomitgewölbe zwischen beiden bald ver-
schwindet und der Hallstätter Kalk unmittelbar an die jüngeren Schichten heran-
tritt. Jener gewinnt daher ungeheuer an Ausdehnung und trägt erst im Osten
einen schmalen aufgeiagerten Zug von Dolomit. Dazu kommt, dass im Norden
ein zweiter westöstlicher Zug von Hallstätter Kalk auftritt, welcher halb dem
bayerischen, halb dem tirolischen Gebiete angehört; es ist der Zug der Zug-
0 Vorarlberg. Beilage 3. Seite 70.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
141
[SS]
Spitze, der später ungemein wichtig im Gebirgsbau wird, während der südliche
Zug im Osten bald unter Dolomit verschwindet.
Der südliche Zug der Hallstätter Kalke erreicht seine Höhenpunkte im Wan-
neck (7868 Fuss San der und Walther), Grünstein (8677Fuss S. und W.),
MiemingerBerg und HohenMundi und bildet mit seinen schroffen weiss leuch-
tenden Abstürzen eine überaus imposante Kette. Steigt man von Süden nach einer
der Einsattelungen hinan, so gelangt man über steil südlich fallenden Dolomit und
eine Zone von Raibler Schichten , welche von Nassereith bis zum Kochenthal
am Südabhange bleibt, in den Hallstätter Kalk, welcher die südliche Fallrichtung
beibehält. Herr Fr. R. v. Hauer stieg am Strangbache, in der Strassberger
Klamm, der Erzberger Klamm und dem Kochenthal nach den Abhängen hinauf
und fand allenthalben dasselbe Verhältniss. DieRaibler Schichten sind reich an Ver-
steinerungen und mit Rauchwacke verbunden. Der Nordabhang ist am Wan neck
noch genau eben so wie an der Heiterwand und im Tessenbaehe. Auch hier fällt
unter den Hallstätter Kalk zunächst Dolomit ein ohne Zwischenlagerung von
Raibler Schichten; darunter folgen Lias-Fleckenmergel und der Dolomit von
Fernstein. Erst mit dem tiefen steilwandigen Thale, das vom Grünstein nach
Nordwest hinabzieht, wird das Verhältniss ein anderes, indem der Hallstätter
Kalk gegen Norden, die jüngeren Schichten von Lermoos gegen Süden vor-
geschoben sind und an einander treten. Ehe wir uns zu diesen jüngeren Schich-
ten wenden, betrachten wir den nördlichen Zug von Hallstätter Kalk.
Südlich von Garmisch, Partenkirchen und Mittenwald in Bayern erhebt sich
eine der grossartigsten Bergketten der nördlichen Kalkalpen. Sie wird vom Isar-
thal in das westliche Wetterstein- und das östliche Karbendel-Gebirge
getheilt und besteht fast ausschliesslich aus Hallstätter Kalk. Die Zug-
Spitze (9326 Fuss), der Wet terschro ffe n (9064 Fuss), Kothbaeh-
Spitz (8126 Fuss), Scharnitz-Spitz (8463 Fuss), Drei Thörl-Spitz
(8199 Fuss), Karl-Spitz (7763 Fuss), Wetterstein (7832 Fuss) bezeich-
nen die Höhenpunkte westlich der Isar, das Karbendel-Gebirge erreicht seine
bedeutendste Erhebung im Karbendel-Spitz (7974 Fuss). Ueber den Kamm
des Gebirges und alle genannten Höhen verläuft die bayerische Grenze, so dass der
Südabfall ganz und gar nach Tirol gehört. Oestlich vom Karbendel-Spitz liegt
das Gebirge nur noch auf tirolischem Gebiet und lässt sich bis gegen Jenbach
im Innthal verfolgen. Besondere Wichtigkeit erhält der Zug von Hallstätter Kalk
dadurch, dass es sich am Karl-Spitz gabelt und dem Karbendel-Gebirge parallel
ein zweites, ungleich mächtigeres und selbstständigeres Gebirge entsendet. Es
bildet die Wasserscheide zwischen den Thälern Hinterriss und Hinterau und er-
reicht das Innthal bei Stans. — Das Streichen der Schichten wie der Gebirgs-
züge ist meist Stunde 7, das Fallen ist im Allgemeinen nach Süden gerichtet.
Die Zug-Spitze mit dem Plattacher Ferner bildet den westlichsten
Grenzpfeiler des mächtigen Gebirgszuges und erregt durch ihre imposante Mas-
senhaftigkeit ein um so höheres Interesse, als sie so plötzlich aus dem umgeben-
den Gebirge aufsteigt. Nähert man sich der Zug-Spitze von Norden oder Westen,
so sieht man unter den überaus steilen, mehrere tausend Fuss hohen Wänden des
Hallstätter Kalkes eine Zone von älteren Gesteinen den Fuss des Massivs bilden.
Es sind dies echte Guttensteiner Kalke der unteren Trias und über ihnen
Pa rtn ach m ergeh Unzweifelhaft sind auch die Virgloria-Kalke zwischen beiden
vorhanden. Die ersten Guttensteiner Kalke beobachtete Herr v. Hauer an den
Wänden über der Ehrwalder Alpe, sie ziehen im westlichen Bogen als breite
Zone um das Gebirge herum bis an die Abhänge bei Partenkirchen. Die Part-
nachmergel hat Gümbel hier entdeckt und lehrte die Partnach-Klamm als ihren
142
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[56]
wichtigsten Fundort kennen, wo sie zu sehr bedeutender Mächtigkeit an wachsen.
Der Hallstätter Kalk erreicht ebenfalls eine Mächtigkeit, welche wohl 3 — 4000 Fuss
betragen mag. Herr Conservator Schafhäutl wies ihn noch auf dem höchsten
Gipfel der Zug-Spitze nach, von dem jene äusserst charakteristischen organischen
Gebilde stammen, welche er als Nullipora annulata bezeichnete; sie blieben
überall einer der sichersten Anhaltspunkte für die Erkennung des Hallstätter
Kalkes, wiewohl der stets deutlich ausgeprägte petrographische Charakter ein
solches Merkmal überflüssig macht.
Dieses vortrefflich entwickelte Triassystem der Zug-Spitze ruht im Norden
und Westen auf Dolomit, während es im Süden in eine aus Hallstätter Kalk gebil-
dete Mulde übergeht, in welcher sich Jura- und Kreide-Gebilde abgelagert
haben. Diese letztere Mulde scheint von überaus grosser Wichtigkeit für die
Geschichte der Hebungen des Landes. Sie beginnt bei Biberwier und Ehrwald,
wo Jura überaus entwickelt auftritt, zieht im Gaisachthale aufwärts, bei der Pest-
capelle und unter den Rothmooswänden nach dem Paitenthale; wo dieses in das
Luetasch mündet, scheint die Einlagerung zu Ende zu sein. Herr Bergrath
v. Hauer hat die muldenförmige Einklemmung der Schichten zwischen die Hall-
stätter Kalke deutlich beobachtet, insbesondere zwischen Scharnitz-Spitz und
Gehren-Berg. Die jurassischen Glieder treten mit denselben petrog raphischen
Eigenschaften wie bei Elbigenalp und Reutte auf} über ihnen liegen lichtgraue
fleckige Mergel, welche sich durch Aptychus Didayi als vom Alter der Ross-
felder Schichten erweisen.
Die grosse, muldenförmig gelagerte Masse von Hallstätter Kalk zwischen
Zug-Spitz und Luetasch steht mit dem mächtigen südlicheren Zug des Hoch-Mundi
nur in der Gegend der Pestcapelle am Uebergange von Loisach nach dem Isar-
gebiete in Zusammenhang. Zwischen beiden und ihrem Streichen parallel ist die
tiefe Einsenkung des Gaisthales, welche vom Achen-Bach durchflossen wird. Die
Wände dieser Einsenkung bestehen aus Dolomit, der in schwer zu erklärendem
Verhältnisse zu den Hallstätter Kalken der höheren Gehänge steht. Doch scheint
es, dass die Schichten des Hoch-Mundi nach Nord, Ost und Süd steil unter den
Dolomit und mit Vermittelung der Raibler Schichten einfallen.
Die von Telfs gegen Nordost gerichtete Einsenkung des Luetasch-
Thales schliesst den südlichen Zug von Hallstätter Kalk gegen Ost ab, Dolomit
überwölbt ihn und behauptet weiterhin allein den Platz. Das Thal ist sehr breit
und voll Gerolle. Die Dolomite und Kalke der benachbarten Gebirge liefern dazu
fortwährend unendliche Massen von Material. Ausserdem sind Urgebirgsblöcke
in grosser Menge zerstreut und aus dem Gaisthale werden sehr zahlreiche Bruch-
stücke der Jura- und Neocomien-Schichten herabgeführt. Dem sehr breiten
Dolomit folgt im Norden Hallstätter Kalk, dessen Zone um so breiter ist, als hier
schon die Theilung des Wettersteinzuges begonnen hat, beide Gebirgszuge aber
noch nicht durch eine tiefere Einsenkung oder durch jüngere Schichten getrennt
sind. So kommt es, dass wir östlich vom Lue tasch- Thal e nur
noch Eine Dachstein-Dolomit- und Eine Hallstätter - Kalk-Zone
habe n.
Se efeld.
Seefeld liegt in einem ausgetrockneten Seebecken mitten in der eben
erwähnten Dachstein-Dolomit-Zone, welche zwischen Leibelfingen und Schar-
nitz eine Breite von mehr als anderthalb Meilen hat. Die plattigen Kalke mit
Fischresten, so wie die bedeutende Asphaltgewinnung machten den Ort schon
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
143
[S7]
früh bekannt und haben eine ansehnliche Literatur über ihn hervorgerufen *)•
Man hat den fischführenden Schichten eine sehr verschiedene Stellung ange-
wiesen, je nachdem man von rein petrographischem Gesichtspunkte das Gestein
verschiedenen Formationen einreihte oder die Schlüsse auf paläontologische
Untersuchungen baute. Dass das fischführende Gestein den dunklen Dolomiten
eingelagert sei, wurde mehrfach erkannt und insbesondere auch von Pich ler 2)
hervorgehoben. Ich wies bereits mehrfach darauf hin, wie die dünnplattigen und
schiefrigen, asphaltreichen dolomitischen Kalke nicht auf Seefeld beschränkt
seien, sondern im Westen noch häufig Vorkommen. Herr Bergrath v. Hauer fand
sie bei Leibelfingen am Inn, ferner oberhalb Aschbach am Südabhange des
Wa n n e c k und am B i r g s e e in der Nähe des Passes Auf der Fer n , wo zugleich
grosse Drusen von Bitterspathkrystallen das Gestein durchsetzen. Ich fand sie
sehr ausgezeichnet und mächtig am Wege von Reutte nach dem Plan- See,
wo bei warmem Wetter Asphalt aus den Schichten ausfliesst, und an der früher
beschriebenen Stelle zwischen Stög und Ellebogen im Lechthale, wo man
auch einen fossilen Fisch gefunden haben soll. An allen diesen Orten bildet das
Gestein in gleicher Weise Zwischenschichten im Dolomit und seitdem es gelun-
gen ist, das Alter des letzteren durch den Fund des Megcilodon triqueter als
unterliassisch nachzuweisen, darf die stratigrajlhische Stellung der Fischschiefer
von Seefeld als sicher gelten. Es ist bekannt, dass Heckei den allgemeinen
Charakter der Fische als dem Lias entsprechend betrachtete, während Agassiz
sie der Trias näher glaubte. Kann man auch jetzt die Ansicht von He ekel als
die der geognostischen Stellung entsprechendere bezeichnen, so gibt doch die
Geschichte von der verschiedenen Ansicht zweier so vorzüglichen Ichthyologen
ein deutliches Zeugniss mehr zu den vielen schon vorhandenen von dem überaus
langsamen und alimäligen Uebergang der Trias- in die Lias-Formation in den
Alpen.
O Ueber die Special-Literatur theilte mir Herr Bergrath Franz Ritter v. Hauer gütigst
folgende Notizen mit:
Müller: Beschreibung der in Tirol üblichen Art das Steinöl zu bereiten. Abhandlun-
gen einer Privatgesellschaft in Böhmen. V, Seite 333. 1782.
Flurl: Notizen über das Vorkommen des Brandschiefers und die Benützung desselben
zur Gewinnung von Steinöl zu Seefeld. — Moll’s Jahrbuch. III, Seite 196 — 203.
1813. — Zeitschrift des Ferdinandeums. V, Seite 282.
Murchison: Ueber die bituminösen Schiefer und fossilen Fische von Seefeld. Phil.
Mag. and Ann. of Philos. New Ser. Vol. V, Nr. 31 , Juli 1829, Seite 19. —
v. Leonh. und Bronn’s Jahrbuch. ^830, Seite 123.
Boue: Ueber Coprolithen von Seefeld. Journ.de Geologie. 1 p. 107.
Münster: Fische und Caulerpit von Seefeld. v. Leonh. und Bronn’s Jahrbuch. 1836.
Seite 381.
Russegger: Ueber den Asphalt und sein Vorkommen zu Seefeld in Tirol. — Bericht
über die VII. Generalversammlung des geogn.-mont. Vereins für Tirol und Vor-
arlberg. Seite 23 — 46.
Hecke!: Fische von Seefeld. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1830,
I, Seite 696.
Foetterle: Asphaltproduction von Seefeld. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichs-
anstalt. VII, 196.
Kraynag: Analyse von Asphaltgesteinen aus Seefeld. Jahrbuch der k. k. geologischen
Reichsanstalt. VII, Seite 372.
Ausserdem wird in fast allen geognostischen Beschreibungen der nordtirolischen und
südbayerischen Alpen der Fischschiefer von Seefeld Erwähnung gethan.
2) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. VII, Seite 372.
K. k. geologische Reichsanstalt, 1?. Band, 1S61 und 1S62. II. Heft, 19
144
Ferdinand Freiherr von Kichthofen.
[58]
IV. ftebirge zwischen Seefeld und den Berchtesgadner und Salzburger Alpen.
Der östliche Theil unseres Trias-Lias-Gebietes ist ausgezeichnet durch das
Vorwalten des Hallstätter Kalkes im Gebirgsbau, das mächtige Auftreten des
Guttensteiner Kalkes, durch den Versteinerungsreichthum der Raibler und Kös-
sener Schichten, die bedeutende Abnahme der Liastleckenmergel und das Zuneh-
men local aufgelagerter Jura- und Neocomien-Gebilde, endlich durch die viel-
fachen Ablagerungen jüngerer Schichten in tiefen Buchten, ln der Anordnung
walten zwar immer noch die früheren Hebungswellen mit bewundernswürdiger
Regelmässigkeit vor; doch finden häufiger Unterbrechungen und Störungen statt.
Herr Professor Pichler hat vor kurzer Zeit die Resultate seiner überaus
genauen und sorgfältigen Untersuchungen des in Rede stehenden Gebietes mit-
getheilt, und als die neuesten Beobachtungen eine Aenderung seiner Deutungen
nothwendig machten, das ganze Gebiet während unserer Anwesenheit einer
genauen Revision unterworfen. Die Art und Weise der Vereinbarung der früher
aufgestellten mit der später als richtig erkannten Schichtenfolge theilte derselbe
später in einem besonderen Nachtrage mit, so dass die Arbeit an ihrem grossen
Werthe und ihrer Brauchbarkeit dadurch nichts verloren hat. Ich verweise daher
auf diese Abhandlung und beschränke mich hier darauf, neben der allgemeinen
Darstellung der Verhältnisse manche neue Beobachtungen nachzutragen; sie
betreffen besonders das Gebiet der Riss und die Gegenden von Brixlegg und Kuf-
stein.— Herrn Pic h 1 er’s Abhandlung erstreckt sich überdas gesammte Gebiet von
Seefeld bis Kufstein. Ueber das Kaisergebirge gedenkt derselbe demnächst seine
Beobachtungen zu veröffentlichen und über die weiteren Theile gegen Bayern und
das Salzkammergut liegen die werthvollsten Arbeiten von Emm rieh vor, so dass
wir auch hier uns darauf beschränken werden, das Neue anzuführen und das
schon Bekannte möglichst übersichtlich in den Rahmen der neuen Anschauungen
und Resultate zu bringen.
Gebirge zwischen Innsbruck und der Riss.
Der südlichere Zweig des Wette rsteingehirges verläuft vom Schar-
nitz-Spitz mit einem Streichen nach Stunde 7 J/2 als Wasserscheide zwischen
Hinterau- und Riss-Thal, später zwischen Vomper- und Stallen-Thal nach Vomp
im Innthale, eine mächtige Gebirgskette, welche nur aus Hallstätter Kalk
gebildet und im Westen vom Isar- und Karbendel-Thale in ihrem stetigen Verlauf
unterbrochen wird. Sie bildet eine natürliche Grenzscheide für den Gebirgsbau
der Gegend von Innsbruck und Scharnitz, indem an ihrem steilen Nordabfalle die
Hallstätter und Guttensteiner Kalke mit senkrechtem Abbruche auf jüngere Schich-
ten aufgeschoben sind, während im Süden ein System sehr eigenthümlich ange-
ordneter gewölbartiger Aufbiegungen folgt. Die letzteren sind sämmtlich von
Hallstätter Kalk gebildet und erheben sich zu mächtigen Gebirgsketten, welche
gegen Osten unter sehr spitzen Winkeln convergiren und sich zu einer einzigen
Gebirgswelt von Hallstätter Kalk vereinigen. Gegen Westen nehmen die Berg-
ketten allmälig Mulden von Dolomit zwischen sich auf und verschwinden nach
und nach unter diesem; endlich herrscht dieser allein und bildet das Dolomit-
gebirge von Seefeld, so dass bei der kartographischen Darstellung dieses und die
östlichen Hallstätter Kalkgebirge fingerförmig in einander eingreifen und die
versteinerungsreichen Raibler Schichten, welche an der Grenze nirgends zu fehlen
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
148
[89]
scheinen, in zickzackförmigem Verlaufe die westlichen Ausläufer der Hallstätter
Kalkgebirge umziehen. Nördlich vom Scharnitz spitz- Vomper joch- Z uge
ist von dieser Anordnung keine Spur mehr vorhanden.
Verfolgt man die einzelnen Aufbiegungen näher, so findet die erste Gabelung
des östlichen Gewölbes gegen Westen in der Gegend des Vomper Joches
statt, wo (1.) der Hauptzug nordwestlich (Stunde lö1/^) gegen den Schar-
nitz-Spitz, ein secundärer Zug (2.) westlich (Stunde 18y2) überden
Speck kor-Spitz, Lavatscher Spitz, das Gleir sch- Joch nach dem
Hoc h-G 1 e i r s c h verläuft. In der langgezogenen schmalen Dolomitmulde zwischen
beiden, welche bis östlich vom Haller Anger reicht, ist das Hinterau- und
Lavatsch-Thal und das Lavatsch-Joch eingesenkt. Vom zweiten Zuge
zweigt sich am Lavatscher Spitz ein dritter ab, welcher, durch das Stemper
Joch getrennt, mit westlichem Streichen (Stunde 17) über die Frau Hütt nach
dem Grossen Solstein fortsetzt und mit jenem das erst unterhalb des Jäger-
hauses dolomitische Gleirschthal einschliesst. Auch dieses Gewölbe spaltet sich
noch einmal in zwei. Der Hallstätter Kalk des südlicheren bildet die Martins-
wan d.
Alle diese Bergketten sind in ihrem westlichen Theile als einfache regel-
mässige Gewölbe ausgebildet, während sie im Osten, wo sie in einander übergehen
und gegen das Innthal abfallen, einen etwas verwickelteren Bau zeigen, der oft
noch durch ungeheure Diluvialanhäufungen unkenntlich gemacht wird. Ich gehe
daher zunächst zur Darstellung des Abfalles der Gebirge gegen das Innthal von
der Martinswand bis Schwaz über. Ueberall erreicht man bald den Hallstätter
Kalk, und da mit ihm stets geregeltere Verhältnisse eintreten, so brauchen wir
allenthalben nur bis zu ihm aufzusteigen.
Abhang zwischen der Martinswand und dem Thau rer Joch am
Haller Salzberge. — Bei Innsbruck sind alle Gehänge bis hoch hinauf mitDilu-
vialconglomerat bedeckt, daher die Aufschlüsse in den unteren Theilen selten und
fast nur in tiefen Rissen, wie in dem durch Herrn Pichler bekannt gewordenen
Höttinger Graben, oder an steileren Abstürzen, wie in den Umgebungen der
Martins wand. Besonders klar sollen die Verhältnisse am Thaurer Joch sein.
Diese drei Punkte genügen, um den sehr ausgezeichneten Gebirgsbau am Gehänge
aufzuklären. Das Thaurer Joch ist eine nach Stundet streichende Einsatte-
lung zwischen zwei Gebirgen von Hallstätter Kalk. In ihrer Tiefe stehen Werfe ner
Schichten und zu den beiden Seiten derselben Virgloria-Kalk an, so dass sie sich
mit grosser Klarheit als ein gewölbartiger Aufbruch erweist. Die Schichtenfolge
ist nach beiden Seiten normal und fällt steil ein; wahrscheinlich werden auch
die Partnachmergel unter dem Hallstätter Kalk nicht fehlen. Nördlich gelangt
man in den Hallstätter Kalk des dritten unserer vorgenannten Züge; südlich ist
die Formation wenig entwickelt; es folgen ihr mächtige Baibier Schichten und
oberhalb Thaur taucht noch nach Herrn Pichl er’s Beobachtung Dolomit in
geringer Entblössung unter dem Diluvium auf. Es kann daher hier nur eine ein-
zige gewölbartige Aufbiegung der älteren Schichten vorhanden sein. Ein west-
licheres locales Zutagetreten von rothem Sandstein, knolligem Virgloria-Kalk und
Rauchwacke bei der Vintl-Alp ist von geringer Bedeutung, da abwärts der ganze
Abhang verhüllt ist.
Eine Meile weiter westlich, im Höttinger Graben, dessen Schichten-
profil Herr Pichler mit äusserster Genauigkeit mitgetheilt hat1)» ändern sich
die Verhältnisse, indem hier zwei gewölbartige Aufbrüche von rothem Sandstein
19*
O A. a. 0. Seite 721.
146
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[60]
deutlich zu Tage kommen, die durch eine Mulde von knolligem Virgloria-Kalk,
Rauchwacke und Partnachmergeln von einander getrennt sind; dieselben Trias-
glieder folgen am Abhange unterhalb der unteren Aufbiegung, so wie über der
oberen zwischen rothem Sandstein und Hallstätter Kalk, welcher mit söhliger
Lagerung bis zum höchsten Kamm des Gebirges ansteigt, um jenseits mit schnel-
lem Wechsel steil gegen Norden unter den Dolomit zu fallen. Versteinerungen
fanden wir in keiner Schichte des Höttinger Grabens. Von besonderer Wichtig-
keit wären solche für die dunklen Mergel, welche zwar dem Partnachmergel voll-
kommen gleichen, aber zum Theil unter Verhältnissen auftreten, welche ver-
muthen lassen, dass sie dem rothen Sandstein näher stehen und vielleicht ein
Aequivalent der in Vorarlberg zuweilen über den rothen Sandsteinen lagernden
Mergel sein könnten. Eine überaus grosse Mächtigkeit erreicht an den Gehängen
oberhalb Innsbruck die gelbe Rauchwacke, welche ein Vertreter des Guttensteiner
Kalkes sein dürfte.
Die Martinswand an der Strasse von Innsbruck nach Zirl entblösst die-
selben Verhältnisse noch einmal in ausgezeichneter Weise. Unmittelbar hinter
dem Dorfe Kranabiten durchschneidet der Weg ein sehr spitzes Dach von Vir-
gloria-Kalk; der südlich fallende Theil desselben steht am schönsten in den Stein-
brüchen bei dem Kerschbuchhof ungefähr 200 Fuss über der Strasse mit
80° Neigung an. Der vielen von Herrn Pichler aufgefundenen Versteinerungen,
welche hier in dem knolligen Kalk Vorkommen, wurde bereits Erwähnung gethan.
Wendet man sich von den Steinbrüchen westlich nach der Schlucht über den Häu-
sern von Kranabiten, so gelangt man zu den inneren Schichten des steilen Gewölbes ;
zuerst erscheint gelbe Rauchwacke in bedeutender Mächtigkeit und unmittelbar
unter ihr ein Ausbiss von rothem Sandstein. An der Strasse endlich erkennt man
beide Theile des Gewölbes. Das erste Anstehende sind wieder Ränke von schwar-
zem Virgloria-Kalk, mit 50° Neigung nach Norden fallend; er enthält Crinoiden-
Stiele. Weiterhin stehen noch einige Male bald die südlich, bald die nördlich
geneigten Schichten des Daches an; den letzteren liegen die Hallstätter Kalke
der Martinswand auf. — Dieses Gewölbe scheint die Fortsetzung des unteren im
Höttinger Graben zu sein, die des nördlichen dürfte im Zuge des Solstein zu
suchen sein.
Der ganze Abhang zwischen der Martinswand und dem Thaurer Joch durch-
schneidet somit, wenn wir von den tertiären und diluvialen Ablagerungen ab-
sehen, unter schiefem Winkel zwei gewölbartige Aufbiegungen , welche sich
gegen Osten in Eine vereinigen. Sie schliessen eine mit ihrer eigenen Divergenz
nach Westen an Breite wachsende Mulde ein, welche im Höttinger Graben
nur aus den ältesten Triasgliedern gebildet wird, westlich aber die ganze Masse
des Hallstätter Kalkes der Martinswand und des Höheberges in sich aufnimmt,
die sich über die nördliche Aufbiegung hinwegwölbt und den grossen Solstein
bildet.
Hall *). — Die geognostischen Verhältnisse des Haller Salzberges sind
bereits so vielfach beschrieben worden, dass ein weiteres Eingehen auf dieselben
0 Special-Literatur :
Ausweis der Salz-Erzeugung in den Salinen zu Hall in den Jahren 1793 — 1802.
Sammler für Geschichte und Statistik in Tirol. III, 221.
Karg: Nachricht über das Salzbergwerk in Hall. Moll’s Ephemeriden. 1808, IV,
S. 199—244, 357—374.
Boue: Ueber Lavatsch. Journ. de Geologie. /, p. 190.
Kopf: Beschreibung des Salzbergbaues zu Hall. Karsten’s Archiv. XV, S. 425. Auszug
in v. Leonhard und Bronn’s Jahrbuch. 1844, S. 238.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
147
[61]
hier überflüssig erscheint. Insbesondere ist auf die Arbeit von Herrn Prinzin-
ger zu verweisen. Der Verticaldurchschnitt durch das Haller Salzbergwerk, so wie
das Idealprofil (Fig. /*) sind überaus instructiv; sie ergeben mit Entschiedenheit,
dass der Salzstock in dem rothen Sandstein der Werfener Schichten auftritt, und
zwar unmittelbar östlich vom Thaurer Joch, in der Fortsetzung der gewölb-
artigen Aufbiegung, welche auch dort die Werfener Schichten zu Tage brachte.
Allein während dort die Lagerung vollkommen normal war, treten am Salzberg
sehr bedeutende Störungen ein , denn fasst man den ganzen, die Salzlagerstätte
bildenden Complex von rothem Sandstein, Gyps, Anhydrit, Haselgebirge, von
Rauchwacke, schwarzen Mergeln, Virgloria-Kalk und den, wie es scheint, hier
schon auftretenden Guttensteiner Kalk zusammen, so ist dieser Complex im west-
lichsten Theile zwischen Hallstätter Kalken eingeklemmt, wie es Fig. f von
Herrn Prinzinger darstellt; ein wenig weiter östlich aber kommen die Hall-
stätter Kalke nicht mehr zu Tage, die Raibler Schichten und selbst der Dolomit
von Sanct Magdalena und dem Zunderberg treten unmittelbar an die älteste Trias
heran. Endlich verschwindet die Trias und es herrscht von nun an östlich nur
noch Dolomit im Süden des Hallstätter-Kalk-Gebirges.
Zieht man die überaus grosse Regelmässigkeit in Betracht, welche sonst
den Gebirgsbau in diesen Gegenden auszeichnet, die Anordnung in grossen Zügen
welche rasch wechselnde Verhältnisse ausschliesst und den gänzlichen Mangel
localer Störungen und Verwerfungen, so ergibt sich daraus der Schluss, dass
nur dem Vorhandensein des Salzstockes selbst und des Haselgebirges eine so
mächtig in den Gebirgsbau eingreifende Wirkung zugeschrieben werden kann.
Diese Gebilde haben sich durch mächtige Complexe der festesten Alpenkalke
emporgedrängt, letztere wurden mit gehoben und gekrümmt, zum Zeichen
des überaus langsamen Empordringens, und das Salzgebirge kommt nach Art
eines Eruptivgesteines in einem Aufbruch zu Tage, den es sich selbst gebildet
hat. Kaum könnte man ein deutlicheres Beispiel des langsamen und den ungeheu-
ersten Widerstand überwindenden Aufquellens einer mächtigen Gesteinsmasse
finden. Es würde sich hier schon aus rein geognostischem Gesichtspunkt mit Noth-
wendigkeit die Annahme aufdrängen , dass so überaus mächtigen , örtlich
beschränkten Wirkungen nur chemische Ursachen zu Grunde liegen konnten,
dass durch das Entstehen neuer Verbindungen in der Tiefe ein grösserer Raum
erfordert und der heftige Widerstand überwunden wurde. Berücksichtigt man
nun die grossen Massen von Anhydrit, welche gerade das Haller Salzlager aus-
zeichnen, und von Gyps, welcher sich in oberen Teufen in grossen Massen findet,
so dürfte der Haller Salzberg einen der glänzendsten Belege für die häufig auf-
gestellte und für viele Orte erwiesene Theorie der Entstehung des Gypses aus
Anhydrit geben. Auch die Fältelungen und Windungen, welche dem Haselgebirge
stets in so hohem Grade eigen sind, lassen sich dadurch auf die leichteste und
ungezwungenste Weise erklären.
Abhang zwischen dem Haller Salzberg und dem unteren
Vomper Thal. — Unmittelbar östlich vom Haller Salzberge verschwindet das
System der unteren Triasglieder, um nicht wieder aufzutauchen; es tritt nun ein
sehr einfaches Lagerungsverhältniss ein, indem sich an den südlich fallenden
Haidinger: Ueber Salz mit Kupferkies von Hall. Haidinger’s Berichte. IV (1848),
Seite 415.
Suess: Ueber den Salzberg zu Hall. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt.
1854, V, Seite 881.
Prinzinger: Geologische Bemerkungen über Hall. Jahrbuch der k. k. geologischen
Reichsanstalt. VI, Seite 328 — 350.
148
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[62]
Hallstätter Kalk Raiblcr Schichten und Dachstein-Dolomit mit gleicher Lagerung
anlehnen. Sie ziehen fort bis an den Vomper Bach, wo er aus einer westöstlichen
Richtung in die nordsüdliche übergeht. Weiterhin herrscht nur Hallstätter Kalk
und Diluvium. Die Raibler Schichten sind sehr reich an Versteinerungen,
insbesondere am Iss-Jöchl zwischen dem Salzberge und dem Iss-Thale, ferner an
der Wälder Alp und vielen anderen Orten. In einem Streif von der Höhe des
Ostabhanges des Fallbachthaies über die Sponer Alp nach dem Wälder Joch sind
dem Dolomit Kössener Schichten, Dachstein kalk, Adnether Kalk,
Flecken mergel (Lias?) und Juraschi eilte n mit Aptychen in einem lang-
gedehnten schmalen Streif aufgelagert. Das genaue Profil, welches Herr Pichler
vom westlichen Theil entworfen hat1)» zeigt deutlich die vollkommen synkline
Lagerung vom Dolomit bis zu den Liasfleckenmergeln, während die Jurabildungen
zum Theil auf den Schichtenköpfen von jenen ruhen.
Zirl-Solstein-Gleirsc hthal. — Wir wenden uns nun noch zu einer
flüchtigen Darstellung der Grenze zwischen dem Dolomitgebirge von Seefeld und
den von Osten hineingreifenden Zügen von Hallstätter Kalken, deren Abfall gegen
das Innthal wir eben betrachteten. Die Grenze ist durch den Verlauf der Raibler
Schichten bezeichnet. Letztere bestehen hier aus einem Wechsel von gelbbraunen
Mergeln mit mergeligen Kalken und Rauchwacke. Die mergeligen Kalke nehmen
ausgezeichnet oolithische Structur an. Alle Gesteine sind weich und leicht ver-
witterbar und da sie zwischen zwei Systemen schwer zerstörbarer Kalkgesteine
liegen, so bilden sie stets sanfte Einbuchtungen an den Gehängen, Einsattelungen,
welche zu Jochübergängen dienen auf den Kämmen, und oft sind sie von Bächen
zu tiefen Tobln ausgenagt. Allenthalben führen sie viele Versteinerungen; doch
sind deren wichtigste Fundörter die Jochübergänge, wo sich die Gesteine am
meisten ausbreiten.
Bei Zirl beginnen die Raibler Schichten in bedeutender Mächtigkeit mit
östlichem Streichen (Stunde 5) und senkrechter Stellung; sie tragen die Ruine
Fragenstein und ziehen sich um die oberen Gehänge des Ehebachthaies nach
Fig. 32.
Solstein. Innsbruck.
1 Werfener Schichten. 2 Rauchwacke (Guttensteiner Kalk?). 3 Virgloria-Kalk. 4 Partnach-Mergel. 5 Hallstatter
Kalk. 6 Raibler Schichten. 7 Unterer Dachstein-Dolomit. 8 Tertiärconglomerate. 9 Diluvialterrasse.
der Zirler Galtalp und dem Joch am Zirler Kristen, wo sie viele Verstei-
nerungen führen. Ihr Streichen wechselt vielfach, da sie stets die Abhänge des
Hallstätter Kalkes begleiten. Das Profil ist daher mit etwas verändertem Fall winkel
O A. a. 0. Seite 726; der untere Theil des Dachstein-Dolomites („unterer Alpenkalk und
Dolomit“) ist durch einen Irrthum mit 6 statt mit 7 bezeichnet.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
149
[63]
senkrecht auf die Formationsgrenze stets dasselbe. Besonders deutlich aufge-
schlossen sieht man es zwischen Solstein und Erlspitz.
Der Weg vom Pass in das Gleirschthai führt nur durch Dolomit, da die
Raibler Schichten in weitem östlichem Bogen die muldenförmige Einlagerung des-
selben umziehen. Erst mit der Annäherung an die jenseits mächtig aufsteigenden
Hallstätter Kalke trifft man wieder die mergeligen Zwischenschichten. Herr Pich-
ler beobachtete sie westlich von der Amtssäge, doch bleiben sie fast in ihrem
ganzen Verlaufe durch Kalkschutt verhüllt. Das Gleirschthai entfaltet oberhalb
der Amtssäge den wilden Charakter der Hallstätter Kalke in grossartigem Maasse.
Die Schichten des Solstein, welche im Höttinger Graben bei Innsbruck söhlig die
älteren Triasglieder überlagern, wölben sich am Nordabhange gegen das Gleirsch-
thal und fallen steil mit kahlen, glatten Wänden theils auf die gerundeteren Berge
der dolomitischen Einlagerung, theils in das öde Gleirschthai selbst, aus dem
sie jenseits mit entgegengesetzter Fallrichtung eben so hoch wieder aufsteigen.
Scharfkantige Trümmer erfüllen in unendlicher Masse den Thalboden ; sie ent-
halten häufig in Hohlräumen die Formen ausgewitterter Chemnitzien und Korallen.
Im Hintergründe erweitert sich das Thal zu einem überaus wilden und öden
Kessel, aus welchem östlich ein Jochsteig über das Stern per Joch nach dem
Haller Salzberge, südlich ein anderer durch die Arzler Scharte nach Inns-
bruck führt. Wir besuchten beim Abstieg an der Südseite mit Herrn Professor
Pichler den Fundort der Halobia Lommeli im Hallstätter Kalk. Derselbe fand
dort auch Chemnitzia Rosthor ni , globose Ammoniten und ein Orthoceras ;
andere Chemnitzien finden sich in Menge, sind aber nicht bestimmbar.
Hinterau- Lavatsch-Thal. — Das Gleirsch-Gebirge trennt das gleich-
namige Thal von dem nördlich angrenzenden der Isar. Sie entspringt am Haller
Anger und ihr Thal führt abwärts bis zur Alp Tiefenkasten den Namen Lavatsch,
von dort bis Scharnitz den Namen Hinterau-Thal. Ein muldenförmig eingelager-
ter Dolomitzug lässt sich von Scharnitz längs dem ganzen Thale aufwärts zwi-
schen den hohen Gebirgen von Hallstätter Kalk, welche es zu beiden Seiten
umstarren, bis jenseits des Haller Angers verfolgen. Ihm entsprechend verlaufen
die beiden Züge von Raibler Schichten, welche Herr Pichler an vielen Orten an
der Grenze nachgewiesen hat. Bei Schar nitz durchziehen sie das Thal unmit-
telbar vor den beiden Felsvorsprüngen, welche den weiten Kessel im Norden
verengen. Im Lavatsch-Thal sind sie als Muschelmarm or bekannt und
führen eben so wie östlicher am Haller Anger viele Versteinerungen. Man pflegte
früher den Muschelmarmor von Lavatsch als ein Aequivalent des gleichen Gesteins
von Bleiberg, somit auch der St. Cassian-Schichten, anzusehen. Mehrere Verstei-
nerungen scheinen zwar die Annahme zu rechtfertigen; allein sowohl das Lage-
rungsverhältniss als das Vorkommen einiger echter Raibler Formen weisen ihm
mit Sicherheit jenes Niveau zu, welches wir für die Raibler Schichten von Nord-
tirol im Allgemeinen beanspruchten.
Gebiet der Riss und Dürr ach bis zur Einsenkung des Achner Thaies.
Die Riss ist ein Nebenfluss der Isar. Ihr Gebiet zerfällt in die Hinter-Riss
auf tirolischem und die Vorder-Riss auf bayerischem Gebiete. Der mächtige Zug
von Hallstätter Kalk vom Scharnitzspitz nach Vomp begrenzt den oberen Theil
des Flussgebietes gegen Süden und sendet ihm bedeutende Zuflüsse im Blaubach-
Thal, Laliderer Thal und Johannes-Thal1) zu. Dann rückt die Wasserscheide
O Auf der Generalstabskarte Karbendel-Thal genannt; das Volk kennt diesen Namen nicht.
150
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
r 64]
plötzlich auf den oben erwähnten nördlicheren Hallstätter Kalk-Zug, der sich
vom Scharnitz-Spitz nachJenbach undPertisau erstreckt und von den drei genann-
ten Querthälern durchbrochen wird. Das Thor-Thal, Ronn-Thal und Farmes-Thal,
welches die bayerische Grenze bildet, ziehen von ihm herab. Die nördliche
Wasserscheide ist ein Gebirgszug, der sich unmittelbar aus der Riss erhebt und
durch Karbendel-Spitz, Fleisch-Rank, Hexenthal-Rerg bezeichnet ist. Das umfang-
reiche Flussgebiet ist mit Ausnahme zweier Häuser bei dem Jagdschlösse in
Widum unbewohnt und besitzt einen echten Alpencharakter; es zeichnet sich durch
seinen grossen Reichthum an schwarzem Nadelwald aus, aus welchem die weisseu
Schroffen des Hallstätter Kalkes kahl und wild hervorstarren. Der reiche Wechsel
an Wald und Fels, die weite Verzweigung des wasserreichen Thalsystems und
seine allseitige Abgeschlossenheit haben die Riss zu dem reichsten Jagdgebiete
in den Alpen gemacht, was nicht wenig zur Erhöhung ihrer ungemein grossen
landschaftlichen Reize beiträgt. Reitwege und Pirschsteige machen auch die
höchsten Spitzen leicht zugänglich und eröffnen allenthalben die lehrreichsten
Durchschnitte.
Der Gebirgsbau der Riss ist in seinen Grundzügen sehr einfach und klar.
Ich schliesse seine Darstellung an die folgenden Parallelprofile an, welche nach
beiden Seiten in der Streichrichtung über das Rissgebiet hinaus fortgeführt sind.
Es ist klar, dass hier ein ähnliches Verhältniss stattfindet, wie es im Rhäti-
kon in den Profilen I, II, 111 dargestellt und S. 132 der ersten Ahtheilung
(1. Rd., X) beschrieben ist. Dort war eine zusammenhängende Dolomitdecke, in
der sich gegen Westen eine Verwerfungsspalte einstellte. Dadurch kamen erst
tiefere Schichten des Dolomits auf die höheren und am Abhange des Rheinthaies
die tiefsten Triasschichten auf die höchsten Schichten des Dolomits zu liegen.
In der Riss finden wir westlich vom Karbendelthale noch ein zusammenhängendes
ausgedehntes Gewölbe von Hallstätter Kalk, in dessen Massen aber bereits die
Anordnung in zwei getrennte Züge angedeutet ist. Der südliche erhebt sich gegen
den angrenzenden Theil des nördlichen Zuges allmälig so weit, dass Virgloria-
Kalke, vielleicht auch Guttensteiner Kalke des ersteren in ein höheres Niveau
kommen, als die Hallstätter Kalke des letzteren, und indem zugleich eine Ueber-
schiebung stattfindet, ruhen jene tieferen Schichten zwischen Hallstätter Kalken.
Der südliche Zug bleibt unverändert, der nördliche entfernt und entfaltet sich
zugleich mehr und mehr, aber mit stetem Einfallen unter die Trias von jenem.
So kommt es, dass weiter gegen Osten die Ueberschiebung immer ungleichallri-
gere Schichten in unmittelbare Ueberlagerung bringt.
Der nördliche der beiden Züge von Hallstätter Kalk stellt, wie die Profile
zeigen, ein überstürztes Gewölbe dar, unter dem man in allen Thaleinsenkungen
die tieferen Triasglieder als Rauchwacke und schwarze Kalke zu Tage kommen
sieht. Weiterhin folgt eine Dolomitmulde, welche nach Osten sehr bedeutend an
Rreite zunimmt; aus ihr steigt östlich vom Achen-See der Hallstätter Kalk des
Unnütz auf.
Dies sind die allgemeinsten Verhältnisse. Werfen wir einen Rlick auf die
Gestaltung derselben im Einzelnen.
VonSchwaz durch das Stalle r Thal, über das Lai mser Joch
nach Rins, Eng, Laliders und den Uebergang in das Karben-
delthal. — Von Schwaz führt ein bequemer Jochsteig über das Laimser Joch
nach der Riss, stets in der Streichrichtung der Ueberschiebung. Wo man das
Rissgebiet betritt, kann man dann wegen der sanften Einsenkungen der Liasberge
längs jener Ueberschiebungslinie durch die Quellgebiete des Rlaubaches, Lali-
derer Baches und Johannesbaches bis zur Vereinigung der beiden Hallstätter
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
151
[65]
Kalkzüge im Karbendelthal wandern. Im Innthale steigt die Diluvialterrasse über
dem Kloster Viecht wohl bis 3000 Fuss hoch an. Das erste Gestein, welches
man nach ihrer Ueberschreitung erreicht, ist schwärzlicher, etwas dolomitischer,
weissadriger bröckliger Kalkstein, der zum Tlieil ganz in Dolomit und in Rauch-
wacke übergeht, zum Theil reiner Kalkstein ist. Die Waldbedeckung lässt das
nähere Verhältnis schwer erkennen. Er streicht nach Stunde 7 und fällt nach
Süden. Längere Zeit geht man über eine ausgezeichnete Crinoidenbreccie und
links über dem Wald stehen die ersten Wände von Hallstätter Kalk an. Es kann
daher kein Zweifel sein, dass die Breccie den Virgloria-Kalken angehört, in denen
wir ihr so häufig begegneten, während die ersten Kalke und Rauchwacken voll-
kommen Guttensteiner Kalke sind. Rechts erheben sich jenseits der tiefen Thal-
schlucht das Staner Joch und der Sau köpf, gleichfalls Hallstätter Kalk, mit
südlichem Fallen. Auf einem Vorsprung desselben steht in der Tiefe die Wall-
fahrtskirche von St. Georg in überaus romantischer Umgebung. Die Einsatte-
lung, in welcher sie liegt, scheint anzudeu-
ten, dass Raibler Schichten als Hangendes
der Hallstätter Kalke dort hindurchziehen.
Bei der Staller Alpe sieht man dies be-
stätigt. In mächtigen glatten Platten ziehen
sich die Schichten des weissen Kalkes vom
Brenten-Kopf herab und tragen in der
Tiefe des Thaies mergelige Raibler Schich-
ten und gelbe Rauchwacke, welche den Bo-
den der Staller Alpe bilden und über das
Stakener Joch nach dem Falzthurn- Thal
fortziehen. Darauf liegt Dolomit, welcher
den Rauhen Knel zusammensetzt, bei der
Alpe aber wenig sichtbar ist. Die Hallstätter
Kalke zur Linken werden von Virgloria- und Guttensteiner Kalk getragen, so dass
man das beistehende Profil entblösst sieht, welches zugleich die Norm für die
Profile XV, XVI, XVII ist.
Die Grenze zwischen Guttensteiner Kalk und Dachsteindolomit lässt sich
schwer mit Genauigkeit ziehen. Man erkennt charakteristische Gesteine aus beiden
Formationen; allein ein grosser Theil derselben lässt kaum eine petrographische
Trennung zu.
Dieses Lagerungsverhältniss hält mit grosser Klarheit längs der ganzen
Nisselwand von der Staller Alp bis zum Laimser Joche an. Rechts (N) bleibt
Dolomit, links Wände von Hallstätter Kalk und darunter schwarze Kalke. Das
Trümmermeer, worüber der Weg führt, zeigt Bruchstücke von hornsteinreichen
Virgloria-Kalken und von Kössener Schichten. Das Laimser Joch ist in Kössener
Schichten eingesenkt, welche hier eine steile Wand bilden; gerade in der Ein-
sattelung ist eine Austernbank blossgelegt. Darüber folgt die Trias.
Vom Laimser Joch abwärts gegen die Alpe Eng im Blaubach-Thale folgen
Liasfleckenmergel, echte Algäu-Schiehten, während die Kössener Schichten sich
nördlicher an den Gehängen des dolomitischen Garmeyer Kor’s herum und jen-
seits des Blaubach-Thales gegen das Hoch -Joch hinanziehen. Ob auch Jura-
formation vertreten ist, konnte ich nicht sicher entscheiden, doch scheint sie an
den Abhängen gegen den Hoch- Glück hinan vorzukommen. Die Alpe Eng
(3766 Fuss, Lipoid) liegt auf einem weiten, ebenen, grasreichen Thalboden, der
mit einem weitläufigen Ahornwalde bedeckt ist. Der obere Theil breitet sich in
den jüngeren Schichten aus. Ein Jochsteig führt in ihnen nach Laliders, stets in
20
Fig. 33.
Hoch-Nissel. Staller Alp. Brenten-Kopf.
1 Guttensteiner Kalk. 2 Virgloria-Kalk. 3 Part-
nach-Mergel. 4 Hallstätter Kalk. 5 Raibler Schich-
ten. 6 Unterer Dachstein-Dolomit.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft.
152
Ferdinand Freiherr von Kichthofen.
[66]
der Nähe der Ueberschiebungslinie am Fusse der steilen Wände des Hallstätter
Kalk-Gebirges; in gleicher Weise geht es wieder über eine niedere Einsattelung
fort nach der Alpe Ladiz (4612 Fuss, geognost. Karte) im Johaimes-Thal. Hier
siebt man unweit des Ueberganges Adnether Kalk anstehen. Einige Gesteine über
den Fleckenmergeln erinnern an gewisse Neocomiengesteine. Westlich von Ladiz
treten unendliche Schuttmassen auf, welche Alles verdecken und den Filzwald
tragen. Indess sieht man die beiden Züge von Hallstätter Kalk näher zusammen-
treten, die Mulde von jüngeren Schichten zwischen ihnen keilt sich aus und am
Joch gegen das Karbendelthal scheint nur noch Dolomit zwischen dem Hallstätter
Kalk des nördlichen und dem Guttensteiner Kalk des südlichen Zuges zu liegen.
Der Guttensteiner Kalk zieht, wie Herr Fr. R. v. Hauer beobachtete, im Kar-
bendelthal noch bis unterhalb Larchet hinab, dann vereinigen sich über ihm die
Hallstätter Kalke.
Zug von Hallstätter Kalk und Dachstein dolomit von Jenbach
und Pertisau nach dem Karbe nd elgebirge. — Dieser nördliche Zweig
des Hallstätter Kalk-Gebirges bildet in seiner ganzen Erstreckung ein aus der
Tiefe erhobenes, zum Theil nach Norden überstürztes Gewölbe, wie die Pro-
file XV, XVI, XVII zeigen. Die jüngeren Schichten, welche es trägt, fallen südlich
unter den eben betrachteten Zug von Hallstätter Kalk ein und deuten darauf hin,
dass auch dieser nur eine stark überstürzte Welle sei. Nördlich hingegen steigen
die liegenden Rassischen Gebilde jenseits wieder muldenförmig auf, ohne aber
den Hallstätter Kalk noch einmal hervortreten zu lassen. Dies ist das Lagerungs-
verhältniss im Allgemeinen. Verfolgen wir es im Einzelnen.
Das östlichste Zutagetreten von dem Hallstätter Kalk unseres Zuges ist bei
Jenbach in einer Felsmasse, welche der Inn in südlichem Bogen umspült. Auf
derselben Formation steht das Schloss Trazberg,%wo Herr Pichler Chem-
nitzia eximia und andere wichtige Versteinerungen fand. Der Kalk erhebt sich
hier mit südlichem Fallen und bildet das S tan er Joch, senkt sich dann zu der
kleinen beschränkten Mulde des Weissenbaches, in welcher er von Raibler
Schichten und Dolomit überlagert ist, erhebt sich noch einmal zum Bärenkopf
und fällt gegen Pertisau, wo ihm abermals Dolomit folgt.
Unmittelbar westlich am Kaiser-Joch, dessen Gipfel von einer isolirten Do-
lomitauflagerung gebildet zu werden scheint, ändert sich das Verhältniss; der
Hallstätter Kalk bildet nur noch ein einziges Gewölbe ohne die mittlere Einsen-
kung. Das auf der merkwürdigen Wasserscheide am Laimser Joch entspringende
Falzt hurnthal durchschneidet das Gewölbe quer und trennt den Zug des Kaiser-
Jochs von dem des Sonn-Jochs (7758 Fuss) und des Lochwaldspitz (7297 Fuss).
An beiden Thalwänden ist ein überaus deutliches Schichtenprofil entblösst ; das
der linken ist auf Prof. XVII dargestellt. Im Centrum des Aufbruches kommen
die Guttensteiner Kalke in Gestalt mächtiger Rauchwacken zu Tage , und veran-
lassen, wo sie bis zur Kammhöhe gelangen, tiefe Einsattelungen, während zwi-
schen Hallstätter Kalk und Dolomit die Raibler Schichten stellenweise entwickelt
sind. An einigen Orten, wie am Uebergang vom Falzthurn über die Alpe Gra-
may nach der Bins -Alp konnte ich dieselben nicht beobachten. Das Falzthuru-
thal ist breit, mit Trümmermassen ausgefüllt und mündet im Dolomit in den Achen-
See. Die westlich folgenden Querthäler unseres Hallstätter Kalkzuges sind dem
Falzthurnthale analog. Das Blaubachthal, Lalider erthal und Johannes-
thal entblössen an beiden Wänden des Durchbruchs die gleichen Verhältnisse
der gewölbartigeu Lagerung. Die mächtigen Massen von Rauchwacke, welche die
Erzklamm im Johannesthal vom grossen Falken herabbringt, scheinen den Raibler
Schichten anzugehören. Die drei Thäler münden im Dolomit, der von dem Riss-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
153
[6?]
Bach von der Hagelhütte bis Widum in schiefem Winkel gegen die Streichrich-
tung in seiner ganzen Breite durchströmt wird. Bei dem Jagdschlösse verläuft
die Grenze zwischen Dolomit und jüngeren Bildungen; östlich zieht sie am Nord-
abhang des Holzthalkopfes , der Fleischbank und des Knelberges vorüber nach
den Gebirgen am Achen-See, westlich über den Bonnkopf durch das Farmesthal
nach dem Hochreisen - Spitz. Parallel dieser westöstlichen Grenze streichen die
im Norden sich anschliessenden jüngeren Schichten und die dolomitische Nord-
grenze der Mulde. Ehe wir darauf eingehen, ist noch der Grenze zwischen Do-
lomit und Hallstätter Kalk in den Profilen XV, XVI, XVII und der Verhältnisse
am Plumser Joch Erwähnung zu thun.
Das Bonnthal und Farmesthal entspringen im Hallstätter Kalk und
durchbrechen die ganze Dolomit-Zone nebst einem Theil der jüngeren Glieder, der
Farmesbach sogar deren ganze Zone und ausserdem noch den nördlich vorlie-
genden Dolomit. Steigt man daher von Widum den Reitsteig im Ronnthale auf-
wärts, so stehen im Anfänge röthliche und weissliche Kieselkalke an, denen Do-
lomit folgt. Am Wechsel, einem Pass über den man nach dem Farmesthale
steigt, ist die Grenze gegen den Hallstätter Kalk. Hier treten die Raibler Schichten
ungemein versteinerungsreich auf; sie führen Pecten filosus , Perna Bouei, Car-
dita crenatn u. s. w. in ausgezeichneter Erhaltung.
Dem Hallstätter Kalk ist an der Rothen Wand und weiter nach Ost und
West ein System von leberbraunen stark bituminösen Kalkschichten eingelagert.
Das obere verzweigte Gebiet des Farmesthales ist ein einsames , an Wald und
Schuttanhäufungen reiches Dolomitland, nur belebt durch Schaaren von Gemsen
und Hirschen. Anstehendes Gestein sieht man wenig; nur an einer Einsattelung
ein wenig westlich vom Wechsel erscheinen sehr versteinerungsreiche und aus-
gezeichet entwickelte Kössener Schichten. Diese ungemein rasche Aenderung
in den zwischengelagerten Schichten ist bei dem Mangel an Aufschlüssen schwer
zu erklären. Der Hallstätter Kalk erhebt sich über das waldige Dolomitgelände
in einer kahlen , fast senkrechten und viel zerborstenen Mauer zu bedeutender
Höhe. An den buchenhewachsenen Gehängen des gänzlich unwegsamen Farmes-
thales abwärts gelangt man bald in das Gebiet der jüngeren Schichten, die hier
wenig aufgeschlossen sind, und dann nochmals in eine Dolomit-Zone mit schroffen
Wasserrissen, welche allenthalben das Fortkommen hemmen.
Das Plumser Joch, welches von Pertisau nach der Hagelhütte im Riss-
thal führt, ist im Allgemeinen in den Dolomit eingesenkt, der sich dem Hallstätter
Kalk des Kaiserjochs und Sonnjochs nördlich anschliesst , scheint aber nach der
Darstellung von Herrn Prinzinger, welcher dasselbebesuchte1) und nach Herrn
Pichler eigenthümliche Verhältnisse darzubieten. Es erscheinen nämlich mitten
im Dolomit am Joch selbst söhlig gelagerte „graue Kalke in Schichten von 1 Fass
Mächtigkeit , an der Schichtfläche mit kugelförmigen Erhabenheiten und einem
grünen Ueberzuge, wie sie auch im Hangenden des Haller Salzberges auftreten“.
Dies sind offenbar Virgloria-Kalke. Unter ihnen tritt gegen die Hagelhütte hin das
Salzgebirge hervor, wie es scheint in ähnlicher Weise wie am Haller Salzberge.
Es verdient einige Beachtung, dass die Verbindungslinie dieser beiden Stellen,
an denen das Salzgebirge aus der Tiefe empor gequollen ist, senkrecht zur Streich-
richtung der beiden Züge von Hallstätter Kalk gerichtet ist, und dass fast genau
in derselben Linie die östliche Wasserscheide des Isargebietes am Haller Anger,
Laimser Joch und Plumser Joch liegt. — Herr Pichler gibt auf seiner karto-
graphischen Darstellung noch ein räthselhaftes Vorkommen von Kössener Schichten
20*
o A. a. 0. Seite 334.
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
1S4
fC8]
an der Ostseite des Plumser Joches im oberen Gernthal an, so wie Lias-Flecken-
mergel und Juraschichten auf der Höhe vom Letzten Schneekopf.
Jüngere Formationen unterhalb Widum in der Hinterriss. —
Bei dem Jagdschlösse der Hinterriss verlässt man thalabwärts, wie erwähnt,
den Dolomit und betritt jüngere Schichten. Der Rissbach wendet sich gegen
Norden und durchschneidet sie rechtwinklig zur Streichrichtung; schon an
einem Kreuz , 10 Minuten hinter der Mündung des Leckthaies , betritt man
wieder Dolomit, der die Mulde nördlich begrenzt und weit nach Bayern hinein
anhält. In der Tiefe des Thaies sind die Schichten nur stellenweise deutlich zu
beobachten. Es sind zuerst röthliche und weisse jurassische Kieselkalke; ihnen
folgen Liasfleckenmergel, rothe Adnether Kalke und Kössener Schichten, beide
in bedeutender Mächtigkeit. Alle diese Schichten streichen rechts und links nach
den Gehängen hinauf. Ihre deutlichste Folge ist im Osten zwischen Scharf-
reiterspitz und Holzthalkopf (Prof. XVI), wo zugleich die muldenför-
mige Lagerung sehr klar ist. Von der Mündung des Letzbaches, der aus furcht-
baren Tobln mit senkrechten Wänden herabkommt, windet sich ein Reitsteig fast
bis auf die Höhe des Scharfreiterspitz. Da man hier schon die jüngeren Gebilde
des Rissthals durchschritten hat , so kommt man in ihre liegenden Schichten ;
die Fleckenmergel stehen noch vor dem Letzbach an; ihnen folgen an der Mün-
dung des Baches rothe Adnether Kalke, über die der Reitsteig zuerst hinweg-
führt, dann kommt man mehr und mehr über deren liegende Glieder, bis man
am Scharfreiterspitz den Dolomit mit steilem Südfallen erreicht. Sein mauerför-
miger schroffer Absturz gegen Norden umzieht halbkreisförmig einen Felsenkessel,
einen Zufluchtsort der hier sehr häufigen Gemsen. Ein zweiter östlicher Kessel,
aus dem sich das ebenfalls dolomitische Telpser Joch erhebt , ist der Ursprung
des Krötenbachs. Die Neigung der Schichten wird hier flacher und an der lang-
gezogenen Mauer, mit der das Baumgarten-Joch westlich abfällt, sieht man
den Dolomit mit kaum 30° Neigung nach Süden hinabziehen , und über ihm in
regelmässiger Folge die jüngeren Liasglieder sich aufbauen. Zuerst kommen die
Kössener Schichten in bedeutender Mächtigkeit. Der Megaloduskalk geht un-
mittelbar in rothen Adnether Kalk über , den man von dem grossartigen Ueber-
sichtspunkt des Scharfreiterspitz jenseits an dem mauerförmigen Nordabhange
des Vorderkopfes fortziehen sieht. Die Liasfleckenmergel sind charakteristisch,
aber in geringer Mächtigkeit ausgebildet; sie ziehen wie die vorigen mit ihren
Schichtenköpfen über den Rücken des Baumgartenjoches fort. Selten dürfte sich
die Grenze zwischen Lias und Jura so scharf bestimmen lassen, wie hier. Denn
es treten mit einem Male jene weisslichen und röthlichen Kieselkalke auf, welche
den Jura von Kren und Vils und die Ammergauer Wetzsteinschichten charakterisiren,
so wie die rothen Hornsteinbänke, welche vom Holzgau im Lechthal über Reutte die
stetigen Begleiter jurassischer Schichten sind. Die weisslichen splittrigen Kiesel-
kalke führen unbestimmbare Aptychen und Belemniten. In diesen jurassischen
Gebilden liegt die Einsattelung zwischen Baumgarten- Jo ch und Schön-
Albelkopf. Es folgen ihnen Fleckenmergel , welche sich durch Analogie mit
östlicheren, durch Versteinerungen charakterisirten Vorkommnissen mitBestimmt-
heit als Rossfelder Schichten erweisen. Auf ihnen liegt das Schön-Albel. Wendet
man sich von hier nach der Einsattelung nördlich vom Holzthalkopf, durch welche
ein Pirsch-Steig wieder nach dem Rissthal hinabführt, so gelangt man successiv
wieder in die umgekehrte Schichtenfolge; doch fällt sie hier steil nördlich ein
und man durchschneidet sie in sehr kurzer Zeit. Die Adnether Kalke sind auch
hier ungemein mächtig, das Joch liegt in Kössener Schichten. Dieselbe ausge-
zeichnete Schichtenfolge scheint vom Vorderkopf gegen den Rohnkopf und west-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
[69]
ISS
lieh zum Farmesthal zu herrschen, nur geht dort das regelmässige muldenförmige
in ein überstürztes Lagerungsverhältniss über.
Dürrachthai *). — Die Lias-Mulde der Hinterriss setzt östlich über
das Schön-Albel in das Dürrachthai fort und breitet sich nach Herrn Pichler’s
Untersuchungen ungemein aus. Dieses vielverzweigte Thal hat seine südlichen
Quellen in dem Dolomitzug , worin der Oberlauf der Riss und das Plumser Joch
eingesenkt sind ; seine östliche Wasserscheide ist ein Dolomitzug, welcher, recht-
winklig gegen den vorigen, dem Achensee westlich entlang zieht. Die grosse
Bucht zwischen beiden Gebirgszügen ist von jüngeren Formationen ausgefüllt,
die zwischen Rothwandkopf und Moosen -Berg das Thalsystem der Diirrach in
breitem Zuge verlassen und sich über das Achenthal nach dem Mamos-Hals und
ununterbrochen bis in die Gegend von Kufstein erstrecken. Längs dieser gan-
zen Erstreckung vom Scharfreiterspitz bis zum fernsten Osten lehnen sich die
jüngeren Formationen im Norden an eine mehrfach durch Querthäler unterbro-
chene Dolomitkette, welcher entlang die Grenze zwischen Bayern und Tirol ver-
läuft. So kommt es, dass die Quellen der Dürrach strahlenförmig in den Dolomit
hineingreifen, das Thalsystem selbst in jüngeren Schichten liegt und als einiges
Dürrachthai die nördliche Dolomitkette (Scharfreiter-Rothwand) durchbricht. —
Alle Formationen, welche an der Ausfüllung dieses weiten nach West und Ost
geöffneten dolomitischen Kessels theilnehmen , gewinnen darin eine bedeutende
Ausdehnung. Insbesondere sind nach Herrn Pichler die Kössenerund die juras-
sischen Aptychen-Schichten ungemein entwickelt. Letztere bilden das Pfans-
joch, den Schafspitz, den Sonntagkopf, das Retten joch, den Juifen-
berg und Falkenmoserkopf, während die Kössener Schichten ihre grösste
Ausdehnung am Nisslhals erreichen und viele Versteinerungen führen. Die
rothen Adnether Kalke schieben sich allenthalben in langen, leicht erkennbaren
Zügen über den Kössener Schichten ein; die geognostische Karte des montani
stischen Vereins hat ihre Verbreitung sehr richtig angegeben. Die Rossfelder
Schichten endlich zeichnen sich durch ihre ungleichförmige Auflagerung aus.
Indem sie bald eine Jurakuppe, wie am Juifen, krönen, bald sich über alle älteren
Gebilde mit übergreifender Lagerung ausbreiten. Am meisten sind sie östlich
von Schön-Albel entwickelt, von wo sie über den Kupel-Berg nach dem Dürrach-
thal hinabziehen.
Achenthal. — Alle Formationen des Dürrachthaies setzen östlich über
das Achenthal hinweg fort. Eine senkrecht zur Streichrichtung verlaufende
Gebirgskette vom Hienerberg über den Rothwandkopf, Juifenberg, das Retten-
joch, den Sonntagkopf nach dem Schafspitz, Seekor-Spitz und Rabenspitz trennt
die beiden Thalsysteme. Sie besteht im Norden aus flach südlich fallendem, im
Süden aus steiler nördlich fallendem Dolomit, im mittleren Theile aus mulden-
förmg gelagerten jüngeren Schichten, welche nach den Angaben der Tiroler
Karte mit jener Fallrichtung eine zweite, vom Scheiderücken abwärts, verbinden.
Das vollständigste Profil von Dolomit durch Kössener Schichten aufwärts bis zum
Neocomien scheint der Juifenberg darzubieten. Der Achenbach durchbricht
successive die verschiedenen Zonen. Der Achen-See erfüllt eine Einsenkung im
Dolomit, welche durch Seekor-Spitz und Rabenspitz im Westen , Spieljoch und
Kögljoch im Osten bezeichnet wird. Die schwarz bewaldeten Gehänge ziehen, von
schuttreichen Schluchten unterbrochen, zur Tiefe hinab und fallen zum Theile
so steil in den See, dass die Strasse den Wänden abgerungen werden musste.
,) Wurde von uns nicht besucht; die Beschreibung folgt nach Herrn Pichler’s karto-
graphischer Aufnahme.
156
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[70]
Von Achenkirch bis zur Capelle in der Kohlstatt sind die Gehänge sehr sanft, der
Thalboden weit, fruchtbar und reich bevölkert. Es ist dies die Strecke in welcher
der Bach die Zone jüngerer Schichten durchbricht. Dann b tritt er die zweite
nördliche Dolomit-Zone; wieder sind die Berge mit dunklem Forste bedeckt, das
Thal wird enger und steiler und betritt am Bretterspitz als Walchenthal das
bayerische Gebiet. Die Anordnung der jüngeren Schichten scheint stets mulden-
förmig zu bleiben, jedoch so, dass das Südfallen im nördlichen Theile flacher ist,
als das Nordfallen im südlichen, daher dort die einzelnen Formationsglieder
eine grössere Ausdehnung gewinnen.
Herr Prof. Pichler fand an den Gehängen des Achenthaies sehr viele Ver-
steinerungen aus allen Schichten, welche in der Mulde auftreten. Die Kössener
Schichten sind besonders an der Nordgrenze sehr entwickelt; in ihnen fand
Herr Pichler im Klammbach: Avicula Portlocki , Natica alpina , am Juifen :
Rhynchonella subrimosa. Weit reicher an Versteinerungen sind sie an der Süd-
grenze der Mulde aufgeschlossen. Am S c h 1 e i m s j o c h e, welches bereits jenseits
der Wasserscheide des Achenthaies liegt und den Uebergang von der Pertisau
nach dem Dürrachthaie vermittelt, fanden sich : Knochenfragmente von Ichthyo-
saurus tenuirostris , Modiolu Schafhäuteli, Avicula intermedia , Arie. Escheri ,
Lima gigantea , Rhynchonella subrimosa. Unweit östlich davon, an der Basili-
Alm (5047 Fuss), welche bereits im Gebiet des Achenthaies liegt: Avic. Escheri ,
Modiola Schaf häuteli, Terebrat. pyriformis , Rhynchonella fissicostata, Rhynch.
subrimosa , Spirifer Münsteri. Noch reicher sind die Fundstellen im Osten des
Thaies, insbesondere der Ampelspach. Hier fand Herr Pichler: Cardium
austriacum, Lima gigantea, Aviv. Escheri , Modiola Schafhäuteli, Rhynch.
subrimosa, Spirifer Münsteri, Spiriferina oxycolpos, Rhynch. fissicostata , Tro-
chus sp.9 Natica alpina u. a. m. Reich an Brachiopoden sind auch die Kössener
Schichten am Mamoshals, wo ausser den genannten Arten noch Tefebratula
cornuta vorkommt.
Oberer Dachsteinkalk und Adnether Kalk sind fast gar nicht entwickelt,
während sie westlich im Dürrachthaie selten fehlen, und auch im Osten noch
häufig auftreten. Nur an der Basili-Alm und im Ampelsbach fand Herr Pichler
Versteinerungen dieser Schichten.
Jura und Neocomien nehmen zwar den grössten Raum ein, sind aber wie
gewöhnlich arm an Versteinerungen.
Wir verlassen das behandelte Gebiet der grossen Quereinsenkung desAchen-
thales mit sehr einfachem Gebirgsbaue. Sie durchbricht in ihrer südlichen Hälfte
eine breite Dolomit-Zone, darauf eine schmälere Zone von muldenförmig einge-
lagerten jüngeren Schichten und verlässt Tirol im Anfänge der nördlich folgen-
den Dolomit-Zone. Das südliche Dolomitgebiet besteht aus ostwestlich streichenden
welligen Aufbiegungen, von denen eine südlich von Pertisau den Hallstätter
Kalk zu Tage bringt.
Gebiet zwischen dem Achenthal und Kufstein.
Der Schichtenbau des westlichen Ufers der Einsenkung des Achenthals
setzt auf das östliche fort und bleibt von hier bis nach Kufstein überaus einfach.
Es scheint dass wenige Theile des Trias-Lias-Gebietes eine so gleichmässige
Anordnung und so wenig verwickelte Verhältnisse bieten als dieser. Die nördliche
Zone von' jüngeren Lias-, Jura- und Neocomien-Gesteinen hat eine weit gerin-
gere Breite als im Dürrach- und Acbenthal, zieht aber stetig und ohne eine ein-
zige Unterbrechung fort. Der südliche Dolomitzug zwischen Aqhenkireh und dem
IST
[71] Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
Innthale wächst an Breite, nimmt aber ein aus der Tiefe heraufgewölbtes
Gebirge von Hallstätter Kalk auf, welches durch Grossartigkeit der Massen,
Steilheit der Gehänge und Höhe der Berggipfel alle anderen Gebirge überragt
und das wichtigste Glied für den physiognomischen Charakter der Gegend ist.
Dieser Zug beginnt unmittelbar östlich von Achenkirch am Unütz, setzt mit
östlichem Streichen bis zum Hundsal m- Joch und von da in etwas nördlicher
Richtung über den Pendling und quer überdas Innthal nach dem Hinte r-
Kaiser fort. In der ganzen, fast sieben Meilen betragenden Erstreckung behält
es seine wellig aufgebogene Gestalt, mit sanfterem Süd- und steilerem Nordabfall,
bei und ist durch Raibler Schichten nach beiden Seiten vom Dolomit getrennt.
Jener ge wölbartig erhobene Hallstätter Kalk, den wir früher südlich von Pertisau
erwähnten, verschwindet bald im Osten, taucht dann am Südabhange vom Bran-
denberger Joche noch einmal in kurzer Erstreckung auf und scheint seine
weitere östliche Fortsetzung im Vorder Kaiser-Gebirge zu haben. Aeltere
Triasglieder sind aus diesem ganzen Theile nicht bekannt ; sie erscheinen erst
südlich vom Inn in überaus mächtiger räthselhafter Entwickelung. Um so mehr
beginnen nun die localen parasitischen Einlagerungen jüngerer Formationen,
welche nach Osten mehr und mehr zunehmen und den sonst so einfachen Glieder-
bau etwas verwickelter machen. Zuerst treten Gosaugebilde auf, weiter östlich
Oligoeenformation und noch weiter gegen Nordost miocene Ablagerungen, alle
mit dem deutlichen Charakter des Niederschlages in Meeresbuchten.
Zwei verzweigte Thalsysteme durchziehen das weite Gebirgsland, das Bran-
denburger und das Thier see-Thal.
Sonnwend-Jo ch — Koth-Alp. — Zwischen dem Ausgange desBranden-
berger Thaies und dem Südende des Achen-See’s erhebt sich das Dolomitgebirge
zu bedeutender Höhe und ist von einer ausgedehnten, aber isolirten Auflagerung
jüngerer Lias- und Jura-Schichten bedeckt. Kössener Schichten bilden allent-
halben die erste Decke des Dolomits und führen an manchen Orten, wie an der
Koth-Alp und am Irdeiner Joch, viele Versteinerungen. Sie ziehen von derKoth-Alp
über das Ir deiner Joch und den Rosskopf nach dem Lauer Berg, dann
um den Südabhang des Sonn wen d-Joches und des Kirc henspitz herum
über den RothlahnerBerg zurück nach der Koth-Alp. Innerhalb dieses Ringes
lagern die jüngeren Formationsglieder. Auch Dachsteinkalk und Adnether Kalk
fand Herr Pichler über den Kössener Schichten der Koth-Alp. Ihnen folgt
Hierlatz-K alk, welcher in mächtigen Felsmassen die Höhe des Gebirges zu-
sammensetzt; er bildet die Gipfelmassen des Sonnwend-Joches, Heiler, Stellkopfes
und Kirchenspitz. Darauf sind in muldenförmigen Vertiefungen rothe hornstein-
reiche Juraschichten gelagert. Herr Pichler hat diese Verhältnisse ausführlicher
beschrieben *),
Unütz. — Gafels-Joch. — Schn aite- Joch. — Sehönleiten-
Joch. — Verfolgt man die Wasserscheide zwischen Achenthal und Branden-
bergerthal weiter nördlich , so erhält man bis zu dem Schönleiten-Joch einen
Durchschnitt, der die früher dargestellten Verhältnisse auf das Klarste zeigt. Der
Dolomit am Kögl- Joch fällt flach südlich und ist durch eine Einsattelung, welche
die Raibler Schichten andeutet, von dem liegenden und gleich einfallenden Hall-
stätter Kalk getrennt. Die Raibler Schichten setzen nach Herrn Pichler östlich
in der Steinberger Ache fort, aus der die Abhänge des Hallstätter Kalkes almä-
lig bis zum Gufels-Joch, Luchseck und Rossberg ansteigen, um nördlich
steil abzustürzen. Am Fusse der schroffen Gehänge folgt zum zweiten Male die
0 A. a. 0. Seite 732, 733.
1S8
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[72]
Raibler Schicht und Dolomit in überstürzter Lagerung. Die Tiroler Karte gibt
sein Fallen zu 65° S. an; dies ist in 90°-j-25° N. zu verwandeln. Dieses schöne
Lagerungsverhältniss hat Herr Pichler in einem sehr instructiven Profile dar-
gestellt 1 ).
Brandenberger Thal. — Dem Gesagten ist kaum noch etwas über den
Gebirgsbau im Brandenberger Thal hinzuzufügen. Dolomit aufwärts bis zur Mün-
dung der Steinberger Ache , darauf der Zug von Hallstätter Kalk , dann wieder
Dolomit, die Zone der jüngeren Schichten im oberen Thal, endlich der Grenzzug
des Dolomites am hinteren Sonnwendjoch und alles dies in regelmässig ostwrestlich
streichende Zonen angeordnet, — dies sind die allgemeinsten Verhältnisse. Das
Thal ist reich an grossen Schuttanhäufungen und Diluvialgeschieben. Dichter
Waldwuchs bedeckt fast das gesammte vielverzweigte Gebiet und macht seine
genaue Erforschung schwierig. Das Thal hat einigen Ruf erlangt durch seine
versteinerungsreichen Gosauge bilde. Ihre Hauptablagerung ist um das Dorf
Brandenberg selbst, wo sie die Weiler Wibner, Ascha, Unterberg, Oberberg und
Lehen tragen , indem sie allseitig in die Dolomitbuchten hineingreifen. Eine
zweite Partie lagert in einer Bucht von Hallstätter Kalk am Krumbacher Joch
und der Ascha -Alp. Auch an der Nordseite des Hallstätter Kalkzuges sind noch
kleine Ablagerungen an der Vereinigungsstelle vom Achen-Bach , Wehm-Bach
und Weissen Bach aufgeschlossen.
Nördliches Gehänge des Innthales zwischen Battenberg und
Kufstein. — Die Sohle des Innthales ist breit und eben, soweit sie von Allu-
vionen erfüllt ist. Darüber erhebt sich die mächtige Tertiärterrasse des
Angerberges, welche der Inn in steilem Abbruch umspült. Sie beginnt bei
V ol dö pund macht jenseits Maria -Stein einer niederen diluvialen Terrasse
Platz. Die ganze Ablagerung setzt östlich über den Inn fort und wurde wegen
der bekannten Verteinerungen von Häring für eocen gehalten; Heer’s Forschun-
gen haben ein unteroligocenes Alter w ahrscheinlicher gemacht. Ueber dieser
Terrasse erheben sich sogleich die steilen Abhänge der Kalkgebirge unmittelbar
bis zur Wasserscheide gegen das Brandenberger und Thiersee-Thal. Zwischen
Voldöp und Breittenbach wird sie durch das dolomitische Brandenberger
Joch gebildet; sein Südabhang besteht aus Hallstätter Kalk , über welchen die
Raibler Schichten hinziehen. Ihnen gehört wahrscheinlich der auf der Karte des
montanistischen Vereins verzeichnete Gyps von Voldöp an. Der überwölbende
Dolomit herrscht weiterhin allein, bis er dort, wo der Abhang des Innthales die
Hallstätter Kalkzone von Unütz-Hundsalm-Joch durchschneidet, dieser
Formation Platz macht, welche in mächtigen Gebirgsmassen über den Pendling
hinaus bis zum T hi erb erg bei Kiefersfelden fortsetzt.
Nur in kurzer Erstreckung am Kogl-Hörnle bei Unter-Langkampfen lehnt
sich daran ein schmaler Dolomitstreif. Die Raibler Schichten fanden wir in
schwachen Spuren zwischen beiden entwickelt. Dieser Dolomit setzt über Kuf-
stein selbst fort, wo er die vereinzelten Felsinseln im Thale bildet und die Fe-
stung trägt. Weiterhin trennt er die beiden Kaisergebirge.
Thiersee-Thal. — Der Thiersee, welche an das Brandenberger und das
Innthal grenzt, ist in jenem ostwestlich streichenden Zug von oberen Lias-, Jura-
und Neocomien-Schichten eingesenkt, den wir bereits von der Riss her stets dem
Dolomit der bayerischen Landesgrenze entlang verfolgten, erhält jedoch seine be-
deutendsten Zuflüsse aus dem südlich anschliessenden Dolomitgebirge. Letzteres
und der Hallstätter Kalk-Zug hatten bisher ein östliches Streichen , welches mit
i) A. a. 0. Seite 730.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord -Tirol.
159
[73]
der Wasserscheide des Thiersee in ein nordöstliches übergeht. Indem nun das
Neocomien seine frühere Richtung beibehält , tritt es unter spitzem Winkel an
den Hallstätter Kalk heran und lässt den Dolomit in der Tiefe verschwinden. Da
jener jedoch hohe Gebirge bildet, so zieht das Neocomien sich an seinen
Abhängen herum und beweist damit, dass im Wesentlichen die jetzigen Gebirgs-
formen bei seiner Ablagerung schon vorhanden waren.
Der H alls tätte r K a 1k ändert in den Umgebungen von Thierse e und
Kufstein schon bedeutend seinen Charakter. Es stellen sich mehr und mehr
dichte graue und braune Kalke ein , wie ich sie schon am Wechsel in der Riss
beobachtete, ferner erscheinen jene röthlichen Ammonitenkalke, welche im Osten
so häufig die Monotis salinaria und Cephalopoden führen. So beobachtet man sie
nordwestlich von Kiefersfelden, wo wir undeutliche Terebrateln darin fanden. Am
Thierberg enthält der Kalk Hornsteinknollen und zeigt theilweise grünliche Färbung.
Es sind Steinbrüche darin angelegt. Die Raibler Schichten verringern ihre
Mächtigkeit mehr und mehr; sie erscheinen noch als braune sandige und kalkige
Mergel, welche tiefe Einsenkungen zwischen den Kalkgebirgen veranlassen. Die
Dachstein dolomite werden mehr und mehr kalkig, besonders in den höheren
Schichten. Andererseits nehmen sie Complexe von eigentümlich dolomitischen,
breccienartigen versteinerungsleeren leberbraunen bis schwärzlichgrauen Ge-
steinen auf, welche oft die Erkennung erschweren. Die petrographischen Merk-
male der beiden mächtigen Kalkformationen nähern sich im Allgemeinen einander.
Die Thallandschaft von Landl, Hinter- und Vorder-Thiersee besteht aus den
jüngeren Schichten, hauptsächlich aus Neocomien. Die Kössener Schichten lehnen
sich an den nördlichen Dolomitzug vom Schönfelder Joch und Ascher Joch, und
werden überlagert von Adnether Kalk , Liasfleckenmergeln und Juraschichten.
Am Schmalecker Joch erscheint dieselbeFolge am Südrand der Zone, dochbreiten
sich die Aptychenschiefer des Neocomien mit übergreifender Lagerung
allmälig darüber aus und bilden die hügelige Landschaft der genannten Dörfer
fast allein. Der Klausbach entblösst sie allenthalben; sie fallen südlich. Im All-
gemeinen herrschen die gewöhnlichen grauen fleckigen Mergel , doch sind auch
einzelne sandige dunklere Schichten zwischengelagert. Wo das Thal das bayerische
Gebiet betritt , befindet sich ein bedeutender Bruch, wo Cement gebrannt wird,
der jedoch weniger gut sein soll als der Kufsteiner. Das Gestein enthält hier
Aptychen, Ammon . Astierianus und Herr Gü mbel fand auch früher Terehratula
diphyoides. Am Klausbach abwärts gelangt man zu einem eigenthümlichen Con-
glomerat, welches am rechten Ufer ansteht und in dichten Dolomit übergeht.
Die gerundeten Gerolle desselben stammen nur von Kalk; viele von ihnen zeigen
Verwerfungen. Wir besuchten diese Stelle gemeinschaftlich mit Herrn Cotta,
Gümbel und Baron Andria n , konnnten jedoch zu keinem Resultat über die
Formation kommen, welcher das Conglomerat angehört.
Noch ist einer kleinen wahrscheinlich tertiären Ablagerung Erwähnung zu
thun, welche am Schreckensee im Thierseethal ansteht. Sie besteht aus Tegel,
welcher zum Ziegelbrennen dient. Aus dem oberen Thale wurden bei unserer
Anwesenheit grosseMassen von Kalktuff zum Baue des Forts bei Zell herabgeführt.
Kalkgebirge zwischen dem Inn bei Kufstein und der bayerischen und
salzburgischenGrenze.
Der Inn durchbricht das Kalkgebirge von Wörgl bis Kiefersfelden unter
einem schiefen, von hier an unter einem rechten Winkel. Die Landesgrenze tritt
bei Kiefersfelden von Westen an den Fluss und folgt ihm zwei Meilen weit, um
K. k. geologische Reichsanstalt. i2. Band, J 861 und 1862. II. Heft. 21
160
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[74]
dann einen bedeutenderen Theil der östlichen Gebirge noch nach Tirol zu ziehen.
Unsere bisher bis zum Inn verfolgten Zonen der verschiedenen Formationen setzen
zwischen Wörgl und Kiefersfelden über den Fluss; jener nördliche Theil bringt
daher in tirolisches Gebiet ganz neue Züge , welche wesentlich aus jüngeren
Formationen bestehen, während das eigentliche Kaisergebirge hauptsächlich aus
Werfener Schichten, Guttensteiner Kalk, Hallstätter Kalk und Dachsteinkalk zu-
sammengesetzt ist.
Die Einsenkung von Wörgl über Söll, Scheffau, Elmau, St. Johann
bis Fieberbrunn bezeichnet die Südgrenze der nachweisbaren Trias -Forma-
tionen gegen jene rothen Sandsteine und schwarzen Kalke, deren stratigraphische
Stellung noch nicht mit Sicherheit festgesetzt werden konnte. Es erhebt sich
aus dieser Einsenkung nach einem Vorlande von rothem Sandstein und Gutten-
steiner Kalk ein mehrfach und tief durchbrochener Gebirgszug von Hallstätter
Kalk, dessen westlicher Theil als das Vordere Kaiser gebirge bekannt ist
und den mächtigsten selbstständigen Gebirgsstock der Gegend bildet , während
oberhalb St. Johann und Fieberbrunn der Hallstätter Kalk nur an den tieferen
Theilen der hohen Gebirge von Dachsteinkalk auftritt, welche die Grenze gegen
das Gebiet der salzburgischen Saale bezeichnen. Der Zug der genannten For-
mation bildet, gleich der Thaleinsenkung, einen weiten nach Süden geöffneten
Bogen. Alle Schichten fallen senkrecht zur Streichrichtung im Allgemeinen nach
Norden und tragen Dachstein-Dolomit, der sich als eine weitere Zone anschliesst.
Am Kaisergebirge ist er muldenförmig gelagert und es erhebt sich aus ihm der
Hallstätter Kalk des Hinteren Kai sergebirges, der am Nordabhang wieder
unter Dachstein-Dolomit verschwindet. Das Hintere Kaisergebirge hat eine kurze
Erstreckung, indem es sich schon am Ebersberg unter den überwölbenden Dach-
stein-Dolomit senkt, welcher nun, von jüngeren Formationen mannigfach bedeckt,
im Gebirgsbaue herrscht.
Ich übergehe die ausführlichere Beschreibung des Gebirgsbaues in diesem
östlichsten Theile des Trias-Lias-Gebietes , da Herr Pichler eine solche vor-
bereitet hat und sie auf eine ungleich grössere Anzahl von Detailbeobachtungen
stützen kann, als uns bei der flüchtigen Uebersichtsaufnahme auszuführen ge-
stattet war.
II. Jnra und Kreide.
Diese beiden Formationen verhalten sich sowohl in ihrer allgemeinen Ver-
breitung wie in der Anordnung ihrer einzelnen Glieder überaus verschieden
von den Trias-Lias-Gebilden. Während diese eine breite, der Streichrichtung
der Centralalpen parallele Zone längs dem Nordabfall der krystallinischen
Schiefergebirge bilden und sich in Hinsicht auf die Entstehungsgeschichte der
Alpen als ein selbstständiges Ganzes abgliedern, haben die Schichten der Jura-
und Kreideformation mehr den Charakter örtlicher parasitischer Auflagerungen
auf älteren Gebirgen oder aus der Tiefe allfragender Inseln in dem Bereich
jüngerer Schichtgebilde. Bei den bisher betrachteten Formationen zeigte sich
von den tiefsten Schichten der Trias bis zu den höchsten des Lias nirgends eine
Unterbrechung in der Schichtfolge; jetzt aber ist sie in vielen Theilen dieser
Zone abgebrochen; in Vorarlberg bilden die Algäu-Schichten des Lias allent-
halben das oberste Glied und östlich davon lagerten sich die Juragebilde nur
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
161
[75]
noch in einzelnen Zügen ab, welche meist zwischen hohen Kämmen von Hall-
stätter Kalken oder Dachstein-Dolomiten hinlaufen. Wo sie den Lias zur Unterlage
haben, liegen sie gleichmässig darauf und der Uebergang der beiden Formationen
ist dann so allmälig, dass es uns nicht gelang, einen bestimmten Anhalt zur
Trennung zu finden; auf allen älteren Schichtgebilden aber ist der Jura abnorm
aufgelagert, so dass man deutlich erkennen kann, dass das Lias-Trias-System zur
Zeit der ersten Jura-Ablagerungen schon bedeutende Hebungen erfahren hatte,
aber langsame Hebungen, welche den Parallelismus benachbarter Gebirgsglieder
niemals hindern konnten. Nur so konnte es kommen, dass die Jura- und Kreide-
Gebilde trotz der conformen Auflagerung der ersten auf den Lias-Fleckenmergeln
einen beschränkteren Verbreitungsbezirk haben.
Ein anderes wesentliches Moment im Charakter unserer beiden Formationen
ist die gänzlich verschiedene Entwickelung im Osten und Westen. Bereits im
ersten Theile dieser Abhandlung (dieses Jahrbuch, Band X, Seite 79, 80)
suchte ich den stetigen Verlauf von Ost nach West in der Entwickelung der
einzelnen Formationen von den ältesten bis zur Kreide im Gebiet der nördlichen
Kalkalpen nachzuweisen. Es zeigte sich, dass die Trias von Osten nach Westen
an Mächtigkeit ab-, der Lias aber zunimmt, dass jene ihre bedeutendste Massen-
entwickelung in den oberösterreichischen und salzburgischen Alpen, dieser im
nordwestlichen Tirol (Lechgebiet) und im bayerischen Algäu erreicht, während
die Juraformation, wiewohl von den östlichen Theilen der Alpen her reich geglie-
dert, doch an Masse untergeordnet bleibt und erst in der Schweiz ihr Maximum
erreicht, und endlich die Kreideformation ihre bedeutendste Entwickelung im
südlichen Frankreich und von dort durch die Schweiz bis nach Vorarlberg hin
hat, dann im nördlichen Tirol, in Oberbayern und weiter östlich , nur durch die
tiefsten und die höchsten Glieder vertreten ist und erst in den östlichen Alpen
und Karpathen sich ein zweites Gebiet der vollständig entwickelten Formation
vorschiebt, bis mit dem Beginne der Nummulitenformation das Eocenmeer sich
wieder um das gesammte Alpengebirge herum erstreckt.
Durch diese Eigenthümlichkeit ist in der Juraperiode noch einige Einheit
in der Ausbildung der Formationsglieder durch ganz Vorarlberg und Nordtirol zu
erkennen, aber die Kreidegebilde sind auf das Schärfste in zwei Gebiete geson-
dert, deren Trennung ungefähr mit der Wasserscheide zwischen Iller und Lech,
der auch sonst so bekannt gewordenen Scheidelinie des bayerischen Volks-
stammes gegen den schwäbischen und alemannischen, zusammenfällt. Da die
Juraformation in Vorarlberg an das Kreidegebiet gebunden ist, in diesem aber
nur untergeordnet auftritt, so trennen wir die Betrachtung des Gesammt-
complexes unserer beiden Formationen nach den angeführten geographischen
Gebieten.
1. Entwickelung der Jura- und Kreidegebilde in Vorarlberg.
Das schweizerisch- vorarlbergische Kreidegebiet erstreckt sich aus der
Gegend von Marseille dem Rand des Zuges der Centralalpen parallel durch das
Gebiet von Savoyen, über Genf und fast in gerader Richtung durch die Schweiz
hindurch über den Rhein nach Vorarlberg und dem bayerischen Algäu, wo seine
eigenthümliche Entwickelung sich am Grünten noch einmal sehr charakteristisch
wiederholt; in der östlichen Fortsetzung dieses Berges keilt es sich bald aus
und verschwindet ganz. In dieser ganzen Erstreckung bildet das Kreidegebiet
eine an Breite oftmals wechselnde, in ihrem landschaftlichen Charakter wie in
ihren Gesteinen sieh ungemein gleichbleibende Zone, die in der Schweiz häufig
21 *
162
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[76]
durch aufgelagerte Molasseschichten, selten durch ältere Gebilde in ihrer Stetig-
keit unterbrochen wird. In Vorarlberg erreicht die Zone die ungewöhnliche
Breite von zwei Meilen (in dem Durchschnitt südlich von Dornbirn) und ist
durch keine jüngeren Gebilde, wohl aber durch ein aus der Tiefe aufragendes
Juramassiv, das Gewölbe der Canisfluh, unterbrochen.
Der landschaftliche Charakter des Kreidegebietes ist überaus reizvoll und
bedingt die Schönheit des Bregenzerwaldes. Die fruchtbaren Verwitterungspro-
ducte der herrschenden Glieder schufen die üppigen Alpen und damit den Reich-
thum der intelligenten Bewohner.
Be^enzung. — Das vorarlber gische Kreidegebiet ist zwi-
schen zwei nach St. 5 streichenden Flysch- Zügen eingeschlossen
und gegen beide fast g e radlinig und scharf abgegrenzt. Die süd-
liche Grenzlinie beginnt mit den ersten östlichen Uferhöhen des Rheinthaies bei
Feldkirch, setzt zwischen Fr astanz und Satteins über das Illthal , zieht
sich nördlich vom Mut tekopf vorüber , durch das Latternser Thal (bei Bon-
acker), verlässt dieses ein wenig oberhalb des Hinte rbades und erreicht bei
der Alpe Göfas das schöne Amphitheater , in welchem der Mellenbach aus dem
Sümser See entspringt, und damit das Thalsystem der Bregenzer Ache; den Fluss
selbst erreicht die Formationsgrenze südlich von Au, um dann , stets der Rich-
tung St. 5 folgend, nach der Sub e rs- Alp und südlich vom H oc h-Ifer vorbei
nach Rietz len im Thale Mittelberg zu ziehen und dann im Algäu in nordöst-
licher Richtung fortsetzend zwischen Tiefenbach und Fischen an der Iller
sich mit der nördlichen Grenze der beiden Formationen zu vereinigen. Diese,
wrelche als Östliche Fortsetzung der Nordgrenze des Säntis-und H o he kä-
ste n - Gebirges am Rö thel s t ei n südlich von Dornbirn aus dem Alluvium des
Rheinthaies zum Vorschein kommt, zieht in fast geradliniger Richtung über das
Hochälpele, Bersbuch an der Bregenzer Ache und Sibratsgföll nach
dem F euer stätter Berg, auf dessen Höhe die Juraformation aus der Tiefe
aufragt. Südlich vom Böigen vorbei erreicht auch diese Grenze bald den er-
wähnten Vereinigungspunkt an der Iller, wo sich das Kreidegebiet Vorarlbergs
auskeilt. Erst zwei Stunden weiter nördlich erhebt sich die isolirte, 5364 F. hohe
Bergmasse des Grünten, um noch einmal alle Eigenthümlichkeiten jenes Ge-
bietes auf kleinem Raume zu vereinigen.
So gleicht das Kreidegebiet Vorarlbergs einem langgestreckten dreieckigen
Zipfel, dessen scharfwinklichste Spitze im Algäu südlich von Fischen an der Iller
liegt, dessen längste, nach Stunde 41/a streichende Seite von der Spitze bis zu
dem inselartig aus der Rheinebene sich erhebenden Schellenberg 12 y2 Meilen
beträgt, während die kürzere ostwestliche Seite kaum 10 Meilen Länge erreicht.
Gegen die Schweiz hin ist das Dreieck mit der angeführten Breite von 2 Meilen
geöffnet.
Die Gebirge dieses Gebietes , welche sich bis 6600 Fuss (in der Mittag-
spitze) erheben, bilden in dem regelmässigsten Theile, der Gegend von Bezau,
Mellau, Schnepfau und Sibratsgföll, ein sehr einfaches System westöstlich strei-
chender Rücken , welche nach Süden sanft und allmälig , nach Norden schroff
und prallig abfallen; eben so gleichförmig sind die vielen parallelen Thäler, von
denen nur das der Bregenzer Ache und des Subersbaches mit der Längs- die
Querrichtung verbinden. Besonders das erstere ist durch den dadurch bewirkten
Zickzacklauf und den häufig wechselnden Charakter interessant. Dort , wo die
Hebungen nicht so einfach waren, sind auch die Gebirgs- und Thalsysteme ein
wenig complicirter; aber auch wenn die westöstliche Richtung für das Streichen
der Schichtenfaltungen und Gebirgsstörungen constant bleibt, bedingen doch die
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
163
[77]
häufigen Erosionsthäler, wie das Mellenthal, einen oft complicirten Bau. Ehe wir
diesen weiter verfolgen , wenden wir uns zur Betrachtung der Gliederung der
beiden im Kreidegebiet auftretenden Formationen. Es ist durch die Arbeiten der
Herren S tu der und Esc her sowie in der neuesten Zeit durch Herrn Desor
für die Aufklärung derselben jenseits und diesseits des Rhein bereits so viel ge-
schehen , dass wir nur den Spuren dieser bewährten Forscher zu folgen und
dann eigene Beobachtungen hinzuzufügen haben.
A. Gliederung.
a) Juraformation.
Die Verbreitung der Juraformation in Vorarlberg ist äusserst beschränkt;
man kennt sie bisher an drei Stellen, die unter einander keinen Zusammenhang
haben, und es ist keine Aussicht, dass man je eine weitere Verbreitung nachweisen
können wird. Die westlichste Stelle ist der Fläscherberg im Fürstenthurne
Liechtenstein, dessen Bau wir bereits früher (dieses Jahrbuch Bd. X, S. 129 und
Fig. 6, 7, 8, 9) erörtert haben. Es ergab sich als das wahrscheinlichste Resultat,
dass dort die Lias-Algäuschichten durch einen nicht zu Tage kommenden braunen
Jura von dickbankigen dunklen Kalken getrennt werden , welche sich durch
Ammonit es bi f lex als Oxford-Kalk erweisen, dass diese ferner von einem Schich-
tensystem überlagert werden, welches dem obersten weissen Jura angehört, und
hierauf unmittelbar Flysch folgt. Die ganze Formationsentwickelung reiht den
Fläscherberg dem schweizerischen Juragebirge zu, in Nordtirol findet sich nichts
Analoges. Auch der geographischen Lage nach erweist er sich als dorthin ge-
hörig und als letzter Ausläufer der in der Schweiz so verbreiteten Juragebilde.
Die zweite Stelle, wo Juraformation auftritt, ist eine Insel im Kreidegebirge,
an der Grenze des letzteren mit Flysch , das Juragewölbe der Canisfluh im
Bregenzer Walde. Das Schichtgebilde erhielt von Herrn Esch er die Benennung
„Jurakalk von Au“ nach dem Dorfe Au, in dessen Nähe versteinerungsreiche
Schichten anstehen. Das grosse Massiv streicht von Ost nach West und wird
senkrecht gegen diese Richtung von einer tiefen Spalte durchsetzt , in welcher
die Bregenzer Ache ihren Lauf nimmt. Dadurch wird der innere Bau auf das
Trefflichste entblösst; es zeigt sich eine hochaufgetriebene Wölbung dickbankiger,
dunkler, zum Theil weissadriger Kalke. Nach Süden fallen die Schichten sanft,
nach Norden fast senkrecht. Dies bestimmt die ganze Gestalt des Berges , der
von seinem höchsten Rücken steil nach Norden abstürzt , während er auf dem
sanftgewölbten südlichen Abhange fruchtbare Alpen trägt. Der First des Ge-
wölbes senkt sich ebenfalls in der Streichrichtung , östlich unter die Kreide-
gebilde der Mittagfluh , westlich unter die des Hohen Koyen. Dieses allmälige
Hinabsenken der Schichten nach drei Richtungen (West, Süd, Ost) unter jüngere
erlaubt bei der regelmässigen Auflagerung der letzteren die ganze Schichtfolge
genauer kennen zu lernen. Sorgfältigere Untersuchung wird vielleicht eine grös-
sere Reihe von Formationsgliedern des Jura zu Tage fördern; mir gelang es
unter den Spatangenkalken nur zwei durch Versteinerungen charakterisirte,
sicher getrennte Formationsglieder nachzuweisen, deren eines der schon von
Herrn Es eher beschriebene Jurakalk ist, während das andere dem Neocom an-
gehört und im folgenden Abschnitt beschrieben werden soll.
Dicht bei dem Dorfe Au bildet eine entblösste Schichtenfläche des dickban-
kigen Jurakalkes eine steile Wand , welche unmittelbar in die Bregenzer Ache
abstürzt. Hier sind ausserordentlich zahlreiche Ammoniten im Kalksteine einge-
164
Ferdinand Freiherr von Bichlhofen.
[78]
schlossen, meist, wie schon Herr Es eher fand, von der Form des Amm. biplex
später fanden die Herren Es eher, Merian und Suess ausser dieser Art noch:
Amm. Zignodianusd’ Orb., Amm. Lamberti Sow., Amm. convolutus Schl., Belemn.
semihastatus, Terebratula globata und andere Formen, welche das Gebilde an
die Grenze von braunem und weissem Jura stellen.
E scher stellte es in das Niveau des Oxfordien, und diese Annahme wird
fast zur Gewissheit , wenn man den Kalk von Au mit dem dickbankigen des
Fläscher Berges vergleicht. Beide sind einander sehr ähnlich, während der Kalk
von Au weiter im Osten nirgends mehr ein Analogon findet. Es scheint daher,
dass auch die Canisfluh noch ein verlorener Posten der schweizerischen Jurafor-
mation ist, wohl der letzte gegen Osten.
Ein drittes Mal treten jurassische Gebilde am Feuer stätter Berg bei
Sibratsgföll an der Grenze Vorarlbergs gegen das Algäu auf. Herr Giimbel und
ich besuchten diese noch unbekannt gewesene Stelle auf Anzeichen hin, welche
derselbe im ßachgerölle gefunden hatte. Die steilwandige Gipfelmasse besteht
aus einem vielfach gewundenen Complex von Kieselkalken, sie sind hart, spröde,
gelb , roth , weiss und grau gefärbt und führen häufig Feuersteinknolleu. Von
Versteinerungen gelang es nur Bruchstücke von Belemniten und Aptychen zu
finden, doch erkannte Herr Gümbel mit grosser Sicherheit in den Gesteinen die
Ammergaue r Wetzsteinschiefer, ein Formationsglied, welches von hier
an östlich sehr verbreitet ist. Als oberstes Glied fanden wir sandige, etwas
flyschähnliche Kalkmergel, welche gleichfalls noch Belemniten führen. Das ganze
System taucht aus der Kreide hervor, dort wo diese an Flysch grenzt, so dass
schon der Nordabhang der Gipfelmasse in den Flysch hinabfällt.
Die Verschiedenheit dieser drei Jura-Inseln im Sedimentgebirge Vorarlbergs
zeigt, dass hier das Gebiet ist, wo sich die östliche und die westliche (schweize-
rische) Entwickelungsform dieser Formation begegnen. Es scheint nur der oberste
Theil der letzteren vertreten zu sein und die beiden verschiedenen Gebilde dürften
verschiedene Niveau's in dieser kleinen Abtheilung bezeichnen; welches aber das
höhere ist, ob der dunkle Kalk von Au und dem Fläscher Berg oder die Kiesel-
kalke des Feuerstätter Berges, dies lässt sich vorläufig noch nicht mit Sicherheit
entscheiden.
b) Kreideformation.
Die charakteristische Gliederung der Kreideformatiou im proven^alisch-
schweizerisch-vorarlbergischen Becken wird seit langer Zeit durch die Reihen-
folge: Spatangenkalk, Schratten- oder Caprotinen-Kalk, Gault, Seewerkalk und
Seewermergel dargestellt. Dazu kommt seit einiger Zeit das von Herrn Desor
aufgestellte Valanginien und in Vorarlberg haben wir noch ein weiter ver-
breitetes Glied der Kreideformation, die Rossfelder Schichten, hinzuzufügen. Es
scheint sich folgende Reihenfolge dem Alter nach als die richtigste zu ergeben :
1. Rossfelder Schichten.
2. Valanginien (?),
3. Spatangenkalk,
4. Caprotinenkalk,
5. Gault,
6. Seewerkalk und Seewermergel.
1. Rossfelder Schichten.
Mit diesem Namen wurde bekanntlich in den Arbeiten der geologischen
Reichsanstalt ein dem Neoeomien angehöriges Schichtensystem eingeführt, wel-
ches auf dem petrefactenreichen Rossfeld bei Hallein auftritt und dort in bestimmt
["79] Pie Kalkalpen ?on Vorarlberg und Nord-Tirol. 165
geschiedene Abtheilungen weisser Aptychenkalke , mergeliger und sandiger
Schichten zerfällt. Es führt sehr häufig Aptychus Didayi Coqd. und zahlreiche
Cephalopoden. Man fand das Schichtensystem bald darauf sehr verbreitet am
Nordrand der Alpen und wir werden vielfach Gelegenheit haben , es in Tirol
zu nennen.
Fast überall lagern die Didayi-Schiehten den obersten Gliedern des Jura
parallel und sind wegen der Aehnlichkeit der Gesteine oft schwer zu trennen; fast
immer auch sind beide gleichmässig gehoben. Jn Vorarlberg treten die Rossfelder
Schichten nur sehr isolirt an der Canisfluh auf, wo sie neben dem Jurakalk
von Au das zweite der oben angedeuteten Glieder unter dem Spatangenkalk
sind. Grosse entblösste Schichtenflächen bilden den sanften Südabhang dieses
Berges von seiner ostwestlichen Höhenlinie bis hinab zur Canisalp. Von hier
abwärts gegen Au kommt man sehr allmälig zu den terrassenförmig hervortreten-
den, sich gleichfalls nach der Bergfläche ausdehnenden älteren Schichten, bis
man in Au selbst die oben erwähnten versteinerungsreichen Jurakalke erreicht.
Diese obersten Schichten der Canisfluh führen Apt. Didayi und andere
wenig bestimmbare Versteinerungen, besonders in grosser Zahl Belemniten und
Ammoniten, welche letztere auf den entblössten Schichtflächen sichtbar werden.
Der Wechsel des Gesteines ist nicht so bedeutend wie in den Ostalpen; es treten
fast ausschliesslich graue mergelige Kalke auf, mit einer Schichtungsmächtigkeifc
von Ys bis 2 Fuss. Die Fläche neigt sich von der Höhe des Berges allmälig in
die hochgelegene Mulde der Canisalp hinab, bei der die bedeckenden schwarzen
Spatangenkalk-Schichten sichtbar werden, welche sich in steilen Wänden zu dem
der Canisfluh parallelen, die Hochmulde südlich begrenzenden Zug des Hoch-
glockners und der Mittagspitz aufbauen (s. Profil XXII, XXIII). Diese klare
Zwischenlagerung ist im weiteren Verlauf zwischen Jura und Spatangenkalk nicht
zu beobachten, da die Grenze meist verdeckt ist; nur bei der Hochstetter Alp
an dem gegen Mellau gekehrten Abhang treten dieselben Schichten noch ein-
mal versteinerungsreich auf. Ihre Mächtigkeit lässt sich nicht angeben.
So wie in Vorarlberg dieses Vorkommen der Rossfelder Schichten vollkom-
men isolirt ist und sie sich hier aufs Engste den Juraschicbten ansehliessen, so ist
es auch wenn wir uns nach dem weiteren Verbreitungsbezirk dieses Formations-
gliedes in unserem Kreidegebiet umsehen. Studer führ! *) aus der Stockhorn-
kette „Neocomien mit ganz verändertem petrographisehen und paläontologi-
schem Charakter“ an, aus dem (wie bei der Canisfluh) der höchste Kamm mit
seinen Felsstöcken besteht. „Die Petrefacten zeigen die merkwürdige Fauna
ungewöhnlicher Cephalopoden, Ammoniten, Crioceras , Ancyloceras , breiter Belem-
niten, welche den Neocomien der Provence bei Bareme, Castellane, Eseragnolles
auszeichnen und im gewöhnlichen Neocomien der Alpen und des Jura beinahe
ganz fehlen“. Es fanden sich u. a. Belemn. bipartitus d'Orb., dilatatus BL, latus
Bl. , Amm. sabfimbriatus d’Orb ., A. infundibulum d’Orb., elypeiformis d'Orb.,
Crioceras Duvalii Leym., Cr. Villiersianum d’Orb., Ancyloceras dilatatum
d' Orb., Anc. pul eher rimum d’Orb., Aptychus Didayi. Westlich setzen die
Gesteine der Stockhornkette fort bis zum Genfer-See; darüber hinaus in den
Voirons * 3) fand sich dieselbe eigenthümliche Facies des Neocomien, dieselbe
enge Verbindung mit Oxfordkalk. Auch eine Loealität in der unmittelbaren öst-
lichen Fortsetzung der Stockhornkette, bei Merligen und am Sulzi jenseits
9 Geologie der Alpen. II, Seite 71 ff.
3) A. a. 0. Seite 73.
166
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[80]
des Thuner Sees, welche Stu d er zum Spatangenkalk stellt *)» dürfte mit Sicher-
heit hieher zu rechnen sein. Es fanden sich dort: Ptychoceras , Toxoceras ,
Baculites, Hamites (?), ferner Bel. bipartitus, B. ditatatus , Ammon, crypto-
ceras, A. asperrimus , Aptychus Didayi.
So füllen die Canisfluh und ihre Analoga in der Schweiz die grosse Lücke
aus, welche zwischen den paläontologisch so nahe stehenden Neocombildungen
der Provence, des Rossfeldes und den fernen Beskiden zu herrschen
schien. Die Canisfluh zeigt ausserdem mit Bestimmtheit, dass das Neocom jener
Länder keine blosse Facies des schweizerischen, sondern als ein tieferes dem
Oxfordien nahe stehendes Glied davon zu trennen ist.
2. Etage Valanginien (Desor).
Diese zuerst von Ca m piche als unterstes Glied des Neocom beobachtete
und von Desor * 2) auf Grund der von Jenem gesammelten Versteinerungen als
mit keinem bekannten Neocomgebilde vereinbar erwiesene Abtheilung erregte
in den letzten Jahren so sehr das Interesse, dass es nahe lag, sie auch in Vor-
arlberg aufzusuchen. Sie wurde in den oberen Thälern des Neufchateler und
französischen Jura (La Chaux-de-Fonds , Metabief u. s. w.) und bei Douane am
Bieler See entdeckt, gleichzeitig von Esc her am Säntis. Im Jahre 1867 theilte
Herr Desor bei Gelegenheit der Versammlung der schweizerischen Natur-
forscher in Trogen mit, dass sich das Valanginien um alle aus Jura gebildeten
Höhen bei Neufehatel herumziehe und folgende dreifache Gliederung erkennen
lasse:
a) (zu unterst) blaue Mergel,
b ) quarzreicher Kalkstein, mehrere hundert Fuss mächtig,
c) eisenstein- (limonit-) reiche Schichten von Metabief, hierüber folgen die
„Mergel von Rodry“ und dann erst das eigentliche Neocomien.
Als charakterische Versteinerungen wurden angesehen : Pygurus rostratus
Ag ., Nucleolites Neocomiensis Ag ., Toxaster Campichei Des. u. A.
Gleichzeitig legteHerrEsc h er v. d.Linth der Versammlung eine in grossem
Maassstabe ausgeführte Karte des Säntis-Gebirges mit mehreren ungemein lehr-
reichen Durchschnitten vor. Es ergab sich dort folgende Gliederung der tiefsten
Kreideschichten :
a ) Oolithischer Kalkstein,
h) Kalkstein, reich an Quarzkörnern, ohne Eisen, führt Pygurus rostratus Ag.
und ist daher das typische Glied des Valanginien,
c) kieseliger Kalk, Toxaster Säntisianus ,
d) knolliger Kalk mit Mergel, Toxaster Brunneri.
In Vorarlberg gelang es mir nicht, eine einzige der das Valanginien charak-
terisirenden Versteinerungen aufzufinden, eben so wenig werden solche in früheren
Arbeiten erwähnt. Es fehlt daher an paläontologischen Beweisen für das Vorkom-
men des interessanten Formationsgliedes und es bleiben nur Schichtenbau und
Gesteinscharakter als einzige Anhaltspunkte, um wenigstens mit einiger Wahr-
scheinlichkeit das Fortstreichen des Valanginien vom hohen Säntis bis nach Vor-
arlberg darzuthun. An drei Stellen scheinen die Verhältnisse die Deutung gewisser
Schichten als mit den in Rede stehenden von Neufchachtel identisch zu gestatten.
1) A. a. 0. Seite 68.
2) Desor: Quelques mots sur V etage inferieur du groupe neocomien (etage Valanginien ).
Bull, de la Soc. des Sciences nat. de Neufehatel. T. ///, 1854.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
167
[81]
Die erste ist wiederum an der Canisfluh. Die Jurakalke fallen flach südlich.
Hoch darüber lagern ganz conform Spatangenkalke, welche den Hohen Glöck-
ner zusammensetzen und in steilem Abhang gegen die Canisalp abgebrochen
sind. Die Schichten zwischen beiden Systemen sind ebenfalls vollkommen gleich-
massig mit dem Hangenden und Liegenden gelagert; ihre Analyse ergibt natür-
lich die Gliederung zwischen oberem Jura und Spatangenkalk. Unmittelbar dem
Jura aufgelagert sind die eben beschriebenen Rossfelder Schichten, welche am
Rücken der Canisfluh unter dem Hohen Glöckner hinabziehen. Wenn man den
Weg von der oberen Oberalp (in der mehrfach erwähnten Einsattelung, welche
auch die Canisalp trägt) am Ostabhange des Korbspitz und Hohen Glöckners
vorüber nach der Korbalp einschlägt, so kreuzt man das regelmässige Schich-
tenprofil von den Rossfelder Schichten aufwärts bis zum Gault. Das unmittelbar
Hangende von jenen bildet die mit Alpenwiesen bedeckte Einsattelung. Es folgen
ausserordentlich quarzreiche dunkle Kalke, welche dem Spatangenkalk fremd
sind, dann erst entwickelt sich der letztere mit seinem gewöhnlichen Charakter.
Es ist kaum zu bezweifeln, dass die Kalksteine mit Quarzkörnern, welche eine
bedeutende Mächtigkeit besitzen, das Aequivalent von Escher’s zweitem Gliede
(6) des Valanginien sind.
Die zweite Stelle ist am Hoch-Ifer; hier baut sich aus dem Grunde des
tiefen Ifer-Tobls aus schwach südlich (Stunde 11) geneigten, sonst aber in ihrer
Lagerung ungestörten Schichten die 1500 Fuss hohe Iferwand auf. Juraschichten
treten an ihrem Fuss, wie es scheint, nicht auf. Unmittelbar über mächtigen
Massen von Steingeröll folgt:
a) schwärzlichgrauer, kieseliger Kalkstein, von weissen Kalkspathadern
durchzogen. Das Gestein unterscheidet sich von vielen in höherem Niveau
auftretenden nur durch seinen bedeutenden Kieselgehalt,
b ) dunkler Kalkstein mit vielen Quarzkörnern ; auch dieser ist kieselig und nach
Gümbel partienweise krystallinisch,
c) Gümbel fand diese Schichte nach oben übergehend in „einen sehr diinn-
bankigen, ebengeschichteten Sandstein von weisslichgrauer Farbe, welcher
ausgewittert fast wie die obere Lage des Gaultsandsteines aussieht“.
Hierüber folgen typische schwarze mergelige Spatangen-Kalkschichten. Die
Schichte c) beobachtete ich nicht; es ist zu bemerken, dass in dem höheren
Neocomien derartige Schichten nicht selten Vorkommen, daher ihre Stellung
zweifelhaft bleiben muss. Besonders ist es das gegen 40 Fuss mächtige System
von b), welches auf Valanginien zu deuten scheint, da quarzreiche Schichten
höher hinauf noch nicht beobachtet wurden.
Endlich dürfte des Valanginien noch in der Umgebung des Hohen Frese hen
vorhanden sein. Es ist hier der verworrenste Theil des Kreidegebietes; die ent-
blössten Steilwände zeigen so vielfache Biegungen und Zusammenfaltungen, dass
die Schichtenreihe schwer zu entziffern ist; dennoch lässt sich in einem Durch-
schnitt vom Nord nach Süd die allmälige Aufeinanderfolge der Hauptglieder klar
erkennen. Hat man von der hohen Kugel südwärts über die Kugelalp nach Latora
wandernd den Seewerkalk überschritten, so gelangt man plötzlich (am Hörndl)
zu einer weithin zu verfolgenden, nach Stunde 6 streichenden scharfen Grenz-
linie, wo den jüngsten Kreideschichten abermals die ältesten aufliegen, von denen
man über den Hohen Freschen fort im Hangenden allmälig wieder die jüngeren
Glieder bis zu regelmässig aufgelagerten Nummuliten- und Flyschschichten
erreicht. Auf dem bezeichneten Wege stösst man an der Ueberstürzungslinie un-
mittelbar auf versteinerungsreiche typische Spatangenkalk-Schichten, während
22
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heit.
168
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
rs2]
weiter westlich dieselben quarzreichen Kalke auftreten, wie am Hohen Glöckner und
Hohen Ifer. In der Umgebung des Hohen Freschen treten sie durch die gross-
artigen Störungen noch hier und da zu Tage und scheinen bis gegen St. Victors-
berg fortzusetzen.
Das Vorhandensein des Valanginien im Kreidegebiete von Vorarlberg kann
natürlich nicht als erwiesen gelten, so lange nicht durch Versteinerungen die
Aequivalenz der Schichten entschieden ist. Allein so unsicher auch oft die Schlüsse
aus dem petrographischen Charakter bei Sedimentgesteinen sind, kann man doch
in engbegrenzten Gebieten und bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Lage-
rungsverhältnisse diesen Weg oft mit grosser Sicherheit einschlagen. In unserem
Falle überdies wäre es in der That auffallend, wenn ein Formationsglied, das bei
Neufchatel und am Säntis durch gleiche Gesteine vertreten ist und an dem
letzteren Berge, dem Urbilde des Gebirgsbaues in unserem ganzen Kreidegebiet,
noch so mächtig auftritt, jenseits des Rheinthaies, das auf die Schichtenentwicke-
lung der Kreide gar keinen Einfluss hat, plötzlich verschwinden sollte; in solchem
Falle, da man das Fortstreichen nach Vorarlberg a priori erwarten müsste, kann
man wohl, wenn man dasselbe Gestein in demselben Niveau vorlindet, den Schluss
auf Aequivalenz mit hinreichender Sicherheit ziehen.
Es bleibt nun noch übrig, das Verhältnis der Rossfelder Schichten zum
Valanginien festzustellen. Früher hatte man den Spatangenkalk als unterstes Glied
des Neocomien, somit als den Eröffner der Kreideformation angesehen. Desor
trennte das Valanginien nicht als Glied des Neocomien, sondern als besondere
gleichberechtigte Etage unter demselben; es schliesst sich demnach dem Jura innig
an und seine unteren Schichten wurden früher für jurassisch gehalten; erst ein
genaueres Studium erwies die engere Verwandtschaft mit der Kreide. Anderer-
seits hatten wir gesehen, dass die Aptychus Didayi führenden Schichten der
Canisfluh ihres geognostischen und paläontologischen Verhaltens wegen von dem
Spatangus retusus führenden schweizerischen Neocomien gleichfalls scharf zu
trennen seien und dass sie sich geognostisch auf das Engste den Oxford-Schichten
anschliessen; letzteres ist allenthalben, wo immer sie Vorkommen, in solchem
Maasse der Fall, dass nur eine genaue Speciesbestimmung sie davon zu trennen
vermochte. Das östliche Gebiet wird dafür weitere Belege liefern. Welches Ge-
bilde ist nun älter, Valanginien oder Didayi-Kalk?
Berücksichtiget man die innige geognostische Vereinigung von Valan-
ginien und Neocomien, die erst durch die Echinodermen-Studien eines Desor
getrennt werden konnten und andererseits die Trennung der beiden Gebilde der
Canisfluh, wo man gänzlich verschiedene Formationen zu sehen glaubt, so dürfte
schon hierin ein Grund liegen, die Didayi-Schichten für älter, dem Spatangen-
kalk ferner stehend, zu betrachten. Die Lagerungsverhältnisse an der Canisfluh
würden dies mit grosser Bestimmtheit erweisen, wenn in jenen quarzführenden
Schichten nur eine einzige Versteinerung des Valanginien vorhanden wäre. Was
die Fauna betrifft, so ist den Arten nach die der Didayi-Schichten eben so weit
von der des Valanginien entfernt, als beide von der Fauna des Spatangenkalkes;
dem allgemeinen Charakter nach aber steht die der Didayi-Schichten ungleich
ferner, da sie zugleich eine andere Facies darstellt. An allen Orten, wo ihre
Fauna getrennt untersucht wurde, hat man kaum eine Art als gemeinschaftlich
mit dem Spatangenkalke auffinden können. Das Studer’sche Verzeichniss gibt,
wie gezeigt wurde, die Arten aus beiden Etagen zusammen.
Sind auch diese Gründe für einen Beweis noch zu schwach, so glauben wir
doch in unserem Kreide-Becken die Rossfelder Schichten mit Ammon . Didayi
als unterstes Glied setzen zu müssen; ihnen folgt das Etage Valanginien und dann
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
169
[83]
erst das Neocomien mit seiner unteren und oberen Abtheilung, welche als Spatan-
genkalk und Caprotinenkalk bekannt sind.
3. Spatangenkalk.
Dieses Glied ist durch seine Mächtigkeit bei weitem das herrschende in der
Kreideformation Vorarlbergs und nimmt wohl drei Viertheile der Oberfläche des
ganzen Gebietes ein, dessen Charakter dadurch wesentlich bestimmt wird. Der
Name stammt von dem leitenden Spatangus retusus Lam.\ in Vorarlberg kommt
er selten vor, während manche andere Versteinerungen durch das ganze System
verbreitet sind. Die untere Grenze ist meist verhüllt und dort, wo sie aufge-
schlossen ist, durch den Uebergang in das Valanginien unklar, während die obere
durch die Auflagerung des stets charakteristisch auftretenden Caprotinenkalkes
scharf und bestimmt ausgesprochen ist.
Die Gesteine dieses Formationsgliedes zeichnen sieb im Allgemeinen durch
das Vorherrschen und stete Wiederkehren schwarzer verhärteter Mergel aus, die
zum Theil an der Luft aschblau verwittern. Ausserdem kommen dieselben Gesteine
vor, welche Studer aus der Schweiz anführt: „innige Gemenge von Kalk,
Kieselsand und Thon, die zwischen Kalkstein und Sandstein schwanken“. Ferner
finden sich schwarzgraue, mit weissen Kalkspath- und gelben Bitterspath-Adern
durchzogene Kalke, andere, welche dünnbankig und von wulstig herausgewitter-
ten, kieseligen Ausscheidungen durchzogen werden, so dass sie gewissen Flysch-
gesteinen täuschend ähnlich sind. Schwarze mergelig kalkige Schiefer sind
allenthalben zwischengelagert. Drei Merkmale zeichnen diese Gesteine aus, so
dass man sie stets leicht wiedererkennt, das ist zunächst die stets dunkle, schwärz-
liche Färbung, ferner die grünen Eisenoxydulsilicat- (Glaukonit-) Körner, welche
besonders die festeren Schichten in grosser Menge erfüllen und im frischen Ge-
steindurchscheinend sind, aber durch Verwitterung leicht braun und undurchsichtig
werden. In den parallelen Gesteinen der Schweiz sollen diese Körnchen nach
Esch er noch ungleich häufiger Vorkommen *). In den weichen mergeligen
Schichten beobachtete ich die Glaukonitkörnchen nicht, dagegen tritt hier ein
feiner Quarzsand auf, der dem Gestein in ungleichem Verhältnisse beigemengt ist
und oft so vorherrscht, dass es vom Grünsand des Gault nicht zu unterscheiden
ist. Das dritte für die vorarlbergischen Kreidegesteine überaus charakteristische,
für diejenigen der Schweiz nicht angeführte Merkmal ist die oolithische Structur
fast aller festeren Schichten. Die oolithischen Körnchen erreichen selten
über i/2 Linie im Durchmesser und sind von unregelmässiger Gestalt. Meist
sind sie dunkler als der bindende Kalk, dem die Glaukonitkörnchen beigemengt
sind.
Was die Aufeinanderfolge dieser petrographiseh verschiedenen Schichten
betrifft, so besteht stets der untere Theil aus vorwiegend mergeligen Gesteinen,
während nach oben die kalkigen Schichten häufiger und mächtiger werden.
Wiederum dient die Wand des Hohen Ifers als bestes Beispiel. Doch auch in
allen anderen Theilen des Gebietes findet sich dieselbe Folge. So treten in der
ganzen Umgebung von Bezau und Bizau nur die jüngeren Schichten zu Tage und
zeichnen sich durch ihre feste Gesteinsbeschaffenheit mit sparsamen thonigen
Zwischenlagen aus. Ganz anders im Mellenthal, wo die tieferen Schichten vor-
herrschen. Steigt man aus dem Kessel des Siinser See’s herab, so durchschreitet
*) Vorarlberg. Seite 10.
22
170
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[84]
man, nachdem man Flysch, Nummulitenkalk und einige Seewer- Schichten verlassen
hat, das ganze umgekehrte Kreidesystem; zuerst erscheinen schwarze Neocom-
Mergel mit Spatangus retusus, über deren schlüpfrige Abhänge der Weg
steil nach der obersten Alpe herabführt. Erst kurz vor derselben folgt eine stei-
lere Wand von festeren Schichten. Ueber hohe Terrassen mit prachtvollen
Wasserfällen steigt man von Alpe zu Alpe hinab. Die letzte Terrasse wird von
Caprotinenkalk gebildet und darunter treten Gaultsandsteine und weisse splittrige
Seewerkalke charakteristisch auf. Weiter thalabwärts hat man noch vielfach
Gelegenheit den Wechsel der Neocomschichten kennen zu lernen. Bei Hohenems
bildet ein weisser, grobkörniger, schwarzadriger Marmor, der sich zu grösseren
Sculpturarbeiten eignen würde, in nicht unbedeutender Mächtigkeit die höchsten
Schichten des Spatangenkalkes. Der Weg über die Alpe Gsohl nach der Hohen
Kugel führt zweimal über dieses Grenzgestein hinweg. Unmittelbar darunter
folgt zwar eine mergelige Schicht welche eine Unzahl von Exogyra Couloni Df.
umschliesst, allein nur um im Liegenden noch sehr mächtigen Kalken Platz zu
machen. Weiterhin gegen Klien umschliesst dieselbe mergelige Schicht eine Bank
der Ostrea macroptera , in der sich eine grosse Menge anderer Thiere festgesetzt
haben. In dem ganzen Gebiete finden sich die Versteinerungen in grösster Zahl
in den weicheren zwischengelagerten Mergeln der oberen kalkigen Abtheilung.
Einzelne derselben lassen sich in grosser Erstreckung verfolgen, so besonders
ein Schichtensystem von geringer Mächtigkeit, welches am Bezeck zwischen
Bezau und Andelsbuch ungemein versteinerungsreich auftritt und östlich bei
Schönebach, so wie im westlichen Tlieile des Gebietes unter der Burg Hohenems
mit den gleichen Eigenschaften wiederkehrt. Die beiden Austernbänke sind nur
locale Facies derselben Schicht.
Die Mächtigkeit des Spatangenkalkes lässt sich nur am Nordabsturz des
hohen Ifer schätzen, wo sie über den als Valanginien gedeuteten Schichten noch
900 — 1000 Fuss betragen mag; sie dürfte der in der Schweiz beobachteten
wenig nachstehen, da Studer sie am Faulhorn zu 500 Meter angibt und das
Valanginien nicht ausgeschieden hat.
Die Fauna des Spatangenkalkes in Vorarlberg ist überaus reich, aber fast
ausschliesslich auf die eben angeführten, der oberen Abtheilung eingelagerten
Schichten beschränkt, in denen Petrefacten oft massenhaft zusammengehäuft sind.
Den in der Schweiz so häufigen Spatangus retusus Lam. fand ich nur am Ur-
sprünge desMellenthales in den tiefsten Schichten des Formationsgliedes. Toxaster
complanatus Ag. kömmt höher hinauf vor. Ostrea macroptera d'Orb. ist überaus
häufig und Exogyra Couloni erfüllt südlich von Hohenems ganze Bänke mit ihren
dicken gekielten Schalen. Andere Austern kommen in Unzahl und in grosser
Mannigfaltigkeit der Arten vor, so besonders am Bezeck und an der Austernbank
bei Klien. An beiden Stellen sind Terebrateln in Menge zwischen den Schalen
zerstreut, insbesondere die verbreiteten Arten Terebratula praelonga Sow.,
Ter. depressa d' Orb., Ter. tamarindus , Ter. lata d' Orb.; ferner finden sich
Belemniten {Bel. bipartitus (?) d’Orb., Bel. subfusiformis Basp., letzterer von
Gümbel angeführt), auch unbestimmbare Spuren von Ammoniten, endlich sehr
häufig Korallen und besonders Bryozoen, die aber weniger an den Gesteins-
charakter gebunden sind.
4. Schrattenkalk (oder Caprotinenkalk).
Das oberste Glied des im schweizerisch-provensalischen Kreidebecken auf-
tretenden Neocomien hat man als Schrattenkalk (nach dem in Entlibuch
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
171
[88]
„Schratten“ genannten Karrenfeldern des Berges Schratten1)» Rudistenkalk
(Stu der), Hierogi} phenkalk, Caprotinenkalk u. s. w. bezeichnet und als Reprä-
sentanten des Neoeomien B von d'Orbigny oder Etage ZJrgonien d’Orb. fest-
gestellt. Es zeichnet sich in Vorarlberg und am Grünten durch dieselben Eigen-
schaftenaus, die in seinem ganzen Verbreitungsgebiete angeführt werden. Ein hell-
grauer bis weisser, fester und spröder Kalkstein bildet mit wenig wechselnden»
Charakter das ausschliesslich vorkommende Gestein. Seine senkrecht abgebro-
chenen, der Verwitterung Trotz bietenden mauerartigen Schichten contrastiren
durch ihre Schroffheit auffallend gegen das dunkle, nur an den Nordabhängen
steil abztürzende Neoeomien, so wie gegen die fruchtbareren Schichten des Gault,
von denen er in der Regel bedeckt ist. Meist krönt er in tafelartiger Ausbreitung
die bewaldeten und mit Alpen bedeckten Abhänge der Mergelgesteine als ein
weithin sichtbares, landschaftlich schöne Abwechslung bedingendes Band, oben
aber breitet er sich zu den scharfkantig ausgewitterten, wild zerrissenen Karren-
feldern aus, „die als hellgraue fast weisse Felsflächen, wie Gletscher das Grün
der Alpenweiden und Wälder unterbrechen^. Für den Geologen ist dieser Gesteins-
charakter ungemein wohlthätig, da er einen leicht erkennbaren sicheren Horizont
in dem sonst so vielgestaltigen Kreidegebiete gewährt; indem das Flötz jeder
Schichtenbiegung folgt, gibt es schon aus der Ferne ein klares Bild des geo-
gnostischen Baues und ist allein geeignet in den vielen Ueberstürzungen das nor-
male Verhalten herauserkennen zu lassen.
Die bereits bei einigen Neocomiengesteinen erwähnte o o 1 i t h i s c h e S t r u c-
tur wird bei dem Caprotinenkalk fast zur Norm; die Körner sind heller als die
Grundmasse und unregelmässig gestaltet. Auch hier kommen Glaukonitkörnchen
vor, jedoch sparsamer als im Neoeomien. Die dichten splittrigen Gesteine enthalten
meist mit Ausnahme einiger Caprotinen keine deutlichen Versteinerungen, sondern
nur in Kalkspath verwandelte unbestimmbare Schalen; je vollkommener aber die
oolithische Structur, desto grösser wird der Reichthum an Versteinerungen. Oft
sind dieselben, insbesondere die kleinen Korallen, Bryozoen und Foraminiferen,
so zahlreich neben den oolithischen Körnchen zusammengehäuft, dass Gümbel
das Gestein dem sogenannten Granitmarmor aus der Nummulitenformation von
Neubeuern vergleicht2). Meist sind diese Schichten sehr hell; gegen die Grenze
des Neoeomien werden sie gewöhnlich dunkler, zuweilen auch, wie bei Hohenems,
gleichzeitig durch mergelige Beimengungen weich, daher die zahlreichen Capro-
tinen sich hier mit grosser Leichtigkeit aus dem Gesteine herauslösen lassen.
Die Mächtigkeit schwankt zwischen 50 und 150 Fuss, in der Schweiz gibt
sie Stu der bis 100 Meter an.
Von der durch die Schweizer Geologen bekannt gewordenen Fauna des
Schrattenkalkes brauche ich hier kaum etwas zu erwähnen, da sie dort schon mit
grosser Genauigkeit studirt wurde. Die beiden charakteristischen Formen Capro-
tina ammonia d' Orb. und Caprotina gryphaeoides d’Orb. kommen allenthalben
in grosser Menge vor, und auch die sonstige Fauna ist, besonders in den niederen
Thierclassen, reich vertreten.
5. flaalt.
Petrographisch scharf getrennt lagert dem Caprotinenkalke eine Reihe von
Schichten auf, die sich durch das Vorherrschen von Sandsteinen und durch grüne
D Studer, a. a. 0. Seite 76.
2) Der Grünten, eine geognostische Skizze. München 1856. Seite 10.
172
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[86]
Färbung auszeichnen. Sie wurden in der Schweiz längst als ein fast vollkommenes
Aequivalent des Terrain Albien von d’Orbigny erwiesen und von Studer nach
ihrem geognostischen , von Pictet nach ihrem paläontologischen Charakter be-
schrieben. Zuweilen sieht man die Schichten in braunroth verwitterten Mauern
entblösst, weit häufiger aber bilden sie sanfte heraste Gehänge, die dort, wo
Sandstein vorherrscht, die Vegetation verlieren und die Schichten zu Tage treten
lassen. Die Mannigfaltigkeit des petrographischen Charakters ist bedeutend grosser
als in dem gleichförmigen Caprotinen-Flötze. Folgende von Esc her1) gegebene
Uebersicht der Gesteinsabänderungen dürfte erschöpfend sein.
a) Dunkelgrüne kalkige Schiefer, oft sehr verwitterbar , oft von bedeutender
Festigkeit, nicht selten übergehend in
ß) knolligen Kalkstein, in welchem der grüne Schiefer die Zwischenräume
zwischen den oft sehr langgezogenen, unregelmässigen Ausscheidungen des
meist dunkelblaugrauen, hier und da grünlich gesprenkelten Kalksteins ein-
nimmt und der Auflösung gewöhnlich stärker widersteht, daher in 1 — 3 Linien
hohen welligen Grätchen an der ausgewitterten Oberfläche hervorragt. Mit
diesem Knollenkalk nahe verwandt ist
•y) kieseliger, meist äusserst feinkörniger Kalkstein mit auf der verw itterten
Oberfläche ausragenden unrein kieseligen Knauern und oft reich an grünen
Körnchen, daher in vielen Fällen petrographisch nicht zu unterscheiden
vom Kieselkalk des Neocomien.
0) Quarziger feinkörniger Sandstein, gewöhnlich in Folge der grossen Zahl
beigemengter grüner Körnchen gelblich und grünlich gesprenkelt, im Allge-
meinen massig.
s) Pentacriniten-Breecie, gewöhnlich dunkelblaugrau, mehr oder minder grob,
oder feinspäthig-körnig, mit nicht selten deutlichen ausgewitterten Pentacri-
nitengliedern.
Der Gault ist in seiner ganzen Erstreckung durch die Verschiedenartigkeit
der Schichtenfolge und der Mächtigkeit charakterisirt. Doch dürfte die erstere
in der letzteren ihre Begründung finden, indem bald nur die obere, bald die ganze
Folge entwickelt ist. In der Schweiz erreicht er mehr als 100 Fuss Mächtigkeit,
am Grünten nach Gümbel nur an 30 — 40 Fuss; in Vorarlberg wechselt sie,
nimmt aber im Allgemeinen nach dom Ostufer des Kreidebeckens hin ab. Dem
entsprechend ist die petrographische Beschaffenheit. Denn wie am Grünten
nur Sandsteine entwickelt sind, so ist es auch in dem zunächst gelegenen Thale
Mittelberg und an der Subersalp (westlich vom Hoch-Ifer); hier aber nimmt die
Mächtigkeit bedeutend zu und schon ein wenig weiter westlich, im Thale von
Bizau , treten unter den sandigen Schichten die unter a, ß und y beschriebenen
auf. Eisenkiesreiche, zähe, grüne Schiefer mit Hornstein- und Kalkknollen sind
besonders am Wege von Bezau nach Schönebach als das unmittelbar Hangende des
Caprotinenkalkes aufgeschlossen, also entsprechend der Lagerung in der Schweiz.
Bei dem Badeorte Beutte nehmen diese Schiefer Eisenerz auf und scheinen, nach
losen umherliegenden Blöcken zu urtheilen , versteinerungsreich zu sein. Es
ergibt sich also im Allgemeinen eine untere schieferige und eine obere sandige
Abtheilung. Die Encrinitenschicht (s) gehört der letzteren an und ist daher auch
am Grünten entwickelt. Das in anderen Gegenden, auch noch am Säntis unge-
mein versteinerungsreiche Schichtensystem zeigt in Vorarlberg nur eine sehr
sparsame Fauna in wenigen undeutlichen Formen. Es eher erwähnt Ammonites
J) Vorarlberg. Seite 13.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
173
[87]
Milletianus und Discoidea rotula Ag. \ om Margarethen -Kapf1) bei Feldkirch,
dem Hauptfundorte für Vorarlberg. Es gelang mir nicht, mehr bestimmbare For-
men zu entdecken. Vom Grünten erwähnt Gümbel acht Arten.
6. Seewerschichten.
Dieses Schichtensystem, das von dem Vorkommen zu Seewer bei Schwyz,
wo es durch grosse Steinbrüche entblösst ist, den Namen führt, erfüllt in Vorarl-
berg wie in der Schweiz die Lücke zwischen Gault und Nummulitenbildung. Seine
genauere Parallelisirurig bleibt aber nach den bisherigen geringen Anhaltspunkten
unsicher. Es eher sucht zu zeigen (Vorarlberg p. 14), dass es vielleicht den
ganzen Complex von Cenoman, Turon und Senon repräsentirt, auf Grund mehrerer
Versteinerungen aus diesen drei Etagen, welche im Seewer der Schweiz gefunden
wurden. Es sind dies : Salenia petalifera Ag. und Holaster suborbicularis Ag.
aus dem Cenoman, Holaster subglobosus Ag. aus dem Turon, endlich Anan-
chytes ovatas Lam ., Micraster cor anguinum Ag. (?), Inoceramus Cuvieri
d'Orb., Ammonites Gollevillensis d Orb. (?) aus dem Senon. Die erste und dritte
Species des letzteren Etage wurden auch in Vorarlberg gefunden. Wenn wir
darum schon aus paläontologischen Gründen nicht mit Herrn Gümbel ein beson-
deres Etage Seew er ien unterscheiden können, das seine Stellung zwischen Albien
und Cenomanien haben soll und nach dem Vorkommen eines als Exogyra Columba
bestimmten Petrefactes ausgeschieden wurde, so scheinen auch die Lagerungs-
verhältnisse in Vorarlberg mehr für Herrn Escher’s Annahme zu sprechen, da
zwischen Gault und Nummulitenschichten eine ununterbrochene parallele Abla-
gerung stattfindet. Nirgends ist dies klarer als in dem später näher zu beschrei-
benden Profil von Hohenems nach der Hohen Kugel. Ueberhaupt ist für das Stu-
dium der Seewer-Schichten keinTheil von Vorarlberg geeigneter als die Umgegend
von Hohenems, wo man allenthalben die ganze Schichtenreihe vom Neoeom bis
zum Nummulitenkalk in den klarsten Profilen durchwandern kann. Die auch in
der Schweiz nur 200 Fuss betragende Mächtigkeit steigt an der Hohen Kugel,
deren ganzer oberer Theil mit Ausnahme der höchsten Spitze aus Seewerbildun-
gen besteht, zu wenigstens 3 — 600 Fuss; es steht aber nicht fest, ob die Mäch-
tigkeit durch eine Faltung zu diesem Betrage gesteigert wird.
Der untere Theil der Formation, der den Gault unmittelbar überlagert, ist
ein heller, sehr spröder und splittriger kieseliger Kalk mit vielen schlecht erhal-
tenen Belemniten. Er ist mit keinen anderen Gesteinen der Kreideformation zu
verwechseln. Die einzelnen Schichten sind sehr mächtig und bilden häufig zackig
ausgewitterte Riffe und Karrenfelder, ähnlich dem Caprotinenkalk. Höher hinauf
verliert sich der Kieselgehalt und ein klein wenig Thonerde tritt an seine Stelle.
Der Gesteinscharakter wird nun ein wesentlich verschiedener. Die mächtige
Schichtung löst sich in ein unvollkommen schiefriges Gefüge auf. Der Kalk zer-
fällt in dünne unebene Tafeln und ist in seiner ganzen Masse von dunkleren,
vielfach verästelten Flecken durchzogen, welche die Gestalt von Algen haben und
wohl von solchen herrühren ; niemals jedoch kommen die für die Fleckenmergel
des Lias charakteristischen Formen vor, es sind mehr langgezogene , gerade
Stengel von geringer Breite. Ausserdem kommen in den unbestimmt dünnschichtig
abgesonderten Kalken viele Inoceramen vor, die als Inoceramus Cripsii bestimmt
wurden. Sie sind charakteristisch für die Schicht; ihre Durchschnitte lassen sich
0 Der Ardetzerberg wird in einer tiefen senkrechten Kluft von der 111 durchbrochen und in
die beiden „Käpfe“ gespalten, dies ist der südliche.
174
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[88]
überall leicht erkennen, wenn es gleich fast unmöglich ist, eine Schale bloss-
zulegen. Gümbel fand unweit Dornbirn Ananchytes ovatus. Auch unbestimmte
Belemniten kommen hin und wieder vor.
Ohne scharfe Abgrenzung folgen auf diese Schicht dünnschieferige weiche
Mergel, welche mit steilem Einfallen längs des ganzen Weges von Hohenems
nach Reuttele entblösst sind. Meist dienen sie wegen ihrer weichen Beschaffenheit
zu Thalauswaschungen (bei Hohenems und im Imsgrund östlich von Bezau), und
da sie überdies häufig bewachsen sind, so lassen sie sich, was Vorarlberg
betrifft, sehr selten beobachten. So treten sie am Südabhange des Hohen
Freschen mit Bestimmtheit nicht auf ; hier liegt eine Nummulitenschicht
unmittelbar auf den erwähnten Inoceramen führenden Gesteinen. Auch Es eher
und Gümbel erwähnen ihrer nicht, daher sie trotz ihrer nicht unbedeutenden
Mächtigkeit vielleicht nur als eine der Gegend von Hohenems angehörende Modi-
fication anzusehen sind, vielleicht auch schon der hier eng damit verbundenen
Nummulitenformation angehören.
Die am Säntis und am Grünten vorkommende, mit rothen Hornsteinlagern
verbundene rothe und rothbraune Färbung einzelner Schichtencomplexe beobach-
tete ich in Vorarlberg nicht.
Die Fauna beschränkt sich auf das Wenige, das wir bereits erwähnten.
B. Verbreitung und L a g e r u n g.
Studer sagt *) von der schweizerischen Kreideformation : „Es scheint die
Zeit, während welcher diese Bildungen sich ablagerten, in unseren Alpen eine
sehr bewegte gew esen zu sein. Die Formationsfolgehat sich nur selten vollständig
ausgebildet; bald fehlt dieses Glied, bald jenes, und die Lücke deutet auf ein
Trockenliegen der Unterlage während dieser Epoche der Ablagerung, auf eine
Hebung vor derselben; bald ist eine Formation zu ungewöhnlicher Mächtigkeit
angewachsen, als ob in einem anhaltend sich tiefer senkenden Meeresgründe
die Ablagerungen vorzugsweise sich angehäuft hätten“.
Diese Worte gelten für die Verhältnisse diesseits des Rheins nicht mehr;
durch ganz Vorarlberg bis zum Grünten ist die Ablagerung im Allgemeinen eine
sehr gleichmässige und ruhige gewesen. Ueberall finden wir eine sich gleich-
bleibende Ausbildung und wo immer ein sicheres Profil aufgeschlossen ist, da
zeigt es den ebenmässigen Bau durch das ganze Gebiet. Der Uebergang von
jenen gestörten Kreidebildungen der West-Schweiz in die ruhig abgelagerten des
östlichen Rheingebietes ist allmälig und wurde ebenfalls schon von Studer
angedeutet, indem er im Gegensätze zu jenen Worten hinzufügt: „in der mittle-
ren und östlichen Schweiz sind, wie in einem Theile von Savoyen, alle Stufen der
Bildung entwickelt“. Ein Blick auf die von demselben Geologen entworfene
Karte der Schweiz zeigt dies mit grosser Klarheit.
Allein so ruhig während der langen Periode die Ablagerung erfolgte, so
bedeutend waren die späteren Störungen des Gebirgsbaues. Das mächtige
Kreidesystem wurde in seinem ganzen Schichtencomplex wellig gebogen, über-
stürzt und zu einem in grossen zusammenhängenden Massen aus dem eocenen
Meere herausragenden Gebirgsland umgewandelt, um gegen Ende der eocenen
Periode noch einmal an den gewaltigen Revolutionen Theil zu nehmen, welche,
die mächtigsten in der Geschichte der Nordalpen, den Flysch, zu 6000 Fuss
U Geologie der Schweiz. II, Seite 65.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
175
[89]
hohen Bergzügen emporgehoben und es vermochte, in weiter Erstreckung (von
Mittelberg bis Vaduz) den Complex der Triasschichten auf den Flysch hinaufzu-
schieben. So kommt es, dass das Kreidegebirge ein völlig selbstständiges
Gebiet einnimmt, das von mehreren Seiten vom Flysch umschlossen wird. Inner-
halb des Gebietes aber findet im Gebirgsbau eine Regelmässigkeit statt, wie sie
selten in den Alpen anzutreffen ist. Langgestreckte Rücken ziehen von West
nach Ost (Stunde 5) und wo sie im Westen von Thälern durchbrochen werden,
da erkennt man in der Biegung der Schichten an den Wänden der Durchbruchs-
spalten die deutliche Fortsetzung bis in’s Rheinthal, während sich im Osten die
Züge unter dem bedeckenden Flysch verlieren. Jeder Rücken entspricht einer
Wölbung der Schichten. Diese steigen von Süden her allmälig an, biegen an
einer langgezogenen, dem Streichen folgenden Höhenlinie plötzlich um und fallen
steil, oft senkrecht, selbst überstürzt, gegen Norden ab. Oft wird die Höhenlinie
durch eine scharfe Kante gebildet, an der die Abhänge unter einem rechten
Winkel zusammenstossen. So entsteht ein System von parallelen Sturzwellen,
zwischen denen eben so viele Thäler von ähnlicher, aber umgekehrter Form das
vielverzweigte, eigenthümliche Thalsystem der Bregenzer Ache bilden.
Der Knotenpunkt des Kreidegebiets ist die Canisfluh; ihr grossartiges
Juragewölbe gibt den Schlüssel zum Verständnisse aller Hebungsverhältnisse.
Aus den umgebenden Kreidebildungen heraus zu mehr als 6000 Fuss Höhe em-
porgehoben und nur von einem einzigen Neocomgipfel der nächsten Umgebung
(Mittagspitz) überragt, scheint sie zugleich den wahren Hebungsmittelpunkt zu
bilden. Wir müssen daher ihren Bau betrachten , ehe wir uns zu dem der
Kreideberge wenden.
Kommt man von Norden, so erscheint die Canisfluh als eine wahre Fluh,
man sieht eine kolossale, fast senkrechte Felswand von 4000 Fuss Höhe aus dem
Thalgrunde aufsteigen; ihr oberer Theil ist eine aus horizontal scheinenden
Schichten aufgebaute Mauer, die sich in einzelne Gipfel auflöst. Ganz anders
von Süden. Wer von Hopfreben nach Schoppernau abwärts wandert und aus der
engen Schlucht tritt , in welcher die Bregenzer Ache den südlichen Flyschzug
durchbricht, der wird überrascht von der grossartigen Massenentfaltung in der
der König der Berge des Bregenzer Waldes mit seiner östlichen Fortsetzung, der
Hirschbergfluh erscheint. Beide erweisen sich von hier aus als eine Gebirgs-
masse, die durch eine tiefe und schroffe Querspalte in die zwei Fluhe getrennt
ist. Mit sanfter Wölbung ziehen die Schichten herab , welche die besten Alp-
weiden des Bregenzer Waldes tragen , und contrastiren malerisch gegen die
schroffen Wände der Spalte. Steht man endlich in dieser, so hat man das Profil,
welches jene verschiedenen Ansichten veranlasst, in prachtvoller Entblössung vor
Augen. Man sieht klar wie von der Höhe die Schichten gegen Norden steil ab-
stiirzen , im obersten Theil aber abgebrochen sind, daher jener mauerartige
Aufbau !). Ungleich deutlicher noch sieht man das steile nördliche Umbiegen der
Schichtenein wenig weiter westlich bei der Hochstetter Alp über Mellau,
wo man unmittelbar vor einer Felswand mit ausgezeichneter Entblössung der
Schichten steht (Fig. 34).
Weniger klar sind die Verhältnisse nach Ost und West aufgeschlossen.
Nach beiden Seiten setzt der Rücken des Gewölbes fort, nimmt allmälig an Höhe
ab und verschwind et westlich am Hohen Koyen, östlich an der Hirschberg-
fluh unter den mächtig sich aufthürmenden Schichten des Spatangenkalkes. Der
Kern des Gewölbes besteht aus dem schon beschriebenen Jurakalk, der bei Au
0 Siehe Profil XXIII.
Ii. k. geologische Reichsanstalt. 12. Baud, 1861 und 1862. 11. Heft.
17(5
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[90]
allein herrscht , da hier
die Neocomienschichten im
Thalgrunde verborgen sind.
Erst wenn man beim Auf-
stieg allmälig die höheren
Schalen erreicht , kommt
man zu den Kalken mit
Aptychus Didayi, die sich
zur Gipfelmasse aufschich-
ten. Der Gipfel ist der lehr-
reichste, interessanteste und
landschaftlich schönste Aus-
sichtspunkt des Bregenzer
Waldes. Die trigonometri-
sche Pyramide steht unmit-
telbar an dem 4000 Fuss senkrecht abstürzenden Abhang. In der Tiefe fliesst
die Bregenzer Ache dem Rücken parallel, um bei Mellau den nördlich vor-
liegenden Rücken rechtwinklig zu durchbrechen. Jenseits des tiefen Thaies
breitet sich das Kreidegebiet aus, das sich von allen Seiten um den Aussichts-
punkt herumzieht.
Steigt man von der Höhe herab, so kommt man fast allseitig auf die schwar-
zen Schichten des Spatangenkalkes , welche sich mantelförmig um das Jurage-
wölbe lagern, oder vielmehr der Hebung der Centralmasse folgen mussten und
daher stets den Abhängen parallel liegen. Die Aufschlüsse sind dadurch hier so
klar, dass wir zur weiteren Uebersicht des Kreidegebietes am zweckmässigsten
von dem Knotenpunkt der Canisfluh ausgehen. Ein nordsüdlicher Durchschnitt
über die Höhe hinweg zeigt am klarsten in seinen allgemeinen Grundzügen den
Gebirgsbau der vorarlbergischen Kreide. Dann erst werden wir die von dem
Profil durchschnittenen Rücken in ihrer ostwestlichen (Stunde 5) Streichungs-
richtung nach dem Algäu und in das Rheinthal verfolgen.
I. Nordsüdliches Profil von Andelsbuch über Bezau und die Canisfluh
nach Tamüls. (Profil XXIII.)
Der Sattel zwischen Canisfluh und Hoch- Glöckner und sein Schichten-
bau wurden bereits oben bei der Frage nach dem Vorkommen des Etage
Valanginien beschrieben. Wendet man sich vom Sattel südlich , so kommt
man zunächst an die Steilwände des Hohen Glöckners, in deren
unterem Theile wir das Valanginien nachzuweisen suchten, während sich
darüber die Spatangenkalke aufbauen. Bald hört die Regelmässigkeit des
Schichtenbaues auf und wenn man den Weg nach der Korbalp einschlägt,
so entblösst jede Felswand einige wellige Biegungen und Zusammenfaltungen.
Ueber dem Neocomien folgen Gault und Seewer , welche an diesen auffallenden
Störungen theilnehmen, so dass der Weg längs dem Südabhange des Hoch-Glock-
ners über die Korbalp, Sachalp, Hinteralp nach der Ugner Alp am
Fusse der Mittag-Spitz über einen ununterbrochenen Wechsel der drei
Kreideglieder führt. Endlich erscheint bei den Häusern von Ugen noch einmal
Gault, darauf Seewer und hierauf unmittelbar der eocene Intricaten-Flysch , auf
welchem Tamüls liegt. Seine Schichten nehmen nicht an den Störungen der
Kreide Theil , niemals ist eine einzige von ihnen in einer Falte des Seewer an-
zutreffen; eine scharfe, wiewohl schwer zu verfolgende Grenzlinie trennt beide
Fig. 34.
Wand am Westabhang der Canisfluh von der Hochstetter-Alp gesehen.
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
177
[91]
Formationen und dennoch ist derFlysch in seinem ganzen Complex noch ungleich
mehr zusammengewunden und gefaltet als die Kreide.
Die Erklärung für den inneren Bau des Hochglockner-Gebirges, welcher in
gleicherweise in westlicher Richtung gegen den Hohen Blanken und Hohen
Fre sehen fortsetzt, ist in der Erhebung der Canisfluh zu suchen. Mehr als eine
Quadratmeile nehmen hier die Jura- und Rossfelder Schichten ein. Von diesem
ganzen Raume hat das aus der Tiefe sich hebende Gewölbe die Kreideschichten
zur Seite geschoben, so dass diese nun einen in sich selbst zusammengewundenen
Complex bilden mussten. Dies fand besonders an der Südseite statt, da hier der
in der Höhe flache Rücken des Berges tiefer hinab gewölbter und steiler ist, da-
her die hangenden Schichten sehr steil aufgerichtet wurden und ihrer zähen Be-
schaffenheit wegen in sich selbst zusammensinken mussten. Dass dergleichen
Processe, wo immer sie Vorkommen, unendliche Perioden in Anspruch genommen
haben und niemals plötzlich von Statten gingen, ist wohl entschieden anzunehmen.
Man hat die Stetigkeit , mit welcher grosse Schichtensysteme allen Biegungen
folgen ohne einen einzigen Aufriss zu erleiden, dadurch zu erklären gesucht, dass
man meinte , die Schichten seien bei der Hebungskatastrophe noch in weichem
Zustande gewesen. Allein abgesehen davon, dass nach der Ablagerung desSeewer
die Spatangenkalk-Schichten kaum mehr insehr weichem Zustande gewesen sein
dürften, hätte auch durch die bedeutende Kraft, durch welche jene Erscheinungen
hervorgerufen wurden , die ganze Masse der Schichten zu einem einzigen Brei
zusammengedrückt werden müssen , um so mehr , wenn sie in fast senkrechte
Lage kamen. Waren aber die Schichten bereits erhärtet, so hätte ein plötzliches
Zusammenfalten sie zerreissen und zerbrechen müssen , es würden nur aufge-
häufte Trümmer zu sehen sein.
Noch eine Eigenthümlichkeit zeigt das Kreidegebirge südlich der Canisfluh.
Es fehlt nämlich hier der Caprotinenkalk in grosser Erstreckung. Irn Fortstrei-
chen tritt er erst westlich am Hoch-Freschen und östlich am Hoch-Ifer wieder
charakteristisch auf. Dies ist eine der wenigen Anomalien im Schichtenbaue des
Kreidegebirges.
Wenden wir uns von der Canisfluh nach Norden , so überschreiten wir zu-
nächst das mit Geröll ausgefüllte Thal der Bregenzer Ache bei Hirschau. Nach-
dem sie von Süden kommend das Juragewölbe zwischen Au undSchnepfau
durchbrochen hat, wendet sie sich nach West und fliesst am Fusse des Steilab-
falles der Canisfluh hin, bis sich ihr das Kreidegebirge der Mörzeispitz entgegen-
stellt und sie zu abermaligem nördlichem Laufe zwingt. Das Thal ist breit und
verbirgt unter seinen Geröllmassen, wie aus dem Profile hervorgeht, wahrschein”
lieh die Schichtenköpfe des Valanginien und der unteren mergeligen Spatangen-
Schichten. Die ersten Gesteine der jenseitigen Thalwand gehören den oberen
kalkigen Neocomschichten an, denen das Caprotinenkalkflötz mit seiner Gaultbe-
deckung aufgelagert ist; das ganze System biegt sattelförmig nach Norden um
und bedingt hierdurch die schönen Lagerungsverhältnisse des Gopfberges. Diese
sattelförmige Lagerung ist die einzige Modification , welche das Kreidegebirge
nördlich der Canisfluh durch deren Emporhebung erlitten hat. Von nun an durch-
schneidet unser Profil nur noch eine Reihe paralleler Kreiderücken, welche den
normalen Bau des ganzen Gebiets haben, den Bau der Canisfluh mit sanften Süd-
und steilen Nordabhängen. Es wiederholen sich in diesem Gebirge dieselben
Verhältnisse, welche sich im Trias-Lias-Gebiet ergeben, dieselben nach Norden
überstürzten Hebungswellen , dieselben steilen Schichtenabbrüche an den nach
dieser Himmelsrichtung gekehrten Abhängen, dasselbe Verschwinden des über-
kippten Theils der Wellen und damit dieselbe regelmässig wiederkehrende
23*
178
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[92]
Auflagerung älterer Schichtensysteme auf jüngere. Alle diese Eigenheiten des
Gebirgsbaues der nördlichen Kalkalpen sind im Kreidegebiete regelmässiger ent-
wickelt als in dem der Trias-Lias-Gebilde, wenngleich die Anomalien nicht in so
hohem Grade ausgebildet sind wie dort. Eigentlich wellige oder muldenförmige
Biegungen gehören zwar auch hier zu den Ausnahmen , aber man sieht noch oft
den nördlichen Theil der Hebungswellen schroff abgebrochen und steil aufge-
richtet in das nördlich anschliessende Thal hinabfallen. Je weiter gegen Norden,
desto stumpfer wird der Neigungswinkel und endlich folgen die deutlich-
sten Ueberstürzungen, welche wir im Verlaufe noch mehrfach nachweisen
werden.
Ehe wir in eine detaiilirtere Beschreibung der Gegenden eingehen , welche
die nördliche Fortsetzung des Canisfluh-Profils durchschneidet, wenden wrir uns
zur Betrachtung des Gebirgsbaues in einem westlicheren Theile des Kreide-
gebietes.
2. Umgegend von Hohenems.
Nirgends sind die Lagerungsverhältnisse des Kreidegebietes mit grösserer
Klarheit aufgeschlossen, als in diesem nordwestlichen Theile, der sich durch die
Vollständigkeit der Entwickelung der Schichten eben so auszeichnet wie durch
die ungemeine Einfachheit , in der die grossartigsten Störungen mit deutlichen
Zügen gezeichnet und in zahlreichen Profilen auf kleinem Raume entblösst sind.
Wir beginnen mit dem
Profil von Hohenems nach der Hohen Kugel, welches durch die
überaus klare Weise , in welcher es eine vollkommen überstürzte Hebungswelle
entblösst, den Schlüssel zum Gebirgsbaue der ganzen Gegend gibt. Es sind in
der Zeichnung (Prof. XX und Fig. 36) leicht die Durchschnitte zweier Haupt-
wellen ersichtlich, welche nach Osten ein wenig divergiren, indem die eine nach
Stunde 4, die andere nach Stunde 6 streicht; die erstere zieht von Hohenems
über Klien nach dem Röthelspitz und von hier in östlicher Richtung (Stunde 6)
weiter nach dem Bezeck und Winterstauden. In ihrem ganzen Verlaufe ist sie
nach Norden überstürzt und lagert unmittelbar dem Flysch auf; sie ist daher be-
sonders wichtig für das Verhalten von Kreide und Flysch. Auf den Profilen habe
ich sie als IV bezeichnet. Die zweite Welle unseres Profils (mit III bezeichnet)
beginnt, gleichfalls überstürzt , an dem isolirten Kumer Berg im Rheinthale und
streicht nach Stunde 5 über den Götzner Berg, die Alpe Gsohl und den Schönen
Mann bei Ebnit nach der WeissenFluh und den Bergen westlich von Bezau, von
wo sie weiter gegen Osten der vorigen parallel verläuft. Zwischen beide schieben
sich einige kleinere, aber nicht so stark überkippte Aufbrüche als Kuhberg, Stau-
fenspitz u. s. w. ein, durch die sich die grosse Mulde, welche eng bei Hohenems
als Tugsteinthal beginnt und weiterhin auf hügeliger Oberfläche die Häuser von
Emser Reutte und Tugstein trägt, allmälig in ein System von Mulden und Höhen
verwandelt , das aber immer den beiden Hauptwellen , zwischen die es einge-
schlossen ist, untergeordnet bleibt.
Der Weg von Hohenems nach der Hohen Kugel führt nach Ueberschreitung
der später zu beschreibenden
i. Numulitenschicht, im Anfänge über ein vollständig überstürztes System der
Kreideschichten; es erscheinen zunächst
h. graue zerfallende Mergel, und
g. dünnschieferige, fleckige Kalke und Mergelkalke der Seewerbildung; auf
ihnen liegt die Häusergruppe von St. Anton. Sie fallen, wie alle Schichten,
[93]
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
179
nach Stunde 11 mit 75°, oder vielmehr wegen der Ueberstürzung mit
90° -f- 15°. Es folgen
f. die weisslichen und gelblichen, sehr splitterigen Kieselkalke des Seewer,
e. der Gault scheint überwachsen zu sein.
Diese oberen Kreideschichten verschwinden im Westen schon bei dem Bad
Schwefel, dessen Schwefelwasserstoff führende Heilquellen in den dem Gault
zunächst liegenden Seewerkalkschichten entspringen , nachdem sie ihren
Schwefelwasserstoffgehalt wahrscheinlich aus jenem aufgenommen haben.
Um so mehr dehnen sie sich nach Osten aus , wo sie längs dem Nordfuss
des Tugsteines und des Schönen Mann zu grösserer Meereshöhe ansteigen,
und sich , die beiden Dornbirner Achen übersetzend , in mannigfaltigem
Schichtenverband bis zur Weissenfluh hinziehen.
d. Der Caprotinenkalk bildet weithin eine ununterbrochene steile Mauer am
Gehänge, die sich ebenfalls westlich von Schwefel in die Rheinebene hinab-
senkt, nachdem sie noch einmal, reich an charakteristischen Caprotinen auf-
getreten ist. Nur an wenigen Stellen gestattet die Steilheit der Mauer einen
Anstieg zu den höheren Schichten;
c. das Neocom beginnt mit dem schon erwähnten weissen schwarzgeaderten
Marmor; es folgt eine
b. Bank von Exogyra Couloni, in schwarzen mergeligen Schichten;
a. Wechsel verschiedener , meist kalkiger Neocomschichten. Auf ihnen liegt
die Alpe Gsohl genau an der Stelle, wo die Schichten umbiegen und da-
durch eine kleine Unterbrechung in dem steilen Gehänge veranlassen. Bald
aber folgt wieder
b. die Exogyrenbank und im tiefen Tobl weiter
c. der weisse Marmor, endlich
d. die steile Stufe des Caprotinenkalks, über die der Bach neben dem Weg in
Cascaden herabstürzt. Hiermit erreicht man eine neue Terrasse.
So klar dies Profil bis hierher schon an und für sich ist, so gewinnt es
daran noch durch eine Queransicht des Tugsteins , die y2 Stunde östlich
von Gsohl in prachtvoller Entblössung erscheint.
Fig. 35.
Tug-stein.
1 Spatangenkalk. 2 Schrattenkalk. 3 Gault. 4 Seewerkalk. 5 Seewermergel. 6 Nummulitenmergel. 7 Nunimu-
litenkalk.
Die steileren Formen , welche den Neocomschichten im Gegensätze zu
der Sanftheit der darunter und darüber folgenden oberen Kreide eigen sind.
180
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
insbesondere der scharfe obere Abschnitt der Terrasse lässt auch dieses
wichtigste Glied , welches den Rücken der langgezogenen überstürzten
Welle bildet, leicht verfolgen. Westlich sinkt es ebenfalls am Götzner
Berg bei Götzis mit schroffem Abbruche in die Rheinebene, erhebt sich aber
daraus noch einmal in der isolirten Insel des Kumer Rerges. Gegen
Osten wird die Welle vielfach von Thälern durchbrochen und lässt sich
schwer verfolgen. Nachdem sie hier den Schönen Mann und den Rocksberg
gebildet hat, scheint sie noch eine Strecke fortzusetzen, um, so viel ich bei
Nebelwetter beurtheilen konnte, in der Gegend der Alpe Sehren sich unter
dem Gault und Seewer zu verlieren , welche bei dem Ausgangsprofile dar-
unter und darüber auftraten , dort im Osten aber Alles zu überwölben und
zu bedecken scheinen. Doch die Welle setzt unter dieser Wölbung fort
und wir werden jenseits der Bregenzer Ache ihreFortsetzung in dem Kreide-
rücken (II) zwischen Bizauer Bach und Gruben-Tobl betrachten.
Uebrigens ist zu bemerken, dass das Verhältniss der Ueberstürzung, wie
es auf Profil XX und Fig. 36 so deutlich ist, weiter östlich sich in eine ein-
fache Welle mit steilem Nordabhange verwandelt, und zwar von da an, wo
sich parallele Secundärwellen zwischen IV und III einschieben (s. Prof. XXI).
e. Gault bildet die sanfte Fläche der lang sich hinziehenden Stufe, die zahl-
reiche Alpen trägt. Das Gestein, meist Sandstein, kommt wenig zu Tage.
f,g>h. Seewerbildung. Die ungeheure Mächtigkeit, in welcher hier dieses
Glied auftritt , wurde bereits erwähnt. Zwei steile Abstürze über einander,
durch eine waldige Terrasse getrennt, bringen das wohl 5 — 600Fuss mäch-
tige System der flach südlich fallenden , keinen Anschein von Störung tra-
genden Schichten deutlich zu Tage. Zum grössten Theile sind es die dünn-
schieferigen fleckigen Kalke mit einigen Belemniten und Inoceramen, w elche
die ganze obere Masse des Berges in einer Breite von mehr als einer Vier-
telmeile und bedeutender Längenerstreckung bilden. Allein dieses abnorme
Auftreten der sonst meist untergeordneten Seewerbildung dürfte seine Er-
klärung finden durch
e. einen grünlichen, braun verwitternden , etwas glimmerhaltigen Sandstein,
der zwar mancher Flyschschicht täuschend ähnlich ist , aber sicher zum
Gault zu rechnen ist, wie sich auch aus den weiteren Verhältnissen ergibt.
Er bildet die Spitze der Hohen Kugel und den Rücken nach Süden fast bis
zur KuglerAlp. Noch w ichtiger aber, und wohl die gänzliche Ueberstürzung
der Kreideschichten beweisend, ist die Wiederkehr desselben Sandsteins auf
dem Hörndl zwischen Seewer und Neocomien, und er ergibt sich um so
sicherer als Gault, als durchweg die benachbarten Seewerschichten jene
hellen splittrigen Kalke sind, welche stets den untersten Theil bilden. Sie
führen bei der Kugler Alp viele Belemniten. Somit erreichen wir hier eine
dritte Welle(II), die später betrachtet werden soll.
Das Gault-Seewer-Gebiet der Hohen Kugel zieht sich mit abnehmender
Breite gegen Westen hinab in das Rheinthal und erreicht dasselbe bei
Klaus, nachdem es vielen Alpen und den Häusern von Meschach und Fra-
xern Raum gegeben hat. Die Grenze gegen das südliche Neocomien streicht
hinab nach den Hügeln zwischen Klaus und Weiler. — Oestlich von der
Kugel zieht unsere Gault-Seewer-Zone in ansehnlicher Breite noch weit hin.
Sie trägt das einsame Dörfchen Ebrit und bildet eine breite, mit üppigen
Alpen (Hasengera, Gunzm oos u. s. w.) bedeckte, von tiefen Tobln
durchrissene Fläche längs dem Nordabhange der Mörzelsp itz und des
Guntenhangberges, um sich endlich mit dem nördlichen Zuge zu ver-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
181
[95]
binden und sich zu der weiten sumpfigen und torfigen Fläche der Alpen :
Untersehren, Rohr und Sch
Kreideschichten verschwin-
den unter derselben , treten
aber östlich wieder hervor.
Die weitere Entwickelung die-
se s Zuges (II und III) werden
wir später betrachten.
Nördlichster Kreidezug
(Nr. IV der Profile); Lage rungs- ~
verhältniss gegen den 1
Fl y sch. — Der beschriebene |
charakteristisch ausgebildete, in |
allen Theilen klare Kreidezug, ist r
im Norden durch das Tugsteinthal ~
von einem anderen Kreidegewölbe |
getrennt, welches von der Burg ~
Hohenems nach dem Klaus- »
her g und dem Winterstau den
zieht, und in seinem ganzen Ver- “
lauf analog dem westlichen Theile |
des vorhergehenden Zuges gebaut
ist; es ist insofern von besonderer »
Wichtigkeit, als es das Verhältniss %
der Kreide zu dem nördlichen E;
Flyschzuge darstellt. Es war schon Z
Murchison bekannt und wird
genauer von Esch er und Güm- |
bei erörtert, dass der Abhang zwi- g
sehen Dornbirn und Hohenems die I
<T>
umgekehrte Kreidefolge zu Tage “
bringt. Auf Flysch liegt Nummuli- *
tenkalk, darauf Seewer, Gault, in I
dessen sandigen feinkörnigen e.
Schichten Schleifsteinbrüche (bei |
Klien) angelegt sind , ferner Ca- |
protinenkalk mit vielen Caprotinen ^
und Neocomien, welches mit dick- °
bankigen Kalken beginnt, denen g
die oben erwähnte mergelige Bank I
von Ostrea macroptera mit unzäh- |
ligen Versteinerungen eingelagert j?
ist. Indem in der bezeichneten „
Richtung eine Schicht nach der 2
anderen sich allmälig in die Thal- |
sohle hinabsenkt, wird hier eines
der schönsten Kreideprofile ent-
blösst. Bei Unter-Klien kommt das
Caprotinenflötz herab; von da an
steht bis Hohenems nur noch Neo-
comien an, das die weitläufigen
ellenvorsüss auszubreiten. Die älteren
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
182
[96]
Ruinen der Burg, der einstigen Ritter von Hohenems trägt. Der Abhang gestaltet
sich dadurch wie Fig. 36 zeigt.
Der Grund dieser Lagerung und ihr Zusammenhang mit dem schon be-
schriebenen Kreiderücken dürfte aus den Parallelprofilen XX, XXI klar werden,
eben so wie die Lagerung der eingeschobenen kleinen Erhebungen.
Verfolgen wir die Grenze zwischen Kreide und Flysch weiter nach Osten,
so erhalten wir den nächsten deutlichen Aufschluss in der Enge zwischen Bezeck
und Vorder -Kl ausberg, durch welche die Strasse von Schwarzenberg nach
Bezau führt. Hier sind die folgenden zwei Parallelprofile entblösst:
In den beiden Profi-
len sind die oberen Kreide-
schichten verhüllt; doch
lässt sich auf dem Wege
von der Alp Vorder-Klaus-
herg durch einen tiefen
Tobl nach der Sägmühle
hinab Einiges vervollstän-
digen. Der Caprotinen-
kalk tritt hier als ein
wahres Conglomerat klei-
ner Korallen und Forami-
niferen auf. Zwischen ihm
und dem Flysch sind stel-
lenweise die fleckigen See-
wermergel sichtbar. —
Uebrigens ist es auffal-
lend, dass auch bei die-
sen» Gewölbe die Ueber-
stürzung des Schichten-
systems im Osten aufhört, wenngleich dieses selbst nicht so sehr verschwindet,
wie das vorige (III). In ähnlicher Weise scheint die weitere Fortsetzung gegen
Osten stattzufinden, die wir später im Zusammenhänge mit jener der südlichen
Züge betrachten werden.
Fig. 37.
Bregenzer Ache. Bezeck.
Bregenzer Ache.
fireyenzer Ach
Fig. 38.
Hoch-Aelpele.
Vorder-Klausberg. Brünneles-Eck.
J i 4 3
Profile an der Flyschgrense südlich von Schwargenberg.
Spatangenkalk. 2 Schrattenkalk. 3 Gault, Seewerkalk und Seewermergel.
4 Flysch. 5 Schotterbänke.
3. Umgegend von Feldkirch, Rank weil und Hoch -Fr eschen. (Hebungswelle
I und II.)
Nirgends macht sich der Einfluss der Centralhebung der Canistluh auf den Ge-
birgsbau des angrenzenden Gebiets auffallender geltend als in diesem südwestlichen
Theile des Kreidelandes. In wenig ausgedehnten Plateau’s, deren Schichten nach
Westen, Norden und Osten senkrecht abgebrochen sind und nur nach Süden sich
allmälig senken, erheben sich die Kreideschichten erst inselförmig (im Schellen-
berg undArdetz enb erg), dann in ausgedehnteren Flächen aus der Rheinebene.
Kluftartige Thäler mit senkrechten Wänden , ausgefüllt mit fruchtbarem Boden,
zerreissen die Hochfläche in einzelne Schollen. Feldkirch liegt an der Vereini-
gungsstelle von zwei solchen Klüften, die sich rechtwinkelig (NW. — SO. und
SW — NO) durchsetzen und ein weites, allmälig nach Süd sich senkendes Pla-
teau in vier Schollen zertheilen, daher von allen Seiten Engpässe den Zugang zu
der malerisch gelegenen Stadt vermitteln. Die vielen senkrechten Abstürze,
welche dadurch entstehen , entblössen die obersten Schichten des Spatangeu-
kalkes und das Caprotinenflötz, welches stets den obersten Rand des Steilabfalles
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
183
[97]
bildet. Die bedeckenden Gaultgesteine schaffen das Wein- und Getreideland auf
dem Rücken der kleinen Plateau’s. Am Margarethenkopf tritt diese Schicht
versteinerungsreich auf. Sie wird selten von Seewerbildungen überlagert.
Nach einer bedeckten sattelförmigen Biegung, welche die zerstreuten Gehöfte von
Gailmist trägt, folgt im Süden der mächtig entwickelte Flysch, und durch die
im Allgemeinen südöstliche Senkung entsteht östlich von Feldkirch eine Niederung,
in welcher sich der langgezogene Spiegel des Walduna - See's ausbreitet, wäh-
rend sie weiter hin gegen Süd die Ortschaften Tu fers, Runggels, Pfitz,
Dums, Göfis trägt. Mit steilem Abbruch erhebt sich noch weiter östlich eine
höhere Terrasse, auf deren von Caprotinenkalk gebildetem Rande die Kirche von
Uebersachsen steht. Auch hier trägt das Flötz eine allmälig nach Südost sich
senkende fruchtbare Fläche, die bereits mehr wellig ist und von dem tiefen Lat-
ternser-Thal durchschnitten wird.
So sind hier nur die überaus flachen Südabhänge ähnlicher Wellen ausge-
bildet, wie sie bei Hohenems mit hoher Wölbung so schön entwickelt auftreten,
während gegen Nordwest stets nur ein schroffer Schichtenabbruch ohne Spur
einer wahren welligen Biegung das System abschneidet. Wendet man sich von
Feldkirch gegen Norden dem Gehänge des Rheinthaies entlang, so begegnet man
bei dem grossen Dorfe Rankweil, wo aus enger Neocom-Kluft der Latternser-
bach in die Ebene hinaustritt , den ersten Spuren wahrer welliger Biegungen.
Sie veranlassen den isolirten Felsen , den die Kirche von Rankweil malerisch
krönt und das plötzliche Auftreten von muldenförmig eingelagerten Seewer-
schichten, welche östlich fortzustreichen scheinen. Eine kleine Aufbiegung bringt
Caprotinenkalk und Spatangenkalk zu Tage und dann treffen wir , am Abhange
des Rheinthaies weiter hinwandernd, eine ausgebreitete Gault- und Seewer-Ab-
lagerung , die den ganzen Raum zwischen der Häusergruppe Ratschunsund
dem kleinen Bad Röthis einnimmt. Sie fallen nach SSO. und liegen auf jenem
Neocomien, den wir als Südgrenze des Zuges III kennen lernten und der als brei-
ter Streifen vom Hörndl über St. Victorsberg nach dem Rheinthale hinab-
zieht; er bildet allein dessen Gehänge von Weiler bis Röthis.
Das Resultat der Betrachtung dieses einigermassen schwierigen Terrains
ergibt also drei Wellenbiegungen , die sich an die bei Hohenems beschriebenen
und mit IV und III bezeichneten anschliessen:
II. Fraxern — St. Victorsberg — Röthis (Neocom) ; Ratschuns (Gault und
Seewer).
La. Die kleine Aufbiegung von Neocomien zwischen den beiden Seewer-
mulden.
I. Rankweil — Frastanz; die Haupterhebung und Schichtenbiegung ist dicht
bei Rankweil.
Wenn man das an den Ufern des Rheinthaies so deutlich aus vier Gebirgs-
wellen bestehende Kreidegebiet in seinem Fortstreichen gegen Osten verfolgt,
so werden die Verhältnisse unklarer , je näher man der Canisfluh kommt. Die
flachen Ausbreitungen des südlichen Schenkels der Welle I, wie sie bei Feld-
kirch herrschen , lösen sich in eine Reihe höher ansteigender, unregelmässiger
und vielfach durchfurchter Bergzüge auf, in denen nur zuweilen noch das süd-
liche Einfallen zu beobachten ist. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist der Hoch-
Fr eschen, von dessen Gipfel die Seewerbildungen sich allmälig dem flachen
Südabhange entlang hinabziehen, den sie fast allein bilden. In bedeutender Mäch-
tigkeit durchsetzen sie , von dem liegenden Caprotinenkalk begleitet und von
Flysch überlagert, das Latternser Thal oberhalb des Hinterbades, und erweisen
sich so als Fortsetzung der flachen Schichtenausbreitungen, in denen die Welle I
K. k. geologische Reichsanstult. 12. Baud, 1861 und 1862. II. Heft. 24
Ferdinand Freiherr von Richtholen.
184
1*8]
bei Feldkirch und Rankweil erscheint. Vom Hohen Freschen setzt dieselbe Ge-
birgswelle östlich nach dem Hohen Koyen und der Canisfluh fort.
Der nördliche Zug II zieht von St. Victorsberg aus durch Thäler und
über Höhenzüge hinweg über die Alpen L atora, Jägerswald, Alten ho f nach
der Mörzel-Spitz und dem Guntenhang-Berg. Sein Verhalten zu den
beiden einschliessenden Zügen wird durch die Profile klar.
Dies sind die allgemeinen Verhältnisse im südöstlichen Theile des Kreide-
gebietes; allein so einfach auch in grossen Zügen der geognostische Bau sich
darstellt , so verwickelt erscheint er in der Natur, und man irrt oft in einem La-
byrinth herum. Das massenhafte, durch Schichtenbiegungen unverhältnissmässig
vermehrte Auftreten der unteren weichen Neocomschichten, hat den Gewässern
überaus grossen Spielraum zu einer ausgedehnten Erosionsthätigkeit gegeben;
daher die Bildung weiter amphitheatralischer Thalkessel , in welche die kleinen
Bäche von allen Seiten aus tiefen Runsen undTobln, wie in einen Trichter hinab-
stürzen und bei Regenwetter bedeutende Thonmassen herabführen , die dann
durch den Thalbach in den Rhein hinabgeschwemmt werden; daher die nackten
schwarzen Abhänge, deren aufgelöste Neocommergel fort und fort hinweggespült
werden und dem fortgeführten nachstürzen. Das Aufkommen der Vegetation
wird daher trotz des fruchtbaren Bodens oft auf weite Strecken verhindert, und
wo sie Platz gegriffen hat , sind es meist ausgedehnte dunkle Nadelwälder , die
sich in die Thalgründe hinabziehen; nur selten umschliessen sie einsame Alpen
auf stellenweise hervortretenden Schichten von Gault oder Seewer, auch wohl auf
den festeren des Neocomien. So ist der Charakter des Thaies von St. Victors-
berg, der obersten Strecke des Thaies der unteren Dornbirner Ache, zum Theil
auch des Mellenthaies, also der ganzen Umgebung des Hohen Freschen.
Allein so sehr auch diese Auswaschungen und Durchbrüche die Anordnung
des Gebirgsbaues verbergen, tragen dazu doch noch vielmehr die Faltungen und
Ueberstürzungen in dem Umkreise bei, welchen Mörzel-Spitz, Hoch -Fre-
schen, der Hohe Blanken, die Mittagspitz und der Hohe Glöckner
um die Canisfluh bilden.
Von allen Seiten erweist sich das Juragewölbe als das Centrum der Hebungen
im Kreidegebiete und es stört daher die Hebungswellen in ihrem Verlauf. Ver-
suchen wir eine Analyse dieser Störungen rings um den Berg, so sind sie
zunächst an der Mittagspitz und am Hohen Glöckner nach unserer obigen Dar-
stellung völlig klar. Ungleich grössere Schwierigkeiten bietet die überstürzte
Schichtenfolge am Abhang vom Sünser See gegen das Mellenthal. Eben
hat man noch regelmässig nach Süden fallende Schichten von Flysch , Num-
mulitenkalk und Seewer überschritten, so erscheinen plötzlich die tiefsten Spa-
tangenschichten und darauf in der oben beschriebenen Weise das ganze umge-
kehrte System der Kreide, bis man bei der Alpe Linden die splitterigen Seewer-
kalke und dann die Seewermergel erreicht, die sich am rechten Abhang in gleich-
bleibender Höhe unter einem Caprotinenkalkflötz als eine fruchtbare Weidefläche
weit fortziehen. Die Alpe „zu den bleichen Wänden“ hat vom Caprotinenflötz den
Namen. Steigt man von hier abwärts in die tiefe Thalschlucht, so überschreitet
man die normale Reihenfolge, deren tiefste mergelige Neocomschichten die
schwarzen schlüpferigen Abhänge zunächst der Thalsohle bilden. Eine Faltung in
sehr grossartigem Maassstabe ist also hier auf das Klarste vorhanden. Fast noch
deutlicher ist dieselbe am linken Gehänge des Thaies, welches in vielfacher
Beziehung zu den interessantesten Thälern Vorarlbergs gehört. Jenes Gehänge
wird von dem Bergzuge des Mörzel-Spitz und Guntenhang gebildet. Der
unterste Abhang besteht aus Neocom, ebenso der ganze, in viele leicht besteig-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
185
[99]
bare Gipfel aufgelöste Kamm. Dazwischen treten zwei Caprotinenflötze auf, welche
einander parallel in horizontaler Richtung weit hinziehen und eine alpenreiche
kleine Terrasse von Gault-
Fig. 39.
Hohe Koyen.
Mellen-Thal.
Guntenhang-Berg\
und Seewer - Schichten
einschliessen, und zwar
in derselben Höhe, in wel-
cher am jenseitigen(NW.)
Abhang der beiden Berge
die breite Gault- Seewer-
Terrasse der Alpen: Ha-
sengära, Gunzmoos, Un-
terseiten u.s.w. erscheint.
Die Ueberstürzung, auf
welche das Lagerungsver-
hältniss schliessen lässt,
wird zur Gewissheit, wenn
man an den Ausgang des
Mellenthales gelangt und auf das gegenüberliegende Gehänge jenseits der Bregen-
zer Ache steigt; man erhält alsdann die beistehende Profilansicht, welche zugleich
den Grund der Ueberstürzung in der Emporhebung des Juragewölbes der Canis-
fluh und seiner östlichen Fortsetzung, des Hohen Koyen, anzeigt. Es ist hiermit
der Schlüssel zur Erklärung der Lagerungsverhältnisse des ganzen Thaies gegeben.
Ansicht am Ausgang des Mellenthales.
Rossfelder Schichten. 2 Spatangenkalk. 3 Schrattenkalk.
Seewer.
4 Gault und
4 Umgebungen von Bezau, Schnepfau, Hoch-Ifer und Sibratsgföll (öst-
liches Kreidige bi et).
Die Bregenzer Ache scheidet den betrachteten westlichen Theil des Kreide-
gebietes von dem östlichen. Die Lagerungsverhältnisse bleiben im Wesentlichen
dieselben; aber während dort unabhängig von ihnen nach allen Richtungen ver-
zweigte Thalsysteme verlaufen und durch ihre tiefen Einschnitte und schroffen
Durchbrüche die Profile klar zu Tage treten lassen, bedingt hier die schon im
Canisfluhprofil hervortretende Uebereinstimmung der Oberflächengestaltung mit
dem Schichtenbau einen sehr verschiedenen Charakter. Dort mussten die Hebungs-
parallelen mühsam durch Verfolgung der einzelnen Schichten quer über die
abnorm verlaufenden Gebirgszüge hinweg verfolgt werden und traten wohl als
ein geognostisch Ganzes hervor, das aber nur zum Theile die Oberflächengestal-
tung zu bestimmen vermochte. Oestlich von der Bregenzer Ache tritt jede
Hebungsparallele, in sich einfach und ungestört, als wirklicher Parallelzug im
Gebirgsbau auf, parallel der Antiklinal- und Höhenlinie der Canisfluh und der
tiefen Einsenkung an ihrem Nordahhang. Die Zahl der Hebungsparallelen wird
zuweilen durch kleine Zwischenglieder vermehrt, welche sich allenthalben ein-
schieben und besonders an dem Canisfluhprofile (XXIII) sich geltend machen.
Noch weiter im Osten ändert sich der Verlauf der parallelen Hebungen in ihrem
Einfluss auf die Oberflächengestaltung. Drei Umstände tragen dazu bei: das
grosse Querthal des Subers-Baches mit seinen vier Quellbächen, das Hervortreten
von Juragesteinen auf der Spitze des Feuerstätterberges und das allmälige Ver-
flachen der Höhenzüge, wodurch oft mehrere derselben sich zu plateauförmigen
Ausbreitungen vereinigen; also hier im Osten dasselbe Verhältnis wie im Westen
gegen das Rheinthal. Verfolgen wir nun die einzelnen Züge:
Bezeck- Winterstau den (IV). (Fortsetzung von Hohenems-Bezeck).
Aus der dichtbevölkerten, aus fruchtbaren Molasse- und Flysehgesteinen gebil-
24 *
186
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[100]
deten hügeligen Fläche, auf der sich die üppige Cultur der weitzerstreuten
Dörfer des vorderen Bregenzer Waldes ausbreitet, erhebt sich in gerader Linie
von Bersbuch über Andelsbuch nach Sibratsgföll ein langgezogener,
aus den ersten Kreideschichten gebildeter Wall, als die Grenzscheide des land-
schaftlich weit verschiedenen, in Bevölkerung und Sitten ursprünglicheren hin-
teren Bregenzer Waldes. Mit geringerer Höhe als Be zeck beginnend, steigt nach
Osten der Zug allmälig zur Lingenauer Höhe an und erreicht in dem 5918
Fuss hohen Winterstauden seine grösste Erhebung. Weiterhin senkt er sich
wieder hinab und verliert jenseits des Subersbaches vollständig seinen Charakter.
Der Schichtenbau des Zuges ist im Allgemeinen der oben (Fig. 37) darge-
stellte des Bezecks; doch tritt er nicht überall mit gleicher Klarheit hervor.
Der Winkel, welchen an der Antiklinallinie, die grösstentheils zugleich Höhenlinie
ist, die beiden Schenkel bilden, ist am Bezeck noch spitz, so dass der nördliche
Theil überstürzt ist; er öffnet sich aber gegen Osten mehr und mehr und bewirkt
dadurch eine zunehmende Verflachung der Schichten. Dazu kommt, dass die
Höhenlinie sich allmälig spaltet und eine flache Mulde einschliesst, welche mit
Gault und Seewer ausgefüllt ist. Am Subersbach tritt dies ganze System in die
Thalsohle hinab, in der man es auf dem Weg von Schönebach nach Sibratsgföll
überschreitet. Bei der Alp „auf der Aue“ am Ausfluss des Höllbocks-Tobls führt
eine Brücke über eine tiefe, vom Subersbach wild durchbrauste Spalte des
Caprotinenkalks, der sich vom Südabhang des Winterstauden bis hier herab zieht.
Er wird von wasserreichen Gault- und Seewer-Schichten bedeckt, welche nie-
drige Hügel bilden, und tritt bei der Brücke von Schönebach noch einmal hervor.
Dieses ganze System steigt östlich zum Gadberg an, und streicht von da hinüber
in das Algäu, wo es sich mit der Hochfläche des Gottesackers vereint.
Eine sehr bedeutende Abweichung im Gebirgsbau bedingt der Fe u er-
st» tter Berg; der nordöstliche Grenzpfeiler des Vorarlbergisehen Kreide -
gebietes gegen das Algäu. Indem seine mächtige Masse sich nördlich von dem
Zuge des Winterstauden plötzlich einschiebt, rückt sie die bisher geradlinige
Flysch-Kreidegrenze bogenförmig nach Norden hinaus. Der Schichtenbau des
Berges ist unklar, da die langen sanften Südgehänge keine Gesteine zu Tage
kommen lassen. Nur unmittelbar bei Sibratsgföll ist ein wenig Seewer entblösst
und im Fugenbach die Schichtenköpfe von Gault- und Caprotinenkalk. Auf der
Höhe folgen die steilen Biffe des vielfach gewundenen Systems der Juraschichten,
denen ein Sandstein folgt, welcher nach seiner petrographischen Beschaffenheit
eben so als Gault wie als Flysch gedeutet werden kann, aber wohl letzterem
angehört. — Obwohl der Feuerstätter Berg einen gegen Norden gerichteten
Vorsprung aus dem Kreidegebiet bildet, so zieht doch in derBichtung derFlysch-
grenze am Winterstauden weiter östlich eine tiefe Depression fort und trennt das
Kreidegebiet des Algäu’s in zwei Theile. Sie ist ausgezeichnet durch ihren
Reichthum an vortrefflichen Alpen (Wies-Alp, Hirschgunt, Mooser Haag, Rohr-
moos u. s. w.) und entsendet von ihrer ungemein niedrigen Wasserscheide
nach Westen den Schönebach, nach Osten die Starzl-Ache.
Weissenfluh-Hirscheck (III). (Fortsetzung von Götzis-Weissenfluh).
Eine langgezogene Depression trennt den vorigen Zug von diesem. Unmittelbar
südlich von der Höhe des Winterstauden erhebt sie sich zu einer Wasserscheide,
von der nach Westen der Grebentobl hinabzieht und den schönen Thalkessel von
Bezau bildet, während östlich im Höllbockstobl, der kürzlich durch einen
Bergsturz fast unzugänglich geworden ist, jene Depression bis zum Subersbach
fortsetzt. Steil erhebt sich aus ihr der langgedehnte Zug, der eine einzige
ununterbrochene Welle von Ellebogen an der Bregenzer Ache bis zur Alp „auf
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
187
[101]
der Aue“ am Subersbach, dem Haupttheil des Zuges Weissenfluh- Hirscheck
bildet. Die Steilheit der Wände veranlasste den verheerenden Bergsturz im Höll-
bocks-Tobl, wo das steil geneigte Caprotinenflötz von der aufgeweichten merge-
ligen Neocom-Unterlage hinabgerutscht ist. An der scharfen Antiklinal- und
Höhenlinie beginnt der schwächer geneigte Südabfall, der hier weniger fruchtbar
ist als am Winterstauden, da der Caprotinenkalk nur stellenweise von dem frucht-
baren Gault überlagert wird. Zwischen Bezau und Bizau löst sich der Zug in
drei secundäre auf, die sich jenseits der Bregenzer Ache allmälig zu dem Gault-
Seewer-Plateau der Alpen: Sehren, Weissenfluh u. s. w. vereinigen, auf dem
wir früher die von Westen her verfolgte Welle verliessen.
Auch dieser Höhenzug wird im Süden von einer langgezogenen Depression
begleitet, die gleich der vorigen, in der Mitte zu einer niederen Wasserscheide
ansteigt und nach Westen in den Thalboden von Bizau, nach Osten in den des
Sennhüttendorfes Schönebach abfällt, beides überaus fruchtbare und reiche
Gelände, welche malerisch zwischen den parallelen buchenbewachsenen Höhen -
Zügen eingeschlossen sind. — Oestlich von Schönebach vereinigt sich Alles zu
dem weiten öden Karrenfeld, das den Namen des Gottesackers führt und mit
steilen Wänden nach dem Thal des Achenbaches und der Starzlach abfällt. Der
hervorragendste Theil des Bandes ist das Hirscheck.
Gopfberg- Hirschb ergfluh- Gottesacke r (II) und Mittagfluh-
Didamskopf-Hoch-Ifer (I). — Der Gopfberg scheidet das Thal von
Beutte und Bizau von dem südlichen von Mellau, Hirchau und Schnepfau.
Sein Bau wurde oben beschrieben und ist aus dem Canisfluhprofil klar. Ihm
analog ist sein östlicher Anschluss, die Hirschbergfluh, gebaut, ein gross-
artiges Gewölbe, das durch eine flache Einsattelung in das Juramassiv der Mittag-
fluh übergeht. Westlich von der Einsattelung zieht sich eine tiefere, mit jüngerer
Kreide erfüllte Depression nach Schnepfau hinab. Oestlich indess beginnt ein
eigenthümliches System von vier Thälern , welche radienförmig in den Zug (I)
eingreifen und sich bei Schönehach vereinigen. Dadurch werden hier mächtige
Schichtensysteme blossgelegt. Der nördlichere Zug lässt sich über drei isolirte,
aus Caprotinenkalk und Gault-Seewer gebaute Spitzen zwischen den vier Thälern
hinweg nach dem Söfenschroffen verfolgen, mit dem er in das Plateau des
Gottesackers übergeht. Ungleich klarer ist der südliche Zug, der in der Strei-
chungsrichtung der Canisfluh bis zum Hohen Ifer fortsetzt und in mehreren
amphitheatralischen Thalkesseln den grossartigen Schichtenaufbau in senkrechten
Mauern von Tausend Fuss Höhe entblösst. Dies findet besonders ausgezeichnet
am Didamskopf statt, der ganz aus Neocom besteht und am Hohen Ifer,
dessen kleines, südlich geneigtes Plateau von einer nach drei Seiten steil abge-
brochenen, daher schwer zugänglichen, unbedeckten Scholle von Caprotinenkalk
besteht. Nur nach Nordost geht sie in den Gottesacker über. Steile Pfade , oft
auf roh ausgehauenen Stufen, führen aus dem tiefen Grunde der romantischen
wilden Thäler an dem Gehänge hinauf auf alle diese sanft geneigten Hochflächen,
welche eine grossartige Fortsetzung der Alpenfläche der Canisfluh bilden, sowie
jene Steilwände durch das Fortstreichen ihrer Höhenlinie veranlasst sind , und
auf das Klarste die grossartige Gesetzmässigkeit im Gebirgsbau darthun.
Es bleiben zur Betrachtung nur noch die Gehänge übrig, welche von den
Höhen des Didamskopfes und des Hohen Ifer nach der Flyschgrenze ziehen. Der
Didamskopf besteht seiner Masse nach aus Neocomgebilden und da diese con-
stant nach Stunde 11 fallen, so bestehen zwei Gräte, die er nördlich gegen
Schönebach gabelförmig entsendet, auch daraus. Gegen Süden gabelt sich der
Berg gleichfalls. Ein Arm zieht südwestlich zwischen Stockach-Bach und
188
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[102]
Schranbach nach Remen bei Au hinab, der andere ist nach Südosten gerichtet
und theilt sich abermals, indem ein Theil, welcher die steile Wand bildet, in
grossem Bogen nach dem Hohen Ifer hinzieht, während der andere seiner Rich-
tung treu in den Ochsenhofer Kopf übergeht. Zwischen beiden Armen, die nach
Aussen steil abstürzen, zieht sich eine flache Mulde hinab, welche die Didams-
Alp trägt und aus Gault und Seewer besteht. Aus dieser Mulde erhebt sich der
Flysch als neuer südlicher Höhenzug. Von Schopernau steigt die Grenze über
die Breitalp hinauf nach dem Pass „auf dem Kreuz“ und in den Kessel der
Subersalpe, wo Gümhel *) die Auflagerung des Flysches auf Seewer genau beob-
achtete. Diese Grenze und diese Auflagerung lässt sich noch weithin verfolgen.
Ueberall ist die ganze Kreidefolge in bedeutender Vollständigkeit ausgebildet,
überall bildet Neocom die nördlichen Wände, Caprotinenkalk die zu wüsten Kar-
renfeldern ausgewitterten, südlich geneigten Hochflächen, denen weiter am Abhang
hinab allmälig Gault- und Seewer-Schichten mit reichen Alpen (Subers. Grabath,
Mölkböden, Auer u. s. w.) folgen, bis endlich der Flysch zu einem neuen
Gebirgszuge ansteigt. Der Thalbach, welcher beide Höhenzüge trennt und bei
Rietzlen im Thal Mittelberg in die Breitach mündet, ist noch in die obersten
Kreideschichten eingeschnitten, welche man hier mit ungewöhlicher Klarheit
beobachten kann.
Interessant sind einige Bergstürze, welche dieses Thal verheert haben.
Von der geneigten mächtigen Scholle von Caprotinenkalk, welche den Hohen
Ifer bildet, brechen zu Zeiten mächtige Massen los und stürzen hinab in die
Tiefe. Man sieht, dass in früherer Zeit das Kalkflötz bis zu den in der Thalsohle
gelegenen Mölkböden hinabreichte; eine sehr bedeutende Masse hat sich los-
getrennt, beim Hinabrutschen in weiter Erstreckung das liegende Neocomien
entblösst und mit ihren Trümmern unterhalb jener Alpe eine kleine Ebene
geschaffen, welche in ihrem oberen Theil Sumpfland ist, im unteren ein von
einzelnen Bäumen bewachsenes kolossales Trümmermeer, unter dem der Thal-
bach in der Tiefe hindurchströmt.
5. Ergebnisse.
So ergibt sich das Kreidegebiet Vorarlbergs als ein in seiner Schichten-
entwickelung, wie in seinem ursprünglichen Gebirgshau überaus gleichförmig
und nach klaren Gesetzen entwickeltes Ganzes. Vier ostwestlich streichende,
nach Norden steil einfallende, zum Theil überstürzte Wellen sind es, auf welche
sich Alles zurückführen lässt. Allein es schieben sich zwischen Hauptwellen andere
secundäre ein. (Staufen-Spitz, Kuhberg, Tugstein bei Hohenems u. s. w.) Eine
Welle spaltet sich in zwei, welche eine Mulde einschliessen (Winterstauden,
Bizauer Berg) und durch das Auseinandertreten der beiden Schenkel verflacht
sich zuweilen eine Welle und breitet sich plateauförmig aus (Berge bei Feld-
kirch, zwischen Götzis und Klaus, Weissenfluh, Gottesacker); endlich senken
sich Wellen unter andere Formationen hinab und verlieren damit ihren Cha-
rakter oder sie erheben sich auch wieder im weiteren Verlaufe. Alle diese Fälle
finden im Vorarlbergischen Kreidegebiet in grosser Mannigfaltigkeit statt und
bedingen zum Theil seinen vielgestaltigen Charakter.
Querverwerfungen sind nirgends in solchem Maassstabe zu beobachten,
dass sie auf den Gliederbau des Landes Einfluss hätten. Eine kleine derartige
Verwerfung ist am Tugstein bei Hohenems, wo die Kreideschichten um wenige
1) A. a. 0. Seite 6.
Die Kalkalpen \on Vorarlberg und Nord-Tirol.
189
[103]
Hundert Fuss gegen einander verschoben sind. Auch bei Klaus, zwischen Reutte
und Mellau scheinen beide Thalwände ein wenig gegen einander verworfen zu
sein. Doch bleibt dies allemal höchst unbedeutend. Noch weniger sind seitliche
Verwerfungen in der Richtung des Streichens von Ost nach West oder umgekehrt
zu beobachten. Um so häufiger sind die Fälle, wo das Kreidesystem in der
Streichrichtung seiner Wellen geborsten ist und die beiden Theile nach auf-
wärts oder abwärts gegen einander verworfen sind. Nicht selten findet dann,
ähnlich wie im Lias-Trias-Gebiet, eine Ueberschiebung Statt. (Gopfberg gegen
Reutte.)
Am mächtigsten sind die Störungen, welche die Centralhebung der Canis-
fluh verursachte. Zwar ist keineswegs anzunehmen, dass die hebende Kraft sich
an diesem Punkte centralisirte, sonst müssten sich die Wellen concentrisch um
die Canisfluh ziehen; allein dass die Hebung hier am stärksten war, beweist die
bedeutende Höhe, bis zu der die Juraschichten aus einer grösseren Tiefe heraus-
gehoben wurden, als die ältesten Kreideschichten einnahmen; man könnte ein-
wenden, der Rerg sei schon vor der Kreideperiode vorhanden gewesen und nun
in gleichem Maasse mit der Umgebung gehoben worden. Allein dem widerspricht
die regelmässige und vollständige Ausbildung der Kreide gerade an diesem Berge
eine Ausbildung, welche auf ein gleich tiefes Meer schliessen lässt, als im ganzen
übrigen Gebiet verbreitet war. Wenn somit die Canisfluh zwar weder auf eine
centralisirte Hebungskraft noch auf ein vollständig gleichmässiges Erheben im
ganzen Gebiet hindeutet, so ist es doch augenscheinlich, dass die Kraft, welche
die ganze Welle: Ardetzenberg — Hoch-Fresehen — Canisfluh — Mittagsfluh —
Didamskopf — Hoch-Ifer, die mächtigste von allen, hervorbrachte, sich am
stärksten an dem einen Punkt äusserte, während sie bei Feldkirch sehr gering
gewesen sein muss. Dem entsprechend finden in den Umgebungen der Canisfluh
jene bedeutenden Störungen im Gebirgsbau statt, welche wir eben erörterten
und welche das regelmässige Fortstreichen der Wellen so unklar machen, ohne
es aber zu vernichten. Ein Umstand ist es, welcher beweiset, dass das Maximum
der Kraft auch ein klein wenig centralisirend wirkte, das ist die Aenderung in
der Richtung der Wellen von West nach Ost, so zwar, dass sie einen Bogen mit
allerdings sehr grossem Radius um die Canisfluh beschreiben. Bei Hohenems
streichen dieWellen Stunde 41/a, selbst Stunde 4, weiter östlich nur Stundet und 6.
Geringeren Einfluss auf das Kreidegebiet scheint die Juramasse gehabt zu
haben, welche im Feuerstätter Berg zu 5194 Fuss Höhe gehoben wurde. Wie
das Aufsteigen des zusammengefalteten und gepressten Schichtensystemes eine
ganz locale Erscheinung von geringer Ausdehnung ist, so ist es auch mit der
Einwirkung auf den Gebirgsbau der Umgebung.
Den grössten Einfluss auf die Oberflächengestaltung des Kreidegebietes hat
das von dem Verlauf der Hebungswellen so abweichende System der Thäler.
Nur nördlich und nordöstlich von der Canisfluh, zwischen den Orten Bezau,
Bizau, Mellau, Schnepfau und Schönebach sind sämmtliche Haupt- und secundäre
Wellen durch parallele Thäler getrennt; ihre Bäche fliessen durch eine nach
Stunde 11 verlaufende Wasserscheide getrennt nach verschiedenen Seiten ab.
Aehnlich ist es mit den kurzen Thälern, welche zwischen Götzis und Röthis in die
Rheinebene hinabkommen. Allein schon die Bregenzer Ache und der Subersbach
folgen diesem Gesetze nicht mehr. Beide durchbrechen die Wellen rechtwinkelig
und weiter im Westen wird die grösste Unregelmässigkeit zur Regel. Wir werden
hier darauf hingeführt, quere Berstungen der Kreidewellen anzunehmen, ent-
sprechend der grossen Zerspaltung der Canisfluh zwischen Au und Schnepfau.
Solche Berstungen sind zwischen Mellau und Reutte, ferner südlich von Bersbuch,
190
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[104]
zwischen Ebnit und Beckenmann, zwischen Götzis und Klaus, am Walduna-See,
am Ardetzenberg hei Feldkirch u. s. w. Die Wasser haben diese Spalten aus-
gewaschen und verbreitert , über ihnen sanftere Abhänge geschaffen und so
hauptsächlich dazu beigetragen, dass häufig Höhenlinien und Senkungen quer
gegen die Hebungswellen gerichtet sind.
Der gesarnmte Gliederbau weist scheinbar darauf hin, dass in früherer Zeit
die Kreideschichten ein weit grösseres Areal einnahmen, denn das ganze Gebiet
besteht ausschliesslich aus der einen Formation, deren vielfach gewundene
Schichten früher eine ebene Ausbreitung gehabt haben müssen. Es müssen daher
entweder die auf eine grössere Fläche verbreiteten Schichten auf einen kleineren
Raum zusammengeschoben worden sein oder die Masse der Schichten muss sich
so ausgedehnt haben, dass sie sich krümmen musste, wo sie vorher horizontal war.
Das Erstere scheint in geringem, das Letztere in sehr bedeutendem Maasse statt-
gefunden zu haben und die Strecku ng eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen.
Das gewöhnliche Merkmal für dieselbe, die Zerreissung der Versteinerungen in
mehrere durch Klüfte getrennte Stücke, lässt sich zwar wenig beobachten, dies
rührt aber daher, dass diejenigen organischen Reste, an denen jene Erscheinung
am öftesten stattfindet, hier nicht Vorkommen; nur die Belemniten in den Seewer-
Schichten gehören dazu, und in der That sind sie sehr häufig in einzelne Stücke
mit Zwischenräumen getrennt; ebenso ist es mit einzelnen Inoceramen der Fall.
Hier ist also die Streckung nachweisbar. Der weitere Verlauf der Geschichte
Vorarlbergs beweist auch, dass ein solcher Process stattfinden konnte, wohl auch
stattfinden musste. Die Art der Verbreitung desFlysches deutet daraufhin, dass das
Land zu Ende der Kreideperiode in einer säcularen Hebung begriffen war, welche
das jetzige Kreidegebiet als schmale Zone trocken legte, die sich unmittelbar südlich
und nördlich in das eocene Flyschmeer hinabsenkte. Ein solcher Abfall aber nach
beiden Seiten musste bei einer auch nur äusserst geringen Verschiebbarkeit der
Theile die Schichten bedeutend ausdehnen. Das Quantum der Streckung lässt sich nur
annähernd schätzen; nur in wenigen Fällen vollkommener Ueberstürzung kann man
annehmen, dass die Horizontulentfernung («) zweier Wellenberge sich zur
Schichtenentwickelung (6) des Wellenthales wie 1 : 2 verhalte. Dagegen ist das
Verhältnis 1 : 1 4/4 häufig; nirgends dürfte 1 : 1 Vorkommen, da eine vollkom-
men horizontale Lagerung nicht stattfindet. In allen Fällen hat die Streckung
nur senkrecht gegen die Streichungsrichtung stattgefunden , nirgends parallel zu
ihr. Sehr verschieden scheint aber der Grad zu sein, in welchem die einzelnen
Schichten gedehnt wurden. So scheint das Caprotinenkalkflöz fast gar nicht davon
betroffen worden zu sein, es nimmt nicht an den Biegungen Theil und verschwin-
det hier und da unter der Masse der anderen Schichten, während die Spatangen-
kalke im äussersten Maasse davon betroffen worden zu sein scheinen.
Es scheint, dass die Schichtenstreckung in den Alpen überhaupt eine sehr
bedeutende Rolle gespielt habe. Welch unendliche Fläche müssten die Gesteine
der Alpen einnehmen, wenn man alle Wellen und Faltungen auf die Horizontal-
ebene zurückführen wollte; wie hätte eine Reduction auf einen so kleinen Raum
stattfinden können? Ueberall aber, mit Ausnahme einiger centralisirter Gegenden
der Südalpen, scheint die Streckung senkrecht zur Streichungsrichtung des
gesammten Gebirges geschehen zu sein.
Werfen wir zum Schlüsse noch einen Blick auf die östliche und westliche
Fortsetzung des vorarlbergischen Kreidegebietes, so wie auf die Grenzen gegen
Nord und Süd, so ergeben sich auch hier einige sehr beachtenswerthe Thatsachen.
Das Thal des Rheins ist für die älteren Formationen eine der grossartigsten
Verwerfungsspalten in den Nordalpen, nur noch vergleichbar mit derjenigen bei
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
191
[105]
Wien; für die Kreideformation gilt dies aber in weit geringerem Grade. Die
Trennung des Säntisgebirges vom vorarlbergischen Kreidegebiet ist eine allmälig
erweiterte Berstung, die nur in geringem Grade mit Verwerfungen verbunden zu
sein scheint. Ja das Säntisgebirge dürfte sich im Schichtenbau wie in den Lage-
rungsformen dem vorarlbergischen Kreidegebiete inniger anschliessen als dem
schweizerischen westlich von der Linth. Ist auch das ganze Kreidegebirge bis
hinab nach Savoyen und der Provence seiner Ablagerung nach ein einziges, so
scheint doch die Art und Weise der Hebungen eine Trennung in mehrere einzelne
Gebiete veranlasst zu haben. Eines derselben ist durch den Knotenpunkt der
Canisfluh bezeichnet; es gehören ihm die Kreidegebilde im Algäu, in Vorarlberg
und am Säntis an. Die Zusammengehörigkeit dieser Gebiete zeigt sich in der Art
und Weise wie sie sich um jenen Knotenpunkt schaaren. Wie in einem grossen
Bogen ziehen die Hebungswellen herum und es ist gewiss keine zufällige Erschei-
nung, dass die Richtung derselben nördlich der Canisfluh Stunde 5, bei Hohenems
Stunde 4 und im Säntisgebirge Stunde ^ i//2> selbst 3 ist.
Der Uebergang in die Kreide des Algäus wurde bereits mehrfach im Vorigen
berührt Die Züge setzen mit einigen Aenderungen fort und senken sich im Iller-
Thal unter den Flysch. Ueberaus merkwürdig ist das plötzliche Wiederauftauchen
am Grünten, da das Thal der Iller nicht wie das des Rheins eine Verwerfungs-
spalte bezeichnet. Das plötzliche und schroffe Emporsteigen zu 3000 Fuss Höhe,
die Gleichartigkeit des Einfallens gegen Norden und Süden, so wie alle die inte-
ressanten Verhältnisse, welche in der trefflichen Schilderung von Gümbel *)
beschrieben sind, weisen auf ein schnelles Emporsteigen hin, welchem andere
Ursachen zu Grunde lagen, als der Erhebung des Winterstauden oder der Canis-
fluh. Vielleicht könnte das Eruptivgestein, welches an mehreren Stellen des
Algäus hervorbricht und noch die Eocenschichten durchsetzt hat und welches
nach Gümbel ein melaphyrartiges Ansehen haben soll, zur Erklärung der eigen-
thümlichen Bildung des Grünten beitragen.
Was endlich das Verhalten der Kreide gegen den Flysch an ihrer Nord-
urid Südgrenze betrifft, so ist zunächst das Einfallen des Flysches längs dem
Nordrand unter die ältesten Kreideschichten illusorisch ; es findet vielmehr, wie
aus zahlreichen Profilen hervorgeht, eine Ueberstürzung des gesammten Kreide-
systemes mit Vermittelung aller jüngeren Glieder desselben und des Flysches mit
regelmässiger Schichtungsfolge auf die Seewerbildungen am ganzen Nordrand
statt; am Winterstauden verwandelt sie sich sogar in eine einfache senkrechte
Schichtenstellung. Dieses Verhältniss dürfte wohl auch in der Schweiz in gleicher
Weise fortsetzen. — An der Südgrenze sind die Eocenschichten der Kreide
regelmässig aufgelagert.
2. Entwickelung der Jura- und Kreidegebilde in Nord-Tirol.
Die Art und Weise der Entwickelung der Jura- und Kreideformation in dem
gesammten östlich von Vorarlberg gelegenen Theil der Nordalpen ist durch die
Arbeiten der geologischen Reichsanstalt in den östlichen Gebieten, insbesondere
durch Herrn v. Hauer’s „Gliederung“, so wie durch die Abhandlungen von
Emm rieh, Schafhäutl, Gümbel in den bayerischen Alpen, so bekannt
geworden, dass ich mich in diesem Abschnitte kurz fassen kann. Die beiden For-
mationen sind zwar in ihrem Auftreten im nördlichen Tirol niemals genauer
*) Gümbel, der Grünten , eine geognostische Skizze. München 1856.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft.
25
192
Ferdinand Freiherr von Hichthofen.
[•06]
beschrieben worden, allein ihre Gliederung und petrographische Entwickelung
weicht nur unbedeutend von den östlichen Gegenden ab und gleicht fast genau
der in den vorliegenden bayerischen Alpen. Zudem sind diejenigen Schichten,
deren stratigraphische Stellung noch nicht mit voller Sicherheit festgestellt ist,
auch hier so arm an Versteinerungen, dass sie zu einer genaueren Bestimmung
nichts beitragen können. Wir beschränken uns daher auf eine allgemeine Ueber-
sicht der Gliederung und werden dann kurz die Züge beschreiben, welche die
beiden Formationen im Bereiche des Trias-Lias-Gebietes von Nordtirol bilden.
A. Gliederung.
In dem ersten Theile dieser Abhandlung (Bd. X dieses Jahrbuches, S. 111)
erwähnte ich bereits, wie unbestimmt die Grenze der Algäu-Schichten nach
oben sei. Besonders im Lechthal, wo der Gesteinswechsel des mächtigen Lias-
complexes so überaus reich ist, wo die in den untersten Theilen an Masse vor-
herrschenden Fleckenmergel sich doch nach oben fort und fort wiederholen, aber
nicht mehr mit den zahlreichen charakteristischen Versteinerungen wie unten,
wo endlich hoch oben mit ganz gleicher Lagerung Schichten auftreten, welche
den jurassischen Ammergauer Wetzstein-Schichten entsprechen, da hat man wohl
einen bestimmten Anhalt für die höchsten und die tiefsten Schichten, aber der
dazwischenliegende ungeheure Complex bleibt ungelöst. So weit Fleckenmergel
reichen, dürfte er wohl entschieden dem Lias angehören, aber der Uebergang ist
dann weiter hinauf so unkenntlich , dass hier in der That eine fortdauernde
ungestörte Ablagerung durch die Lias- und Jura-Periode hindurch angenommen
werden muss. Weiteren Untersuchungen muss es Vorbehalten bleiben, die Tren-
nungsstelle der Faunen aufzufinden.
Im Gebiete des Lechthaies, so wie in der Gegend von Beutte scheint die
Reihe der regelmässig über einander abgelagerten Sedimente mit dem Jura zu
schliessen, wenigstens lässt sich hier, mit Ausnahme der unsicheren Gosaugebilde
auf dem Muttekopf, kein Glied der Kreide nachweisen. Aber schon südlich von
den mächtigen Hallstätter Kalkmassen des Zugspitz-Wetterstein-Zuges zeigen
sich über dem Jura noch weitere Schichten und gegen Osten nimmt dieses höhere
System an Entwickelung zu. Wir werden es im weiteren Verlaufe als Neocomien
vom Alter der Rossfelder Schichten nachweisen. Dieses Formationsglied ist in
seiner typischen Entwickelung leicht von charakteristischen Juraschichten zu
unterscheiden; allein es gibt Stellen, wo die Trennung ungemein schwierig ist;
denn zuweilen findet ein ebenso allmäliger Uebergang durch den Gesteinswechsel
der Schichten statt, wie im Gebiete des Lechthaies vom Lias in den Jura. Zudem
sind, wie dort, beide Formationen gleichförmig gelagert wo sie unmittelbar
über einander liegen und auch hier muss man nothwendig einen fortdauernden
Niederschlag annehmen. Er schliesst mit mergeligen Schichten voll charakteristi-
scher Neocomien-Versteinerungen. Von nun an ist eine grosse Lücke in der For-
mationsfolge ; der nächste Niederschlag gehört der Gosauformation an, mit der
überhaupt die Kreide in unserem Gebiete schliesst.
Es scheint aus diesen wenigen Thatsachen hervorzugehen, dass der regel-
mässige und ununterbrochene Niederschlag in unserem Gebiete, der schon mit
der Triasperiode begonnen hatte, durch die ganze Lias- und Jura-Periode hin-
durchreichte und erst mitten in der Periode der Neocomienbildungen gänzlich
abgeschlossen wurde. Nur secundäre Hebungen können in dieser Zeit stattge-
funden haben, sonst müsste wenigstens Einmal eine antikline Schichtenstellung
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
193
[107]
zweier auf einander folgender Glieder oder ein plötzlicher, der Niveauverände-
rung entsprechender Wechsel des Niederschlages und der Facies seiner Fauna
zu beobachten sein. Nur der Wechsel der Intensität der langsamen Hebungen
kann es veranlasst haben, dass mit den Liasablagerungen eine für den Gebirgs-
bau der nördlichen Kalkalpen wichtige Periode abgeschlossen wird und die
nächsten Formationen trotz des Parallelismus in der Ablagerung einer jeden mit
der unmittelbar darunter folgenden in ihrer Verbreitung von den schon vorhan-
denen Ablagerungen beschränkt und bestimmt werden. — Hat aber ein fortdauernder
Niederschlag stattgefunden, so muss die ganze Reihenfolge der Formationsglieder
vom Lias bis zum Neocomien, wie sie in anderen Ländern Vorkommen, in unserem
Gebiete durch Niederschläge vertreten sein; jedoch auch nur durch solche, denn
die Thierwelt der Jura- und Neocomien-Bildungen von Tirol ist äusserst
beschränkt und ganze Schichtenreihen enthalten kaum Spuren von organischen
Resten; es kann daher hier nur die Aufgabe sein, die wenigen vorhandenen
Faunen in ihrer Aufeinanderfolge, oder auch die gleichartigen Gesteinscomplexe,
so weit dies thunlich ist, gegen einander abzugrenzen oder einzelne Schichten-
complexe, welche durch ihre Versteinerungen besonders charakterisirt sind, aus
der ganzen Reihe als selbstständige Glieder hervorzuheben. Letzteres ist bei
der Beschränktheit der Versteinerungen auf einzelne Schichtengruppen das
Sicherere. Wir unterscheiden danach fo
1. Vilser Kalk,
2. Ammergauer Schichten
gende Glieder:
3. Rossfelder Schichten,
4. Gosaugebilde.
1. Vilser Kalk.
Der terebratelreiche Kalkstein von Vils ist wohl eines der merkwürdigsten
Gebilde in den Nordalpen; denn wo die Niederschläge in weiter Erstreckung
ohne Unterbrechung durch lange Perioden fortdauern , da sollte man auch
erwarten, weithin die Schichten gleichförmig in ihrer Versteinerungsführung und
in ihrer petrographischen Entwickelung zu finden. In der That gibt auch gerade
der alpine Jura sonst ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Gleichförmigkeit und
wenn im Osten seine unteren Schichten als Klausschichten entwickelt sind und
eine massenhafte Anhäufung von Versteinerungen an einzelnen Orten zeigen, so
hat doch einerseits der petrographische Charakter immer noch Aehnlichkeit mit
dem der anderen jurassischen Gesteine, andererseits ist die Erscheinung nicht
local und wiederholt sich, wie Herr v. Hauer nach wies, in den Ablagerungen
von Swinitza im Banate und in der Krim. Der Vilser Kalk hingegen ist eine ganz
und gar isolirte Bildung mitten im Bereiche der fortdauernden Jura-Ablagerun-
gen, beschränkt auf die nächste Umgebung des Ortes Vils *), petrographiseh
weit verschieden von allen gleichaltrigen Schichten, eben so in der Facies der
Fauna, und die letztere hat nur Analoga bei Windischgarsten und, wie Herr von
Hauer zeigte, wahrscheinlich auch in den Südalpen. Das Alter des Vilser Kalkes
0 Gümbel führt (Band VII dieses Jahrbuches, Seite 30) an, dass der Vilser Kalk von
Hindelang in flachem Bogen nach Vils zieht, und von hier über den Säuling, Hochplatt,
Hennerspitz, Brunnenkopf, Kogel, Laberberg, Ettoler-Mandl, Benedictenwand, u. s. w.
immer weiter östlich fortstreicht. Allein wie sich aus dieser Zusammenstellung und
aus dem Profil Figur 17 (Seite 32) ergibt, wurde in jener Abhandlung der gesammte
Hallstätter Kalk und nach Fig. 16 (Seite 32) auch der Hierlatz-Kalk zum Vilser Kalk
gerechnet, da die drei in der That petrographiseh nahe verwandt sind. Das östliche
Fortstreichen bezieht sich auf den Hallstätter Kalk. In allen späteren Arbeiten bat
Herr Gümbel die Trennung durchgeführt.
194
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[108]
als parallel dem Etage Bathonien und Aequivalent der östlichen Klaus-Schichten
unterliegt wohl kaum mehr einem Zweifel, eben so wenig aber seine Vertretung
in nächster Nachbarschaft durch die gewöhnlichen Juragesteine der Nordalpen.
Das Gestein, ein weisser, dichter, nicht sehr harter Kalkstein, ist bekannt, eben so
die Versteinerungen, unter denen Terebratula pala, antiplecta und concinna
die häufigsten sind. Das Lagerungsverhältniss ist aus dem in der zweiten Abthei-
lung dieser Abhandlung gegebenen Profil zwischen Weissenbach und Vils voll-
kommen klar und es bleibt somit nur noch die Frage zu erörtern, welche Um-
stände eine solche örtliche Abweichung des Niederschlages hervorrufen konnten.
Es steht unzweifelhaft fest, dass die nördlichen Kalkalpen trotz der ununter-
brochen fortdauernden parallelen Niederschläge doch bereits ain Anfänge der
Jura-Periode durch langsame Hebungen allmälig eine ihrer heutigen ähnliche
Gestalt erlangt hatten. Die Lagerstätte der Vilser Kalke aber ist jetzt umstarrt
von mächtigen Kolossen von Hallstätter Kalk und wenn man sie vom Gernspitz
über den in einer späteren Zeit entstandenen Durchbruch des Lechs nach dem
Säuling fortsetzend denkt, so hat man hier einen Kessel von älteren Kalken, wie
er in Nordtirol kaum bei einer anderen Jura-Ablagerung Vorkommen dürfte. Solche
Verhältnisse konnten wohl hier eine besondere, individualisirte Art des Nieder-
schlages und eine entsprechend individualisirte Fauna schaffen. Ganz besonders
dürfte dafür der den Vilser Schichten sehr ähnliche Charakter der Hierlatz-Kalke
sprechen, welche auch ausschliesslich diesem Kessel angehören und erst in weiter
Entfernung, östlich von Innsbruck ihre nächste Lagerstätte haben.
2. Ammergauer Schichten.
(Oberer rother Annnonitenkalk, Oxford Emmrieh.)
Mit dem Namen der „Ammergauer Wetzsteinschichten“ bezeichnete man
wohl zuerst ein charakteristisches Gestein der Juragebilde der Nordalpen. Da
dasselbe überall in gleicherweise wiederkehrt und zugleich im Ammergau neben
den Wetzsteinen die vollständige Schichtenfblge aufzutreten scheint, wie sie an
anderen Orten bekannt ist, so dürfte es wohl am geeignetsten sein, die alte Be-
nennung für den ganzen Complex der Juragebilde beizubehalten. „Oberer Jura“
passt darum nicht, weil nach den obigen Auseinandersetzungen wahrscheinlich
die ganze Folge des braunen und weissen Jura in dem in Rede stehenden
Schichtensysteme vertreten ist. Man kann, wie gesagt, weder eine untere Grenze
gegen den Lias noch eine obere gegen das Neocomien festsetzen; es ist eine
ununterbrocheneAblagerung, deren Gliederung überdies durch die geringe petrogra-
phische Verschiedenheit grosser Complexe erschwert wird. Nach unten stellen
sich allmälig die Fleckenmergel ein, welche mit ihren bestimmten Fucoiden-
formen für den Lias ganz charakteristisch sind. Nach oben erscheinen ebenfalls
Fleckenmergel, welche aber durch die Form ihrer Pflanzen wie durch die petro-
graphisehe Beschaffenheit von denen des Lias verschieden sind, und sich durch
den begleitenden Aptychus Didayi und viele andere Versteinerungen als zum
Neocomien gehörig erweisen. Die ganze zwischenlagernde Schichtenreihe besteht
wesentlich aus grauen, gelben, weissen, röthlichen und dunkelbraunrothen Kiesel-
kalken, mit denen hier und da ein rothes oder grünes Hornsteinlager verbunden
ist, ähnlich demjenigen, welches im Lechgebiete schon den Liasfleckenmergeln
eigenthümlidh ist. Hoher aber nimmt, besonders in den östlicheren Gebieten, der
Kieselgehalt ab und es treten jene rothen, immer noch etwas verkieselten Kalke
auf, welche Emm rieh „oberen rothen Ammonitenkalk“ nannte und die als Marmor
technische Verwendung finden, während die unteren Kieselkalke zur Verfertigung
195
[109] Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
von Wetzsteinen dienen. Die reineren Kalke sind gewöhnlich von Hornstein-Aus-
scheidungen erfüllt.
In Tirol gelang es uns in diesen Schichten, deren Stellung anderwärts
bereits mit einiger Sicherheit festgestellt werden konnte, nicht, bestimmtere
Anhaltspunkte zu gewinnen. Aptychus latus und unbestimmbare Belemniten
blieben die einzigen organischen Reste, welche wir fanden.
3. Rossfelder Schichten.
Das vorherrschende Gestein der Rossfelder Schichten besteht in Nordtirol
aus grauen fleckigen Kalkmergeln, welche stellenweise eine ausserordentliche
Mächtigkeit erreichen und viele charakteristische Versteinerungen des untersten
Neocomien der Provence führen, so besonders häufig Aptychus Didayi, Am -
monites Astierianus, Ammonit es Gr asianus, Crioceras- Arten u. s. w. Nach unten
werden die Schichten kalkiger und nehmen einzelne Kieselknollen auf, durch
welche ein allmäliger Uebergang in die jurassischen Bildungen herbeigeführt
wird. So dickbankige Kalke, wie an der Canisfluh, sind in Nordtirol nicht bekannt,
dort aber fehlen wiederum die Fleckenmergel. Am Rossfeld ist die Entwickelung
ebenfalls abweichend, da dort drei Niveaux , die weissen Aptychenkalke , eine
darüber folgende mergelige und eine höhere sandige Abtheilung bestimmt unter-
schieden sind, während in Nordtirol die Mergel fast allein herrschen und nach
oben nur ein wenig sandiger werden.
4. Crosau-Formation.
Während die bisher betrachteten Formationsglieder eine stetige Reihe
bilden, sind nun die Ablagerungen in unserem Gebiet plötzlich für lange Zeit
abgeschnitten. Nirgends ist ein Gestein, welches auf eine Zwischenstellung hin-
deutete und erst aus dem späteren Theil der Kreideperiode treten wieder eigen-
tümliche Gebilde auf, welche sich durch ihre Versteinerungsführimg der
Gosauformation äquivalent erweisen. Auch in den räumlichen Verhältnissen der
Verbreitung und Lagerung stellt sich die lange Periode der Ruhe gewisser-
maassen plastisch dar. Bisher war jedes Glied dem vorhergehenden parallel auf-
gelagert und zeigte in seiner Verbreitung nur geringe Abweichungen , deren
Gesammtbetrag erst so erheblich ist, dass zum Beispiel die Neocomienmergel
und die Hallstätter Kalke kaum mehr eine Beziehung zu einander erkennen lassen.
Die Gosaugebilde aber weichen von dem Neocomien sehr weit ab; ihre Verbrei-
tung und Lagerung sind anderen, neuen Gesetzen unterworfen, ihre Gesteine
sind ganz und gar verschieden und ihre Fauna hat keine Analogie mehr mit der
früheren.
Ueber das Hauptvorkommen der Gosaugebilde im BrandenbergerThal
liegt bereits ein vortrefflicher Bericht von Herrn Professor Pichler *) vor, auf
den ich hier verweisen kann.
Ein zweites, wohl noch nicht ganz sicheres Vorkommen ist auf dem Mutte-
köpf, einem der bedeutendsten Hochgipfel zwischen Lechthal und Innthal.
Wenn man von Tarenz bei Imst den Jochsteig nach Eimen im Lechthal ein-
schlägt, so geht man am Steinjöchl unter den Wänden dieses Berges hin. Bei
*) »Zur Geognosie der nordöstlichen Kalkalpen Tirols“. Jahrbuch der k. k. geologischen
Reichsanstalt, Band VII, 1856, Seite 735 ff. Daselbst auch ausführlichere Mittheilungen
über die Jura- und Neocomgebilde.
196
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[110]
dem jenseitigen Abstieg findet man schon oberhalb Pfaflar, am meisten aber
abwärts von diesem Ort gegen Boden, in ungeheuerer Menge und Grosse Blöcke
eines sehr festen Conglomerates mit grossen Einschlüssen, das in feineren Sand-
stein übergeht, ferner gelbe sandige Mergel und ähnliche Gesteine, welche, wie
Herr Giimbel sich bei einer Besteigung des Muttekopfes überzeugte, von der
Höhe dieses Berges stammen und seine ganze Gipfelmasse bilden. Aus der Aehn-
lichkeit mit Gesteinen der Urschelau im südöstlichen Bayern, welche durch Orbi-
tuliten als untere Gosaugebilde charakterisirt sind, schliesst Herr Gümbel, dass
auch die Gesteine des Muttekopfes dieser Formation angehören. Versteinerungen
konnten wir nicht finden.
Ein drittes Vorkommen der Gosauformation, das gleichfalls noch nicht sicher
erwiesen ist, ist in dem Becken von Häring und wie das vorige von Herrn
Gümbel entdeckt.
B. Verbreitung und Lagerung der Jura- und Neocomgebilde.
Fasst man Jura- und Neocomgebilde als einen Complex zusammen , so
beginnt er im Westen mit den tiefsten Schichten in geringer Mächtigheit; nach
Osten treten immer höhere Schichten hinzu und die Mächtigkeit wächst mehr
und mehr an. Wo das Trias-Lias-Gebiet Vorarlberg verlässt, scheinen diese
beiden Formationen in ihrer Zone noch allein zu herrschen; es gibt hier nichts,
was mit Bestimmtheit auf das Vorkommen jurassischer Schichten über den
Fleckenmergeln schliessen Hesse, wenn auch der unbestimmte Gesteinscharakter
es nicht unmöglich macht, dass schon in Vorarlberg die höchsten unserer Algäu -
Schichten dem Jura angehören. Die ersten Spuren, welche aber doch noch nicht
mit Sicherheit als Jura nachgewiesen sind, finden sich in dem System derAlgäu-
Schichten unserer vierten Hebungswelle, wie wir bereits bei der Beschreibung des
Lechgebietes andeuteten. Vom Holzgau bis zum Kessel-Spitz bei El men
erstreckt sich als oberste Decke der Algäu-Schichten ein System von rothen Horn-
steinen und röthlichen und weissen Kieselkalken, wie sie weiterhin die Jurafor-
mation charakterisiren.
Sehr entschieden und mit Versteinerungen tritt der Jura in der Umgebung
von Reutte auf, wo Herr v. Hauer zwei Züge nachwies. Der eine steigt bei
Wengle und Holz aus dem Lechthal auf und erstreckt sich, stets unter die Trias-
Schichten fallend, mit kurzer Unterbrechung bis Kren; der andere zieht von
Gacht über den Sitnisschrolfen und den Traualpen-See nach dem Rothen Spitz.
Bei Vils treten nur die Vilser Schichten auf.
Bis hieher ist mit dem Jura noch kein Neocomien verbunden; es folgt nun
eine grössere Unterbrechung, nach welcher beide Formationen vereinigt wieder
erscheinen. Dies ist bei Bieber wier und Ehrwald im Loisachthal. In stetem
westöstlichem Zug sind sie zwischen zwei kolossale Massengebirge von Hall-
stätter Kalk in der Tiefe eingelagert. Der südliche wird durch Sonn-Spitz, Grün-
stein, Mieminger Berg und den Hohen Mundi gebildet, der nördliche von der
Zug-Spitz, Kothbach-Spitz und Scharnitz-Spitz. Nur längs dem nördlichen Theil
des tiefen Canals sind die Jura- und Neoeomien-Ablagerungen sichtbar; im süd-
lichen fehlen sie, vielleicht wurden sie hier, wo sich das Gaisthal eingegraben
hat , zerstört und fortgeführt. Zwischen Gehren-Berg und Ofele-Berg erreicht
der Zug am Luetasch-Thal sein Ende.
Abermals verschwinden unsere beiden Formationen auf einige Erstreckung.
Im Fortstreichen des vorigen Zuges treten sie gar nicht mehr auf, nur etwas
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
197
[ui]
weiter südlich und etwas weiter nördlich. Das südliche Vorkommen ist an deti
Wänden des Innthales, auf der Bogner-Alm und Wälder Alm oberhalb
St. Michael und St. Martin, wiederum unter den Wänden hoher Hallstätter Kalk-
gebirge. Herr Pichler, der das Vorkommen entdeckte, glaubt, dass die Schichten
nur der Juraformation angehören.
Problematisch ist das Vorkommen von Jura und Neocomien in dem alpen-
reichen Quellgebiet des Blaubachs, Laliderer Bachs und Ka r bend el-
Bachs unter den Steilwänden des imposanten Hallstätter Kalkgebirges, welches
das Thalgebiet der Riss südlich begleitet.
Weiter abwärts in der Biss aber beginnt ein Zug von unzweifelhaften Jura-
und Neocomien-Schichten, der Hauptzug derselben im ganzen nördlichen Tirol.
Erbeginnt bei Mi tten w ald in Bayern, betritt am Hoehreisen-Spitz und
Simes-Berg die österreichische Grenze und das Thalgebiet der Riss, über-
setzt das Farmes-Thal und bildet die Wände des Riss-Thales in der Breite
einer halben Stunde, von Widum bis beinahe zur Einmündung des Leckthaies.
Oestlich setzen dieselben Formationen den Schön-Albel-Kopf zusammen
und ziehen hinüber in das Gebiet der Dürr ach, wo sie sich ausserordentlich
ausbreiten. An der Wasserscheide der Dürrach gegen das Achenthal erreicht
nach Herrn Pichler's Untersuchungen die Zone ihre bedeutendste Breite von
beinahe anderthalb Meilen, indem nach demselben das Pfans - Joch, der Schaf-
Spitz, Sonntag-Kopf, Retten-Joch und Juifen aus Juraformation
bestehen, der am letzteren Berge Neocomien aufgesetzt ist, während im Uebrigen
diese Formation zu beiden Seiten in der Tiefe bleibt. Auch im Achenthal ist
die Breite der Zone noch bedeutend; der untere Theil der Thalwände besteht
von dem Dorf Achenthal bis zur Kohlstatt fast ausschliesslich aus den in Rede
stehenden Formationen. Von hier aus nimmt die Breite ab, aber mit um so
grösserer Regelmässigkeit und ohne Unterbrechung streicht der Zug gegen das
Thiersee-Thal fort, welches noch ganz in ihn eingesenkt ist, und lässt sich
noch weiter über das Innthal gegen Niederndorf und Walchsee verfolgen.
— In dieser ganzen Erstreckung von beinahe zehn Meilen folgt der Zug einer
Einsenkung zwischen hohen Kalk- und Dolomitgebirgen, besonders deutlich in
seinem östlichen Theil vom Achenthal bis zum Innthal. Die einzelnen Theile des
Zuges und ihr Verhalten gegen die benachbarten Gebirge haben wir bereits bei
der Beschreibung des Lias-Trias-Gebiets erörtert !)•
Vergleicht man diese fünf Zonen (von Holzgau, von Reutte, Bieberwier, die
der Walder-Alm und die von der Riss nach Thiersee), so haben sie das Gemein-
same, dass sie sämmtlich gleichsam tiefere Canäle zwischen den mächtigen
Zügen von Hallstätter Kalk und Dachsteindolomit erfüllen. Ferner nimmt ihre
Mächtigkeit und Schichten-Entwickelung , so wie das Hinzutreten jüngerer
Schichten, zu mit der Entfernung von der Grenze des Urgebirges gegen Norden
und mit dem Fortstreichen von West nach Ost. So ist bei Holzgau und Eimen
im Lechthal nur die Juraformation vertreten, in der Thiersee tritt sie gegen die
mächtigen Massen des Neocomien fast ganz zurück; dasselbe Verhältniss findet
zwischen der Ablagerung der Walder-Alm und der der Thiersee statt. Endlich
haben die Schichten beider Formationen nur geringe und beide beinahe vollkom-
men gleiche Störungen erlitten. — Alle diese Erscheinungen geben die werth-
vollsten Fingerzeige zur Erklärung des Gebirgsbaues in den nördlichen Kalk-
alpen.
O Siehe 2. Abtheilung, Gebiet der Riss und Dürrach, Achenthal, Tbiersee.
198
Ferdinand Freiherr von Richtholen.
[112]
III. Eocenformation.
Auch die Eocenformation erreicht bei weitem ihre grösste Entwickelung in
Vorarlberg, wo sie die beiden breiten Flysch-Zonen bildet, welche das Kreide-
gebiet umfassen. Von hier zieht sie, stets unmittelbar die Trias-Lias-Zone nörd-
lich begrenzend, durch das Algäu fort und lehnt sich als ein sanfteres Mittel-
gebirge an die schroffen Abfälle der bayerischen Hochalpen. Auf der von Herrn
Gümbel in neuester Zeit veröffentlichten geognostischen Karte von Bayern ist
die Zone mit mehrfachen Unterbrechungen bis zur salzburgischen Grenze ange-
geben. Das nördliche Tirol hat daher gar keinen Antheil an derselben, wenn
man die kleine, rings von bayerischem Gebiet umschlossene aber zu Tirol ge-
hörige Enclave Jungholz ausnimmt, welches gerade am Anfang der Flysch-Zone
liegt. Auch andere Eocengebilde hat Nordtirol bis zum fernen Osten nicht nach-
zuweisen. Hier erst treten nördlich von Kufstein einige Eocengesteine der Abla-
gerung von Reut im Winkel auf tirolisches Gebiet herüber. Das Becken von
Häring aber, welches bisher für eocen galt, ist durch Heer's neuere Forschungen
ziemlich sicher als oligocen festgestellt.
A. Nummulitenführende Gebilde in Vorarlberg.
In Vorarlberg folgen auf die Seewerrnergel Numulitengesteine in unerheb-
licher Mächtigkeit. Ausser ihrem schon durch Murchison bekannt gewordenen
Vorkommen bei Dornbirn gelang es mir sie noch an einigen anderen Orten, überall
unter den deutlichsten Verhältnissen, aufzufinden. Folgendes sind ihre Fundstätten :
1. Becken des Sünser See’s (Profile V, VI) am Ursprünge des Mellen -
Thaies (Nordabhang des Gerer Falben). Wenn man im Latternser-Thal aufwärts
wandert, so erreicht man am Hinterbad vorüber die Alpe Göfas. Hier zieht die
Grenze der Kreide gegen das Eocen durch. Der Hohe Freschen im Norden be-
steht aus allen Gliedern der vorarlbergischen Kreide und an seinem langgedehnten
flachen Südabhang zieht sich das oberste Glied, die Seewerrnergel, mit flachem
südlichem Fallen heran. Ueber diesen dünnschichtigen, fleckigen, an die Pläner-
mergel erinnernden Gesteinen folgt im Becken des Sünser See’s mit gleicher
Fallrichtung und parallel aufgelagert:
a) Eine wenig mächtige Schicht von ausserordentlich nummulitenreichem Kalk,
der sich an der genannten Formationsgrenze weithin zu ziehen scheint.
b) Ein den Seewerkalkmergeln sehr ähnliches Gestein, aber voll von Fucoiden.
c) Dünnplattige Kalke am Sünser See, wie an der Alpe Göfas mauerförmig
anstehend. Auch sie enthalten zahlreiche Fucoiden.
d) Braune Sandsteine; schon an und für sich sehr mächtig, werden sie es noch
viel mehr durch die bedeutenden Schichtenbiegungen, welche mit diesem
Glied beginnen; sie halten fast eine halbe Stunde breit von der Alpe Göfas
über den Gerer Falben bis zum Pass in der Furchen an.
e) Die gewöhnlichen Flyschgesteine.
Wo in dieser, regelmässigen Schichtenfolge die Grenze der Nummulitenfor-
mation ist, lässt sich kaum sicher bestimmen; aber die parallele Aufeinanderlage-
rung lässt vermuthen, dass der gesammte Flysch dieser Formation angehört und
nur durch den Charakter der Niederschläge, gleich dem istrischen Tassello, dem
Leben der Numrnuliten ungünstig war. Trennt man aber die Nummulitengesteine
f 99
[113] Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
von denjenigen mit denFlysch-Fucoiden, so muss man den Flyseh schon mit b) an-
fangen lassen.
2. Gegend von Feldkirch (Prodi I). Herr Stöcker in Feldkirch fand
Nummulitenkalk südlich von dieser Stadt, wie es scheint ebenfalls an der Grenze
von Kreide und Flyseh. Combinirt man dieses Vorkommen mit dem am Sünser
See, so lässt sich wohl erwarten, dass man die Formation auch weiterhin an der
Grenze von Seewermergeln und Flyseh auffinden wird.
3. Gegend von Hohenems. Das ausgezeichnete Vorkommen von Num-
mulitenformationen östlich von diesem Ort ist auf Profil XX. dargestellt. Wendet
man sich von den südlichsten Häusern des Ortes an dem von Emser Reutte herab-
kommenden Bach aufwärts, so stehen bei den ersten Mühlen die Caprotinen-
reichen Schrattenkalke, weiche wir bereits oben erwähnten, mit steilem südöst-
lichen Fallen an (Stunde 10). Weiter aufwärts erscheinen mit gleichem Fallen
thonige, schieferige Mergel, und unterhalb eines neugebauten Fabriksgebäudes
Nummulitenkalk, beide im Hangenden der Schrattenkalkbank und, bei Be-
rücksichtigung der auf dem Profil dargestellten überstürzten Lagerung, auch im
Hangenden der südlich am Abhang in umgekehrter Folge sich aufhauenden
hreideformation. Das an grossen Nummuliten sehr reiche Gestein besteht aus
einer eigenthümlich chloritischen Grundmasse mit zahlreichen Fragmenten eines
hellröthlichen Kalkes; die Nummuliten liegen in der Grundmasse. Bei der Fabrik
ist eine Austernbank eingelagert, wie auch sonst neben den Nummuliten noch
viele, grösstentheils undeutliche Versteinerungen Vorkommen. Etwas weiterhin
fallen unter den Nummulitenkalk, also bei der verkehrten Lagerung eigentlich
im Hangenden liegend, gelbliche und dunkelgraue flachsehalige Mergel mit
glimmerigem Schimmer ein. Während die zuerst angeführten Mergel doch viel-
leicht noch dem Seewer angehören, sind diese wohl sicher der Nummulitenfor-
mation zuzurechnen; der Glimmergehalt unterscheidet sie auf den ersten Blick
von allen Seewermergeln; vielleicht entsprechen sie der Schicht b) am Sünser
See, wiewohl ich keine Fucoiden darin fand und die Mächtigkeit eine ausser-
ordentlich bedeutende ist.
Verfolgt man die Nummulitengebilde weiter, so sieht man klar dass sie mulden-
förmig aber ein wenig discordant, der Kreide eingelagert sind, und die ganze
zusammengeklappte Mulde sich mit südöstlichem Fallen in das Kreidegebirge
hineinzieht. In südlicher Richtung übersteigt man daher von den glimmerigen
Mergeln aus über den Nummulitenkalk und die Seewerbildungen die ganze
Schichtenfolge in umgekehrter Reihenfolge, während nach Norden zunächst
bei Hohenems die Glieder zwischen Nummulitenformation und Schrattenkalk
verschwinden und erst allmälig gegen Osten sich einstellen. Am Deutlich-
liebsten ist die südliche umgekehrte Schichtenfolge auf dem Wege von den
Häusern Tugstein nach dem Berg Tugstein. Der Bach stürzt in einer engen
Klamm hoch herab über die Felsen des hier mächtiger gewordenen Nummuliten-
gesteins; es tritt hier nur der röthliche schwach krystallinisehe Kalk mit sehr
sparsamen Nummuliten auf. Dann folgen graue glimmerige Mergel, und erst über
diesen die charakteristischen fleckigen Seewermergel.
4. Dornbirn. Das mehrfach (von Murchis on, Studer, Eseher, Güm-
bel) beschriebene Vorkommen von Nummulitenformation am Röthelstein, beim
Mühlbach südlich von Dornbirn ist dem von Hohenems ähnlich. Auch hier gehören
sie einem überstürzten Schichtensystem vom Neocomien bis zum Nummuliten-
kalk an, aber statt sich jenseits wieder muldenförmig herauszuheben, fällt Flyseh
darunter ein und herrscht weiterhin allein. Das Nummulitengebilde erstreckt sich
zwischen Seewermergeln und Flyseh mit stetem südlichen Fallen vom Röthel-
26
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft.
200
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[H4]
stein bis an den südlichen Abhang des Berges von Kehlegg, ist aber an dieser
nördlichen Grenze des Kreidegebietes gegen die Flysch-Zone nicht weiter nach-
gewiesen. Die Gesteine gleichen denen von Hohenems, sind aber ungleich mäch-
tiger, und neben der chloritischen Bindemasse des Conglomerats treten Holh-
eisensteine in bedeutender Entwickelung auf. Die grauen, schwach glimmerigen
Mergel sind wie dort entwickelt. Eine Wanderung im Mühlbachthal aufwärts
gehört zu den lehrreichsten für das geognostische Verhalten verschiedener
Formationen gegeneinander in den Alpen.
B. F 1 y s c h in Vorarlberg.
Wie in der Schweiz so ist auch in Vorarlberg der eocene F ly sch durch
seine Verbreitung und Mächtigkeit eines der wichtigsten Glieder im Gebirgsbau.
aber wie dort, so auch hier ein einziger Complex von nicht weiter gegliederten
und nur durch AJgenreste eharakterisirten Schichten. Was die petrographische
Beschaffenheit anbelangt, so fehlen reine Kalke, reine Sandsteine, charakteristi-
sche Mergel und dergleichen, alle diese verschiedenen Elemente vereinigen sich
in den Niederschlägen und häufen Tausende auf Tausende von beinahe gleich
mächtigen Schichten aufeinander, welche hauptsächlich durch die Unbestimmt-
heit ihrer petrographischen Beschaffenheit charakterisirt sind. Eben so wenig ist
irgend eine Gliederung des Complexes zu bemerken, ein Vorherrschen gewisser
Gesteine oder Pflanzenformen in verschiedenen Niveau s, und wenn sie vorhanden
sein sollte, so entzieht sie sich der Beobachtung durch die ausserordentliche
Zusammenfaltung und Krümmung der Schichten, welche nur noch bei den Algäu-
Schichten im gleichen Maasse wiederkehrt. Den Anfang einer Gesteinsfolge
führten wir so eben bei dem Nummulitenkalk vom Sünser See an, sie lässt sich
dort nicht weiter verfolgen. Anderwärts aber ist kaum dieser Anfang deutlich
und wir beschränken uns daher auf eine allgemeine Angabe der Gesteine, welche
sich zu dem mächtigen Complex aufbauen. Eine sehr vollständige Entblössung
findet sich an den Wänden des Durchbruches der Bregenzer Ache durch den
südlichen Flyschzug zwischen Schröcken und Schopernau. Ich notirte dort in
meinem Tagebuche folgende Gesteinsabänderungen:
1. Hellrauchgrauer mergeliger Kalk in 1 Zoll bis 1 Fuss dicken Schichten,
zuweilen ins Bläuliche und Leberbraune übergehend; hart, spröde, aber
nicht splittrig.
2. Derselbe splittrig und reich an Helminthoidea.
3. Schieferiger etwas mergeliger schwärzlichgrauer Kalk.
4. Sandiger Kalk mit Glimmerblättchen.
5. Graue, kalkig-sandige Mergelschiefer, zum Theji mit überwiegendem
Kalkgehalt; sie führen häufig Fucus intricatus und haben meist glänzende,
von Pflanzenresten schwarz gefärbte Schichtungsfläehen.
6. Dasselbe Gestein mit festeren, unrein kieselig-kalkigen Einschlüssen, die
durch Verwitterung als unregelmässige Knollen hervorragen.
1. Sehr fester grauer, an der Luft brauner Quarzsandstein mit vielem Glimmer.
8. Kieseliger Kalkschiefer mit schwarzen Hornsteinknauern, die den Schichten-
flächen parallel liegen.
Während alle diese Schichten stetig und eben fortziehen, treten
9. Sandigkalkige braungraue Schichten auf, mit einer Mächtigkeit vom Schiefe-
rigen bis zu einem Fuss und darüber, mit w elliger wulstiger Oberfläche und
von Kaikspathadern durchzogen , welche die rhomboedrische Zerklüftung
deutlich hervortreten lassen. Sie sind stets überaus uneben gebogen, keilen
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
201
[115]
sich gegen einander aus und bedingen die grosse Aehnlichkeit des Flysches
mit den Algäu-Schichten, besonders wenn sie überdies hornsteinrührend sind.
10. Weiche, schwarze Flyschthonschiefer, sehr häufig den vorigen Schichten
zwischengelagert.
Oie petrographische Verschiedenheit dieser Schichten ist unbedeutend, ihr
Charakter schwankt im Allgemeinen um den von graubraunen kalkigmergeligen
Sandsteinen. Ein bestimmtes Gesetz in der Aufeinanderfolge aber lässt sich, wie
gesagt, noch nicht feststellen.
Es wurden zuweilen Bedenken gegen das eocene Alter unserer Flysch-
gesteine erhoben, allein zu den vielen Beweisen, welche die Geologen der
Schweiz für dasselbe aufgestellt haben, kommt die unverkennbar deutliche Lage-
rung in Vorarlberg. Mit der grössten Regelmässigkeit sieht man den Flysch hin
und wieder durch Vermittelung nummulitenführender Gesteine, oft aber auch
unmittelbar den jüngsten Gliedern der Kreide aufgelagert, so am Südrande des
Kreidegebietes allenthalben wo ein deutlicher Aufschluss beobachtbar ist; hier
sind die Schichten normal auf einander gelagert und aus ihrer ursprünglichen Lage
nur unbedeutend gehoben. Der Nordrand verlangt, um dasselbe Verhältnis
nachzuweisen, subtilere Beobachtung, allein auch hier fehlt es bei den über-
stürzten Kreidegebilden nicht an untrüglichen Aufschlüssen, so in unseren Profilen
insbesondere bei Dornbirn, wo der Nummulitenkalk dazwischenlagert. Weit
schwieriger dürfte eine obere Grenze für den Flysch nachzuweisen sein, da er
durch keine Gesteine irgendwo unmittelbar überlagert wird; nur wo das Flysch-
System auf die Molasse überstürzt ist, also in einer Linie von Dornbirn über Egg
nach Balderschwang, ist wohl zu erwarten, dass, wie bei der Ueberstürzung der
Kreide auf den Flysch, die höchsten Schichten zunächst auf der Molasse« lagern
werden. In der Schlucht der Bregenzer Ache hei Egg wird sich dies Verhältnis
gewiss erörtern lassen.
Was die sonstigen Lagerungsverhältnisse des eocenen Flysches betrifft, so
ist er, wie gesagt, im höchsten Grade zusammengefaltet und gewunden. Die
Mächtigkeit muss ausserordentlich bedeutend sein, aber sie wird noch weit ver-
mehrt durch diese Faltungen und es thürmen sich dadurch hohe Gebirge auf,
so der Zug des Hoch-Gerrach, Löffel-Spitz und Tiirtsch-Horn, das Vintscher Joch
und zahlreiche andere Kuppen. Die Streichrichtung der einzelnen welligen Auf-
biegungen ist ungefähr den Rändern des Kreidegebietes parallel; aber an den
Durchschnitten der Abhänge mit ausgebildeteren Systemen von derartigen Auf-
biegungen lässt sie sich meist nicht mehr erkennen; es entstehen Zeichnungen
der ausgehenden Schichtenköpfe, die man nur mit dem Damasciren von Gewehren
durch scheinbar paralleles Nebeneinanderlegen von dünnen Schichten und Durch-
schneiden mittelst einer gekrümmten Fläche vergleichen kann. Jede der zahl-
reichen Schluchten entblösst derartige Damastzeichnungen.
Die Formen der Flyschberge sind sowohl in der südlichen Zone zwischen
Trias-Lias- und Kreide-, wie in der nördlichen zwischen Kreide- und Molasse-
gebiet durch den Contrast leicht erkennbar. Es fehlt ihnen die Wildheit und
Zerrissenheit der Trias-Lias-Zone wie die von steilen Einrissen unterbrochene
sanfte Oberfläche der Molasse und der landschaftliche Formen Wechsel des Kreide-
gebietes. Die Thäler sind eng und tief, aber keine schroffen Risse. Steil und
selten von sanfteren Wölbungen unterbrochen, steigen die Gehänge zu den hohen
Rücken auf und endigen in Reihen hoher und kühner Gipfel, denen aber, um wild
zu sein, das Zackige fehlt. Daher sind nur wenige Dörfer im Bereiche des
Flysches und die meisten haben eine höchst unbequeme Lage, wie Fontanefla,
Sontag, Blons im grossen Walserthaie, Tamüls und andere, Seiten sind grössere
26 *
202
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
["61
Weitungen wie diejenigen, in welchen die Dörfer Schwarzenberg, Andelsbuch,
Sibratsgföll, Mittelberg liegen. Hingegen trägt der Flysch treffliche Alpen,
besonders an den Südabhängen, welche auch hier, wie im Kreidegebhte, sanfter
sind, während die Nordgehänge oft steile, unzugängliche Wände bilden.
Wenden wir uns endlich zur Verbreitung des Flysches, so begegnen wir
einer Reihe sehr eigenthiimlicher und wohl noch nicht hinreichend erklärbarer
Erscheinungen. Schon mehrfach erwähnten wir der Theilung des Flysches,
welcher zwischen Sonthofen und Obersdorf von Osten her an das Thal der Iller
tritt und sich hier bei Fischen durch das aus der Tiefe heraufgewölbte Kreide-
gebiet in zwei Arme theilt, welche das letztere zu beiden Seiten durch Vorarl-
berg begleiten. Sie bilden die Hauptmasse des Flysches in Vorarlberg; ein dritter
Zug ist am Rhätikon.
1. Nördlicher Flyschzug.
Dieser Zug trennt das Kreide- vom Molassegebiet, unter jenes fällt er ein,
diesem ist er aufgelagert, beiderseits durch überstürzte Lagerung, wie es aus den
Profilen hervorgeht. Die Grenze gegen die Kreide wird ungefähr durch eine
Linie von Mühlbach über Bühel bei Andelsbuch nach Sibratsgföll, diejenige gegen
die Molasse durch eine Linie von Dornbirn über Egg nach Balderschwang
bezeichnet. Es gehören der Zone somit das Hochälpele mit dem Dorfe Schwar-
zenberg, die Berge östlich von Andelsbuch und die nördlichen Vorberge des
Winterstauden an. Die Breite dieser nördlichen Zone beträgt nirgends mehr als
eine halbe Meile, die Formen in derselben sind sehr sanft, die Höhe bis zu der
die Berge aufsteigen, ist nur gering, die Aufschlüsse und Entblössungen überaus
sparsam, so dass sich die Grenze gegen die Molasse schwer mit Genauigkeit fest-
setzen lässt.
2. Südlicher Flyschzug.
Der andere Arm der Flysch-Zone betritt von Osten her bei Rietzlen das vor-
arlbergische Gebiet und zieht als Grenzscheide der Trias-Lias-Zone und des
Kreidegebietes bis zum Rheinthal fort. Der Flysch ist der Kreide meist mit flachem
südlichen Fallen aufgelagert, die Schichten sind auch weiterhin trotz der zahl-
reichen Faltungen und Windungen vorherrschend nach Südsüdost geneigt und
fallen endlich unter die Gesteine der Trias-Lias-Zone ein, wie die Profile I bis
XII zeigen. Die Grenze gegen das Kreidegebiet ist eben so scharf wie im Norden,
indem weder im Kreidegebiet eine Spur von Flysch noch in den Flysch-Zonen
eine Spur Von Kreide zu finden ist. Von den Fällegatter Häusern bei Feldkirch
zieht die Auflagerungslinie über Frastanz, Satteins und den nördlichen Rücken
des Muttekopfes nach dem Hintertobl im Latternser-Thal, von hier weiter über
das Hinterbad und die Alpe Göfas nach dem Kessel des Sünser Sees und über
das hochgelegene Dorf Ugen nach Argenau an der Bregenzer Ache. Am rechten
Ufer tritt die Auflagerung bei Remen wieder hervor und zieht am Schnan-Baeh
hinauf nach dem Kessel der Subersalp. wo die Lagerung besonders klar ist; von
hier an hält sie sich in der Mitte des Nordabhanges vom Zuge des Ochsenhofer
Kopfes, Geisberges und Heuberg-Kopfes, bis sie bei Rietzlen das Thal Mittelberg
erreicht, an dessen flachem Nordgehänge sie das Algäu betritt. Noch weit deut-
licher ist die südliche Grenze der Flysch-Zone gegen das Trias-Lias-Gebiet, dessen
schroffe und nackte Dolomitgebirge steil auf das beraste Mittelgebirgsland
abfallen. Die Linie, welcher entlang die Flyschgebilde unter das ältere Gebirge
einfallen, ergibt sich mit einiger Klarheit aus den Profilen von Vorarlberg
(I bis XII), Sie beginnt zwischen Vaduz und Schaan im Fürstenthume Liechten-
Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
203
[117]
stein, wo sie sich aus der Ebene des Rheinthaies hebt und allrnälig* am Gehänge
aufsteigt, bis sie zwischen Gerrella-Kopf und Rovia-Berg den ersten Rücken
erreicht; so umsäumt sie den Nordabhang des Gebirges der Drei Schwestern,
des Alpilla-Berges, Guntis-Spitz und Gamp-Berges, zieht dann weit hinein nach
der tiefen Thalsohle des Gamp-Baches und erreicht, nachdem sie noch einen
Rücken übersetzt hat, am Nordabhange des Klamper Schroffen allrnälig hinab-
ziehend das Illthal östlich von Nenzing. Bei Ludesch taucht sie aus der Thalsohle
wieder auf, umzieht in weitem Bogen das Gebirge des Hoch-Frassen und greift
tief hinein an den untersten Gehängen des Marouler-Thales. Von Maroul aus
setzt die Ueberstürzungslinie an der Südseite des Walser Thaies fort, übersetzt
dasselbe unterhalb Fontanella und zieht dann hoch hinauf nach dem Nordabhange
des Zitterklapfen-Künzlespitz-Gebirges, ist im Durchbruch der Bregenzer Ache
als Liegendes des Lias-Trias-Gebirges in Form einer tief eingreifenden Zunge
entblösst, übersetzt den Rücken des Vintscher Joches und erreicht das Thal
Mittelberg bei Baad, aber nur um bald wieder nach den Höhen zu steigen, welche
vom Widderstein-Gebirge sich in dieses Thal erstrecken. Am Nordabhange der
Kanzlwarid tritt sie ins Algäu.
In dieser Begrenzung stellt sich das südliche Flyschgebiet als eine im
Westen breitere, im Osten mehr und mehr an Breite abnehmende Zone eines
einheitlichen, stets nach Südsüdost fallenden Gesteines mit im Allgemeinen
gleichbleibenden Oberflächenformen dar. Die grösste Breite von anderthalb
Meilen ist zwischen Nenzing und Satteins und zwischen Maroul und dem Gerer
Falben, die geringste von kaum einer halben Meile bei Baad und Mittelberg an
der Breitach. Dem Trias-Lias-Gebiete bleibt die Flysch-Zone in der Höhe wie in
der Entwickelung der Formen stets untergeordnet, dem Kreidegebiete kommt sie in
der Höhe der Gipfel beinahe gleich, aber in den äusseren Formen ist weit mehr
Einförmigkeit. Die Höhen sind alle mit trefflichen Alpen bedeckt, Wälder ziehen
sich nur an den steileren Gehängen hinab. Sehr klar ist der Zusammenhang der
Oberflächengestaltung mit dem Streichen der Schichten. Die grösseren Thäler
sind dem letzteren parallel, so die Thäler der Breitach und des Lutzbaches oder
das kleine und grosse Walser Thal, das Thal des Latternser Baches, des Argen-
baches und andere. Von den hohen Gebirgskämmen, welche sich zwischen diesen
Einsenkungen erheben, ziehen Querthäler in grosser Zahl herab, die meisten von
ihnen eng und unbewohnbar. Auch die beiden grossen Durchbrüche des Illthales
und der Bregenzer Ache gehören der Querrichtung an. Ihre Vereinigung mit den
Längsthälern schafft grosse Weitungen, die bewohntesten Gegenden des Flyseh-
Gebietes.
3. Flysch am Rhätikon.
Schon bei der Beschreibung der Lagerung und des Gebirgsbaues im Trias-
Lias-Gebiete des Rhätikon *) bot sich mehrfach Gelegenheit, das auffallende Ver-
hältniss anzudeuten, in welchem der eocene Flysch als einziges jüngeres Gebilde
dort in den Gebirgsbau eingreift (Profile I, V, VI). Im vorarlbergischen Theil
des Rhätikon tritt der Flysch in zwei getrennten Partien auf. Die eine derselben
gehört ganz und gar dem Fiirstenthume Liechtenstein an, bildet dort das Würzner
Horn bei Balzers, den Boden der Elavena-Alpe und fällt von Balzers bis jenseits
Triesen unmittelbar in das Rheinthal ab. Wahrscheinlich gehört dieser Flysch
der im Vorigen beschriebenen südlichen Zone an. Ist schon das Vorkommen der
Formation an diesem westlichen Abbruch der Trias-Lias-Kalkalpen von beson-
D 1. Abtheilung (Band X dieses Jahrbuches), Seite 114 — 13? und Fig, 1 und 10
204
Ferdinand Freiherr von Richthofen.
[118]
derem Interesse, so wird es noch durch die höchst merkwürdigen und bis jetzt
wohl nicht hinreichend erklärbaren Lagerungsverhältnisse erhöht. Nicht allein
dass (nach Fig. 1) der Flysch steil unter Algäu-Schichten einfällt, werden diese
wieder von einem wenig geneigten Trias-Systeme überlagert, also eine zwei-
fache Ueberstürzung. Die Trennung von den Algäu-Schichten ist ungemein
schwierig und nur durch den Unterschied der Fleckenmergel-Fucoiden von dem
Fucus intricatus möglich. Wenn man im Wildhaus-Tobl aufwärts steigt, so
erscheinen viele Schichten, welche gewissen Algäu-Schichten ähnlich sind, aber
immer führen sie wieder Fucus intricatus und Targionii. Hoch oben werden
jene braunen Sandsteine herrschend, welche sich am Siinser See als das tiefste
Glied des Flysches erwiesen, und da sie unmittelbar von Fleckenmergeln über-
lagert sind,- die ihrerseits in grosser Höhe Adnether Kalk tragen, so scheint sich
die ganze Erscheinung als eine überstürzte Lagerung eines Systemes herauszu-
stellen, welches aus einer Grundlage von Lias und einer anomalen Auflagerung
von eocenem Flysch bestand.
Die zweite Partie bildet einen schmalen Zug vom Gaffal-Joch längs dem
Nordabfall der Kalke des Schweizer Thors, Fornele- Jochs, Sporer Gletschers und
der Weissplatten (Profil V und VI, Fig. 10). Ich suchte bereits in der ersten
Ahtheilung dieser Arbeit zu beweisen, dass sie dem Gebirgsbau des Prättigau
angehören.
C. Eocengestein von Niederndorf.
Das einzige sichere Vorkommen von Eoeenformation im ganzen Gebiet von
Nordtirol wurde von Herrn Gümbel bei Niederndorf am Inn, nördlich von Kuf-
stein, entdeckt. Wir fanden einen graulich-weissen sandigen Kalk mit zahl-
reichen Exemplaren der Gryphaea Archiacina , ausserdem zahlreiche Austern
und andere eocene Versteinerungen. Das Gebilde scheint in der näheren Umge-
bung keine weitere Verbreitung zu haben: es steigt aus der Thalsohle auf und
lehnt sich an Neocomien-Mergel.
IV. Oligoceii- und Mioceuformation.
Auch die mittleren Tertiärgebilde spielen nur in Vorarlberg eine einiger-
maassen wichtige Rolle im Gebirgsbau, indem sie hier ein Gebiet selbstständig
zusammensetzen, während sie im nördlichen Tiro! nur untergeordnet auftreten.
Alle diese Gebilde sind theils an Ort und Stelle in unserem Gebiet, theils in
nächster Nachbarschaft so häufig und so genau beschrieben worden, dass es
überflüssig scheint, hier näher auf dieselben einzugehen.
Die Mola ss e von Vorarlberg, welche den ganzen Theil dieses Landes
nördlich von der Flyschgrenze einnimmt, entspricht so genau derjenigen in den
angrenzenden Theilen der Schweiz und des südlichen Bayern, dass ich auf die
zahlreichen ausgezeichneten Arbeiten über diesen Gegenstand verweisen kann.
Dieselben Conglomerate mit Eindrücken der aufeinanderliegenden Gerolle, die-
selben zu Schleifsteinen verarbeiteten feinkörnigen Sandsteine, dieselben kohlen-
führenden Schichten, wie sie allenthalben bekannt sind, finden sich auch hier:
eben so gleicht auch der Gebirgsbau mit sanften, nach Norden steiler gebogenen
Gewölben und Faltungen auf das Genaueste dem der benachbarten Gebiete, Die
Versteinerungsführung aber ist dort ungleich bedeutender und erlaubte besonders
Die Kalkdlpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
205
[119]
bei Sauet Gallen und weiter gegen Westen so tief eingehende Studien, dass sie
in Vorarlberg kaum vervollständigt, wohl aber in hohem Grade bestätigt werden
können. Besonderes Interesse bietet nur die Grenze gegen den eocenen Flysch.
Wie die Trias-Lias-Gebilde auf den südlichen Flysehzug und die Kreidegebilde
auf den nördlichen überstürzt sind, so ist es auch der Flysch auf die Molasse,
aber bei weitem nicht in demselben Maasse. Nach Westen fällt das Molasse-
gebirge in das Rheinthal, den Bodensee und das Leiblachthal ab, nach Osten
setzt es durch das Gebiet von Staufen und Immenstadt nach Bayern fort.
Ausserhalb des Molassegebirges sind mittlere Tertiärablagerungen in Vorarl-
berg nur im Montavon bekannt. Heer hat sie als unterohgoeen nachgewiesen.
Im westlichen Nordtirol bis Innsbruck dürften tertiäre Ablagerungen
überhaupt nicht bekannt sein. Von hier an aber beginnen auf ebenen Terrassen
an den Thalwänden, in kesselförmigen Erweiterungen und an anderen günstigen
Orten sporadische Auflagerungen, deren Zahl, wie es scheint, noch bedeutend
vermehrt werden wird *). Hier und da vereinigen sich die Ablagerungen zu Zusam-
menhängen Zügen, welche die höheren Abhänge des Gebirges begleiten.
Da Herr Gümbel (nach brieflicher Mittheilung) die Tertiärgebilde im süd-
lichen Bayern ausführlicher zu bearbeiten gedenkt und wohl zu erwarten ist, dass
dieser gründliche Kenner dieses Theiles der nördlichen Kalkalpen auch die von
ihm so genau studirten Tertiärablagerungen des benachbarten Theiles von Tirol
mit in den Bereich der Bearbeitung ziehen wird, so übergehe ich hier diesen
Gegenstand ganz und gar.
V. Dihmnm nud Alluvium,
Wie überall, wo seit der Tertiärperiode keine Meeresbedeckung mehr stattfand,
sondern nur noch das Süsswasser gestaltend einwirkte, die diluvialen und allu-
vialen Ablagerungen allmälig in einander übergehen und nur einzelne Schichten
durch sporadische Versteinerungen das Merkmal ihres Alters an sich tragen, so
auch in unserem Gebiete. Die sogenannten diluvialen Schotterterrassen treten
in einer ausserordentlichen Mächtigkeit auf, so besonders bei Innsbruck, wo sie
ein hohes Plateau bilden, in welches das Innthal eingeschnitten ist und sich mit
seinen Alluvionen ausbreitet. Auch diese Gebilde sind bereits aus vielen Theilen
der Alpen auf das Genaueste beschrieben und treten in Tirol eben so auf, wie in
allen anderen Thälern. Ein besonders hohes Interesse bietet das Rheinthal mit
seinen ausgedehnten Terrassen-Bildungen, seiner breiten Alluvialebene, in die
der Strom stets neue Arme gräbt, mit seinen Torfablagerungen und den unend-
lichen Geröllmassen, welche der Rhein fortwährend aus dem Gebirge herab dem
Bodensee zuführt. Ueber alle diese Erscheinungen liegen die vortrefflichsten
Untersuchungen von den unermüdlichen Geologen der Schweiz vor, daher ich
auch in dieser Beziehung auf die schon vorhandene Literatur verweisen kann.
D So traf ich im Jahre 18S7 südlich von Haslau am Ausgang des Windau-Thaies ein eben
erschürftes Braunkohlenflötz und es wurde mir versichert, dass in der Gegend noch
viele solche Schichten Vorkommen wie diejenigen, welche das Flötz einschliessen. ln
dieser dem llrgebirge angehörigen Gegend kannte man bisher noch keine Tertiär-
ablagerung; die Thatsache lässt schliessen, dass man sie noch in weiterer Verbreitung
im Bereiche des Urgebirges finden wird.
206 Ferdinand Freiherr von Richthofen. L'ie Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-Tirol.
Inhalt.
B. Lagerung und Gebirgsbau in der Trias-LiasrZone (Fortsetzung)
II. Trias-Lias-Gebiet zwischen Bludenz und dem Arlberg
Umgegend von Bludenz, Bratz, Dalaas, Bartholomäusberg
Das Klosterthal [6] 92. — Bludenz, Ludesch, Alpilla, Bothwand. Bratz
Dalaas, Formarin, Schafberg, Spullers, Klösterle
Stuben, Arlberg, Grabach, Zürss [13] 99. — Oberes Lech-Gebiet
(Zug, Am Lech, Stubenbach), Grub-Spitz, Gypsi-Tobl
Walserthal (südl. Gebiet) [19] 103. — Walserthal (nördl. Gebiet),
Zitterklapfen, Künzle-Spitz, Grenze mit Flysch
Widderstein-Gebirge
Umgegend von Schröcken, Hoch-Krumbach und Warth
III. Der westl. Theil von Nord-Tirol von der Vorarlberg. Grenze bis Seefeld
Gebirge zwischen dem Lech-Thale von Stög bis Elbigen-AIp und
dem Stanzer Thale [30] 116. — Gebirge zwischen dem Lech-Thale
von Stög bis Weissenbaeh und dem bayerischen Algiiu
Umgebung von Reutte, Vils, und Thannheim
Gegend zwischen dem Lech-Thal von Elbigenalp bis Weissenbaeh, dem
Inn-Thale von Landeck bis Telfs und der Landesgrenze gegen Bayern.
Seefeld
IV. Gebirge zwischen Secf'eld und den Berchtesgadner und Salzburger
Alpen -
Gegend zwischen Innsbruck und der Riss
Gebiet der Riss und Dürrach bis zur Einsenkung des Achen-Thales .
Gebiet zwischen dem Achenthal und Kufstein [70] 156. — Kalkgebirge
zwischen dem Inn bei Kufstein und der bayer. und Salzburg. Grenze .
II. Jura und Kreide
1. Entwickelung der Jura- und Kreidegebilde in Vorarlberg
A. Gliederung
a) Juraformation
b) Kreideformation
1. Rossfelder Schichten [78] 164. — 2. Etage Valanginien (Desor)
3. Spatangenkalk [83] 169. — 4. Schrattenkalk (oder Caprotinen-
kalk) [84] 170. — 5. Gault [85] 171. — 6. Seewerschichten
B. Verbreitung und Lagerung
1. Nordsüdliches Profil von Andelsbuch über Bezau und die Canisfluh
nach Tamüls [90] 176. — 2. Umgegend von Hohenems
3. Umgegend von Feldkirch, Rankweil und Hoch-Freschen
4. Umgebungen von Bezau, Schnepfau, Hoch-Ifer und Sibratsgföll ....
5. Ergebnisse
2, Entwickelung der Jura- und Kreidegebilde in Nord-Tirol
A. Gliederung.
1. Vilser Kalk [107] 193. — 2. Ammergauer Schichten
3. Rossfelder Schichten [109] 195. — 4. Gosau-Schichten
B. Verbreitung und Lagerung
III. Eocenformation
A. Nummulitenführende Gebilde in Vorarlberg
B. Flysch in Vorarlberg
1. Nördlicher Flysehzug [116] 202. — 2. Südlicher Flyschzug
3. Flysch am Rhätikon
C. Eocengesteine von Niederndorf
IV. Oligocen* und Mio cen f o rmati o n
V. Diluvium und Alluvium
[<20]
Sritr
M]~
MJ 87
[3] 89
1 7 1 93
[9| 95
| 17J 103
[20] 106
[23] 109
[24( 110
[29] 115
[39] 125
| 44] 130
[49J 135
[56] 142
[58] 144
[58 144
[63] 149
[73] 159
74] 160
75] 161
77] 163
77] 163
78] 164
80] 166
[87] 173
[88] 174
| 92] 178
[96] 182
[99] 185
102] 188
105] 191
106] 192
l108] 194
109] 195
HO] 196
112] 198
112] 198
114] 200
116] 202
117] 203
118] 204
Ti 8] 204
119] 205
Aus Herrn J. Barrande’s Schrift: „Defense des Colonies. I. firoupe probatoire“ u. s. w. 207
II. Aus Herrn Joachim Barrande’s Schrift: „Defense des
Colonies. I. Groupe probatoire“ u. s. w. 25. November 1861,
Seite 17 bis Ende Seite 34.
Uebersetzt von A. Fr. Grafen Marsehall.
Vorbemerkungen von Wilhelm Haidinger.
In unserer Sitzung am 7. Jänner (dieses Jahrbuch, Verhandlungen S. 1)
habe ich das Verlangen des Herrn Joachim Barrande mitgetheilt, den Ab-
schnitt seiner oben genannten Schrift von Seite 17 bis zum Schlüsse (S. 34)
in unser Jahrbuch aufzunehmen.
„Ich erwarte von Ihrer Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, dass Sie gerne
in Ihrem Jahrbuche die wichtigsten Stellen der gegenwärtigen Schrift aufnehmen
werden und vorzüglich den Abschnitt von Seite 17 bis zum Ende. Sie werden
mir nicht dieselbe Oeffentlichkeit für meine Vertheidigung verweigern, welche
es Ihnen dem Angriffe zu geben zweckmässig geschienen hat“ *).
Herr Barrande besitzt seit langen Jahren ein so hohes Anrecht auf die
Verehrung aller Freunde geologischer Forschung, dass ich nicht Anstand nehmen
durfte, seinem an mich gestellten Verlangen zu entsprechen, wenn ich auch
allerdings hätte wünschen können, dass bei dem Umstande, wo abweichende
Ansichten wissenschaftlicher Gegenstände entstanden, doch die Erörterungen in
mehr objectiver Weise, die Gegenstände selbst betreffend, mehr das Wissen-
schaftliche in das Auge fassend, geführt worden wären, als dass nun gewisse per-
sönliche Beziehungen in den Vorgrund gestellt sind.
Wer ein unabhängiges Werk im Drucke herausgibt, wie Herr Barrande
seine „ Defense des Colonies“, gleicht einem Hausbesitzer, der das theilnehmende
Publicum in sein eigenes Haus einladet und dem er hier seine Ansichten eröffnet,
In den verschiedenen Schriften neutraler periodischer Presse nimmt sich je nach
der Art derselben eine Mittheilung aus wie in einem wissenschaftlichen Sprech-
saale, auf dem Markte, auf der Strasse. Durch sein Verlangen, dass seine Erörte-
rungen in unserem Jahrbuche erscheinen sollen, stellt sich aber Herr Barrande
dem Manne gleich, der Einlass in ein fremdes Haus begehrt, um dort den Bewoh-
nern „seine Meinung zu sagen“. So wenig es nun meiner Neigung ent-
spricht, so kann ich es doch nicht vermeiden, auch wenigstens über einige
*) „J’attends de votre justice et de votre impartialite , que vous voudrez bien reproduire
dans votre Jahrbuch les parties les plus importantes de cet ecrit et notamment ä partir
de la page 17 jusqu ä la fin.“ „ Vous ne me refuserez pas p mir ma defense , lameme
publicite , que vous avez juge convenable de donner ä V attaque“
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1S61 und 1862. II. Heft.
27
208
Ahr Herrn J. Barramle’s Schrift:
[2]
Aeusserungen meine eigene Ansicht nicht zurückzuhalten. Ich fühle mich ungefähr
in der Stellung eines Hausinspectors, dem vorübergehend, — vielleicht — in
meinen Lebensbeziehungen — nicht mehr auf lange Zeit, — die Sorge für
dieses Hauswesen anverlraut ist, und der in tiefster Ehrfurcht für die Quelle
seiner Stellung, und als Vorgang für seine Amtsnachfolger Manches nicht mit
Stillschweigen hinnehmen darf, was in dem Hause nicht hätte gesprochen werden
sollen, so peinlich als solche Erörterungen immer ausfallen mögen. Eine Anzahl
Noten wird daher den übersetzten Text begleiten, nicht jede Stelle kann dabei
in dasjenige Licht gesetzt werden, welches uns das richtige erscheint, aber doch
wünsche ich weuigslens die leitenden Stellen abweichender Ansicht zu be-
zeichnen.
Es war mir sehr angenehm, dass Herr Barrande nicht die Aufnahme der
ganzen Schrift verlangt hatte, so dass ich über Mehreres leichter hinweggehen
kann, wenn auch das Wichtigste nicht fehlt. Er gibt einen Bericht über die
Geschichte der allmäligen Entwickelung der einander entgegenstehenden
Ansichten, wie sie aus Herrn Professor KrejcTs erstem Berichte an die k. k.
geologische Reichsanstalt (Jahrbuch 1859, S. 112), seiner eigenen Protestation
(Jahrbuch 1859, S. 479) und Herrn Suess Bemerkungen (S. 481), endlich
meiner Ansprache am 30. October 1860 (Jahrbuch 1862, S. 115), den hoch-
verehrten Lesern zu freundlicher Erinnerung gebracht werden sollen. Dazu kommt
seitdem noch als Erläuterung Herrn Lipold's Abhandlung selbst (Jahrbuch
1861, S. 1), und meine Anzeige von Herrn Barrande’s „ Defense des Colo -
nies“ in den Verhandlungen (Jahrbuch 1861 und 1862, Verhandlungen S. 14).
Durch diese Schriftstücke ist die Uebersicht vollständig gewonnen und Jeder-
mann ist im Stande, sich selbst die Discussionen zu bilden, je nachdem ihm die
Gründe mehr für diese oder jene Seite zu sprechen scheinen. In dem Abschnitte
von Herrn Bar ran de’s Schrift Seite 17 analysirt derselbe zuvörderst den in
französischer Uebersetzung gegebenen Abschnitt meiner Ansprache am 30. Octo-
ber 1861, wie folgt.
Das Studium des vorhergegangenen Actenstückes lässt leicht erkennen,
dass die Definition der Colonien , wie sie Herr Haidinger gibt, an Klarheit
Vieles zu wünschen übrig lässt-
Ferner sind die Nachweisungen über die Colonie Zippe so unvollständig,
dass es nicht scheint, als wären sie eine logische Rechtfertigung der sie beglei-
tenden Schlussfolgerung, die wir im Texte unterstrichen haben1).
Dennoch müssen wir diese Schlussfolgerung als eine Anerkennung der
Wichtigkeit unserer Lehre von den Colonien überhaupt und von der Existenz der
Colonie Zippe insbesondere, betrachten. In der That ist die oben unterstrichene
Stelle durch folgende Stellen eines Schreibens deutlich bestätigt, mit welchem
uns Herr Director Haidinger am 31. October — mithin am Tage nach der
Sitzung, in der er vorhergehenden Bericht vorgetragen hatte — beehrt hat:
„Ich hatte es für meine Pflicht gehalten, Herrn Lipoid recht dringende
Fragen in Betreff des gründlichen Studiums einer oder der andern Ihrer Colonien
Krejci und Haidinger zu stellen. In seinem Berichte gibt er die Gründe an.
0 Die Thatsache der Natur der nach dem Ausdrucke von Agassiz (Barrande S. 640)
„prophetischen“ Fossilien-Faunen selbst, ist also wohl vollkommen sichergestellt. (Jahrb.
1860, S. 117, Z. 14.) W. H.
Defense des Colonies. I. Groupe probatoire“ u. s. w.
209
[3]
die er hat, um diese beiden Colonien als dem Begriffe der Colonien nicht ent-
sprechend zu betrachten, wie dieser Begriff von den Thatsachen bei der ersten
echten Colonie Zippe hergenommen ist. ...... Ich habe erachtet, Herrn
Lipold’s Schlussfolgerungen aiinehmen zu sollen, nach welchen die Colonien
Krejci und Haidinger ihre Erklärung in Faltungen — wie man solchen so
zahlreich in Schichten jeden Alters begegnet — finden würden. Wiewohl in
dieser Weise die obbenannten Oertlichkeiten nicht mehr in den Begriff von Colo-
nien hineinpassen würden, bleibt doch dieser Begriff selbst unberührt, wie Sie ihn
nach den Daten der Colonie Zippe abgeleitet haben und wie er auch in vielen
anderen Ländern erwiesen worden ist. Herr Suess sagt mir, dass er, bei seinen
neueren Studien über das Tertiäre um Horn, Colonien von littoralen und sub-
littoralen Faunen bis in sehr neue Ablagerungen hinein gefunden habe. Wenn
auch der Hauptpunkt: die Natur der echten Colonien, zu fest aufgestellt bleibt,
um ferner angegriffen zu werden, so ist es dennoch sehr wichtig, Alles zu stu-
diren, was sich unter der scheinbaren Form der Colonien zeigt.44
Diese Stellen rechtfertigen demnach vollkommen die von uns unterstrichene
Schlussfolgerung in Herrn Haidinger’s Bericht.
Indem wir deren Klarheit anerkennen, müssen wir vcnimthen, die Nachläs-
sigkeit irgend eines Abschreibers oder Setzers habe den. Theil dieses Berichtes,
der sich auf die Definition der Colonien und auf die Colonie Zippe bezieht,
verundeutlicht oder verstümmelt1). Diese Auslegung erscheint uns um so natür-
licher, als der zweite Theil desselben Berichtes — der nämlich, welcher die
Ergebnisse aus Herrn Lipoid ’s Studien über die Colonien Haidinger und
Krejci darstellt — in dem gewohnten klaren Styl des Herrn Directors Hai-
dinger geschrieben ist.
Dieser zweite Theil beansprucht unsere vollste Aufmerksamkeit. In der
That sind die zu so vielen Malen und in so bestimmter und umfassender Gestalt
der Genauigkeit der von Herrn Lipoid ausgeführten Forschungen ertheilten
Lobsprüche ein neuer Beweis, wie leicht es ist, Herrn Haidinger’s Vertrauen
zu überraschen und seinen Eifer für die Wissenschaft irre zu leiten, zumal wenn
es sich darum handelt, nach den vielen Verdiensten, die sich die unter seiner
väterlichen Leitung stehenden Geologen bereits erworben, ein neues Verdienst
zu verkünden. Wir sind indess überzeugt, der ehrwürdige Director der Reichs-
anstalt werde, durch unsere Stimme gemahnt, nicht säumen, von seinen Täu-
!) Herr Barrande lässt mir geneigtest noch ein Hinterpförtchen offen, um mich selbst
jetzt noch seiner Ansicht anzuschliessen, aber um den Preis, dass ich eingestehe, ich
habe entweder meine Ansprache am 30. October 1860 nicht selbst verfasst, oder ich
habe nicht bemerkt, wie ein Abschreiber oder Setzer mir übel mitgespielt! Aber seine
Divinationsgabe hat ihn doch getäuscht. Ja ich habe selbst meine Ansprache geschrieben, —
und unter welchen Gefühlen, dürften wahre theilnehmende Freunde wohl ermessen, wo
es sich um Sein oder Nichtsein unserer lc. k. geologischen Reichsanstalt handelte, und
nur Pflichterfüllung uns aufrecht erhielt — , ich habe sie persönlich in der Sitzung- vorge-
tragen, ich habe die Presse selbst corrigirt, und darf mir in dieser Beziehung keine Vor-
würfe von Nachlässigkeit machen. Aber Herr Barrande nimmt nicht Rücksicht auf
unsere Zustände, auch nicht auf meine Stellung. Meine Aufgabe war nur, einen kurzen,
möglichst klaren Bericht über Herrn Lipold’s Darstellungen zu geben, nicht aber eine
Abhandlung über die Colonien zu schreiben. Doch wünschte ich auch den Standpunkt der
Frage nicht ganz unberücksichtigt zu lassen, als Einleitung zu diesem Bericht. Wo der
Kürze der Darstellung der Verhältnisse der Colonie „Zippe“ wegen Herr Barrande
einen Schatten auf meine Logik wirft, hatte ich gerade gewünscht, seiner Ansicht mög-
lichst mich anzuschliessen. Als Gegensatz zu einer so empfindlichen Verdächtigung darf
ich wohl das Lob der Klarheit für die nachfolgende Stelle, eben nur als Gegensatz auf-
nehmen. W. H.
27
210
Aus Herrn J. Barrande’s Schrift:
W
schungen zurückzukommen und einen jener edlen und beherzten Entschlüsse fassen,
von denen er uns bereits mehrfache Beispiele gegeben, wie sie allein seinem
angeborenen Rechtssinn und der Würde seiner hohen Stellung angemessen sind.
Wir seihst, die wir die unerbittliche Pflicht zu erfüllen haben , die uns
unsere aufrichtige Ueberzeugung und die Verfechtung der Wahrheit auferlegt,
bedauern lebhaft, in die harte Nothwendigkeit versetzt zu sein, der wissenschaft-
lichen Welt erklären zu müssen, dass Herrn Lipold’s Arbeit, weit entfernt Herrn
Haidinger’s Lob und Bewunderung zu verdienen, mit unglaublichen Nachläs-
sigkeiten, schweren Irrthümern und unerhörten Willkürlichkeiten behaftet sei,
welche alle ihren wesentlichen Antheil zu den vermeintlichen Faltungen dieses
Geologen geliefert haben.
Demgemäss können die Ergebnisse einer solchen Durchforschung — mögen
sie auch unter der doppelten Gewähr eines, die Markscheidekunst anwen-
denden Bergrathes und eines stratigraphisch verfahrenden Chef- Geologen 1 )
angekündet werden — von keinerlei Gewicht in der Frage über die Colonien
sein, bei der eine wirkliche Genauigkeit zu fordern ist.
Die von uns angedeuteten Nachlässigkeiten, Irrthümer und Willkürlichkeiten
haben unsere Aufmerksamkeit erregt, sobald nur Herrn Lipold's Karten und
Durchschnitte vor unsere Augen gekommen sind. Wir werden jeden unserer
Leser mit Fingern daraufhinweisen, wenn sie nur einmal jene selben Grundlagen
der Erörterung in Händen haben werden. Ohne diese Belegstücke wäre es uns
durchaus unmöglich, weder die Einzelheiten noch die Gesammtheit der von uns
zu erörternden materiellen Thatsachen zum Verständnis zu bringen.
Wir ersuchen daher dringend Herrn Director Hai ding er, im Namen des
hohen Interesses, das diese Frage erregt (wie er sich selbst ausdrückt)
und im Namen der uns schuldigen Gerechtigkeit, Herrn Lipold's vollständigen
Text, seine Specialkarten und seine Durchschnitte — kurz: die Gesammtergeb-
nisse seiner Untersuchungen über die Colonien Haidinger und Krejci, baldmög-
lichst veröffentlichen zu wollen2).
4) Ein hoher Ton und Drohungen, Hohn und Spott verbessern auch eine vollkommen und
unbezweifelt siegreiche Sache nicht, ja sie sind deren ganz unwürdig. In dem gegenwär-
tigen Falle, wo eigentlich doch nur einfache wissenschaftliche Erörterungen vorliegen,
sind sie wohl noch weniger an ihrem Platze, und stören auf jedem Schritte, selbstgefällig
wie sie durch die ganze Schrift hindurchgeführt und wiederholt erscheinen. W. H.
2) Diese Beschwörung erscheint mir sehr überflüssig. Herr Barrande, von dem ich noch
nicht die Rückkehr nach Prag, nach achtzehnmonatlicher Abwesenheit ( Defense S. 14)
erfahren hatte, sandte die Exemplare der „ Defense “ zu meiner grossen Ueberraschung,
und ich erhielt das Anzeigeschreiben am 19. December 1861, die Brochüren selbst am
22. December. An demselben Tage konnte ich ihm schon die Aushängebögen von Herrn
Lipold’s Abhandlung von Seite 1 bis Seite 56 überschicken — die Seiten 57 bis 66, so
wie ein Exemplar der Karte wurden vor unserer Sitzung am 7. Jänner 1862 abgesandt.
Man sieht wohl, dass nicht sein Drängen das Fertigwerden beschleunigte, so dass sie in
dieser Weise, mit umgehender Post gesandt werden konnten. Sie waren bereits gedruckt.
Aber es war uns erst spät möglich gewesen den Druck wieder zu beginnen, und er wurde
wahrlich sorgsamst beschleunigt. Die Karten selbst waren das Letzte. Sucht doch ein
wahrer Mann der Wissenschaft bis zuletzt noch zu bessern und deutlicher die Gegen-
stände darzustellen. Die Karte, von welcher Herr Lipoid in zuvorkommendster WTeise
eine Durchzeichnung durch Strohpapier an Herrn Barrande gesandt, war das erste
Manuscript. Man weiss wohl, wie in einem solchen Manches übrig bleiben kann, das in
der Ausführung verbessert wird. Wenn nun anstatt der Ausführung, wie sie am 7. Jänner
vorgelegt wird, Herr Barrande den Zustand der Strohpapierskizze vor dem 30. October
1860 als Basis von Discussionen verlangt, so erscheint uns das mehr in dem Verfahren
eines Mannes zu liegen, der den Wunsch Recht zu behalten höher schätzt, als wahre,
redliche Naturforschung. Was uns betrifft, so werden wir nicht aufhören Verbesserungen
anzubringen, so lange es uns nur immer möglich sein wird. W. H.
[S]
, Defense des Colonies. I. Groupe probatoire“ u. s. w.
211
Die hohe Ehrenhaftigkeit des Vorstandes der geologischen Reichsanstalt
lässt uns hoffen, dass unsere Wünsche erfüllt und die Karte und Durchschnitte
völlig unverändert, nach den Original-Zeichnungen , von denen lins (wie Herrn
Haiding er’s Bericht bestätigt) eine Durchzeichnung ärntlich mitgetheilt wurde,
werden veröffentlicht werden. Wir bestehen lebhaft auf diesem Punkt, weil jene
Zeichnungen die Original-Acten darstellen, auf deren Grund unsere Colonien
Haidinger und Krejcf so summarisch gerichtet und verurtheilt wurden. Es ist
daher vollkommen gerecht, diese Beweisstücke in ihrer ursprünglichen Gesamint-
fassung dem wissenschaftlichen Publicum, als der einzigen competenten Behörde,
der wir uns in dieser Streitsache unterwerfen, vorzulegen.
Zum bessern Beweis, dass wir uns, in Erwartung der eben verlangten Ver-
öffentlichungen, nicht auf eine blosse Protestation zu beschränken die Absicht
haben, beginnen wir hier eine Reihe von Mittheilungen mit dem Zwecke, einzelne,
auch ohne Karte oder Durchschnitte leicht verständliche Thatsachen festzustellen.
Diese Thatsachen, welche Jedermann unmittelbar an der angegebenen Stelle
prüfen kann, werden den rechten Maassstab für die so gepriesene Genauigkeit
von Herrn Lipoid’s Forschungen abgeben. Es werden eben so viele in Voraus
aufgestellte Fixpunkte sein, die uns dienen sollen, den Gang der Erörterung vor-
zuzeichnen und sie auf die einfachsten Ausdrücke zurückzuführen. Das ist für
jetzt das einzige uns zu Gebot stehende Mittel, den Schluss dieses peinlichen
Streites, bei dem wir eine rein passive *) Stellung einnehmen, zu beschleunigen.
Wir wollen nun denn sogleich Hand an’s Werk legen.
Viertes Capitel.
Beweisgruppe (groupe probatoire) , die Colonien „Haidinger“ und „Krejcf“ und den Erguss
( coulee ) „Krejcf“ umfassend.
Der Probirstein dient dazu, die Reinheit des Goldes zu versuchen und
seinen Handelswerth festzustellen.
Auf gleiche Weise soll die coloniale Gruppe, die wir „Be weis -Gr upp e“
nennen, noch einmal dazu dienen, den wissenschaftlichen Werth, d. h. die wahre
Tragweite und die Genauigkeit der Forschungen unserer Gegner und die Wirk-
samkeit ihrer Beweisgründe gegen unsere Colonien Haidinger und Krejcf
abzuschätzen.
Diese Gruppe liegt bei Gross-Kuchel, 7 — 8 Kilometer südlich von Prag;
also nicht entfernter als das gewöhnliche Maass eines geologischen Spazierganges.
Die Oberfläche ist an dieser Stelle unbebaut, grossentheils offen und jederzeit
zugänglich; die Beweis-Gruppe kann mithin an jedem Tage besucht und studirt
werden.
Diesen- — selten so vereinten — Umständen verdankt diese Gruppe das ganz
besondere Vorrecht, nach einander und nach Verlauf mehrerer Jahre zwei Mal ein
Gegenstand der Berufung zu werden, an dem die Studien der vermeintlichen Berich-
tiger unserer stratigraphischen Bestimmungen interessante Proben ablegen sollen.
Die erste dieser Proben reicht bis an das Jahr 1859 hinauf, und fällt in die
Zeit, da Herr Krejcf zum erstenmal verkündete, dass sich unsere Colonien
einfach durch Dislocationen erklären Hessen.
1) So sind die Ansichten verschieden. Mir selbst und auch vielen andern hochverehrten
Freunden erscheint Herrn Barrand e’s Rolle in der That sehr activ zu sein. W. H.
212
Aus Herrn J. Barrande’s Schrift:
[«]
Erinnern wir uns, dass Herr Hofrath Haidinger in seinem amtlichen
Bericht vom 31. August 1859, bei Veröffentlichung der vermeintlichen Ent-
deckung des Herrn Krejcf, nicht ermangelt hatte festzustellen: dass dieser
Forscher, der sich den Arbeiten der geologischen Reichsanslalt freiwillig bei-
gesellt hatte , den Verlauf der Schichten dem Streichen nach mit der
höchsten Aufmerksamkeit verfolgt habe. Man musste nun meinen,
Herrn Krejcf’s Entdeckung sei das natürliche Ergebniss jenes so gründlichen
und bis dahin im Silurbecken Böhmens gewiss beispiellosen stratigraphischen
Studiums.
Durch unsere am 17. October 1859 an Herrn Haidinger gerichtete Ver-
wahrung wurde sogleich der Beweis hergestellt, dass Herr Krejcf, ungeachtet
seiner höchsten Aufmerksamkeit, nicht so glücklich gewesen war, auf
eine sehr mächtige Colonie zu stossen, nämlich auf die Colonie Haidinger bei
Gross-Kuchel, ganz nahe der Colonie, die wir im Jahre 1850 Herrn Krejcf
gezeigt und nach der Entstehung dieser Debatten „Colonie Krejcf“ genannt
hatten ( Colonies . Bullet. Soc. gäol. de France , XVII, p. 604, 1860). Unsere
Bekanntgebung der Colonie Haidinger im Jahre 1859 gibt demnach den ge-
nauen Maassstab der höchsten Aufmerksamkeit, die Herr Director H a i-
dinger Herrn Krejci’s Forschungen zuschreibt *)•
Dieser bereits bekannten Thatsache müssen wir einige Einzelheiten beifügen,
die bei den gegenwärtigen Umständen zum Verständnis des Nachfolgenden
wesentlich sind.
Als Herr Krejcf am 4. November 1859 unsere vertrauliche Mittheilung
über die Colonie Haidinger empfing, schien er davon sichtlich sehr unangenehm
berührt; dennoch suchte er nicht sich wegen des Uebersehens einer so augen-
fälligen Ericlave zu entschuldigen. Sein Schweigen erschien uns sehr tactvoll,
berührte uns angenehm und verleitete uns, ihm einen ferneren Beweis unseres
Wohlwollens zu geben. Wir sagten ihm also : „Nehmen sie sich in Acht, Herr
Krejcf, die Colonie Haidinger ist wahrscheinlich nicht die einzige Enclave,
die Sie übersehen haben. Es gibt deren noch andere, die Ihnen möglicher Weise
entgangen sind, und darunter kennen wir einige sehr kleine, nur auf einige
Meter der Länge nach sichtbare.“
4) Allerdings konnte ich damals nicht so tief in die Sache eindringen. Ich musste mich auf
den Eindruck verlassen, welchen auf mich die erhaltenen Berichte hervorbrachten. Aber
selbst wenn ich alle B arr and e’schen Hinterhalte gekannt hätte, so wäre es meine
Pflicht gewesen durch ein aufmunterndes Wort die Forschung zu fördern. Diese meine
Pflicht habe ich auch erfüllt. Wie es aber Herrn Ba rrande möglich gewesen wäre, im
Jahre 1850 ( Defense S. 22) aus dieser jetzt „Haidinger“ genannten Colonie, wenn er sie
damals schon gekannt hätte, gegenübervonHerrn Krejcf ein Geheimniss zu machen, als er
ihm die, seitdem so genannte, Colonie „Krejci“ mittheilte, das — ich muss es gestehen —
ist mir, nach meinen Ansichten des Ernstes der Naturforschung, rein unbegreiflich, eben
so wie dass er ihm noch 1859 und uns und dem gesammten geologischen Publicum noch
am 25. November 1861, ja bis zu dieser Stunde selbst die Zahl der „Colonien“ verheim-
licht, welche er als solche betrachtet. Freilich bemerkt mir aus dieser Veranlassung mein
hochverehrter Freund Lipoid, dass in dem Systeme Silurien 1852 (Seite 69, Zeile25)
ausser den Colonien in der Bruska, nur zweier Colonien Erwähnung geschieht, einer bei
Motol und einer bei Gross-Kuchel. Herrn Barrande war also wohl damals keine
andere Colonie bekannt, und seine Kenntniss war fortschreitend, so wie er auch an ande-
ren Orten frühere Angaben zurückgenommen und frühere Irrthümer als solche benannt
und verbessert hat (vergl. M. V. Lipoid. Ueber die B ar r a n d e’schen Colonien u. s. w.
S. 65). Wenn aber Herr Barrande schon mit so grossem Nachdrucke kämpft, so sollte
doch von seiner Seite die bekannt gemachte wissenschaftliche Grundlage nicht fehlen.
W. H.
m
Defense des Colonies. I. Groupe probatoire“ u. s. w.
213
Herr Krejcf beharrte in seinem Stillschweigen, während wir für ihn eine
Skizze der Colonie Haidinger zeichneten; indess dachten wir, unser freund-
schaftlicher Rath werde bei der Fortsetzung seiner Forschungen nicht ohne
Früchte bleiben. Wie die Darstellung der Thatsachen in ihrer Reihenfolge be-
weisen wird, waren wir indess damit im Irrthum. Für diesmal beginnen wir
damit , eine solche , auf die Reweis - Gruppe bezügliche Thatsache aufzu-
führen.
Diese Thatsache ist sehr einfach und besteht darin, dass die Beweis-Gruppe
nicht nur die Colonie Krejcf (die wir im Jahre 1850 Herrn Krejcf gezeigt
haben) und die Colonie Haidinger (die wir ihm im Jahre 1859 bekannt gemacht
haben) umfasst, sondern auch noch eine dritte Enclave, die, gleich jenen beiden
Colonien, zwischen die Gebilde der Schichten db regelmässig eingelagert ist.
Diese Enclave, welche bisher nur aus einem Erguss von Trapp1) zu bestehen
scheint, ist von den beiden benachbarten Colonien vollständig unterschieden;
schon aus dem einfachen Grunde, weil sie in einem dritten Horizont, merklich
höher als jede der beiden Colonien, gelegen ist.
Dieser Erguss von Trapp nun, dessen wir heute zum erstenmal erwähnen,
ist weder von Herrn Krejcf — ungeachtet des freundschaftlichen Rathes, den
wir ihm am 4. November 1859 ertheilt — noch von Herrn Lipoid — unge-
achtet seiner zu den kleinsten Einzelheiten her absteigenden Studien,
gesehen worden. Die zwei amtlichen Karten , in welche die auf einander
folgenden Beobachtungen dieser beider Geologen eingetragen sind, liegen uns
vor und bestätigen, dass der von uns angedeutete Erguss dem einen wie dem
andern unserer Widersprecher entgangen ist.
Dies ist nun die zweite Probe, die die Benennung unserer „Beweis-Gruppe44
rechtfertigt.
Wäre Herr Lipoid, jede vorgefasste Meinung bei Seite setzend, wirklich
Willens gewesen die Frage über die beiden Colonien Haidinger und Krejcf
zu studiren, so hätte er begriffen, dass ihm zunächst oblag, einen vollkommenen
Durchschnitt jeder derselben ( au droit de cliacune d'elles), nach der ganzen
zur Darlegung ihrer stratigraphischen Verhältnisse zu den Etagen D und E un-
entbehrlichen wagrechten und senkrechten Erstreckung, aufzunehmen. Anstatt
weit angelegter und deutlich gezeichneter Durchschnitte finden wir aber aut
seiner ämtlichen Durchzeichnung nur zwei kleine unverständliche und verstüm-
melte Skizzen, welche die Colonien undeutlich darsteilen, ohne dass die Reihe
der oberen und unteren Gebilde, zwischen denen sie eingeschaltet sind, und
deren Vergleichung zum Studium des wahren Ursprunges dieser Enclaven unent-
behrlich ist, daraus ersichtlich würde. Sind das jene merkwürdig schönen
und instructiven Durchschnitte, die den hochachtbaren Director Hai-
dinger bestochen haben?
Wir wollen noch bemerken, dass wenn Herr Lipoid auf dem Terrain jene
zwei Durchschnitte, die wir eben als unentbehrlich bezeichnet haben, hätte machen
wollen, er nicht fehlen konnte, den Erguss zu durchschneiden und zu sehen,
dessen Existenz wir ihm heute bekannt geben.
4) Ist denn der unorganische „Trapp“ auch in dem Begriff einer Colonie enthalten? Bezie-
hen sich die Colonien nicht auf Organisches, auf Faunen — angeblich früher ein-
gevvandert, und dann wieder von Schichten mit Formen älterer Faunen überdeckt, bis
endlich die neue, erst als Colonie erschienene Fauna die herrschende wurde? Wie soll
man sich denn eine Wanderung von „Trapp“ vorstellen. Man hat in Wien diese Stelle
in Herrn Barrand e’s „ Defense “ mit Erstaunen und Befremden wahrgenommen. W. H.
214
Aus Herrn J. Barrande's Schrift:
[8]
Ist die Lage dieses Ergusses so, dass topographische Umstände die An-
näherung den Forschern beschwerlich oder gefahrvoll machen würden? Keines-
weges. Dieser Erguss liegt ganz einfach auf der Fahrstrasse von Gross-Kuehel
nach Lochkow. Sein östliches Ende liegt kaum über 400 — 500 Meter von
Gross-Kuchel, und von da an kann man die Trappe in den kleinen Rissen längs
der Strasse in einer Länge von etwa 150 Meter und in einer Breite von 6 — 8 Me-
ter stetig verfolgen. Die jenseits dieser Grenze bedeckte Oberfläche hat uns
nicht erkennen lassen, ob diese Trappe — gleich jenen der benachbarten
Colonien — von Graptolithen-Schiefern — begleitet sind.
Der Erguss — so weit er sichtbar ist — hält eine mit der Colonie Krejci
parallele Richtung ein und ist von dieser durch einen horizontalen Abstand ge-
trennt, den wir auf 150 Meter schätzen, was ungefähr 100 Metern senkrechten
Abstandes in der Reihe der Gebilde der Schichten d 5 gleichkömmt. In Anbe-
tracht dieser guten Nachbarschaft und des thätigen Aritheils, den Herr Krejci
an der Beleuchtung („Illustration“) unserer Colonien nimmt, werden wir diese
neue Enclave als „Erguss Krejci“ bezeichnen.
Nach der Nähe, die wir früher (Bullet. XVII , p. 606 , i860) zwischen
den Colonien Haidinger und Krejci festgestellt haben , ist es nicht mehr
nöthig, darauf aufmerksam zu machen, dass der Erguss Krejci gleichfalls in
geringer Entfernung von der Colonie Haidinger liegt. Der Abstand zwischen
beiden mag auf 300 — 400 Meter geschätzt werden. So bilden denn jene drei,
in wagrechter wie in senkrechter Richtung einander verhältnissmässig so nahe
liegenden Enclaven eine naturgemässe Gruppe, die eben unsere Beweis-
Gruppe ist.
Fünftes Capitel.
Folgerungen aus der Erscheinung des Ergusses „Krejci“.
Aus der unverwarteten Erscheinung des Ergusses Krejci fliessen wichtige
Folgerungen, deren Betrachtung uns noch obliegt, und zwar zuerst in strati-
graphischer, dann in moralischer Hinsicht.
1. In stratigraphischer Hinsicht.
Wir bringen in Erinnerung, dass beim Beginn dieser Debatte im Jahre 1859
Herr Krejci, der von der Beweis-Gruppe nur die nunmehr nach ihm benannte
Colonie kannte, diese Enclave als die Wirkung einer Dislocation zu erklären
vermeinte. Diese Auffassungsweise findet noch ihren Ausdruck auf dem Theil
der General-Karte unseres Beckens, die nach Herrn Krejci’ s Arbeiten colorirt
und unterm 10. September 1860 von Herrn Director Haidinger von Amts-
wegen als authentisch unterzeichnet worden. Wir sehen auf dieser Karte, parallel
der SO.-Begrenzung unseres grossen Kalkstockes, einen Streif Quarzite colorirt
als Schichten des Berges Brda oder Brdiwald, d. h. als gehörten sie zu
unserer Quarzitstufe d1 * 3. Diese Stufe wäre also durch eine Kluft („ faille u)
gehoben und zu Tag gebracht, und zwar in einer stetigen Längenerstreckung
von 23.000 Meter von der Umgebung von Mnienan bis nahe an Gross-Kuchel,
d. h, bis zu den beiden Colonien Haidinger und Krejci.
Mit grossem Erstaunen finden wir auf der ämtlichen Karte jene An-
gabe, die mit Herrn Lipoid s Special-Karte im offensten Widerspruche steht.
In der That hat dieser Chef-Geologe ganz richtig erkannt, dass die fraglichen
Defense des Colonies. I. Groupe probatoire“ u. s. w.
215
[9]
Quarzite ein Gebilde unserer Stufe dh darstellen, und hat er ihnen die Benennung
„Kosso wer S ch i chte n“ gegeben, während er die schiefrige Ablagerung
dieser Stufe „Königshofer Schichten“ nennt.
Nachdem Herr Lipoid das Gebiet durchgangen hatte, fand er sich ge-
nöthigt die erste Idee von Dislocationen, die nach Herrn Krejci die Scheinbilder
(simulacres ) unserer Colonien hervorgebracht haben sollten, wieder aufzugeben.
Gedrängt wurde er zu dieser Aufgeburig durch die Nothwendigkeit zugleich
zwei Colonien, jede auf einen andern gesonderten Horizont gelegen, zu erklären,
ansatt der einzigen, welche Herr Krejci vor sich hatte.
Herr Lipoid erwähnt also weiter nichts mehr von Herrn Krejci’ s Dis-
locationen und substituirt ihnen einfach die beiden oben erwähnten synklinischen
Falten.
Herrn Lipold’s Arbeiten haben mithin zugleich ein doppeltes und beson-
deres Verdienst. Einerseits stellen sie fest, dass Herrn Krejcfs stratigraphische
Auffassungen auf keinen wirklichen Grund beruhen und sich vollständig
illusorisch gezeigt haben, wie es Herr Haidinger mit Strenge aus-
spricht. Andererseits bestätigen sie vollständig Herrn Krejcfs schliessliche
Ansichten, nämlich: dass unsere beiden Colonien nichts sind, als von uns ver-
kannte abgerissene Theile unterer Etage E.
Für wie viel Tage hat Herrn Lipold’s Auffassung der beiden synklini-
schen Falten Herrn Krejcfs schliessliche Ansichten bestätigt?
Ohne für jetzt — aus den bereits angegebenen Gründen — auf die eigent-
liche Basis dieser Frage einzugehen, wollen wir nur bemerken, dass Herr
Lipoid, der in unserer Beweis-Gruppe nur die beiden fraglichen Colonien
kannte, nur daran gedacht hat, zwei synklinische Faltungen anzunehmen, deren
jede Einer dieser Enelaven entspricht. Die Colonie Krejci, in einem dritten
Horizont oberhalb jenes jeder dieser beiden Colonien liegend, bleibt eben so
ausser dem Bereich der beiden Falten des Herrn Lipoid, wie ausser dem der
Verwerfung („faille“) des Herrn Krejci.
Wenn indess unsere Gegner das System der Faltungen ernsthaft aufrecht
erhalten wollen, so ist offenbar zur Erklärung des Ergusses Krejci die Annahme
einer dritten Falte unentbehrlich.
In der That muss man beachten, dass Herr Lipoid, behufs der Feststellung
einer vermeintlichen Verbindung zwischen seinen Falten und den Colonien
Haidinger und Krejci, den Trapp-Ergüssen eine sehr wichtige Rolle zu-
weist. Wir wollen hier die auf seiner Karte, rechts von Wonoklas und Czerno-
schitz angegebenen anführen. Der Erguss zunächst Wonoklas zeigt uns übrigens
ein Beispiel der Willkürlichkeiten 4) dieses Geologen, der, ein sehr winziges
Vorkommen von Trapp nach Belieben vergrössernd , ihm eine Länge von 1.200
Meter und eine Breite von 150 Meter gibt, von welchen beiden an Ort und Stelle
nichts zu sehen ist. Wenn aber in derümgebung von Czernoschitz und Wonoklas
die Trapp-Ergüsse den Faltungen entsprechen representent“), warum sollte
der Erguss Krejci in der Nähe von Gross- Küchel nicht auch dies Vorrecht
theilen? Die dritte synklinische Faltung ist mithin unentbehrlich. Wenn Herr
Lipoid im Jahre 1860, zur Zeit da er seine Durchforschung vornahm, den
0 Während Herr Barrande die Coulee Krejci mit Ostentation einführt, läugnet er bis
auf ein Minimum, ein element exigu de trap die Colonie Wonoklas, welche allerdings nach
Herrn Lipoid’ s Mittheilung sichtbar genug ist, wenn auch auf der Karte etwas grösser
dargestellt. Aber aueb dafür wird man billig den Inhalt der Anmerkung auf Seite 23
beherzigen, die freilichHerr Barrande für sein vorschnelles Urtheil zu späterhielt. W. H.
K. k. geologische Reichsanstalt. 12. Band, 1861 und 1862. II. Heft. 28
216
Aus Herrn .1. Barrande’s Schrill:
[10]
Erguss Krejcf gekannt hätte, kann man wohl annehmen, dass er, um ihn zu
erreichen („ pour V atteindre“) eine dritte synklinische Faltung entdeckt hätte,
oder auch irgend eine andere, auf die drei über einander liegenden Horizonte
unserer Beweis-Gruppe gleich anwendbare Combination.
Heute noch die so unvorhergesehene Ungenügendheit des Systems der
zwei Falten gut machen zu wollen, wäre ein sehr heikliches Unternehmen.
Man begreift in der That, dass, wenn Herrn Lipold's Forschungen, mit An-
wendung der geometrischen Behelfe der Markscheidekunst in ihrer gröss-
ten Genauigkeit und mit der gründlichen Erfahrung eines Bergrathes, ihm auf
dem durchforschten Gebiet nur zwei synklinische Faltungen — und nicht mehr —
haben finden lassen, er in seinen Erinnerungen wohl kaum eine dritte wieder-
finden würde. Wären auch die Aufzeichnungen über seine Beobachtungen
elastisch genug, um sich dieser nachträglichen und verspäteten Entdeckung
anzupassen, würde er sich nicht bedenken, im Angesicht der wissenschaftlichen
Welt das zu Gunsten seiner ersten Aussprüche durch die vielfachen Zeugnisse
des hochachtbaren Directors Haidinger so laut geforderte Vertrauen selbst
zu schwächen?
So bringt eine scheinbar unbedeutende Thatsache, das unvorhergesehene
Auftreten des Ergusses Krejcf, Störung in das neue Angriffs-System unserer
Gegner. Bevor noch die regelmässige Darstellung dieser Auffassung uns vor-
liegt, erheben sich schon Zweifel über die Frage: ob diese Auffassung durch
eine dritte Falte vervollständigt werden könne, oder ob sie — gleich dem
System der Dislocationen — wieder aufgegeben werden soll, um einem dritten
System das Feld zu räumen ?
Ist dies wohl die Weise, in der sich das Kriterium der Wahrheit kund
gibt? ')
2. ln moralischer Hinsicht.
Der Erguss Krejcf zeigt das erste Glied („ terme “) der Reihe von unbe-
greiflichen Nachlässigkeiten, schweren Irrthiimern und unerhörten Willkürlich-
keiten, die wir oben an Herrn Lipo I d’s Arbeiten hervorgehoben haben. Die
folgenden Glieder dieser Reihe sollen sich nun allmälig vor den Augen unserer
Lese